Protocol of the Session on August 30, 2012

Meine Damen und Herren, sollten Sie jetzt neugierig geworden sein und sollten Sie sich mal so ein Legumi- nosenfeld anschauen wollen, dann lade ich Sie herzlich in meinen Wahlkreis ein, zwischen Basedow und Malchin.

(Rudolf Borchert, SPD: Schön.)

Auf der linken Seite ist der Bauer Herr Kaden und der Bauer Herr Kaden hat ein Leguminosenfeld mit Rotklee, das kann man sich sehr schön anschauen. Und der Herr Kaden ist auch voll des Lobes über den Klee als Futterpflanze. Aber zurück zum Antrag.

(Heinz Müller, SPD: Er lobt ihn über den roten Klee.)

Über den roten Klee lobt er den, genau.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine Damen und Herren, mit der Aufforderung an die Landesregierung wollen wir weiter aktiv die bodengebundene Landwirtschaft fördern, Wertschöpfungsketten im Land belassen beziehungsweise aufbauen, uns also unabhängiger von Rohstoffimporten machen, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, die Biodiversität er- höhen und die EU-Förderperiode vorbereiten – große Ziele also.

Ich plädiere, anders als mein Kollege Professor Tack, dafür, dass wir zuerst einmal schauen, was es auf diesem Gebiet gibt. Insbesondere die Eiweißstrategie des Bundes könnte für uns interessant sein, gegebenenfalls auch hier im Land von dieser Bundeseiweißstrategie etwas an Forschung zu realisieren. Aber dafür, wie gesagt, wollen wir das Ganze in den Ausschuss überweisen, um zu schauen, wo wir stehen, und dann die notwendigen Schlüsse ziehen. Wir wollen die Anträge, die wir gestellt haben, die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der LINKEN, genauso wie die Änderungsanträge der GRÜNEN in den Ausschuss überweisen. Ich denke, da müssen die Diskussionen dann weitergehen. – Besten Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit den Anträgen der Fraktionen der CDU und SPD: „Anteil einheimischer Eiweißpflanzen in der Tierfütterung erhöhen – nachhaltige Landbewirtschaftung und Tierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern unterstützen“ sowie der LINKEN: „Eiweißstrategie für nachhaltige Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern entwickeln“ wird der Versuch unternommen, von einer verfehlten Anbau- und Bewirtschaftungspolitik wegzukommen. Denn in der Europäischen Union beansprucht die Eiweißpflanzenerzeugung lediglich 3 Prozent der Ackerfläche und liefert damit nur 30 Prozent der in der EU verwendeten Eiweißpflanzen.

Dieses erhebliche Ausmaß der Untererzeugung von Eiweißpflanzen geht auf internationale Handelsabkommen, insbesondere mit den USA zurück. Zu nennen sei hier zum Beispiel das GATT-Abkommen. Sie gestatten es der EU einerseits, ihre Getreideproduktion weitgehend zu schützen, erforderten im Gegenzug jedoch die zollfreie Einfuhr von Eiweißpflanzen und Ölsaaten in die Europäische Union. Dieses hatte zur Folge, dass die einheimischen Erzeuger von Eiweißpflanzen einen Wettbewerbsnachteil hinnehmen mussten, Landwirtschaft und verarbeitendes Gewerbe ihr Interesse verloren, ein Teil der praktischen Kenntnisse im Ackerbau und in der weiteren Wertschöpfung verloren gingen und sowohl die Züchtung als auch die Forschung immer weiter zurückgefahren wurde.

Vor diesem Hintergrund wurde die züchterische Bearbeitung der Eiweißpflanzen in der Bundesrepublik Deutschland auf nur noch je ein einziges Züchtungsprogramm für Erbse, Ackerbohne und Süßlupine reduziert. Diese noch bestehenden Züchtungsprogramme drohen ebenfalls aufgegeben zu werden.

