Und deshalb denke ich, wenn sich viele Menschen in unserem Land finden, die die Idee der guten Löhne, die Idee der Lohnuntergrenze oder des Mindestlohnes unterstützen – ob mit diesen Unterschriften in der Volksinitiative oder auch bei vielen Umfragen, die stattfinden, oder aber auch durch das Wahlergebnis, weil das war auch ein Thema des Wahlkampfes –, dass das gut ist, weil es zeigt, dass viele Menschen, vor allem auch viele, die das gar nicht betrifft, das Problem, sagen: In unserer Gesellschaft geht es nur gerecht zu, wenn es am Ende auch für Arbeit eine gute und gerechte Entlohnung gibt.
Und man muss sagen: Wie kommt man zu verschiedenen Beträgen beim Thema Mindestlohn? Viele Gewerkschaften vertreten die Forderung – und so auch die Landesregierung und die Koalition in dem Koalitionsvertrag –, dass wir auf einen Mindestlohn von 8,50 Euro setzen, der sich bisher an der gesetzlichen Grundsicherung orientiert hat.
Man muss aber auch sagen, dass dieser Lohn nicht ausreicht, um am Ende nach 45 Jahren Arbeitsleben eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu bekommen, geschweige denn über Grundsicherungsniveau. Wir müssen nach den heutigen Berechnungen 40 Stunden pro Woche 45 Jahre lang arbeiten und wenigstens 9,03 Euro verdienen, um dann eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu bekommen.
Das zeigt also, dieser Mindestlohn bringt vielleicht zunächst ein Existenzminimum, aber schützt auf Dauer – und das wird ja immer eingebracht beim Thema, dass der Mindestlohn höher sein muss –, schützt auf Dauer nicht vor Altersarmut. Und deshalb will ich sagen, muss man sich die Frage stellen: Was soll dieser Mindestlohn bewirken? Und für uns ist es so, dass dieser Mindestlohn zunächst eben die absolute Lohnuntergrenze sein soll und dass wir darauf setzen, dass Fachkräfte wesentlich besser entlohnt werden, dass Fachkräfte vor allem möglichst nach guten Tariflöhnen, die über Mindestlöhnen liegen, entlohnt werden und dass man deswegen, denke ich, auf Dauer auch die Tarifbindung stärken muss.
Man kann nicht als Ziel haben, dass die Menschen ein Leben lang von diesem Mindestlohn leben müssen durch ihre Arbeit, sondern man muss ein Ziel haben, dass das nur die Lohnuntergrenze ist und dass gerade Löhne, die sich auf Facharbeit beziehen, ja höher liegen müssen durch gute Tarifverträge. Und unser Ziel ist es, mit dem Mindestlohn die Spirale nach oben in den Gang zu drehen.
Was macht die Landesregierung? Wir setzen uns bereits für einen bundesweit flächendeckenden Mindestlohn ein, das ist Beschlusslage im Koalitionsvertrag. Und, Herr Holter, ich verstehe nicht, warum Sie da die Verlässlichkeit unseres Koalitionspartners CDU infrage stellen. Es gab bereits Initiativen im Bundesrat zu einem flächende
ckenden gesetzlichen Mindestlohn, denen wir zugestimmt haben, auch mit Zustimmung des Koalitionspartners.
Und wenn Sie jetzt die Bundesratsinitiative Thüringens erwähnen, dann muss ich Ihnen sagen, Frau Lieberknecht hat sich noch nicht zu 8,50 Euro bekannt und deswegen muss man zunächst sehen, was und wie bringt sie sich ein, um das zu entscheiden.
Ja, aber Sie haben unterstellt, als ob wir zurückhaltend sind, weil die CDU hasenfüßig ist. Das ist sie nicht. Sie hat bisher zu diesem Thema gestanden und ich vertraue unserem Koalitionspartner, dass das bei diesem Thema auch weiter so sein wird, weil wir klare Verabredungen im Koalitionsvertrag haben,
Wir haben aber immer gesagt, dass es auch nicht ausreicht, nur zu fordern auf Bundesebene, sondern dass es vor allem darum geht, dass wir Schritt für Schritt im eigenen Land vorankommen. Und deshalb ist es gut und richtig, dass unser Wirtschaftsminister so schnell wie möglich das Vergabegesetz auf den Weg gebracht hat, was zukünftig öffentliche Aufträge daran knüpft, dass dieser Mindestlohn von 8,50 Euro gezahlt wird.
Wir werden weiterhin Initiativen unterstützen, zum Beispiel bringen wir auf der nächsten Arbeits- und Sozialministerkonferenz einen entsprechenden Antrag gemeinsam mit Rheinland-Pfalz zu einem bundesweit gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro ein.
Es ist wichtig, dass natürlich dann dieser Mindestlohn von einer unabhängigen Mindestlohnkommission weiter begleitet wird. Aber man muss sich die Frage stellen, wenn man für einen Mindestlohn von 10 Euro wirbt – und das wäre ja denn die Konsequenz der Volksinitiative, dass wir das tun sollten –, ob das realistisch ist. Und da sage ich Ihnen ganz klar, ganz deutlich, sehr geehrte Abgeordnete der Linkspartei, ich glaube, das Ziel „Gute Arbeit und gute Löhne“ trennt uns nicht. Aber ich bin dafür, dass man an der Stelle auch glaubwürdig bleiben muss und dass man vor allem den Menschen nur Dinge versprechen kann, die derzeit wirklich realistisch sind. Und ich sehe, wenn ich mir die letzten drei Jahre anschaue, eine gute Entwicklung beim Thema Mindestlohn/Lohnuntergrenze. Da gibt es einen viel breiteren Konsens, als das noch vor einigen Jahren war.
