Protocol of the Session on August 29, 2012

Es sei mir die Anmerkung gestattet, ich habe Ihnen das schon im Ausschuss gesagt, Frau Schwesig, dass ich sehr hoch schätze, dass Sie auch ganz anders als einige Ihrer Kollegen mit brisanten Themen umgehen, wie zum Beispiel die Behandlung des Themas der Asbesttransporte auf die Deponie Schönberg gezeigt hat.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Mit der heutigen Debatte haben wir auch die Chance, sachlich über ein Thema zu diskutieren, das wochenlang mit beunruhigenden Schlagzeilen durch die Medien unseres Landes gegeistert ist.

Also zum Sachverhalt: Am 25. Juli trat der BUND mit der Behauptung an die Öffentlichkeit, es gebe erhebliche Sicherheitsmängel bei der Errichtung des Fusionsexperimentes Wendelstein 7-X. Von möglichen Gefahren für Leib und Leben der Anwohner und Mitarbeiter und von Gefahren für die Umwelt war die Rede. Das Ganze gipfelte in der Forderung, die Errichtung des Experiments umgehend zu stoppen. Ich nehme an, dass dafür Grundlage die Akteneinsicht gewesen ist und ein darin befindlicher Vermerk eines LAGuS-Mitarbeiters, der sich eben wie gesagt in diesen Unterlagen befand. Der BUND hat etwas öffentlich gemacht, was ansonsten möglicherweise verborgen geblieben wäre. Ihn dafür zum Buhmann zu machen, ist daher aus Sicht meiner Fraktion nicht sachgerecht.

Das sofort folgende mediale Echo war zu erwarten. Auch meine Fraktion hat reagiert. Wir verlangten, dass den Vorwürfen dringend und umgehend nachzugehen ist, Aufklärung zu erfolgen habe und eine umfassende Information nötig sei. Ich wiederhole, was ich am 26. Juli gegenüber der Presse erklärt habe: „Die Bevölkerung hat ein Recht, darüber informiert zu werden, ob tatsächlich mangelnde Sicherheitsvorkehrungen vorliegen.“ Und ich füge hinzu: Auch im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts ist das erforderlich.

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik wies diese Vorwürfe am gleichen Tag mit Nachdruck zurück. Das IPP betonte, dass es nicht den geringsten Zweifel habe, alle behördlichen Auflagen zum Strahlenschutz erfüllen zu können, und schloss Strahlengefahren für Anwohner und Mitarbeiter kategorisch aus.

Die Ministerin und das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales haben sich ebenfalls sofort für ein offensives und transparentes Vorgehen entschieden. Das begrüßen wir. Wir begrüßen auch, dass in einem unabhängigen wissenschaftlichen Gutachten Sicherheitsbedenken untersucht und hoffentlich ausgeräumt werden können.

Die Ministerin betonte im Agrar- und Umweltausschuss, dass das Gutachten zeigen wird, ob das Max-PlanckInstitut tatsächlich Auflagen, die bei der Errichtungsgenehmigung erteilt worden sind, nicht erfüllt hat. Ein Beleg für die Erfüllung sei nicht vorhanden. Das sei aber auch kein Beweis für die Nichterfüllung. Das Gutachten muss es letztlich zeigen.

Sie haben auch versprochen, Frau Ministerin Schwesig, dass es keine Genehmigung zum Betrieb der Anlage geben wird, solange nicht alle Auflagen zu 100 Prozent erfüllt sind.

(Jörg Heydorn, SPD: Es gibt ja noch nicht mal einen Antrag auf Genehmigung.)

Wir nehmen Sie beim Wort.

Das habe ich ja auch gar nicht gesagt, Herr Heydorn. Sie sollten mal zuhören.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Der Betrieb ist das Thema.)

Der BUND verlangte Einsicht in die Dokumente zur Errichtungsgenehmigung, der BUND. Alle verlangten Dokumente wurden ihm vorgelegt. Seit dem 9. August sind diese Dokumente auf den Internetseiten des LAGuS veröffentlicht und für alle einsehbar. Ich kann nur hoffen, dass diese Offenheit im weiteren Verfahren – Sie haben es ja eben bestätigt, Frau Ministerin – bis hin zur Betriebsgenehmigung so bleiben wird. Nichts ist für solch umstrittene Großprojekte abträglicher als Intransparenz oder Vertuschungsversuche.

(Torsten Renz, CDU: Das will doch gar keiner.)

Ich nehme Ihnen ab, dass Sie das nicht wollen, Frau Ministerin.

Der jetzt beschrittene Weg, ein unabhängiges Gutachten zur Qualität der Betonabschirmung und der Hallentore in Auftrag zu geben, ist richtig. Trotz allem bleibt bei mir so ein bisschen ungut die Frage, warum es eines möglicherweise falschen Vermerks und des Aufschreis des BUND bedurfte, dass sich jetzt so intensiv mit dem Projekt und dessen Sicherheitsrelevanz befasst wird.

Wenn ich das richtig verstehe, war der durch das IPP angekündigte Antrag auf Betriebsgenehmigung für 2013 der Grund, sich im LAGuS die Unterlagen aus der Errichtungsgenehmigung von Ende 1997 genauer anzusehen. Ist daraus vielleicht möglicherweise der falsche Vermerk entstanden? Ich hoffe namens meiner Fraktion auch, dass die Kompetenzen für die Überwachung des Projekts jetzt klar sind und dass die Mitarbeiter im LAGuS, die nach Aussagen der Ministerin extra geschult und ausgebildet worden sind, konzentriert ihre Arbeit tun können und am Ball bleiben.

