Protocol of the Session on April 26, 2012

Wir haben im Januar 2009, nachdem dieses unsägliche Eckpunktepapier in der Welt war, bereits schon mal Eckpunkte für einen konzeptionellen Ansatz vorgelegt. Der ist damals verrissen worden. Wir haben dann weiter daran gearbeitet. Dann gab es die Volksinitiative, die wir intensiv mit unterstützt haben, und für uns war es eine Frage des Selbstverständnisses, zu sagen, also nicht nur zu deklarieren, wogegen, wofür wir sind, sondern auch Vorschlage zu unterbreiten, wie es aussehen könnte. Und wir haben natürlich nicht den Stein der Weisen gefunden, aber was wir wollen, ist ein Wettstreit der Ideen an dieser Stelle, und zwar nicht in einer Art und Weise, dass man sagt, wir müssen uns jetzt hier noch mal über

Jahre hinweg dazu austauschen, sondern schon unter einem Handlungsdruck, der entstanden ist aufgrund der Entwicklungen der vergangenen Jahre.

Und so sehr ich für das systematische Vorgehen seitens des Bildungsministeriums Verständnis habe, will ich schon darauf hinweisen, dass die Zeit erheblich drückt. Wir haben eine Situation, wenn wir im Herbst – September/Oktober – dann ein Konzept der Landesregierung auf dem Tisch haben würden, eine Situation, dass dann schon die Planungen für 2013/2014 im Wesentlichen gelaufen sein werden. Also ich prophezeie an dieser Stelle mal, wenn wir nicht schneller sind als das, was bislang in Rede steht, werden wir spätestens ab Januar/Februar/März 2013 wieder existenzielle Probleme vor der Haustür haben. Apropos vor der Haustür, also ich weise das zurück, dass hier behauptet wird, es ist also „Stallgeruch“ und „Lex Schwerin“.

(Egbert Liskow, CDU: Dann erklären Sie doch mal, warum nicht! – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Ja? Die Fakten liegen doch auf der Hand. Ich habe da vorhin drüber gesprochen, das Konzept hat sogar den Charme, dass wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen würden.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Gerade Sie, Herr Liskow, Sie haben sich intensiv auseinandergesetzt mit dem Kommunalfinanzbericht des Landesrechnungshofes und der wirklich sehr schwierigen Situation der vormals kreisfreien Städte oder wenn wir jetzt die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin sehen. Schwerin hat aber aus strukturellen Gründen keine andere Chance, es sei denn, wir entlasten es auch strukturell – und wir würden beides machen. Wir würden den Theater- und Orchesterstandort Schwerin retten und zugleich Schwerin strukturell entlasten.

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Marc Reinhardt, CDU)

Und ich finde es einfach widerlich, die Situation zu personifizieren. Hier gehts um die Sache! Wir haben eine Gesamtverantwortung,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Rainer Albrecht, SPD, und Marc Reinhardt, CDU)

eine Gesamtverantwortung auch für die Hauptstadt dieses Landes!

Und noch etwas zu den Geldern.

(Marc Reinhardt, CDU: Das ist Parteipolitik, was Sie da auf dem Rücken der Theater machen!)

Ich kann die Hochrechnung von Herrn Reinhardt nicht ganz nachvollziehen. Auf den letzten Seiten des Konzeptes ist eine tabellarische Übersicht über die Mehrbedarfe, die entstehen würden pro Jahr. Da kommt man beim besten Willen …

(Marc Reinhardt, CDU: Da haben Sie aber Schwerin außer Acht gelassen.)

Schwerin ist drin mit 4,9 Millionen Euro, ich glaube, Sie hatten in Ihrer Rede sogar darauf verwiesen. 6,9 Millionen sind im statistischen Bericht, abzüglich der 2 Millionen aus dem Hauptstadtvertrag macht das 4,9 Millionen Euro, die wir zusätzlich mit anfassen würden und gleichzeitig eben um diesen Betrag strukturell die Hauptstadt entlasten würden.

Wenn Sie sich die Tabelle anschauen, beginnend mit dem Jahr 2013 mit einem Mehrbedarf von 3,2 Millionen Euro, jährlich aufwachsend bis knapp 7,8 Millionen Euro im Jahre 2025,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

ist das eine maßvolle Angabe, weil wir sehr wohl darauf geschaut haben, wo können die Gelder herkommen, und den Landeshaushalt nicht überstrapazieren wollen. Die Verantwortung haben wir auch und die nehmen wir auch wahr, das ist gar keine Frage, deswegen diese verschiedenen Modelle und deswegen, Herr Minister, haben wir uns das eben nicht so einfach gemacht, Mehrbedarfe oder gar Wünsche zu saldieren, sondern zu schauen, wer welche Last tragen könnte.