Und deshalb finde ich es wichtig, dass man zunächst konkrete Schritte machen sollte, die realistisch sind, die auch die Unternehmen zunächst vertragen können. Denn, ich habe es gesagt, ein Viertel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdient unter 8,50 Euro. Das finde ich nicht gut, aber ich finde, man muss auch dann die Chance geben, wenn so ein Mindestlohn kommt,
dass sich die Unternehmen darauf einstellen können. Ich glaube, dass man dem Thema Mindestlohn nicht hilft, indem man die Spirale nach oben dreht und einfach immer nur mehr fordert.
Und das hat ja Ihr eigener Landesvorsitzender schon kritisiert, dass die Schwäche bei Ihnen ist, dass Sie eigentlich immer nur mehr fordern als alle anderen.
Zum Thema Glaubwürdigkeit will ich auch noch einmal sagen, wichtig wäre, dass Sie das Thema Mindestlohn von 8,50 Euro, wenn Sie eh sowieso mehr wollen, da voranbringen, wo Sie es auch tatsächlich können. Ich erwarte von den Vertretern, Ihren Kommunalvertretern, wie der Oberbürgermeisterin hier in Schwerin,
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wo Sie recht haben, haben Sie recht!)
Und Sie haben auch die Möglichkeit, bei den eigenen kommunalen Unternehmen diesen Vorstoß zu machen. Nicht nur 10 Euro fordern, 8,50 Euro wenigstens machen! Und Sie hätten auch die Möglichkeit, Ihre Oberbürgermeisterin zu bitten, als Vertreterin des Mitgesellschafters Stadt in den Helios-Kliniken dafür zu sorgen, dass diese die Tarifverhandlungen aufnehmen, zumindest einen Antrag stellen. Es gibt noch viele Lücken in unserem Land …
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wir können uns ja mal die anderen Landkreise angucken, andere Oberbürgermeister! Gucken wir uns mal an, was da ist!)
dass ich mich hier nicht hinstelle und sage: Es ist alles gut! Ich sage, wir haben uns für 8,50 Euro entschieden und sind gerade dabei, das umzusetzen. Aber was Sie machen, ist, den Leuten immer mehr zu versprechen.
Wir als Landesregierung und die Koalitionsfraktionen haben die Verantwortung, den Menschen auch die Vorschläge und politischen Ziele zu skizzieren, die in der Realität eine Chance auf Umsetzung haben. Das haben wir doch mit 10 Euro gar nicht, selbst wenn man dafür wäre, 8,50 Euro ist schon schwer genug. Und ich fordere Sie nur auf, dass Sie nicht immer nur fordern, sondern da, wo Sie konkret können, auch handeln und durchsetzen,
dass die 8,50 Euro auch auf kommunaler Ebene Wirklichkeit werden! Und messen Sie sich an Ihren eigenen Forderungen, dann wird es auch in diesem Land besser werden!
Und an letzter Stelle will ich sagen: Die Frage des Mindestlohnes war meines Erachtens auch eine Auseinandersetzung bei den Landtagswahlen. Und unser Ministerpräsident hat auch schon in der letzten Legislatur klargemacht, er wirbt für den Mindestlohn von 8,50 Euro, so, wie das ja auch von den Gewerkschaften unterstützt wird und auch von vielen anderen demokratischen Fraktionen. Die Menschen haben sich mit großer Mehrheit für ihn und auch für diesen Einsatz entschieden und deshalb glaube ich, dass die Landesregierung mit 8,50 Euro gut dabei ist, und dass es wichtiger ist, dass wir ganz konkret für die Menschen etwas erreichen, als immer nur zu versprechen.
Und zweiter Punkt: Ich glaube, dass die Volksinitiative, die ja jetzt in die Ausschüsse überwiesen wird und insbesondere, und das finde ich gut, auch in den Arbeitsausschuss geht, eine Chance ist, das Thema „Guter Lohn für gute Arbeit“ zu thematisieren. Ich würde hoffen, dass wir uns bei dieser Diskussion breiter aufstellen, denn ich kann es nur noch mal betonen, der Mindestlohn löst nicht alle Probleme, egal wie hoch er ist, sondern er ist nur ein Baustein. Es gibt viele andere wichtige Themen beim Thema „Guter Lohn für gute Arbeit“. Deshalb freue ich mich auf die gute Debatte in den Ausschüssen und ich denke, das hat die Volksinitiative gebracht, dass wir darüber definitiv diskutieren werden.
Wir als Landesregierung werden aber am Ende nur Dingen zustimmen oder sie unterstützen können, die auch realistisch sind. Ich warne davor, den Menschen mehr zu versprechen als geht. Ich glaube, dass man mit der Forderung „Mindestlohn 10 Euro“ die 8,50 Euro eher kaputt macht, weil die Leute, die jetzt schon skeptisch sind, dann total abwinken.
Ich werbe dafür, lieber den ersten Schritt zu gehen und dafür Mehrheiten zu finden, denn nur das, nur das hilft den Menschen im Land wirklich weiter. – Vielen Dank.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksacke 6/1020 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss, an den Europa- und Rechtsausschuss sowie an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Die Gegenprobe. – Und Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.