Der ökologische Landbau, der auf die biologische Stickstofffixierung dringend angewiesen ist, kann nicht alleine die Eiweißpflanzenzüchtung finanziell nachhaltig tragen. Auch deshalb ist die Anbaufläche von heimischen Eiweißpflanzen in Deutschland seit 1998 um zwei Drittel zurückgegangen. Im Jahr 2011 wurden auf rund 97.500 Hektar Hülsenfrüchte zur Körnergewinnung angebaut. Das entspricht in etwa 0,8 Prozent unserer Ackerfläche. Die Gesamtanbaufläche von Hülsenfrüchten zur Körnergewinnung lag in Mecklenburg-Vorpommern bei 6.300 Hektar. Das entspricht bei einer Gesamtackerfläche von 1.083.000 Hektar 0,58 Prozent und ist somit noch weniger als der Bundesdurchschnitt.

Ursächlich verantwortlich sind die großen Versäumnisse in der Politik, auch hier im Land. Die Verringerung der Anbaufläche und der Erntemenge bei gleichzeitiger Erhöhung der Nutz- und Mastviehzahl hat natürlich ein immer stärker werdendes Eiweißdefizit zur Folge, das nur durch verstärkte Eiweißimporte ausgeglichen werden kann. Seit Jahren kann dieses Eiweißdefizit nur noch mit massenhaftem Import von Sojaprodukten ausgeglichen werden. Im Jahr 2011 betrug die Importmenge an Sojabohnen rund 3,2 Millionen Tonnen und an 3,4 Millio- nen Tonnen Sojaschrot. Der Anteil der importierten Sojabohnen von dem amerikanischen Kontinent beträgt mit 3 Millionen Tonnen in etwa 95 Prozent. Dieser Anteil muss wohl als weitgehend genmanipuliert und nicht nachhaltig angebaut angesehen werden.

Diese Importmengen haben unter anderem zur Folge, dass wir in eine immer größer werdende Abhängig-

keit vom Ausland geraten sind, dass große Mengen Urwald abgeholzt werden mussten, dass der riesige Monokulturenanbau mit dem Einsatz von Genmanipulation und dem massenhaften Einsatz von Spritzmitteln einhergeht, dass der heimischen Bevölkerung ein großer Teil landwirtschaftlicher Nutzfläche und damit ihrer Nahrungsmittel verloren ging, sich die Landflucht in der Dritten Welt erhöht und die verarmte und verelendete Stadtbevölkerung sich umso mehr in die Gebiete des reichen Nordens orientiert und durch den nicht deklarierten Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut die deutschen Verbraucher nicht in der Lage sind, hinreichend zu überprüfen, ob das von ihnen zu konsumierende gewünschte Fleisch mit solchem Futter produziert wurde.

Wie Sie sicher wissen, vertreten wir Nationalen das Modell einer bedarfsdeckenden raumorientierten Volkswirtschaft,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Interessiert bloß keinen.)

die wir auch in unserem Wahlprogramm 2011 gefordert haben. Dort hieß es: „Das Konzept einer raumorientierten Volkswirtschaft basiert auf der Grundlage ökonomischer wie ökologischer Vernunft.“

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

„Wirtschaft vor Ort bedeutet: Arbeitsplätze vor Ort, kurze Transportwege und Vertrauen in die heimischen Produkte. Deshalb tritt die NPD für die Stärkung der klein- und mittelständischen Unternehmen ein.“

Wir wollen hier in unserem angestammten Lebensraum all das produzieren, was wir produzieren können. Auf unseren Äckern soll all das wachsen, was hier auch wachsen kann und der Bedarfsdeckung dient. Uns ist dabei nur wichtig, dass es bis zu unserer Bedarfsdeckung hergestellt wird. Wenn darüber hinaus noch Platz, Rohstoffe, Arbeitsleistung und so weiter für weitere Güter vorhanden sind, können diese hergestellt und exportiert werden.

Das heißt, wir müssen zuerst unsere eigene Pflanzennahrung sicherstellen, danach das Futter für unseren eigenen Fleischkonsum und danach erst für den Export oder Biomasse für Agrarenergie. Alles andere ist hochgradig verantwortungslos, und zwar sowohl gegenüber unserer eigenen Heimat, unseren Enkeln und Urenkeln gegenüber als auch den Menschen in anderen Lebensgebieten. Wir dürfen nicht als Neokolonialisten denen die Wälder, Äcker, Wasser, Nahrung, Gesundheit und so weiter wegnehmen und sie anschließend, nachdem wir ihnen mit unserer EU-Hochseefischereiflotte die Küstengewässer leergefischt haben, auch noch zwingen, unsere Hühnchenreste zu konsumieren.

