Protocol of the Session on April 25, 2012

Das sind nicht die Aussagen der Koalition, das sind die Aussagen der SPD. Die Aussage der CDU wird sicher eine andere sein. Da bin ich mal ganz gespannt, was Herr Kokert, oder wer von Ihnen hier spricht, zum Besten geben wird.

Ich möchte als Erstes feststellen, dass die Eltern die Freiheit und das Recht haben zu entscheiden, ob die Kinder in die Kindereinrichtung gehen oder zu Hause erzogen werden.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Genau.)

Das war so, das ist so und das soll nach Ansicht der LINKEN auch in Zukunft so bleiben.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist schon mal ein richtiger Ansatz, Herr Holter.)

Das Zweite, was ich feststellen möchte, ist, dass DIE LINKE das Betreuungsgeld – „Herdprämie“, „Fernhalteprämie“ auch genannt – ablehnt, und das aus familienpolitischen, kinderpolitischen und bildungspolitischen Gründen. Dazu wird Frau Bernhardt im Einzelnen dann sicher noch sprechen. Aber was hier, und deswegen ist die Aktuelle Stunde schon bezeichnend für den Zustand der Koalition, …

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heinz Müller, SPD: Ach, Herr Holter!)

Doch, doch, meine Damen und Herren!

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Die Auseinandersetzung zurzeit in der Bundesrepublik Deutschland ist schon bezeichnend. Wir haben eine chaotische Diskussion, Herr Heydorn hat das an Beispielen hier gerade noch mal deutlich gemacht, und ich will Sie daran erinnern, auch Sie von der SPD, dass Sie und Herr Heydorn – das werde ich Ihnen auch nicht ersparen – dafür verantwortlich sind, dass Hartz IV eingeführt wurde.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Sie sind dafür verantwortlich, dass das Zuflussprinzip gilt, nämlich Leistungen, die Hartz-IV-Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfänger in Anspruch nehmen können beziehungsweise müssen, auf den Regelsatz dann entsprechend angerechnet werden.

(Regine Lück, DIE LINKE: Vielleicht haben das die Wähler vergessen.)

Und das, was heute Morgen über die Presse gegangen ist, hat genau damit zu tun. Der Fehler liegt im System der Agenda 2010 und im SGB II, in dem System von Hartz IV. Und das, was Sie heute hier geißeln, hat die Ursache genau in den Hartz-IV-Gesetzgebungen, die die SPD mit den GRÜNEN damals auf den Weg gebracht haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Jörg Heydorn, SPD: Das ist Unfug!)

Nein, das ist überhaupt kein Unfug. Das ist die historische Wahrheit.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Reine Polemik.)

Und dazu müssen Sie sich bekennen.

(Jörg Heydorn, SPD: Das ist Unfug.)

Sie sind Hartz-IV-Partei und wenn Sie heute gegen das Betreuungsgeld hier wettern –

(Jörg Heydorn, SPD: Das ist doch Unfug.)

und das wird ja auch noch in weiteren Reden sicherlich zum Ausdruck kommen –,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

dann reden Sie nicht falsch Zeugnis, wie es in der Bibel heißt! Was ist denn 2008 …

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Doch, doch, doch, doch, doch!

Herr Heydorn hat gesagt, die CSU wurde gewonnen, beim Betreuungsgeld mitzumachen. Jetzt, aktuell am Montag in der Bundespressekonferenz hat der stellvertretende Regierungssprecher Herr Streiter Folgendes zu Protokoll gegeben, ich darf zitieren: „Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass die SPD der Einführung eines Betreuungsgeldes schon im Jahre 2008 ausdrücklich zugestimmt hat.“

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Hört, hört!)

Das geschah damals in der Großen Koalition zwar mit Knirschen, aber seit 2008 steht ganz eindeutig im Paragrafen 16 SGB VIII Absatz 4, wiederum Zitat: „Ab 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können,“

(Vincent Kokert, CDU: Alter Hut.)

„eine monatliche Zuzahlung (zum Beispiel Betreuungs- geld) eingeführt werden.“

Da kann ich nur sagen: Worüber reden Sie hier eigentlich?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig.)

Sie haben damals das Betreuungsgeld mitbeschlossen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Bekennen Sie sich dazu! Wenn Sie das ändern wollen, dann ergreifen Sie eine Initiative, Herr Sellering, im Bundesrat, um diesen Paragrafen im SGB VIII wieder zu ändern!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Dann handeln Sie glaubwürdig und nicht mit einer Aktuellen Stunde, wo Sie hier gegen das Betreuungsgeld wettern!

Ja, Herr Nieszery, so sieht die Welt aus.

(Vincent Kokert, CDU: So sieht Ihre Welt aus. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ganz ruhig, Herr Holter, ganz ruhig!)

Das ist tatsächlich die historische Wahrheit.

Ja, und Sie haben, meine Damen und Herren, mit dem Thema der Aktuellen Stunde was gemacht? Sie ha- ben sich ein Eigentor geschossen, denn das, was Sie hier beabsichtigt haben, fällt auf Sie zurück, genau mit Hartz IV, was Sie eingeführt haben, und genau mit der

Änderung im SGB VIII, was ich hier gerade eben vorgetragen habe. Das war das eine, was ich hier sagen will.

Das Zweite: Wir sind uns hier in Mecklenburg-Vorpommern – das war ja auch der Ansatz und der Inhalt Ihres Antrages – im Ausbau der Kinderbetreuung einig. Da geht es um Detailfragen, wie das Geld eingesetzt wird.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

Aber am Schluss haben wir doch alle die Erkenntnis – das glaube ich zumindest für die demokratischen Fraktionen –, dass Kinderbetreuung in Kindereinrichtungen für die frühkindliche Bildung, für die Entwicklung der Kinder sehr gut ist,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja.)

und wir alles dafür tun wollen, dass tatsächlich die Kindertagesstätten und dieses Angebot ausgebaut werden, nicht nur in der Breite im Angebot, sondern auch im qualitativen Angebot.

(Zuruf von Wolf-Dieter, Ringguth, CDU)

Und da steht eben die Frage, das ist auch unsere Kritik: Was ist mit der Verpflichtung der Koalition auf Bundesebene, bis 2013 in ganz Deutschland ein entsprechendes Angebot zu machen? Da knallen eben wieder Welten aufeinander, und zwar gesellschaftspolitisch unterschiedliche Vorstellungen von Familien- und Kinderpolitik, und das kommt bei der ganzen Debatte übers Betreuungsgeld tatsächlich zum Ausdruck. Es geht hier nicht um 100 Euro hoch oder runter, es geht darum, welche familien- und kinderpolitische Konzeption in der Bundesrepublik Deutschland verfolgt wird.

Und da sagen wir: Betreuungsgeld ist der falsche Weg. Wir müssen die Kitas ausbauen,