Protocol of the Session on July 8, 2016

(Thomas Krüger, SPD: Das ist schön, dass Sie mir sagen, was meine Aufgabe ist. Das ist nett.)

Doch nun stehen wieder Wahlen an und SPD und CDU sehen sich wohl gezwungen, etwas für die Bauern und Landwirte hier im Land zu unternehmen,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

und versprechen ihnen wieder das Blaue vom Himmel. Freiwillige Lösungen sollen die Krise lösen, hörten wir von Dr. Backhaus. In der Agrarausschusssitzung vor einigen Wochen haben die Verbandsvertreter auf meine entsprechende Frage unmissverständlich geantwortet, dass die vorgesehenen freiwilligen Lösungen rein gar nichts bewirken werden.

(Thomas Krüger, SPD: Das war auch Ihre erste Aktion in fünf Jahren.)

Doch setzt auch Minister Backhaus weiterhin auf diesen Spuk, Herr Krüger. Es ist zu erwarten, dass die Maßnahmen der politischen Klasse nichts an der jetzigen Situation der Milchbauern in Mecklenburg-Vorpommern ändern werden. Sie sollen offensichtlich lediglich Zeit überbrücken, Zeit, um den Weg für die Konzentrierung auf Großbetriebe fortsetzen zu können.

Weder die Europäische Union noch die herrschende Politik haben ein Interesse daran, dass kleine und familiäre Betriebe auf den Märkten noch als Mitbewerber auftreten. Dabei ist es gerade die Europäische Union, die mit einem Diktat der völligen Marktliberalisierung auch den Bauern und Landwirten hier in unserem Land die Luft zum Atmen nimmt.

(Zuruf von Tino Müller, NPD)

Bereits im September 2009 hatte die NPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern die Erarbeitung einer Konzeption zur Überwindung der strukturellen Krise und des ökonomischen Zusammenbruchs der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern gefordert. Doch die Landesregierung und die LINKEN lehnten die Forderung ignorant ab.

In dieser Woche hätten Sie ebenfalls weitere Maßnahmen auf den Weg bringen können. Sie haben diese Möglichkeit wieder einmal nicht genutzt. Unter anderem fordern wir von der NPD-Fraktion bekanntlich, eine besondere Kennzeichnung für solche Produkte der Milcherzeugung zu entwickeln, bei denen den Milchbauern existenzsichernde Preise gewährt werden. Eine solche Kennzeichnung könnte beispielsweise unter der Dachmarke „MV tut gut.“ mit dem Zusatz „Gerecht handeln, gerecht leben“ geführt werden. Und diese Forderungen sind aktueller denn je. Wir lehnen Ihren Antrag ab. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Krüger von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Frau Kollegin Karlowski, Sie haben hier Dinge erzählt,

(David Petereit, NPD: Die Sie nicht verstanden haben.)

die inhaltlich in keiner Weise etwas mit unserem Antrag zu tun haben. Ich kann mich jetzt darüber aufregen, ich könnte die Dinge einzeln auseinandernehmen

(David Petereit, NPD: Das glaube ich nicht. Das glaube ich nicht.)

oder ich akzeptiere einfach, dass Sie in einer Parallelwelt leben. Ich habe mich für Letzteres entschieden.

Zum Antrag selbst: Meine Damen und Herren, drei Dinge sind aus meiner Sicht notwendig, drei Schritte müssen gegangen werden.

Das Erste ist, wir brauchen eine möglichst weitgehende Sicherung der Liquidität der Betriebe. Die Schritte sind gegangen worden, wir haben Maßnahmen in Gang gesetzt. Der Minister hat etwas dazu gesagt, ich habe in meiner Eingangsrede etwas dazu gesagt.

Der zweite Schritt, meine Damen und Herren, ist, dass wir Regeln brauchen, dass sich die Marktteilnehmer auf Augenhöhe begegnen können, dass ein wirklicher Markt wieder entsteht, dass am Ende Angebot und Nachfrage sich die Waage halten können. Dazu soll unser Antrag beitragen.

