Protocol of the Session on June 20, 2012

nebulös brauchen wir das nicht zu machen. Es ist Fakt: Für den Doppelhaushalt 2014/2015 muss die Priorität auch im Bereich Bildung liegen. – Danke schön an dieser Stelle erst mal.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Berger von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Großteil unserer etwa 50 Änderungsanträge bezieht sich auf den Einzelplan 07 –

(Vincent Kokert, CDU: Was?)

Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur –, denn hier sehen wir den größten Nachsteuerungsbedarf, wenn es darum geht, die Gelder gerechter zu verteilen. Ich möchte an das Landesbauprogramm erinnern – Landesbauprogramm zum Thema Inklusion, das wir beantragt haben –, das die Kommunen entlasten soll von den Vorschlägen oder von den Änderungen, die durch das Inklusionspapier, das die Landesregierung im nächsten Jahr vorlegen wird, entstehen. Wir haben eine vollumfängliche Erhöhung des Lehrerreisekostenbedarfs, der Lehrerreisekosten gefordert. Wir haben die personelle Ausstattung oder eine Erhöhung der personellen Ausstattung des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege gefordert.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das ist der größte Witzantrag! Da haben Sie einen Internetauftritt als Grundlage genommen.)

Hier übernimmt der Landesarchäologe Herr Jantzen zurzeit die Arbeit von sechs Personen, wie man der Internetseite entnehmen kann.

(Vincent Kokert, CDU: Nicht aus dem Konzept bringen lassen!)

Und wir wollten natürlich auch die längst überfällige Erhöhung des Etats für die Theater und Orchester um zehn Prozent, um den Theatern und Orchestern Planungssicherheit zu geben.

(Heinz Müller, SPD: Und die Besetzung von Stellen, die längst besetzt sind.)

An dieser Stelle möchte ich aber aus Zeitgründen nicht zu allen unseren Anträgen in diesem Bereich sprechen, sondern auf die drei Anträge eingehen, die für uns von hervorgehobener Relevanz sind und für die ich deshalb Einzelabstimmung beantrage. Das sind zwei Anträge, die darauf abzielen, die Lehrerinnen und Lehrer in diesem Land zu entlasten, und ein Antrag, der die Qualität des Produktiven Lernens sicherstellen soll. Diese drei Anträge befinden sich auf der Drucksache 6/861 und das betrifft dort genau die Ziffern 1 und 2 und die Kapitel 750 bis 755 im Haushalt.

Gerade erst gestern wieder hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft verdeutlicht, dass die Lehrkräfte in unserem Bundesland mit 30,3 Krankheitstagen doppelt so häufig krank sind oder doppelt so lange krank sind, wie die Versicherten der Betriebskassen und der AOK. Vor drei Jahren waren es noch 9 Tage weniger. Diese eklatanten Unterschiede lassen sich nicht alleine über das gestiegene Alter erklären. Die Anforderungen an die Lehrkräfte sind vielmehr in den letzten Jahren deutlich spürbar gestiegen.

Mit jeder Schulreform sind zeitliche Ansprüche hinzugekommen. Dazu gehören: die Erarbeitung eines Schulprogramms, schulische Lehrpläne, individuelle Förderpläne, Vergleichsarbeiten, Elternarbeit, fachliche und pädagogische Weiterbildung. Die Liste der Aufgaben, die neben dem eigentlichen Kerngeschäft, nämlich dem Unterricht, anfallen, ist fast beliebig verlängerbar. Die dafür vorgesehenen Ausgleichs- und Anrechnungsstunden reichen bei Weitem nicht aus. Stattdessen wurde die Lehrerwochenstundenzahl mit dem Schuljahr 2004/2005 um durchschnittlich zwei Stunden angehoben, und das aus rein fiskalischen Gründen. So sparte das Land zwar ungefähr 19 Millionen Euro ein pro Jahr, die Lehrerwochenstundenzahl aber wurde zu der höchsten Deutschlands. Die Lehrer wurden häufiger krank, die Kosten für Vertretungen sind gestiegen und der Unterricht fällt häufiger aus. Das alles waren also keine Änderungen, mit denen sich eine Regierung rühmen kann.

