denn 36.000 Beschäftigte arbeiten in der Landesverwaltung, davon etwa zwei Drittel Frauen. Ihnen allen hilft dieses Gesetz, denn unter dem Ziel, mehr Chancengerechtigkeit zu schaffen, formiert sich nicht nur der Anspruch, mehr Frauen in Führungspositionen zu etablieren, sondern unser Entwurf setzt zudem darauf, die Gleichstellungsbeauftragten zu stärken, die paritätischen Gremienbesetzungen voranzutreiben und mehr Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu verankern, und zwar für Frauen und Männer. Gerade diese Vereinbarkeit ist aus meiner Sicht eine wichtige Prämisse, wenn Chancengleichheit keine Worthülse bleiben soll. Chancengleichheit gibt es nur, wenn Vereinbarkeit kein Frauenthema bleibt, sondern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch für Männer gilt und auch von Männern eingefordert wird. Die Instrumente Telearbeit/Teilzeitarbeit auch für Führungskräfte werden einer solchen Vereinbarkeit Vorschub leisten und mehr Akzeptanz schaffen. Diese und die vielen weiteren Pluspunkte dieses Gesetzentwurfes habe ich Ihnen bereits in der Ersten Lesung erläutert und ich will mich nicht allzu sehr wiederholen, deshalb betone ich an dieser Stelle nur noch einmal zwei Dinge:
Dieses Gesetz hat Strahlkraft. Die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern wirken auf eine Anwendung in ihrem Bereich hin und auch die juristischen Personen und Gesellschaften des privaten Rechts, an denen das Land mehrheitlich beteiligt ist, machen mit. So senden wir auch ein Signal an die private Wirtschaft, die dem öffentlichen Dienst in puncto Gleichstellung nicht immer voraus ist.
Wer Gleichstellung stärken will, muss auch die damit betrauten Personen stärken. Das tut dieses Gesetz, indem es die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten deutlich stärkt, ihren Handlungsspielraum ausdehnt und sie als Teil ihrer Dienststelle institutionalisiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist Ziel dieser Landesregierung, in den Bereichen Gleichstellung und Vereinbarkeit weiter voranzukommen. Dafür haben wir mit den Zielvereinbarungen, dem Mentoringprogramm und einigem mehr schon viel getan. Dieses Gesetz aber ist der entscheidende Schritt, denn er macht das Streben nach mehr Chancengerechtigkeit für uns alle verbindlich. Diese Verbindlichkeit brauchen wir, wenn wir mehr erreichen wollen als Achtungserfolge und wenn wir Vereinbarkeit als Standortvorteil verstehen. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Nur kurz zu den Änderungsanträgen: Das ist nichts wirklich Neues, wie zum Beispiel die Ausdehnung auf die kommunale Ebene. Diese war – ich führte es letztes Mal bereits aus – von den kommunalen Landesverbänden mit Verweis auf die Kommunalverfassung ausdrücklich nicht gewollt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der Zweiten Lesung dieses Gesetzentwurfes könnte man heute sagen, „mit Müh und Not erreicht den Hof“.
Angesichts der vollmundigen Ankündigung, vor allen Dingen des Ministerpräsidenten, zu Beginn dieser Legislaturperiode – Sie erinnern sich, Paukenschlag und Ähnliches –
und angesichts des Gesetzgebungsplanes aus dem Haus der Sozialministerinnen war es höchste Zeit, dass wir jetzt zum Abschluss kommen bei diesem Gesetzentwurf, denn die Gesetzesnovelle war längst angekündigt und eigentlich hätten die wegweisenden Regelungen dieses Gesetzentwurfes schon längst Gültigkeit in der Landespolitik haben müssen. Aber gut.
Wir haben in den vergangenen Monaten mehrfach über das Gleichstellungsrecht und Änderungen im Gleichstellungsrecht in unserem Land diskutiert. Dem Landtag lag ebenfalls ein Gesetzentwurf meiner Fraktion vor und die Landesregierung hat ihren eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der heute zur abschließenden Beratung steht.
Unser Gesetzentwurf – ich will das noch mal in Erinnerung rufen – wurde, ich drücke mich vorsichtig aus, etwas stiefmütterlich behandelt, denn er war weder Beratungsgegenstand in den Ausschusssitzungen noch Grundlage für die Anhörung im Mai. Er wurde von den Koalitionsfraktionen weitgehend ignoriert. Das ist kein sachlicher und kein konstruktiver Umgang mit den Vorschlägen der demokratischen Opposition, das muss an dieser Stelle noch einmal gesagt werden.
Im Gegensatz dazu haben wir uns zum Gesetzentwurf der Landesregierung ausgiebig Gedanken gemacht und Änderungsvorschläge eingebracht, wo es aus unserer Sicht notwendig erscheint. Wir bringen diese Änderungsanträge, die wir im Sozialausschuss vorgelegt haben, auch heute wieder ein, denn auch im federführenden Ausschuss und in den mitberatenden Ausschüssen wur
den unsere Anträge teilweise ohne Begründung abgelehnt. Das ist schade. Deshalb, auch für das hochverehrte Publikum, will ich noch einmal einen kurzen Überblick über unsere Forderungen geben. Ich würde mir wünschen, dass die Vertreter/-innen und die Redner/-innen der Koalitionsfraktionen vielleicht noch mal auf den einen oder anderen Änderungsantrag eingehen beziehungsweise an der einen oder anderen Stelle sachlich begründen, warum sie unsere Änderungsanträge ablehnen.
