Protocol of the Session on June 20, 2012

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das kann niemand von uns, meine Damen und Herren, wissentlich in Kauf nehmen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Wir wollen, dass dieser Zustand umgehend beendet wird. Wir beantragen die Stundenerhöhung für die Grundschulen auch für die Bereitstellung zusätzlicher Förderung, damit alle Schülerinnen und Schüler in diesen Klassen gemeinsam gut und erfolgreich lernen können.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Jawoll.)

Wir können bei diesen Kindern eben nicht auf den Bericht der Expertenkommission warten, denn diese Schülerinnen und Schüler, von denen ich rede, haben noch rein gar nichts von diesem Konzept. Wir haben hier keine Zeit zu verschenken, sondern wir müssen diesen Mädchen und Jungen Zeit schenken, Zeit für ein begleitetes Lernen, denn ansonsten haben sie ihre Grundschulzeit beendet, gehen dann ebenfalls ohne Förderung in das weitaus kompliziertere System der weiterführenden Schulen über oder bei misslungener Inklusion in die Förderschulen.

Das Land ist im Begriff, eine gesamte Schülergeneration zu benachteiligen. Ich bin nicht gewillt und nicht bereit zu akzeptieren, dass Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, so mit den kleinsten Schülerinnen und Schülern umgehen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Sie können doch nicht weiterhin von den Eltern verlangen, dass sie zu Hause die Aufgaben übernehmen, für

die die Schulen verantwortlich wären, wenn sie denn dafür die notwendige Zeit bekämen.

Unverständlich ist mir vor allem, wie die Mitglieder des Bildungsausschusses und die Finanzministerin, die eine pädagogische Ausbildung haben, den Ernst der Lage nicht erkennen und sich dringenden Veränderungen verweigern. Die Lehrerinnen, Lehrer, Eltern und Großeltern in diesem Parlament, und das dürften dann sicher fast alle sein, können diesen Zustand nicht hinneh- men, Sie können ihn nicht vertreten und das wissen Sie auch. Sie wissen auch, dass die Forderung meiner Fraktion dringend notwendig und realistisch ist, um die Herausforderungen des gemeinsamen Unterrichts zu meistern.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir fordern keine Unsummen. 16,5 Millionen Euro kostet die so sehr benötigte Förderung für die kommenden zwei Jahre. Für den Zukunftsfonds Bildung in unserem zweiten Antrag sollen 50 Millionen Euro lediglich reserviert werden, reserviert, um nach Vorliegen der Berichte der Expertenkommissionen zur Inklusion sowie zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufes wenigstens die Anschubfinanzierung zur Umsetzung der Ergebnisse zu sichern, denn dafür haben Sie weder in diesem Haushalt noch in der Mittelfristigen Finanzplanung Vorsorge getroffen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Wir verlangen, dass Lehrerinnen und Lehrer wieder so motiviert werden, dass sie für die Kinder eintreten und hinter einer Bildungspolitik stehen, weil sie wissen, dass diese Politik sie und die Kinder in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Wir fordern nicht einmal zusätzliche Millionen, sondern es ist lediglich eine Rückforderung dessen, was in den vergangenen Jahren an den Schulen am Unterricht gestrichen worden ist. Denn bis zum Schuljahr 2009 gab es ausreichend Förderung für benachteiligte Schülerinnen und Schüler, nämlich fünf beziehungsweise drei Stunden für jedes dieser Kinder pro Woche, um sie eben im Lernen zu begleiten und zu unterstützen.

Und bis vor einigen Jahren gab es auch wesentlich bessere Arbeitsbedingungen für die Lehrerinnen und Lehrer, weil ihre ureigenste Aufgabe im Unterrichten bestand, und nicht in der Verwaltung von Schülerinnen und Schülern, und nicht im Überwinden überhöhter bürokratischer Hürden. Bis vor einigen Jahren mussten die Lehrkräfte 25 Stunden pro Woche unterrichten, inzwischen sind es 27 Stunden bei gleichem Gehalt. Das Land wollte sofort, wenn es in einer besseren finanziellen Lage ist, diese Stundenerhöhung rückgängig machen.

(Torsten Renz, CDU: Wo stand das? Wer hat das beschlossen?)

Und? Dem Land geht es besser, den Kindern sowie den Lehrerinnen und Lehrern immer schlechter.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Wir fordern also nichts Neues, sondern wir fordern eine anforderungsgerechte Ausstattung der Schulen und den Willen, Kinder, Eltern und Lehrkräfte ernst zu nehmen.