Wir wollen das Rad wieder ein wenig zurückdrehen und diese Abwärtsspirale doch zumindest verlangsamen. Mit den von uns veranschlagten 13,42 Millionen Euro ist es möglich, denjenigen Lehrkräften, die gleichzeitig als Klassenleiter/-innen fungieren, zumindest eine Abminderungsstunde zuzugestehen.

Jeweils eine Anrechnungsstunde pro Referendar fordern wir auch für die Mentorinnen und Mentoren. Obwohl das Referendariat in diesem Jahr bereits am 1. April begann, gibt es immer noch Referendare, denen an den Schulen keine Mentoren zur Seite gestellt werden, einfach weil sich keine Lehrerinnen und Lehrer finden, die diese Aufgabe übernehmen wollen. Da nützen auch die 2010 eingeführten 100 Euro wenig, um den zusätzlichen Arbeitsaufwand auszugleichen. Stattdessen brauchen wir andere Ideen, um die Schulen und die Lehrkräfte dazu zu ermutigen, neue Lehrer/-innen auszubilden.

Bei unserem dritten Antrag möchte ich Ihnen zunächst erklären, was sich hinter dem Begriff „Produktives Lernen“ überhaupt verbirgt. Dann ist es für Sie leichter nachzuvollziehen, was uns an diesem Antrag so wichtig ist. Das Produktive Lernen ist eine Alternative zum reinen schulischen Lernen in der 8. bis 10. Klasse, also in der Schulausgangsphase. Drei Tage lernen Schüler, also lernen und arbeiten in den Betrieben und bekommen dort praxisnahen Unterricht in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch. Zwei Tage gehen sie dann in eine normale Schule und werden dort zusätzlich unterrichtet. Außerdem bekommen diese Schüler eine Stunde individuelle Bildungsberatung, dort wird über die Lernfortschritte und über die Bedürfnisse der Schüler gesprochen.

Durch die Förderung aus dem Europäischen Sozialfonds konnte das Produktive Lernen in Mecklenburg-Vorpommern zum Schuljahr 2005/2006 an 6 Schulen eingeführt und etabliert werden. Inzwischen wurde dieses Projekt auf 27 Schulen ausgeweitet und hat große Erfolge aufzuweisen, denn fast 80 Prozent der Schüler, die vorher als nahezu chancenlos galten, haben am Ende dieser Zeit die Berufsreife mit der 9. Klasse abgeschlossen. 53 Prozent dieser Schüler befanden sich später in einer dualen Ausbildung. Durch den Erfolg des Modells ist die Nachfrage so groß geworden, dass die ESF-Mittel für die Begleitung der Projekte aber bei Weitem nicht mehr ausreichen. Im Moment sind drei Teilzeitprojektberaterinnen mit insgesamt 47 Lehrerwochenstunden angestellt. Sie beraten und bilden die Lehrerinnen und Lehrer an den 27 Standorten zum Produktiven Lernen aus.

Sie sehen, allein dieser Teil der Aufgaben würde drei Teilzeitstellen rechtfertigen. Hinzu kommen Koordinierungsaufgaben mit dem Ministerium, mit den Schulämtern und dem IQMV und natürlich administrative Aufgaben wie die Evaluation, Dokumentation und die der Verwaltung. Entgegen den ursprünglichen Planungen kam auf Wunsch des Bildungsministeriums vor zwei Jahren zusätzlich die Dissemination, also die Verbreitung des Konzeptes „Handeln, Erkunden, Entdecken“ hinzu. Mit diesem Konzept handelt es sich um einen Projektlerntag im 7. Schuljahr, der dazu dienen soll, die erfolgreichen Prinzipien und Methoden des Produktiven Lernens auf den Regelunterricht auszuweiten.

Deshalb ist es nur folgerichtig, wenn das Bildungsmi- nisterium an dieser Stelle nicht nur wünscht, sondern natürlich auch bereit ist, für die Erfüllung dieser Wünsche zu bezahlen. Zur Sicherung der Angebote und um einen langsamen Einstieg in eine genuine Landesfinanzierung zu schaffen, ist daher eine Aufstockung um 40 Lehrerwochenstunden beziehungsweise 1,5 Stellen dringend er- forderlich. Dieses entspricht einer zusätzlichen Fördersumme von 105.000 Euro. Gleichzeitig schaffen wir damit auch erstmals für diesen Bereich eine Haushaltsstelle, die dann mit dem Auslaufen der ESF-Mittel mit dem Schuljahr 2013/14 nach Bedarf aufgestockt werden kann. Das bringt unser Land auch in die Situation, Schulinnovationen, die sich als praxistauglich erwiesen haben, selbst zu finanzieren und unabhängig von Fördermitteln weiter durchzuführen.