Erstens. „Es ist wichtig, Familienaufgaben wie die Erziehung und Betreuung von Kindern und die Pflege von Angehörigen in den Fokus zu rücken und die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit, Familie und Pflege zu gewährleisten.“ Da stimmen wir mit der Landesregierung und der Koalition vollkommen überein. Das „ist aber nur ein Aspekt. Die im Gesetzentwurf gewählte Begrifflichkeit der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit spiegelt die Situation der Frauen und Männer im Land nicht in erforderlicher Weise wider. Vielmehr hat sich der Begriff Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben etabliert …“
Es ist nun wirklich nichts Schlimmes, einem solchen Änderungsantrag an dieser Stelle zuzustimmen. Dieser Begriff beinhaltet neben den Familienaufgaben nämlich auch das Ehrenamt, das lebenslange Lernen und die individuelle Regenerationszeit. Was ist also schlimm daran, wenn man einem solchen Änderungsantrag folgt?
Wir fordern, dass die „Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben“ als umfassender Begriff für das Gleichstellungsreformgesetz übernommen wird, und ich bitte herzlichst um Ihre Zustimmung.
Zweitens. Der wichtige Punkt ist, Männer stärker in die Verantwortung in Sachen Gleichstellung zu nehmen. Das bedeutet auch, dass Männer als Gleichstellungsbeauftragte fungieren können und müssen.
Selbstverständlich müssen Männer auch die Gleichstellungsbeauftragten wählen können. Ich finde es fatal, den Männern hier das Wahlrecht abzusprechen und sie somit komplett auszuschließen. Wie soll denn da Akzeptanz steigen? Diese Frage ist mir bislang nicht beantwortet worden.
„In der Anhörung zum Gleichstellungsreformgesetz im Sozialausschuss des Landtages … am 11. Mai … hat sich unter anderem der Hauptpersonalrat der Polizei beim Ministerium für Inneres und Sport für das passive und aktive Wahlrecht von männlichen Beschäftigten für die Wahl der Gleichstellungsbeauftragten ausgesprochen.“
„Dies trägt unter anderem dazu bei, … Gleichstellung als gemeinsame Aufgabe der Geschlechter voranzubringen.“ Und, sehr verehrte Kollegin Tegtmeier, ich will an dieser Stelle auch nicht verschweigen, dass mein Gespräch mit der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten keine Annäherung unserer unterschiedlichen Positionen gebracht hat, aber wir haben über dieses Problem offen und miteinander geredet.
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau, das haben wir schon diskutiert. – Heinz Müller, SPD: Das ist schon mal viel wert.)
Was aber deutlich geworden ist in diesen Gesprächen, was aber – lieber Kollege Müller, das müsste Sie als Kommunalpolitiker besonders berühren – deutlich geworden ist, ist, dass die Dienst- und Arbeitsbedingungen der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sich in den letzten Jahren drastisch verschlechtert haben.
Schauen Sie sich die Beschäftigungsmöglichkeiten der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten an, wo viele nur noch Teilzeitgleichstellungsbeauftragte sind!
Machen Sie das, und Sie würden vielleicht den Regelungsbedarf anerkennen, den auch die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hier vorgeschlagen hat.
Drittens. „Der bisherige Gesetzentwurf regelt, dass die Landesregierung dem Landtag im Abstand von fünf Jahren über die Durchführung des Gesetzes berichtet. Mit voraussichtlichem Inkrafttreten des Gesetzes am Ende der 6. Legislaturperiode hat die Landesregierung erst wieder die Pflicht, zum Ende der 7. Legislaturperiode zu berichten. Dieser Turnus ist äußerst ungünstig gewählt, da er einen verantwortungsvollen Umgang mit den Ergebnissen eines solchen Berichtes verhindert. Um die Wirksamkeit der gesetzlichen Regelungen und die adäquate Umsetzung des Gesetzes sicherzustellen, soll zweimal pro Legislaturperiode berichtet werden. Der erste Bericht soll innerhalb der ersten Hälfte der Legislaturperiode erfolgen.“
Viertens. „Für die Konzipierung und Umsetzung von Maßnahmen zur Gleichstellung von“ Männern und Frauen
„sowie Mädchen und Jungen in Mecklenburg-Vorpommern ist eine geschlechterdifferenzierte Datenlage unerlässlich. Im Zuge der Gesetzesänderungen zum Gleichstellungsreformgesetz muss deshalb eine Ergänzung“ des Statistik
gesetzes „von Mecklenburg-Vorpommern vorgenommen werden. Grundsätzlich müssen alle auf natürliche Personen bezogenen, statistischen Merkmale nach ihrer geschlechtsspezifischen Ausprägung erhoben und veröffentlicht werden. Damit“ stünde „in Zukunft eine verlässliche Datenlage zur Verfügung, die detaillierte Aussagen über die Situation der Frauen und Männer, Mädchen und Jungen im Land ermöglicht.“ Nennen Sie mir bitte einen Grund, warum Sie sich hier an dieser Stelle verweigern!
Fünftens. „Die Regelungen im Gleichstellungsreformgesetz zu den §§ 11 bis 15 bilden die Grundlage für die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben, inklusive Familien- und Pflegeaufgaben. Im Gesetzentwurf sind die Regelungen zu Arbeitszeit, Teilzeitarbeit, Telearbeit und Arbeitsplatzwechsel sowie zu dienstlichen Besprechungen und Dienstreisen“ aber „nicht ausreichend anwendbar für den Bereich der öffentlichen Schulen geregelt.“ Das bemängelten unter anderem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW) und der DGB Nord in der Anhörung. „Die Landesregierung wird deshalb aufgefordert, für eine Anwendbarkeit Sorge zu tragen und mit“ dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, „den Gleichstellungsbeauftragten unter anderem der vier Staatlichen Schulämter, zeitnah Ausführungsvorschriften zu den §§ 11 bis 15 des Gleichstellungsreformgesetzes zu erarbeiten.“