Selbst der damalige Bildungsminister Henry Tesch erkannte bereits die Notwendigkeit der Förderung, als er 2008 die Schulgesetznovelle in den Landtag einbrachte. Ich zitiere: „Im Mittelpunkt steht das verfassungsmäßige Recht unserer Kinder und Jugendlichen auf eine gute Bildung, auf guten Unterricht. Es ist unsere Pflicht, jeden einzelnen in seiner Entwicklung individuell zu fördern und ihn entsprechend seines Leistungsvermögens optimal zu unterstützen.“ Ende des Zitats. Getan hat er allerdings etwas völlig anderes, denn jegliche Unterstützung wird den Schülerinnen und Schülern seit der Einführung der Selbstständigen Schule verwehrt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie unseren Anträgen auch dieses Mal nicht zustimmen wollen, dann erklären Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, es den Lehrkräften, den Eltern und den Kindern. Bei Ihren Reisen in der vergangenen Woche in Ihren Wahlkreisen werden Ihnen die Praktiker vor Ort auch nichts anderes gesagt haben, als ich es hier darstelle.

Sicherlich werden Sie in diesen Gesprächen die zusätzlichen 20 Stellen für die Grundschulen gegen Ihre eigene Überzeugung gefeiert haben. 20 neue Grundschullehrer sollen als Wanderlehrer durch das Land ziehen und den Vertretungsunterricht absichern. Das sind gerade einmal 550 Stunden für das gesamte Land! 550 Stunden, von denen jede Grundschule, würde es denn in der Breite so funktionieren, gerade mal 1,5 Stunden pro Woche erhält. Das kann nicht Ihr Rettungsanker sein, das ist nur eine Verzögerung des Untergangs!

Wenn wir im kommenden Schuljahr wieder Vor-OrtGespräche führen, dann erklären Sie den Lehrerinnen und Lehrern sowie den Eltern, warum Sie gegen eine erhöhte Stundenzuweisung und gegen die Bereitstellung der finanziellen Mittel zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufes gestimmt haben! Der jetzige Zustand verhindert nicht nur Inklusion, er verhindert grundlegende Bildung, denn billige Bildung gibt es nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist höchste Zeit, endlich Geld in unsere Schulen zu investieren, damit sie ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen können. – Ich fordere Sie auf, unseren Anträgen zuzustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Renz von der CDU-Fraktion.

(Jochen Schulte, SPD: Herr Renz, bis jetzt war die Rede gut. – allgemeine Heiterkeit)

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Oldenburg! Das Thema ist einfach zu ernst, um hier jetzt Witze zu machen. Ich werde auch nicht den Redebeitrag halten, den ich an dieser Stelle in der Gesamtheit so ein bisschen gedanklich mir zurechtgelegt hatte, sondern werde zu einem späteren Zeitpunkt hier noch mal ans Rednerpult treten. Ich werde jetzt versuchen, nur kurz …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Da sind wir aber schon beim Sommerfest.)

Wenn Sie nicht so viel Zeit haben, Herr Holter, bei diesem wichtigen Thema, dann tut mir das leid.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ich hab viel Zeit.)

Ich glaube, wir sollten jetzt so viel Zeit haben und vor allem Sachlichkeit, konkret an diesem Punkt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja. Entscheidungen für die Zukunft unserer Kinder sind notwendig. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Frau Oldenburg hat aus meiner Sicht in vielen Punkten treffend die Situation beschrieben. Ob diese bildlichen Vergleiche so notwendig waren, das überlasse ich Ihnen selbst,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Damit es jeder begreift, Herr Renz.)

ob es so dramatisch – dann auch diese bildlichen Vergleiche – hier hätte sein müssen, aber das ist auch nicht das Entscheidende.

Sie haben hier einen Untergang signalisiert, wo ich sage, zusammenfassend zu dem, was Sie inhaltlich vorgetragen haben, würde ich sagen: Ja, Sie haben recht, hier ist Handlungsbedarf. Und Sie können davon ausgehen – und ich denke, dass ich da auch für die Bildungspolitiker hier innerhalb der CDU und wahrscheinlich auch der SPD mitsprechen darf –, dass wir uns hier nicht hinstellen werden, etwas schönreden werden und hier in Feierlaune übergehen werden, wenn wir dieses Programm, was hauptsächlich ja die Grundschule betrifft, dieses 10Punkte-Programm, hier vielleicht als Ausrede – so haben Sie es ja versucht darzustellen – versuchen in den Raum zu stellen. Das ist wahrlich kein Feiergrund. Fakt ist, es ist Handlungsbedarf. Fakt ist auch, dass wir in der Koalition an diesem Thema arbeiten. Und ob die Lösungen, die jetzt auf dem Tisch liegen, zufriedenstellend sind, das überlasse ich dann mal der Bewertung anderer.