Ich werbe ausdrücklich um Ihre Zustimmung. Unsere Kinder werden es danken.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Johann Heinrich von Thünen gehört zu den wenigen Persönlichkeiten unseres Landes von Weltrang, und das sowohl als Begründer der Nationalökonomie

(Peter Ritter, DIE LINKE: Neben Herrn Renz.)

und Musterlandwirt, aber auch als Humanist. Das Thünen-Museum in Tellow ist weltweit die einzige Stätte, die sein fortschrittliches Wirken für die Öffentlichkeit und die Wissenschaft aufarbeitet, bewahrt und der Jugend zugänglich macht. Zum besseren Verständnis der Strukturen in Tellow möchte ich hier einfügen, dass das ThünenMuseum der Kernbereich der gemeinnützigen Thünengut Tellow gGmbH ist. Diese gemeinnützige GmbH wurde seinerzeit gegründet, um die Museumsstrukturen besser unterstützen zu können. Im Mittelpunkt unseres Entschließungsentwurfes steht jedoch nur das ThünenMuseum.

Der Umgang und Einsatz für den Erhalt und die Entwicklung dieser nationalen Gedenkstätte wirft ein bezeichnendes Licht auf das Kultur- und humanistische Verständnis von Regierung und Koalitionsfraktionen. Allerdings habe ich inzwischen gehört, dass man doch eine Lösung möchte. So kann ja eigentlich der Zustimmung zu unserer Entschließung nichts mehr im Wege stehen. Bisher ist es jedenfalls so, dass die Zukunft dieser wich

tigen Gedenk- und Bildungsstätte akut gefährdet ist. Ohne eine angemessene Unterstützung durch das Land ist die weitere Aufarbeitung des Thünen‘schen Nachlasses sowie die Nutzung, Aktualisierung und Erweiterung der Ausstellungen und Sammlungen des ThünenMuseums nicht möglich.

Wir schlagen deshalb vor, dass die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Einzelplan 07 – Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur – um eine Entschließung zum Bekenntnis des Landes für Tellow erweitert wird. Damit wird nicht nur für den unterstützenden Landkreis Rostock und die Gemeinde Warnkenhagen ein Zeichen des Willens des Landes gesetzt, sich weiter für den Erhalt und die Entwicklung der nationalen Gedenkstätte einzusetzen, sondern auch bundes- und weltweit das richtige Signal gegeben.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Der Erhalt und der Ausbau der nationalen Gedenkstätte zur Bildungs- und Forschungseinrichtung sollte festgeschrieben werden. Das Thünen‘sche Erbe steht in einem engen Zusammenhang mit dem Standort Tellow. Ich denke, es ist unstrittig, dass Thünen und Tellow besonders wichtig für das Agrarland Mecklenburg-Vorpommern sind, eine herausragende nationale und internationale Bedeutung haben und dass die Lehren wachsende Aktualität bei der Lösung von weltweiten Problemen im Zusammenhang von Ökonomie, Ökologie und Sozialem, also von Nachhaltigkeit besitzen.

Deshalb sind die auf dem klassischen Boden in Tellow vorhandenen einmaligen Möglichkeiten für die Ausstrahlung des Thünenerbes unbedingt zu erhalten und auf hohem Niveau weiter auszubauen. Die Direktorin des Thünen-Museums Tellow Frau Angela Ziegler schreibt im Vortext zum Konzept „Zeitreise“, ich zitiere: „Geschichte schreibt zwar das Leben selbst, aber für das Bewahren der Geschichte sind wir Menschen zuständig. Wir können machen, dass Thünen vergessen wird, und wir können bewirken, dass er lebt. Wir haben uns vor vier Jahrzenten für das letzte entschieden. Menschen, die in Tellow waren, wissen warum. So ist es auch heute im Vergleich zu den großen Museen nicht viel, was wir einfordern. Nur das Recht der Existenz auf einem Niveau, das der besonderen Forscherpersönlichkeit Thünens gerecht wird.“ Dem sollte sich der Landtag dringend anschließen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen. Meine Fraktion bringt heute in der Zweiten Lesung zum Doppelhaushalt keinen Energieantrag mehr ein. Das heißt nicht, dass wir eine Aufstockung der Mittel nicht für dringend erforderlich halten würden, im Gegenteil, aber wir erachten es als zwecklos – nicht nur deshalb, weil unsere Anträge von vornherein keine Mehrheit finden würden, die Baustelle ist nach unserer Auffassung so groß, dass wir mit einem weiteren Antrag nicht erreichen würden, dass Energiepolitik tatsächlich als Schwerpunkt des Landes erkennbar wäre.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Das ist aus unserer Sicht das Problem. Der Schwerpunkt ist nicht erkennbar, nicht einmal im Haushalt des Energieministeriums, aber auch nicht insgesamt.

