Protocol of the Session on March 15, 2012

Erstens. Die Planungsperiode vom Schuljahr wird auf das Kalenderjahr umgestellt, obwohl auch an den beruflichen Schulen die Ausbildung im August beginnt und dadurch eine Prognostizierung der Schülerzahlen zusätzlich erschwert wird.

Zweitens. Ab 2011 wurde die Untergrenze der Teilzeit auf 22 Stunden eingeführt.

Und drittens sind Arbeitszeitkonten geschaffen worden, um Überstunden anzusammeln.

Alle Punkte sind administrativ und vorrangig finanzmathematisch entwickelte Maßnahmen, die, wie die Situation an den beruflichen Schulen zeigt, für pädagogische Prozesse sehr begrenzt tauglich sind.

„Dein Land, deine Chance“?

Das Lehrerpersonalkonzept gerät 2009 zusätzlich unter Druck, denn das Bundesarbeitsgericht fällt ein Grundsatzurteil, das im Kern besagt: Vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte können nicht zur Teilzeit gezwungen werden. Damit ist der Solidaritätsgedanke als zentrales Element des Personalkonzeptes praktisch beseitigt, denn nun unterrichten Teilzeitlehrkräfte, die aus ihrer Verantwortung heraus das Lehrerpersonalkonzept unterschrieben haben, neben Vollzeitbeschäftigten, die aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation keine Änderungskündigungen erhalten haben, und diese neben denjenigen, die die Verträge durch den Richterspruch nicht unterschrieben haben.

Das Land reagierte, man traf sich erneut zu einer zusätzlichen Verhandlungsrunde am 22. November 2011. Ich zitiere aus der Vereinbarung: „Für die Zeit nach dem Kalenderjahr 2011 wird das Land die Situation in Abhängigkeit vom Arbeitnehmerverhalten neu bewerten.“ Ende des Zitats. Allerdings liegen derzeit noch keine Neubewertungen vor, denn ein weiterer Versuch, sich in der Begleitgruppe zu einigen, scheiterte am 17. Januar dieses Jahres.

„Dein Land, deine Chance“?

Wir unterstützen die Suche nach komplexen Lösungen, denn Kurzschrittigkeit nützt mit Blick auf die sehr hohen Anforderungen und Abläufe an beruflichen Schulen nichts. Nur, es kann nicht so bleiben, wie es ist. Es müssen zügig tragfähige Maßnahmen gefunden werden, wenn das System nicht implodieren soll.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Besuche an den unterschiedlichsten Berufsschulen des Landes verdeutlichten mir die Hoffnungslosigkeit des gegenwärtigen Systems. Ich weiß, dass die Schulleitungen und Lehrkräfte alles unternehmen, wirklich alles, um den Unterricht abzusichern, aber neben der Teilzeitproblematik kommt die in vielen Fällen zu geringe Stundenzuweisung hinzu, die es ihnen eben nicht ermöglicht, die Ausbildung in vollem Umfang zu gewährleisten. Die pädagogischen, schulorganisatorischen und menschlichen Anforderungen übersteigen längst das Machbare der Lehrerinnen und Lehrer.

Für Ihre Arbeit, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen in den beruflichen Schulen, von dieser Stelle meinen Respekt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Diese Arbeits- und Lernbedingungen sind jenseits von Gut und Böse, denn Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrer unterrichten in einer Klasse Fachhelfer gemeinsam mit Abiturienten und Mehrfachabbrechern. Das Jahresarbeitsmodell hat zur Folge, dass es im Dezember, also mitten im Schuljahr, zu gravierenden Planänderungen kommt, die das ganze System im laufenden Prozess auf den Kopf stellen: Der Techniklehrer unterrichtet Landwirtschaft, der Sportlehrer unterrichtet KFZ-Mechatroniker und ist, wenn es gut geht, den Schülerinnen und Schülern eine Stunde im Stoff voraus. Und diese Lehrlinge werden zukünftig Ihre Autos, meine Damen und Herren, reparieren.

(Udo Pastörs, NPD: Gute Nacht!)

„Dein Land, deine Chance“?

Solche Bedingungen entsprechen nicht mehr einem halbwegs geordneten Schulbetrieb und zunehmend auch nicht den wachsenden Qualitätsanforderungen der Berufsausbildung. Sie werden ganz und gar nicht dem Anspruch an die Weiterentwicklung und den Ausbau eines zukunftsfähigen Wirtschaftsstandortes gerecht.

(Regine Lück, DIE LINKE: Völlig richtig.)