Wir lehnen dies alles ab und wollen zu einer natürlichen Landwirtschaft zurück. Da stimmen wir von der NPDFraktion den Anträgen zu, da die Anträge das Wollen der NPD beinhalten. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist wirklich erfreulich, dass einheimische Eiweißpflanzen heute in der Regierungskoalition und auch bei den LINKEN ein ganz hohes Ansehen genießen und sich heute gleich zwei Anträge mit diesem Thema beschäftigen. Im Übrigen, wir springen hier auf keinen fahrenden Zug auf.

(Marc Reinhardt, CDU: Hintern Zug! Hintern Zug!)

Wir haben uns in diesem Landtag schon wiederholt mit dem Thema Eiweißpflanzen beschäftigt und die Erhöhung des Anbaus für Mecklenburg-Vorpommern wiederholt an verschiedenen Stellen gefordert, Herr Krüger. Für alle, die es bisher nicht wussten: Wir haben in Deutschland tatsächlich so etwas wie eine Eiweißlücke. Das bedeutet, dass für die Versorgung von Menschen und Tieren in Deutschland mit eiweißreicher Nahrung große Mengen pflanzlicher Rohstoffe – wir haben es schon gehört, in erster Linie Soja – importiert werden müssen. Und genauer gesagt, unserer Kenntnis nach stammen bis zu 45 Prozent, also fast die Hälfte des eingesetzten eiweißreichen Kraftfutters aus diesen Importen.

Bislang hat das eigentlich kaum jemanden gestört – uns natürlich schon. Soja war billig, in riesigen Mengen verfügbar, die Auswirkungen auf Umwelt, Natur und soziale Lebensbedingungen in Brasilien und den USA waren weit weg. Da störte es auch nicht, dass Soja eine Pflanze ist, die als Viehfutter fast ausschließlich gentechnisch verändert auf den Markt kommt und bei deren Anbau massiv das Pestizid Glyphosat ausgebracht wird, ein Mittel, das alle Pflanzen außer dem gentechnisch manipulierten Soja abtötet und damit auch Insekten und Wirbeltieren in den gigantischen Monokulturen ihre Lebensgrundlage entzieht.

Nun gehört Soja in vielen Ländern Asiens zwar schon immer zu den Grundnahrungsmitteln, der steigende Bedarf resultiert heutzutage aber vor allem daher, dass eben aus Sojaöl Biodiesel hergestellt wird. Das als Viehfutter verwendete Sojaschrot ist nämlich im Grunde einfach nur der Rest, der nicht zu Treibstoff verarbeitet wird.

Mittlerweile wird auch in Asien immer mehr Fleisch produziert. Die Nachfrage nach Soja als Viehfutter steigt. Während also weltweit die Nachfrage so groß ist wie nie zuvor, bricht gleichzeitig die Ernte in den USA durch langanhaltende Dürre ein, was eine dramatische Preissteigerung nach sich zieht. Und gleichzeitig steigen auch die Preise für den Stickstoffdünger. Das ist ein Dilemma.

Da verwundert es nicht, wenn das Bundeslandwirtschaftsministerium, Herr Backhaus hat es erwähnt, an einer Eiweißpflanzenstrategie arbeitet, mit dem Ziel, den Anbau heimischer Leguminosen zu fördern und die Abhängigkeit von diesen Sojaimporten zu verringern. Unter anderem soll die jahrzehntelang brachliegende Forschung und Züchtung auf diesem Gebiet wieder aktiviert werden. Und es scheint fast so, als würde die Einsicht in die Notwendigkeit, Leguminosen in eine Fruchtfolge miteinzubeziehen, nun überall wachsen.

