Protocol of the Session on June 21, 2012

Wir haben angekündigt, das im Mai im Landtag vorzulegen. Das ist geschehen. Es gab eine Anhörung zu diesem Thema und es gibt heute die Zweite Lesung. Eines der wichtigsten Gesetze dieser Großen Koalition wird damit sehr zeitnah umgesetzt. Und ob es nun mit Mindestlohn oder Lohnuntergrenze bezeichnet wird, Fakt ist,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

8,50 Euro werden gezahlt für alle Dinge, die das Land in Auftrag gibt.

(Vincent Kokert, CDU: Für Männer und Frauen.)

Das ist eine wichtige, eine sehr wichtige Angelegenheit.

Die Frage, warum wir die Kommunen sozusagen nicht komplett verpflichtet haben, das zu übernehmen, hat mit der Finanzlage unserer Kommunen zu tun, und damit, denke ich, sind wir den Realitäten sehr nahe. Aber dort, wo die Kommunen öffentliche Mittel vom Land, von der EU oder vom Bund erhalten, werden sie verpflichtet, 8,50 Euro zu zahlen.

Und noch mal ein Wort zu Männern und Frauen: Ich glaube nicht, dass ein Unterschied besteht, wenn eine Frau oder ein Mann 8,50 Euro bekommt, dann ist das völlig klar.

(Vincent Kokert, CDU: Genau.)

Ich verstehe diese Debatten hier teilweise nicht,

(Vincent Kokert, CDU: Sehr richtig, Herr Minister.)

denn es geht am Ende für Mecklenburg-Vorpommern um eine kluge Kombination von Wirtschafts-, Sozial- und Tarifpolitik,

(Udo Pastörs, NPD: Ja.)

für Mecklenburg-Vorpommern, für die arbeitenden Menschen hier. Denn das ist das Ziel der CDU und der SPD für die nächsten fünf Jahre. Und da haben wir heute einen entscheidenden Schritt in die richtige Richtung getan.

Und ich gebe gerne zu, die CDU hatte vor der Wahl am 4. September eine andere Auffassung. Herr Holter ist darauf eingegangen. Es gibt nicht nur in der Wirtschaft Kritiker zu diesem Thema, aber wir müssen eins insgesamt zur Kenntnis nehmen: Wir haben neue Rahmenbedingungen in Mecklenburg-Vorpommern zu beachten, das ist einmal der demografische Wandel. Die Frage der Arbeitskräfte, die Frage von Fachkräften wird immer entscheidender und damit die Frage nach Qualität.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Mit diesem Gesetz wird ein erster Schritt getan, um in besonderer Weise das Lohnniveau insgesamt in Mecklenburg-Vorpommern zu heben. Wir haben mit dafür Sorge getragen, dass bei öffentlichen Aufträgen durch das Land auch die Frage von Sanktionen zu stellen ist.

Wer sich nicht daran hält, diese 8,50 Euro zu zahlen, muss damit rechnen, dass er dann von weiteren öffentlichen Aufträgen in den nächsten Jahren ausgeschlossen wird. Das werden geeignete Informationsstellen bewerkstelligen und gleiche Informationsstellen können die Kommunen auch einrichten, um in dieser Frage des Mindestlohnes Zielgenauigkeit im Land und mit den Kommunen herzustellen. Wir werden sie allerdings nicht verpflichten.

Noch ein Wort zu den Fragen des Mindestlohnes. Wo stehen wir da eigentlich in Europa? Mecklenburg-Vorpommern wird 8,50 Euro heute beschließen. Luxemburg ist einer der Staaten, in denen ein höherer Mindestlohn gezahlt wird von 10,41 Euro. Es gibt aber auch andere Beispiele außerhalb Europas, da ist der Mindestlohn zum Beispiel in Brasilien bei 1,41 Euro.

(Gelächter von Udo Pastörs, NPD: Brasilien!)

Ja, das darf doch mal gesagt werden, Herr Pastörs,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

auch wenn es Sie aufregt, es gehört zur Wahrheit dazu, Vergleiche zu ziehen. Sie können auch Bulgarien als Beispiel nehmen.

Einen Moment, Herr Minister.

Herr Pastörs, ich hatte Ihnen gestern schon gesagt, dass ich persönliche Beleidigungen hier nicht zulassen werde. Halten Sie sich bitte daran, ansonsten wissen Sie ja, was dann passiert.

Bitte, Herr Minister.

Meine Damen und Herren, ich habe einen gewissen Sinneswandel bei der LINKEN festgestellt. Ich bin sehr erfreut darüber, dass man hier heute mit der Mehrheit der linken Stimmen auch rechnen kann, diesem Vergabegesetz die Zustimmung zu geben. Das ist, glaube ich, vor vier Wochen noch nicht ersichtlich gewesen. Da hat vielleicht auch die eine oder andere Diskussion, die wir bei IHK- oder anderen Veranstaltungen miteinander geführt haben, mit dazu beigetragen, dass sich DIE LINKE bei diesem Thema nicht immer mit höherem Draufsatteln beschäftigt, sondern in dieser Frage auch mal Realität und Realismus walten lässt.