Aber richtig ist auch, wir haben nicht nur erkannt, dass Handlungsbedarf ist, sondern wir haben auch gehandelt, und dann ist es schon wichtig, hier jedoch mit zwei, drei Sätzen mal darzustellen, was das bedeutet, wenn wir dann diese 20 Vertretungslehrer bekommen. Und so, wie ich das höre aus der Praxis, gibt es ja auch Bewerbungen oder ausreichend Bewerbungen, die vorliegen.

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Wir haben vorher den Zustand gehabt, dass der Vertretungsunterricht, der Pool, genutzt wurde, aber nicht ausreichend war und wir dann aus dem Bereich der Förderung Stunden sozusagen abgezogen haben für diesen Vertretungspool. Und das ging dann zulasten der Kinder, die diesen Förderbedarf haben. Das ist richtig. Um diesen Umstand einigermaßen zu heilen, da nehmen wir für uns als Arbeitskreis der CDU auch in Anspruch – in intensiven Gesprächen mit dem Bildungsministerium –, dass zumindest kleine Bewegungen vonstattengegangen sind. Um diesen Umstand zumindest etwas zu heilen, ist es also gelungen, diese zusätzlichen 20 Stellen aus dem System heraus zu finanzieren, und das bedeutet eben – und das muss man dann an dieser Stelle noch mal so klar sagen –, das bedeutet eben, dass wir jetzt nicht

mehr in Zukunft fälschlicherweise die Förderstunden abziehen und „falsch“ sozusagen – in Anführungsstrichen – für den Vertretungsunterricht nutzen. Dass das eine Maßnahme ist, die nicht ausreichend ist, das will ich hier, wie gesagt, nicht weiter debattieren. Ich will nur sagen, das Thema ist erkannt und das ist ein erster Schritt auf dem Wege zu vernünftigen Lösungen, zu einer Einführung der Inklusion, die etwas holprig war. Und insofern kann ich nur für uns noch mal an dieser Stelle deutlich sagen, dass wir an dem Thema arbeiten.

Zu den anderen Ausführungen, was die Thematik „Attraktivität Lehrerberuf“ betrifft, werde ich mich nachher noch etwas ausführlicher äußern. Fakt ist aber: Wir haben dort eine Arbeitsgruppe gebildet. Und ob es dann jetzt richtig – Sie können natürlich immer machen, was Sie wollen –, aber ob es dann richtig ist, an dieser Stelle jetzt so eine Art Blumenstrauß hier vorzustellen

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

und einzelne Maßnahmen schon festzulegen und auch schon ausfinanzieren zu wollen? Ich glaube, da sind wir bei dem, so, wie der Bildungsminister es macht, dass wir sagen, wir wollen das ganze Paket, diesen Blumenstrauß erst mal vor uns haben. Und dass wir dann Prioritäten setzen müssen und entscheiden müssen, welche Maßnahme dann auch finanzierbar ist vor dem Hintergrund, dass wir viele, viele Baustellen in diesem Lande haben, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt haben wollen, da müssen wir aufpassen, dass wir da nicht unredlich werden und zu viel versprechen.

Ich hab das neulich auch schon gesagt beim Deutschen Beamtenbund in der Runde, weil Sie das auch so angedeutet haben, wir können mal so locker hier die 27 Stunden zurücknehmen auf 25. Das kann man sich alles wünschen, wobei, dann gehört dazu, es wurde unter RotRot so auf den Weg gebracht. Da wurde mir empfohlen, jetzt als CDU einfach mal zu sagen, das war damals keine tolle Entscheidung, das schieben wir jetzt mal wieder zurück. Da sage ich Ihnen, ich glaube eher, dass das nicht machbar ist. Das kann man versprechen. Ich kann mir eher vorstellen, wenn wir was für ältere Lehrer tun wollen, dass wir meinetwegen eine Stunde Abminderung ab dem 55. Lebensjahr einführen, weil es noch finanzierbar sein muss.

Ich will aber auch keine Vorfestlegung jetzt im Zusammenhang mit diesem Haushalt. Ich glaube, der richtige Weg ist, die Ergebnisse abzuwarten, auszuwerten und dann für den Haushalt 2014/2015 neben den Schwerpunkten, die wir bisher haben im Bereich der Kommunen, im Bereich des KiföGs, ganz klar den dritten wesentlichen Schwerpunkt Bildung hier zu definieren. Und wenn ich dann auf der Fahrt hierher im Radio höre, aus Kreisen der Koalition wird darüber nachgedacht, im Bereich Bildung Prioritäten zu setzen oder mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, da kann ich nur sagen, also so eine geheime Meldung oder so nibulös, nebu…,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nebulös. – Peter Ritter, DIE LINKE: Vernebelt. – allgemeine Heiterkeit)

nebulös brauchen wir das nicht zu machen. Es ist Fakt: Für den Doppelhaushalt 2014/2015 muss die Priorität auch im Bereich Bildung liegen. – Danke schön an dieser Stelle erst mal.