So kann man nicht durchstarten, so gewinnt man keine Fachkräfte und so darf man sich über die Kritik aus der Wirtschaft nicht wundern.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir brauchen starke berufliche Schulen, um den Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern auszubauen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Wir brauchen starke Berufsschulen, die in der Lage sind, die Anzahl der Ausbildungsabbrecher zu senken und die Anzahl der Lehrlinge zu reduzieren, die aufgrund der mangelnden Theorieausbildung durch die Prüfung fallen. Das Lehrerpersonalkonzept muss also weiterentwickelt werden, um den Lehrkräften motivierte und fachgerechte Arbeit zu ermöglichen, um ihnen die Arbeitszeit zur Verfügung zu stellen, die dem Anspruch auf eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung für die Lehrlinge gerecht wird. Wir brauchen Berufsschulen, die Chancen eröffnen. Wir brauchen ein Land, das seine Chancen ergreift.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Oldenburg.

Ich bitte Sie, noch mal kurz zu mir zu kommen, Frau Oldenburg.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Berger für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits vor zwei Wochen am 29. Februar beschäftigte uns dieses Thema „Lehrerpersonalkonzept an beruflichen Schulen“ im Bildungsausschuss auf Antrag unserer Fraktion. Gemeinsam mit Herrn Staatssekretär Schröder und allen Mitgliedern herrschte Einigkeit, dass dringendes Handeln geboten ist, um Ungerechtigkeit zwischen den Teilnehmern und den Nichtteilnehmern des Lehrerpersonalkonzeptes auch abzubauen.

Klar ist, dass mit der Weiterentwicklung des Lehrerpersonalkonzeptes auch das Ausscheiden der Lehrer geregelt werden muss. Dazu gehört die Altersteilzeit, Abfindungen, dazu gehören Rückkehrmöglichkeiten, wenn Lehrer in die Privatwirtschaft gehen, beziehungsweise ganz im Sinne des Programms „mv4you“ die Rückkehrmöglichkeit von Lehrern, die in andere Bundesländer abwandern, um damit alle Türen offenzuhalten und den Einstieg hier wieder im staatlichen System zu ermöglichen.

Aber es geht auch um mehr als nur die Gerechtigkeit unter den Lehrerinnen, es geht um mehr als darum, Vorkehrungen zur Lehrergesundheit zu schaffen, es geht um mehr als um die Abmilderung des Unterrichtsausfalls an den Schulen, was alles natürlich sehr wichtige Punkte sind. Als Beispiel möchte ich die Berufsschule in Güstrow erwähnen. Lediglich 31 Schülerinnen konnten dort in diesem Schuljahr die Ausbildung zur Erzieherin aufnehmen, und das, obwohl es 78 Bewerberinnen gab, obwohl ausreichend Lehrerinnen vorhanden waren, obwohl ausreichend Räume vorhanden sind, und das nur, weil sich Lehrer in Teilzeit befinden. Das ist Erzieherausbildung nach Haushaltslage und nicht nach Bedarf.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wünsche dem Bildungsminister ein beherztes Vorgehen, ähnlich wie er das mit dem Studiengang oder mit der Anerkennung des Studiengangs Early Education geschafft hat.

Ja, vielen Dank, Frau Oldenburg, für diesen Antrag. Unsere Fraktion stimmt diesem Antrag natürlich zu.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Berger.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, die Berufsausbildung ist im Wandel der Zeit. Neue und alte Herausforderungen müssen gemeistert werden. Frau Oldenburg hat sicherlich schon einiges dazu gesagt. Ich will zu Beginn sagen: Es dient ja alles dazu, dass die duale Ausbildung, und das ist sie ja nach wie vor, auch ein Erfolgsmodell ist. Egal, wo man in Europa hinkommt – in viele andere europäische Länder, ob nach England oder Frankreich –, beneidet man uns ja ein Stück weit um dieses System der dualen Ausbildung und hat es ja zu Teilen auch schon kopiert. Und es ist sicherlich auch eine wichtige Voraussetzung, dass wir hier die Probleme, die es ja seit Langem gibt und die auch neu auf uns zukommen, dass wir sie bewältigen, damit wir – und das ist, denke ich, das Wichtige – den Fachkräftemangel, den wir mehr und mehr jeden Tag bei uns vor Ort in den Betrieben so erleben, dass wir den gemeistert bekommen.

Man kann es natürlich so machen. Ich habe ein Stück weit Verständnis für Sie, Frau Oldenburg, dass man auch ein Stück weit den Schwarzen Peter an die Wand malt.

(Udo Pastörs, NPD: Ein Stück weit, ja.)

Man kann über das Lehrerpersonalkonzept auch in beruflichen Reihen bereits sehr viel nachdenken. War das damals das richtige Modell? Ich glaube aus heutiger Sicht, es war das richtige Modell, um auch in damaliger Zeit Massenentlassungen zu vermeiden, um den sozialen Frieden auch an den Berufsschulen zu erhalten. Das hat sich, glaube ich, bewährt. Nichtsdestotrotz dürfen wir vor den Problemen, die es dort gibt, die Augen nicht verschließen.