Und der dritte Schritt, meine Damen und Herren – und das ist ein ganz wichtiger –, ist ein Schritt, der nach der Krise passieren muss, nämlich der Schritt, dass wir uns darüber unterhalten müssen, wie wir Krisenpräventionsinstrumente schaffen. Leider ist es immer so, dass nach den Krisen nicht mehr über die Krise gesprochen wird. Wir leiden da alle miteinander, alle miteinander, egal, ob die Politik, die Landwirte, Verbände, wir leiden alle miteinander an einer Krisendemenz. Und ich fordere uns alle miteinander auf, wenn diese Krise vorbei ist, müssen wir uns zusammensetzen. Wir müssen darüber reden, mit welchen Präventionsinstrumenten wir künftig gemeinsam vorgehen wollen. Das ist mein Wunsch an die nächste Legislaturperiode. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD, Vincent Kokert, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/5523. Wer dem zuzustimmen wünscht, die oder den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Und die Stimmenthaltungen? – Zugestimmt haben die Fraktionen der SPD und CDU und DIE LINKE, dagegen stimmten die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion der NPD, und es enthielt sich niemand. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/5523 angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 100: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Umwelt vor Überdüngung schützen – Stickstoff-Überschüsse in der Landwirtschaft über ergänzende ökonomische Instrumente reduzieren, Drucksache 6/5520.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Umwelt vor Überdüngung schützen – Stickstoff-Überschüsse in der Landwirtschaft über ergänzende ökonomische Instrumente reduzieren – Drucksache 6/5520 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Bündnisgrünen stehen seit jeher für das Verursacherprinzip, so auch im Fall der Überdüngung der Landwirtschaft durch Stickstoff, denn es ist seit Langem klar – und ich habe in etlichen Reden darauf hingewiesen –, die

Stickstoffbelastungen der Umwelt sind weiterhin zu hoch. Die reaktiven Stickstoffverbindungen belasten unsere Gewässer und damit unsere Gesundheit, sie belasten unsere Atmosphäre und damit letztlich auch das Klima und sie belasten unsere Böden zu stark.

Ein Zuviel an Nitrat im Wasser ist für Menschen gefährlich. Kleine Kinder und ältere Menschen können durch zu viel Nitrat im Trinkwasser krank werden und unsere Artenvielfalt ist bedroht. Ein Zuviel an Stickstoff bedroht gerade die selteneren Pflanzenarten, die angesichts eines Stickstoffüberschusses einfach nicht mehr existieren können.

Über Kunstdünger, vor allem aber über die Gülle aus der Schweinehaltung gerät Nitrat in die Gewässer, denn das Umweltbundesamt stellt klar, Industrie, Verkehr und Energiewirtschaft haben in letzter Zeit die Freisetzung von Stickstoff deutlich reduziert, nicht aber die Landwirtschaft. Ihr Anteil an der Stickstoffemission beträgt gut 60 Prozent. Vor allem in Regionen mit intensiver Schweinehaltung erreicht die Nitratbelastung im Grundwasser alarmierende Werte.

(Thomas Krüger, SPD: Gehören wir dazu aus Ihrer Sicht?)

In Mecklenburg-Vorpommern sind 51 Prozent der Grundwasserkörper in einem schlechten Zustand. 82 Prozent der Seen, 97 Prozent der Fließgewässer und, meine Damen und Herren, alle Küstengewässer, 100 Prozent der Küstengewässer sind von diesem Problem betroffen. Der Hauptverursacher ist die Landwirtschaft, in Regierungspapieren unter der Überschrift „Stickstoff aus diffusen Quellen“ verborgen.

Das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie hat in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Jülich analysiert, wo in unserem Bundesland welche maximalen Stickstoffüberschüsse verträglich wären, um die Trinkwasserqualität noch gerade so einzuhalten, unter der Überschrift „Theoretisch maximal zulässige Bilanzüberschüsse für Grundwasserziel“. Die Experten vom Landesamt sagen aber auch, ich zitiere: „Die Nährstoffreduktion über die DüV-Novelle wird voraussichtlich nicht ausreichen, um die Gewässerschutzziele zu erreichen. Ergänzende Maßnahmen sind erforderlich.“

(Thomas Krüger, SPD: Werden aber auch gemacht, das wissen Sie doch.)