Da gibt es einen Fonds für die Klimaschutzrichtlinie, der bereits heute faktisch leer ist, weil er nämlich schon überzeichnet ist. Da gibt es einen Darlehensfonds, 5 Millionen 2012, 5 Millionen 2013. Immerhin, den gab es vor der Ausschussberatung nicht. Ein Fortschritt,

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

aber das als großen Wurf zu bezeichnen, das halte ich doch für sehr vermessen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Aus diesem Darlehen sollen dann die Rückflüsse den Innovationsfonds, der heute auf null ist, speisen. Das war die Kritik, auch des Ausschussvorsitzenden: Der Innovationsfonds soll ja gespeist werden, also kann da jetzt noch gar nichts drin sein. Aber, was meinen Sie denn, wann soll denn etwas zurückfließen, was Innovationen dann zugutekommen kann?

(Egbert Liskow, CDU: Sagen Sie doch einfach mal Danke. – Peter Ritter, DIE LINKE: Später.)

2012 – mit Sicherheit nicht. 2013 – höchst unwahrscheinlich.

(Vincent Kokert, CDU: Warum?)

Haben wir dann für Innovationen im Bereich erneuerbarer Energien kein Geld? Hat überhaupt jemand in der Landesregierung einen Überblick, was mit welchen Mitteln auch in diesem Land getan wird, unter anderem auch im Bereich Forschung und Entwicklung?

(Egbert Liskow, CDU: Aber ihr habt den Überblick!)

Nein, ich hab ihn auch nicht. Ich würde ihn gerne mal sehen, diesen Überblick.

Forschung und Entwicklung, das weiß ich jedenfalls mit Sicherheit, werden in der „Leitstern“-Bewertung für das Land Mecklenburg-Vorpommern auf diesem Gebiet immer mit dem letzten Platz bewertet – und das in einem Land, wo das angeblich Schwerpunkt sein soll. Es herrscht außerdem ein großes Fragezeichen, zum Beispiel bei den Dörfern, die sich aufmachen, Bioenergie- oder Erneuerbare-Energie-Dörfer zu werden, ob sie denn auch bei nicht ausgeglichenem Haushalt die Chance erhalten, dieses Geschäftsfeld und damit die Chance für eigene kommunale Wertschöpfung zu nutzen.

Die Einzigen, die einigermaßen sichere Rahmenbedingungen haben, sind Investoren für Windparks, die jetzt Grundstückseigentümer und Kommunen belagern. Und das sind nach wie vor im Wesentlichen Investoren, die nicht aus Mecklenburg-Vorpommern kommen und die auch die Unterstützung des Landes nicht brauchen. Summa summarum, zur Energiepolitik gibt es zwar sehr viele schöne Worte, aber von Kompetenzbündelung, die in der Praxis auch erkennbar ist, ist nichts zu erkennen. Und was will man schon erwarten von einem Ministerium, das schon bei der Forderung nach einem Masterplan fast aus den Latschen kippt?!

(Egbert Liskow, CDU: Sprechen Sie doch mal mit dem Minister!)

Kollege Backhaus hat mit dem Begriff offensichtlich kein Problem, auch er fordert das Mittun von vielen Akteuren. Beim Energieminister, da schließen sich offensichtlich Masterplan und Beteiligung von anderen aus. Trotzdem hoffe ich natürlich, dass sich hier was bewegt und Sie unserer Entschließung zu Tellow zustimmen.