Von daher, meine ich, wäre dieser Streit hier heute gar nicht so wichtig gewesen. Entscheidend ist, dass wir einen Mindestlohn festlegen. Entscheidend ist, dass diese Landesregierung Handlungsfähigkeit beweist, dass sie vor allen Dingen auch das umsetzt, was sie vorher versprochen hat. Daher, denke ich, können wir alle mit diesem Vergabegesetz, so, wie es vorgelegt ist – es ist schlank, es ist trotzdem zielführend –, zufrieden sein.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, es ist schlank, es ist politisch schlank.)

Und über die Frage der Inkraftsetzung der Richtlinien werde ich in den nächsten Wochen zeitnah unterrichten, und zwar alle Fraktionsvorsitzenden außer der NPD.

Meine Damen und Herren, vielen Dank. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gerkan.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gleichwohl wir für die Einführung eines vergabespezifischen Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro ausdrücklich sind – das wissen auch Sie, Herr Holter –, ist es uns dennoch wichtig, dem hier vorliegenden Gesetzentwurf wesentliche Aspekte hinzuzufügen, besonders im Hinblick auf Sozialverträglichkeit, Umweltverträglichkeit, Energieschutz.

(Marc Reinhardt, CDU: Froschsammeln.)

Darüber hinaus wollen wir auch die Kommunen verpflichtend – das betone ich hier –, verpflichtend in die öffentliche Auftragsvergabe unter Bedingung des Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro einbinden.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU ist hier halbherzig. Warum? Weil die Kommunen nicht ausdrücklich dazu verpflichtet werden, bei der Auftragsvergabe das Kriterium der Zahlung eines Mindestlohnes von 8,50 Euro anzuwenden. Das führt dazu, dass die Wirksamkeit des vergabespezifischen Mindestlohnes massiv, ganz massiv eingeschränkt wird, denn rund zwei Drittel – das sagte Herr Holter bereits – der öffentlichen Aufträge im Land werden durch die Kommunen vergeben, meine Damen und Herren, und nicht durch das Land.

(Marc Reinhardt, CDU: Das sind meistens Bauaufträge und da haben wir einen Mindestlohn von 11 Euro.)

Mecklenburg-Vorpommern würde ansonsten auch mit diesem Gesetzesentwurf einen Sonderweg beschreiten, da alle anderen Bundesländer, die einen vergabespezifischen Mindestlohn eingeführt haben, die Kommunen mit in die Pflicht genommen haben. Zu den damit verbundenen Konsequenzen, die sich folgerichtig aus dem Konnexitätsprinzip ergeben,

(Regine Lück, DIE LINKE: Das ist mehr als halbherzig.)

werde ich im Folgenden noch zu sprechen kommen. Lassen Sie mich chronologisch nach unserem Änderungsantrag vorgehen:

Wir fordern in unserem Änderungsantrag, Paragraf 5 dahin gehend zu ändern, dass künftig bei der öffentlichen Auftragsvergabe solche Unternehmen bevorzugt berücksichtigt werden, die sich verpflichten, bei der Ausführung von Aufträgen auch Maßnahmen zur Frauenförderung und zur Förderung – das ist wichtig – der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im eigenen Unternehmen durchzuführen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, das sieht Herr Schulte anders.)

Da bin ich mir auch sicher, ja.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Mich würde ja mal interessieren, wie die Ministerin das sieht.)

Damit könnte das Land ein ganz klares Zeichen für mehr Geschlechtergerechtigkeit setzen. Dieses würde auch der Koalitionsvereinbarung im Übrigen entsprechen, in der sich SPD und CDU zur Gleichstellungspolitik als Kernanliegen und Querschnittsaufgabe damals noch bekannt haben.

(Vincent Kokert, CDU: Da steht doch nicht drin, dass wir dagegen sind. Wo lesen Sie das denn raus?)

Im Sozialausschuss, meine Damen und Herren der Regierungskoalition, blendeten Sie diesen Aspekt plötzlich aus. Anders ist Ihre Ablehnung unseres Änderungsantrages nicht nachvollziehbar.

(Udo Pastörs, NPD: Nachvollziehbar!)

Gleiches gilt im Übrigen für den im Änderungsantrag eingefügten Paragrafen 5a zur umweltfreundlichen und energieeffizienten Beschaffung, der von uns in den Wirtschaftsausschuss eingebracht worden ist. Die im Wirtschaftsausschuss abgelehnte Änderung haben wir in diesem Änderungsantrag in Anlehnung an das Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen modifiziert, denn es ist an der Zeit, Aufträge in die öffentliche Hand zu vergeben, insbesondere an die hier im Land festgeschriebenen Zielsetzungen, wie sie zum Beispiel der Aktionsplan „Klimaschutz“ vorsieht, anzubinden.

Nur unter dieser Maßgabe einer Vorbildwirkung durch das Land können theoretische Zielsetzungen von Steigerung der Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit einer dringend notwendigen praktischen Umsetzung zugeführt werden. Umso weniger ist nachvollziehbar, dass auch diese wirklich konstruktiven Vorschläge sowohl vonseiten der Linkspartei als auch vonseiten der Bündnisgrünen in den Ausschüssen von den Regierungskoalitionsparteien SPD und CDU abgelehnt werden. Im Gegenteil, eine schlichtweg nicht vorhandene Diskussionskultur kennzeichnet in diesem Zusammenhang die Ausschussarbeit.