Diese Aussage ist nach wie vor zutreffend. Die wenigen bereits eingeleiteten und die angekündigten Gegenmaßnahmen sind absehbar ungeeignet, diesem Umweltproblem wirksam entgegenzutreten. Und diese Auffassung vertreten nicht nur wir, die sich bekanntermaßen für den Umweltschutz einsetzen, auch der Europäische Gerichtshof hat vor Kurzem, Ende April, gegen die Bundesrepublik Deutschland das angekündigte Vertragsverletzungsverfahren wegen Missachtung der EU-Nitratrichtlinie eröffnet. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft – BDEW – spricht von einer „Ohrfeige“ für die Landwirtschaftspolitik. Es drohen Strafen in sechsstelliger Höhe pro Tag für Deutschland,

(Beate Schlupp, CDU: Nach dem Brexit glaubt das doch nun wirklich keiner mehr, Frau Dr. Karlowski!)

die natürlich auch auf Mecklenburg-Vorpommern runtergerechnet werden. Die EU-Kommission sieht weiterhin

eine wachsende Nitratverunreinigung des Grundwassers und der Oberflächengewässer einschließlich der Ostsee.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Und da hilft es auch nicht, nun die Kriterien nach unten zu regulieren, wie Sie, Herr Backhaus, es unlängst für die Wasserrahmenrichtlinie vorschlugen. Hier hilft nur eins: endlich wirksam handeln und so die Umwelt und die Menschen vor den schädlichen Stickstoffeinträgen schützen. Auch die angekündigte Verlegung von Messstellen für die Grundwasserqualität lässt mindestens misstrauisch aufhorchen,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

soll hier im übertragenen Sinne die versalzene Suppe so lange mit frischem Wasser verdünnt werden, bis der Messwert wieder schmeckt.

Ein Fallbeispiel aus dem Raum Grimmen: Hier ist wegen der Gülle und der Düngeflut bereits der erste Grundwasserleiter komplett nicht mehr nutzbar. Die Wasserfassung liegt in einem intensiven Landwirtschaftsgebiet mit hohen Stickstoff- und Nitrateinträgen mit teilweise aus geologischen Gründen schlecht abgedeckten Grundwasserleitern. Die Stickstoffbelastung steigt und die Trinkwasserqualität von maximal 50 Milligramm Nitrat pro Liter kann nicht mehr eingehalten werden. Durch Eisenausfällungen setzen sich die Rohre zu und hier ist dem Wasserverband bereits klar, es braucht eine Begrenzung der Düngemenge.

In Trinkwasserschutzzonen müsste ein weiser Umgang mit dem Boden stattfinden. Zum Beispiel ein gut gemachter ökologischer Landbau wäre hier angezeigt.

(Beate Schlupp, CDU: Ja, ja, ja. – Thomas Krüger, SPD: Leguminosen, bei Trockenheit sieht das genauso aus.)

Daher fordern wir Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit unserem heutigen Antrag auf, die Landesregierung soll sich ernsthaft dafür einsetzen, dass eine bundesweite Stickstoffüberschussabgabe geprüft und dann umgesetzt wird.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Die Idee einer Verschmutzungsabgabe in Abhängigkeit von der Verschmutzungsintensität dürfte den meisten von Ihnen ganz gut bekannt sein. So basiert doch die Kfz-Steuer für Pkw seit dem Jahr 2009 unter anderem auf dem Prinzip, höheren Schadstoffausstoß mit einer höheren Steuer zu belegen und schadstoffärmere Fahrzeuge steuerlich zu entlasten.

Eine wichtige Rolle spielen bei dem Fallbeispiel der CO2Ausstoß, der Kohlenmonoxidausstoß, die Stickoxide und die Kohlenwasserstoffe sowie der Feinstaub in Form von Rußpartikeln. Wir wollen, dass dem Problem an seiner Quelle begegnet wird, anstatt mit steigendem Aufwand eine End-of-Pipe-Lösung nach der anderen auszuprobieren. Und wir wollen nicht, dass nach und nach aus jedem Wasserwerk eine Chemiefabrik wird, um die Trinkwasserqualität weiterhin einzuhalten. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.