Und was die Finanzierungsquelle wegen der Grunderwerbssteuer angeht: Wir spielen nicht den frühkindlichen Bereich gegen Kultur und Kunst aus. Der frühkindliche Bereich ist abgesichert über die Grunderwerbssteuer und zugleich – wir reden nämlich über 41 Millionen Euro per annum – sind 3 Millionen Euro für Theater und Orchester drin. Das ist gar keine Frage.

(Egbert Liskow, CDU: Da müssen Sie aber viel kaufen.)

Und damit möchte ich schließen, also ich möchte noch mal betonen, es geht nicht um Zustimmung zum Konzept, sondern darum, hier dieses Konzept zur Willensbildung mit heranzuziehen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das hat Ihnen doch der Minister gesagt, dass er das tut. Das reicht Ihnen wohl nicht?)

Ja, aber es hat eine ganz andere Qualität, Herr Dr. Nieszery, wenn der Landtag sich dazu verständigt. Das hat eine entsprechende Autorität dann und es ist auch eine Signalwirkung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jaja, für Ihre Partei.)

Ja, eine Signalwirkung an knapp 51.000 Menschen und mehr,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Selbstverständlich, Herr Koplin. Der Minister berücksichtigt das, hat er Ihnen versprochen. Geben Sie sich damit zufrieden!)

die sich für die Kulturlandschaft und kulturelle Infrastruktur interessieren. Insofern, die sollen auch wissen, wie wir darüber denken, insofern beantrage ich namens unserer Fraktion namentlich Abstimmung. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat nun für die Fraktion der SPD die Abgeordnete und Sozialministerin Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe mich hier als Schweriner Abgeordnete der SPDFraktion zu Wort gemeldet und nicht als Sozialministerin, wobei ich an einem Punkt, wenn es nachher um die Finanzierung geht, an der Stelle natürlich auch im Hinterkopf habe, was das für den Bereich des Sozialhaushaltes bedeuten würde.

Ich habe mich deshalb zu Wort gemeldet, weil hier ein Konzept einer demokratischen Fraktion des Landtages vorliegt, das die Theaterproblematik beinhaltet und auch ganz stark noch mal eingeht auf die Situation und auf Vorschläge für das Mecklenburgische Staatstheater. Und ich finde es, ebenso wie andere Abgeordnete der anderen Fraktionen, lobenswert, dass in so einer Debatte, die wir haben, die Fraktion DIE LINKE sich mit Vorschlägen und Konzept einbringt. Also das ist ja das, was wir gegenseitig voneinander erwarten. Und ich habe Herrn Koplin hier auch immer so erlebt, gerade wenn es um Kultur geht, selbst mit sehr guten selbstkritischen Auftritten, dass es – also ich würde der Linkspartei nicht abstreiten,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das tut auch keiner.)

dass es ihnen wirklich um weitere Lösungsansätze geht. Allerdings finde ich, und da würde ich gerne an den Wortbeitrag des Kultusministers von gestern anknüpfen, dass es auch zur Ehrlichkeit gehört, dass die Landespolitik es in den ganzen vergangenen Jahren seit der Wende nicht vermocht hat, auch wirklich einen Vorschlag,

(Regine Lück, DIE LINKE: Sind Sie nicht in der Regierung?)

egal in welchen Konstellationen, auf den Weg zu bringen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Ist ja merkwürdig! Ist ja merkwürdig!)

Ja, wenn es Sie interessiert, wie man zu Ihrem Konzept steht, dann können Sie doch auch einfach mal zuhören, Frau Lück. Oder geht es heute eigentlich nur darum, mit diesem Thema Punkte zu sammeln? Oder geht es Ihnen wirklich um dieses Konzept?

(Regine Lück, DIE LINKE: Zeigen Sie doch nicht mit Fingern auf andere. Sie müssen auch auf sich zeigen.)

Das stelle ich nämlich infrage und dazu werde ich noch kommen.

Fakt ist, dass alle Abgeordneten, die hier seit Anfang 1990 Verantwortung tragen, sich fragen müssen: Warum haben wir es bisher nicht geschafft, wirklich ein Konzept auf den Weg zu bringen, was das Sterben der Theater auf Raten, egal in welchen Regionen, verhindert? Jetzt dem Kultusminister zu sagen, dass mach mal schnell in ein paar Wochen, ist, finde ich, auch ziemlich überzogen in den Erwartungshaltungen. Und natürlich beziehe ich mich in diese Kritik ein, Frau Lück, das unterscheidet uns wahrscheinlich.