Leguminosen haben einen hohen ackerbaulichen und ökologischen Wert. Das haben wir ja vielfach gehört, auch von Herrn Professor Tack. Momentan wird in Deutschland aber dieser Wert nur auf drei Prozent der Ackerflächen

überhaupt benutzt. Ich sehe im vermehrten Anbau heimischer Leguminosen einen unverzichtbaren Beitrag zum Erhalt von Bodenfruchtbarkeit, Förderung der Biodiversität und Schutz vor gentechnisch veränderten Sojaimporten. Daher unterstützen wir fast alle Bestrebungen, den Anbau von Leguminosen zu fördern, mit Ausschluss der Gentechnik. Auch die Pläne von Herrn Minister Backhaus, in Groß Lüsewitz ein Kompetenzzentrum für Eiweißpflanzen zu etablieren, wie wir in der Zeitung lesen konnten – er ist gar nicht mehr da –, begrüßen wir sehr.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Doch, doch. Hier!)

Ach, da sind Sie.

(Rudolf Borchert, SPD: Guter Vorschlag.)

Das begrüßen wir sehr.

Entscheidend ist aus unserer Sicht, dass eine Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Leguminosen hergestellt wird.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das ist der Punkt.)

Dies geschieht vor allem, wenn der Erhalt der vollen EUDirektzahlungen an den Anbau von mindestens 20 Prozent Leguminosen oder Gemenge wie Kleegras gekoppelt wird – das ist unsere Forderung –, und zwar nicht in den sieben Prozent ökologischen Vorrangflächen. Da differieren wir.

Gleichzeitig plädieren wir für eine Stickstoffüberschusssteuer, die sowohl auf den mineralischen Stickstoffdünger als auch auf das Eiweiß, das in den Futtermitteln enthalten ist, erhoben werden muss.

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Eine flächengebundene Tierhaltung und der Anbau von Leguminosen zu Futterzwecken, aber auch als Gründünger wären somit schlagartig wettbewerbsfähig.

Aber eines muss auch ganz klar gesagt werden: Mit dem Anbau heimischer beziehungsweise an die hiesigen Klimabedingungen angepasster Leguminosen ist die hier beschriebene Eiweißlücke nicht zu schließen, wenn nicht gleichzeitig auch der Verbrauch sinkt. Die Versorgung riesiger Tierbestände mit eiweißreichem Futter stellt die Hauptursache für diese Eiweißlücke dar. Durch Verfütterung gehen bei der Produktion von Schweinefleisch über drei Viertel, bei Eiern, Milch und Geflügel rund zwei Drittel des pflanzlichen Proteins verloren.

Die Verfütterung proteinreichen Kraftfutters an Kühe, deren herausragende Eigenschaft ja gerade darin besteht, sich ausschließlich von für die menschliche Ernährung nicht verwertbarem Gras ernähren zu können, ist angesichts rapide sinkender Erträge in der Milchproduktion mehr als zweifelhaft. Keine Kuh muss mit Eiweiß angereichertes Futter fressen. Die Bakterien im Verdauungssystem der Kuh produzieren ausreichend Eiweiß. Dass die allermeisten Kühe trotzdem damit gefüttert werden, hängt damit zusammen, dass die Tiere heutzutage als Hochleistungsmaschinen behandelt werden, die in kürzester Zeit große Mengen produzieren müssen.

Das ist eine Rechnung, die bei steigenden Kraftfutterpreisen und gleichzeitig sinkenden Absatzerlösen für Milch bald nicht mehr aufgehen wird.

Die Forderung der Regierungskoalition in ihrem Antrag, nachhaltige Landbewirtschaftung und Tierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern zu unterstützen, kann ich nur als Signal dafür werten, dass die Tage der Massentierhaltung in unserem Land gezählt sind. Anders ist nämlich weder eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft zu realisieren noch die Abhängigkeit von den Futterimporten zu minimieren.

Unsere Änderungsanträge beziehen sich nun darauf, dass sichergestellt wird und sichergestellt bleibt, dass sich die Eiweißstrategie ohne den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen auf den Weg macht und dass auch Konzepte entwickelt werden, die im ökologischen Landbau funktionieren können. Erste Prozesse sind dazu offensichtlich schon im Gange.