Protocol of the Session on April 26, 2012

Und ich möchte Ihr Zitat aufgreifen, was ich teile: „Armut hat viele Facetten“. Da sind wir bei einem ganz konkreten Armutsthema. Wir sprechen ja auch gleich im nächsten Punkt darüber – Kinderarmut.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genau.)

Und wenn es um Armut geht, dann muss es uns in erster Linie in diesem Land wichtig sein, die Löhne höher zu halten. Fakt ist, dass in der ambulanten Krankenpflege

nicht die besten Löhne gezahlt werden. Und wer sich nicht politisch dagegen positioniert, dass in diesem Bereich nicht gekürzt werden darf, weil sonst der Lohndruck nach unten geht anstatt nach oben, der verhält sich unredlich.

(Karen Stramm, DIE LINKE: Jetzt reicht es aber! Das stimmt doch überhaupt nicht, was Sie da erzählen. – Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Offensichtlich habe ich in die Wunde gestochen.

(Karen Stramm, DIE LINKE: Nee,

haben Sie nicht! Aber Sie sagen die

Unwahrheit! Das ist doch nicht wahr! –

Das habe

ich Ihnen das letzte Mal schon gesagt.

Sie vergleichen hier Äpfel und Birnen. –

Unruhe vonseiten der Fraktionen der

SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD:

Ist sie hysterisch geworden, oder was?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein Thema, das offensichtlich die Emotionen hochschlagen lässt. Trotzdem hat Frau Ministerin Schwesig jetzt das Wort und ich bitte darum, die eigenen Positionen doch etwas zurückzunehmen, damit wir hier diese Debatte auch ordentlich zu Ende kriegen.

Bitte, Frau Ministerin.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Was ich unredlich finde, ist, dass man sich nur die einen Rosinen rauspickt, wenn es darum geht, was denn derzeit auf dem Tisch an Problemen im Land liegt. Und wenn es um Armutsbekämpfung geht, dann kann ich hier nur eins klar sagen, dann dürfen wir es nicht zulassen, dass jemand um die Ecke kommt und in einem Bereich, wo derzeit nicht gut bezahlt wird, dafür sorgt, dass sozusagen die Vergütungen noch nach unten gehen. Das war unser Anliegen hier im letzten Landtag. Und da haben Sie, bis auf ein paar Ausnahmen, was ich auch toll finde, nicht mitgemacht. Und deshalb finde ich es ein Problem, dass die eine Sache heute gemacht wird unter der großen Überschrift „Armutsbekämpfung“, und da, wo dieser Landtag sich positionieren kann,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

wo Politiker in M-V sich positionieren können und handeln können, da haben Sie, sehr geehrte Frau Stramm, beim letzten Mal gesagt: „Was hat das denn mit Mecklenburg-Vorpommern zu tun?“

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig. – Zuruf von Karen Stramm, DIE LINKE)

Das ist meine Kritik.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und ich glaube, ich habe es jetzt sehr deutlich ausgedrückt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr gut. Voll in die Wunde getroffen. – Regine Lück, DIE LINKE: Unredlich!)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/569 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/569 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der NPD sowie bei Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen SPD und CDU abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 27: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Kinderarmut (endlich) wirksam bekämpfen – Chancengleiche Entwicklung für alle Kinder und Jugendlichen sichern, auf Drucksache 6/571. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/690 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Kinderarmut (endlich) wirksam bekämpfen – Chancengleiche Entwicklung für alle Kinder und Jugendlichen sichern – Drucksache 6/571 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/690 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Koplin für die Fraktion DIE LINKE.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Weil es Irritationen gibt, warum ich dazu spreche: Meine politische Freundin und geschätzte Kollegin Jacqueline Bernhardt hätte diese Rede gern gehalten,

(Egbert Liskow, CDU: Ja?)

ist gesundheitlich verhindert und hat mich gebeten, diese und dann auch die folgende Rede vorzutragen. Das werde ich gern tun und bitte Sie in dieser Hinsicht um Aufmerksamkeit – und um Verständnis sowieso.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit Jahren beklagen wir und mit uns viele nationale und internationale Organisationen, dass es in so einem reichen Land wie Deutschland massenhaft Kinderarmut gibt. Unser Bundesland als strukturschwaches Land mit den niedrigsten Löhnen und einer hohen Arbeitslosigkeit ist davon mit am stärksten betroffen.

Bei den unter Dreijährigen lag laut der Bertelsmann Stiftung der Landesdurchschnitt der Kinder, die im Jahr 2010 in Armut lebten, bei 31,2 Prozent. 31,2 Prozent, meine Damen und Herren! In Schwerin, Neubrandenburg und

im ehemaligen Landkreis Uecker-Randow sind es über 40 Prozent der unter Dreijährigen, die von Armut betroffen sind. Konkret heißt das:

12.338 Kinder unter 3 Jahren,

26.882 Kinder unter 7 Jahren,

49.259 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren,

55.680 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren,

60.263 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren und

circa 78.000 von insgesamt etwa 350.000 Kindern und

Jugendlichen, also 22,32 Prozent der unter 25Jährigen leben in Mecklenburg-Vorpommern in Armut.

Und das allein nur, wenn man davon ausgeht, dass „arm“ ist, wer in Familien mit SGB-II-Bezug lebt. Dazu sage ich aber später noch etwas. Das ist doch eine unerträgliche Situation!

Auch wenn im Vergleich der Jahre 2005 und 2010 die Zahl der in Hartz IV lebenden Kinder leicht zurückgegangen ist, sage ich Ihnen, das geht mir zu langsam. Jedes Kind in Armut ist eines zu viel.