(Regine Lück, DIE LINKE: Wahrscheinlich.)

Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir zu Lösungsansätzen kommen.

Ich habe sehr aufmerksam dieses Konzept gelesen und will zur ersten Säule – Landesträgerschaft Schwerin – etwas sagen. Es gibt einen einstimmigen Stadtvertreterbeschluss aller demokratischen Fraktionen der Stadtvertretung Schwerin und auch einen einstimmigen Beschluss im Aufsichtsrat, der schon sehr alt ist – insofern ist die Idee auch nicht wirklich überraschend oder neu –, dass wir dem Land vorschlagen, ähnlich wie andere Länder, über eine Landesträgerschaft nachzudenken. Aber, und das ist vielleicht der Unterschied, nicht mit dem Blick, nur einfach um Schwerin zu helfen, sondern mit dem Blick, dass ein Landestheater dann natürlich auch Aufgaben hätte, die das ganze Land betreffen. Das ist Punkt 1.

Ich sehe es nicht so, dass dieses Konzept eine Lex Schwerin ist, weil dieses Konzept nur diese Landesträgerschaftsdebatte oder den Vorschlag aufnimmt. Ich werbe sehr dafür, dass man darüber zumindest diskutiert, es nicht gleich vom Tisch wischt. Es liegt in der Natur der Sache, dass Abgeordnete aus anderen Regionen das kritisch sehen.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr richtig.)

Aber das konkrete Problem von Schwerin wird nicht gelöst, wenn man nur die Trägerschaft wechselt. Und es wird auch nicht gelöst mit dem Finanzvorschlag, der hier drinsteht, denn der Finanzvorschlag ist ja, einfach die bisherigen Zuschüsse fortzuführen, nur das Land soll mehr bezahlen. Das Problem ist ja, dass die bisherigen Zuschüsse nicht ausreichen, dass es ein konkretes Delta von 2 Millionen Euro gibt und dieses Delta führt zu den Kündigungen, die wir seit Tagen draußen lesen können. Also ist das Konzept nicht wirklich eine Antwort darauf, wie gehen wir mit diesen Problemen des Deltas und den Kündigungen um. Da warne ich davor, dass den Menschen draußen Sand in die Augen gestreut wird: Hauptsache Landesträgerschaft, dann wird schon alles gut.

Ich weise aber die Kritik zurück, dass die Linkspartei hier ihrer strauchelnden OB helfen will. Ich habe auch kritische Auseinandersetzungen mit Frau Gramkow, aber ich will mal eins berichten: Seitdem Frau Gramkow Oberbürgermeisterin dieser Stadt ist, sind alle, inklusive der CDUVertreter im Aufsichtsrat, sehr zufrieden mit der gemeinsamen Zusammenarbeit. Sie ist eine der wenigen kommunalen Vertreter in diesem Land, die gegenüber dem Land sich bereit erklären, auch an einem Landeskonzept zu arbeiten, auch mit dem Blick darauf, Strukturveränderungen mitzugehen. Welche, wie, in welchem Umfang muss man sehen.

(Marc Reinhardt, CDU: Ich kann Ihre Einschätzung nicht teilen, Frau Schwesig.)

Aber es ist eine faire und konstruktive Zusammenarbeit, und die Finanzprobleme der Stadt Schwerin, da muss natürlich die Oberbürgermeisterin zu ihrer Verantwortung stehen, aber wir wissen alle, dass sie da nicht alleine Verantwortung trägt. Es war gerade auch Dr. Jäger, der immer wollte, dass wir kreisfrei bleiben, und diese Kreisfreiheit, die bringt uns auch große finanzielle Probleme. Davor wurde gewarnt im Vorfeld und ich finde es einfach

unredlich, wenn man es jetzt einem, egal wem, in die Schuhe schiebt. Und ich werbe dafür, wir werden in diesem Landtag kein gutes Konzept auf den Weg bringen, wenn wir daraus machen: „Wo stellt wer von welcher Partei einen Landrat oder Oberbürgermeister?“, und danach entscheiden. Ich werbe dafür, dass es hier so funktioniert, wie es in vielen Theatern des Landes funktioniert und in den Kommunen, dass die demokratischen Fraktionen an der Stelle zusammenhalten.