Wir kommen quasi von einem Lehrerüberhang, den es ja vor zehn Jahren wirklich gab, mehr und mehr dazu, dass wir eigentlich einen Lehrermangel in vielen Bereichen der Berufsschulfächer heute schon haben. Wir haben auch viele andere Probleme. Der Unterrichtsausfall ist – das ist sicherlich zum einen ein Thema – auch schon benannt worden. Wir haben die hohe Belastung der Lehrkräfte. Das ist sicherlich auch im Berufsschulbereich ein ganz evidentes Problem. Und wir haben natürlich – und da ist der Berufsschulbereich keine Ausnahme – auch hier einen Nachwuchsmangel.

Es gibt aus meiner Sicht hier aber keine Lösung im Hauruckverfahren, sondern wir müssen hier sehr sorgfältig die Analyse betreiben, und das tun wir ja auch. Wir haben in der letzten Legislaturperiode zum Beispiel mit der Lehrerbedarfsplanung angefangen. Wir haben auch in der letzten Legislaturperiode darauf schon reagiert. Ich nenne hier das 10-Millionen-Programm oder ich nenne auch die Wiedereinführung der Berufsschullehrerausbildung. Auch das war sicherlich rückblickend vielleicht nicht die kreativste Maßnahme, die wir da gemacht haben. Wir haben damit wieder begonnen und das ist sicherlich auch ein wichtiger Weg. Und es geht weiter.

Minister Brodkorb, Sie haben es ja erwähnt, hat in der großen Verhandlungsrunde – ich glaube, es war im Januar – den Gewerkschaften ein Angebot gemacht, wie man vielleicht dazu kommt, dass die Vollbeschäftigung auch schon vor 2017 begonnen werden kann und wir wieder dahin zurückkehren können. Sie haben recht, diese Verhandlungsrunde konnte sich zunächst nicht einigen. Ich gehe aber davon aus, dass man nach einer angemessenen Pause wieder zusammenfindet und dass es hier zu einer neuen und auch zu einer vernünftigen Lösung kommen wird. Wir haben dann bei uns im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass wir die Attraktivität des Lehrerberufs weiter steigern wollen, und hierfür bereits auch eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Sie haben das, denke ich, alle mitbekommen.

Was ist nun im Berufsschulbereich wichtig? Ich glaube, es ist klar, wir müssen mehr junge Lehrkräfte ausbilden, wir müssen deutlich attraktiver für Seiteneinsteiger werden und auch deutlich attraktiver für Lehrer aus anderen Bundesländern, und wir müssen natürlich die Belastungen für die bereits tätigen Lehrkräfte deutlich reduzieren. Und wenn ich das sagen darf für die CDU, wir sind der Meinung, das gilt hier dann natürlich auch, dass wir ganz ernsthaft und ziemlich schnell zu einer Verbeamtung der Lehrer und Lehrerinnen kommen müssen, und das gilt dann sicherlich ebenfalls im Berufsschulbereich.

Und ich glaube, wenn wir es gemeinsam schaffen, diese Maßnahmen jetzt vernünftig zu planen und in dieser Legislaturperiode umzusetzen, dann kommen wir hier mit der Lösung des Problems an den Berufsschulen ein Stück weiter und können auch dafür sorgen, dass der Unterricht und die Ausbildung so attraktiv bleiben, wie sie

sind, um die uns viele europäische Nachbarn beneiden. So können wir auch im Bundesland dafür sorgen, dass der Fachkräftemangel ein Stück weit beseitigt wird.

Ich lade Sie gern ein, uns auf diesem Weg zu begleiten. Sie sehen aber, dass wir bereits auf dem Weg sind.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Deshalb bedarf es aus unserer Sicht Ihres Antrages heute nicht

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hätten Sie das doch gleich gesagt, das hätte uns viel Zeit erspart. Dieser Satz reicht für alle Anträge und dann ist es gut.)

und deshalb werden wir ihn ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Petereit für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist leider notwendig, da die Landesregierung es trotz Vorhersehbarkeit der Zustände unterlassen hat, übergroße Klassen mit Schülern unterschiedlicher Fachrichtungen und 10.000 Überstunden von Berufsschullehrern zu verhindern. Das seit 2010 geltende Lehrerpersonalkonzept mit Teilzeit für Berufsschullehrer führte dazu, dass sich schon 2010 ein Berg von 14.000 Überstunden auf den Jahresarbeitszeitkonten der Berufsschullehrer anhäufte. Und dennoch fällt stets und ständig der Unterricht an Berufsschulen aus, weil aufgrund von Teilzeitvereinbarungen die Lehrer keinen zusätzlichen Unterricht geben dürfen. Hier leidet die Qualität des Unterrichts sichtlich. Während sich Vertretungsunterricht im verhältnismäßig engmaschigen Netz der allgemeinbildenden Schulen leidlich absichern lässt, gestaltet sich die adäquate Vertretung von Spezialunterricht an oft weit auseinanderliegenden Berufsschulstandorten eher schwierig. Die Folge: Unterrichtsausfall und zusammengelegte Klassen.