Wir dürfen Ängste in der Bevölkerung nicht schüren, aber es gibt sie und deshalb müssen wir sie ernst nehmen. Denn eins ist klar, und da unterscheide ich mich sehr deutlich in der Einschätzung von meinem Kollegen Liskow, ein Spaziergang ist dieses Experiment nicht

(Jochen Schulte, SPD: Der hat doch noch gar nichts gesagt.)

und Sicherheitsauflagen dieser Größenordnung und Behandlungen nach Strahlenschutzverordnung werden nicht aus Spaß erteilt. Es müssen alle nach menschlichem Ermessen denkbaren Risiken ausgeschlossen werden.

(Egbert Liskow, CDU: Das haben wir überall.)

Vorgänge, die auf der Sonne ganz natürlich passieren, die können eben nicht mit einem Fingerschnipsen auf der Erde wiederholt werden.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ob die riesigen Energiemengen, die dabei freigesetzt werden können, auch beherrschbar sind, ist auch noch nicht endgültig geklärt. Letztlich zeigt die siebenjährige Unterbrechung der Errichtung des Reaktors durch das Max-Planck-Institut selbst, dass man die Sinnhaftigkeit schon hinterfragen kann.

(Egbert Liskow, CDU: Das hat doch damit nichts zu tun.)

Wie weit wären wir möglicherweise, wenn die riesigen Summen nicht für die Nachahmung von Vorgängen auf der Sonne, sondern für die Nutzung der Strahlen, die von der Sonne auf die Erde fallen, ausgegeben worden wären! Diese Fragen stehen heute allerdings nicht,

(Torsten Renz, CDU: Genau.)

und es ist aus unserer Sicht auch unprofessionell, vermeintliche Sicherheitsmängel bei der Errichtung des Experiments als Krücke für eine politische Entscheidung zu nutzen.

Ob die Kernfusion jemals in der Lage sein wird, für die Energieversorgung der Menschheit in absehbarer Zeit und mit vertretbarem Aufwand nutzbar zu sein,

(Jörg Heydorn, SPD: Und Risiken.)

oder ob Fusionsreaktoren neue, risikoreiche Probleme schaffen, die wir vielleicht gar nicht tragen wollen, dieses Ergebnis liegt heute noch nicht vor. Es bleibt abzuwarten und dann schließlich abzuwägen.

Auch in meiner Fraktion, das haben Sie sicherlich schon festgestellt, gibt es Zweifler und Zweiflerinnen an diesem eingeschlagenen Weg. Trotzdem hat sich meine Fraktion zur Fusionsforschung als Grundlagenforschung bekannt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. 2014 ist für uns das entscheidende Jahr. Dann werden wir sehen, ob ein praktikables Ergebnis herauskommen kann, und wenn nicht, ist das auch ein Ergebnis. Spätestens dann ist die Entscheidung zu treffen, ob weiter so viel Geld in das Projekt gesteckt werden sollte.

(Torsten Renz, CDU: Ich denke, Sie wollen sich mit dem rechtsstaatlichen Verfahren auseinandersetzen.)

Überhaupt höre ich an dieser Stelle nichts von den ungeheuren Kosten für die Energiegewinnung wie bei den erneuerbaren Energien. Die Kosten stehen zwar nicht auf der Stromrechnung, aber die Gesellschaft – und damit wir – bezahlt sie trotzdem. Der Investitionsbedarf ist inzwischen auf das Doppelte angestiegen. Finanziert wird Wendelstein 7-X durch die Europäische Union …

(Egbert Liskow, CDU: Fragen Sie mal bei ITER!)

Frag ich nicht, das steht hier überhaupt nicht zur Diskussion, Herr Liskow.

… mit 33 Prozent, zusammen mit dem Bund, der 60 Prozent hinzugibt, und das Land gibt 7 Prozent. 60 Millionen immerhin hat das Land schon dazu beigesteuert. Die Gesamtkosten werden am Ende mehr als 1 Milliarde Euro betragen –

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

weit mehr als die ursprünglich angesetzten 423 Millionen. Meinen Sie nicht, dass es angezeigt ist, auch darüber zu reden?

(Marc Reinhardt, CDU: Wofür sind Sie denn nun?)

Aber nicht heute.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Meine Fraktion und ich werden sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Sicherheitsbedenken restlos aufgeklärt und gegebenenfalls Mängel beseitigt werden. Nach Vorliegen des unabhängigen Gutachtens zur Abschirmung des Betons, der Hallentore und der Wanddurchbrüche für Rohre wollen wir so schnell wie möglich eine Information des Landtages und der Öffentlichkeit über die Ergebnisse.

(Egbert Liskow, CDU: So schnell wie möglich.)

Ich habe eine solche Information des LAGuS und des IPP für den Energieausschuss bereits eingefordert. Das Angebot der Sozialministerin, die bisherigen Unterlagen rund um den Wendelstein 7-X einzusehen, nehmen wir an. Und dass wir das zu erwartende Genehmigungsverfahren zur Betriebserlaubnis kritisch begleiten werden, das steht außer Frage.

(Torsten Renz, CDU: Das macht doch die Behörde.)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat nun für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Feike.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst einmal möchte ich mich im Namen der SPD-Land