Aber ich möchte mich mit Blick auf die Zeit zwei anderen Schwerpunkten widmen. Das eine ist die Arbeit mit VLeuten. Dieses ist in der Vergangenheit – und gerade die NSU-Affäre, ich darf noch mal auf die Zitate verweisen, hat es sehr deutlich gemacht –, dieses ist in der Vergangenheit immer ein großes Problem gewesen, dieses ist Gegenstand höchst kontroverser politischer Debatten gewesen und ist es noch. Ich möchte allerdings – und da kann ich bei Eva Högl ansetzen – die Arbeit von Verfassungsschutz, Polizei und Justiz optimieren. Dazu gehört für mich auch, dass ich diesen Einsatz des Instrumentes „V-Leute“ optimiere. Für mich und für uns geht es nicht darum, auf dieses Instrument generell zu verzichten, sondern es geht darum, dieses Instrument sinnvoll zu begrenzen, einzugrenzen, in seiner Zielsetzung zu definieren und mit vernünftigen Regelungen zu versehen. Dazu gehört für mich auch – und das ist wesentlich in diesem Gesetzentwurf –, dass ich eine solche zentrale Frage wie den Einsatz von V-Leuten nicht einfach in einer Dienstanordnung regeln kann, sondern dass ich die zwingend im Gesetz regeln muss, damit wir es auch der parlamentarischen Diskussion, so, wie das hier und heute passiert, zugänglich machen.
Ich halte die Regelungen, die hier getroffen worden sind, für sinnvoll und für notwendig. Wir dürfen V-Leute nicht anwerben, wenn diese zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Schwerverbrecher im Dienste des Staates, meine
sehr verehrten Damen und Herren, das sollte es nicht geben. Ich darf sie nicht dafür einsetzen, Organisationen, die wir beobachten, zu gründen oder maßgeblichen Einfluss auf sie auszuüben. Auch hier reflektieren wir rechtliche Auseinandersetzungen in der Vergangenheit bis hin zum ersten NPD-Verbotsverfahren. Ich darf sie nicht einsetzen, wenn bei ihnen eine finanzielle Abhängigkeit von den Zahlungen des Verfassungsschutzes entsteht. Solche Regelungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind kluge und sind vernünftige Regelungen für den Einsatz von V-Leuten.
Darüber hinaus – und das geht jetzt über zum nächsten Punkt, den ich für wichtig halte – ist der Leiter der Verfassungsschutzbehörde aufgefordert, einmal jährlich in der Parlamentarischen Kontrollkommission, ohne dass es dafür einen besonderen Anlass gibt, Bericht zu erstatten über den Einsatz von V-Leuten mit allem, was dazugehört. Selbstverständlich schließt das nicht aus, dass weitere Berichte anlassbezogen gegeben werden, aber ein solcher Generalbericht im Jahr muss, ohne dass hierfür ein besonderer Anlass besteht, gegeben werden.
Die Stärkung der Rolle der Parlamentarischen Kontrollkommission – insgesamt die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle – ist für uns ein wichtiges Anliegen und sie findet sich in diesem Gesetzentwurf.
und die wir Ihnen ebenfalls zur Abstimmung unterbreiten möchten, denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer genau hinsieht, der wird auch im bisherigen Verfassungsschutzgesetz schon durchaus Möglichkeiten sehen, dass die parlamentarische Kontrolle, dass die Parlamentarische Kontrollkommission besser arbeitet.
Ich nehme vor allen Dingen die Frage eines Sekretariats. Jeder unserer Ausschüsse hat ein Sekretariat, das ihm zuarbeitet und das für die Arbeit im Ausschuss sehr wichtig ist. Das können wir alle, die wir in Ausschüssen sitzen, so bestätigen. Eine solche Institution brauchen wir auch für die Parlamentarische Kontrollkommission. Deswegen....
Herr Müller, Sie sprachen soeben davon, dass straffällige V-Leute nicht mehr weitergeführt werden dürfen.
(Manfred Dachner, SPD: Das hat er gar nicht gesagt. Das stimmt überhaupt gar nicht. Sie haben nicht richtig zugehört!)
Wie bewerten Sie denn die Möglichkeit, dass der Leiter der Verfassungsschutzbehörde hierzu Ausnahmen treffen kann?
Erstens, Herr Saalfeld, habe ich nicht gesagt, dass straffällig gewordene Personen nicht V-Leute werden können, sondern dass es eine Frage ist, welche Schwere die Straftat hat.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist schon schlimm genug! – Manfred Dachner, SPD: Das ist nicht schlimm genug! – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist schon schlimm genug! – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie es uns doch an einem Beispiel deutlich machen. Wenn es um die Beobachtung von rechtsextremistischen Organisationen geht, ist das ja kein frei gewähltes Beispiel, das ist ja etwas, was in diesem Land stattfindet und Gott sei Dank stattfindet.
Es geht hier um die Frage, die der Kollege Saalfeld aufgeworfen hat, mit Straftätern. Ich glaube schon, dass es im Sinne der Sache ist, wenn ich akzeptiere, dass der V-Mann, dass die V-Person, die dem Verfassungsschutz Informationen liefert, beispielsweise wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen eine Strafe bekommen hat. Es geht also nicht darum, V-Leute anzuwerben, die völlig ohne jede Straftat sind, dann wird man wahrscheinlich bei diesen Herrschaften wenig V-Leute bekommen können. Aber es ist eine Frage des Maßes und eine Frage der Ver- hältnismäßigkeit. Wenn jemand dort etwa wegen versuchten Totschlags – und auch das ist ja bei den Herrschaften, die da grinsen, durchaus eine Straftat, die Ihnen naheliegt,
das ist eine Straftat, die Ihnen durchaus naheliegt – verurteilt worden ist, dann ist das ein völlig anderes Thema und dann müssen wir das anders bewerten.
Aber, meine Damen und Herren, ich habe bisher – und deshalb guckt er etwas skeptisch – die Frage des Kollegen Saalfeld noch nicht beantwortet. Ja, in der Tat, es ist so, dass wir in dem Gesetz auch eine Regelung haben, die Ausnahmen zulässt, wenn dies der Leiter der Verfassungsschutzbehörde – ausdrücklich der Behördenleiter – erlaubt, wenn dies im Ausnahmefall von der Sache her geboten ist. Hier gilt der Maßstab der Verhältnismäßigkeit, und das halte ich für gut und das halte ich für richtig.
Ich halte den Leiter des Verfassungsschutzes als Beamten dieses Landes für denjenigen, der eine schwierige Entscheidung zu treffen hat und der eine schwere Verantwortung zu tragen hat, und ich halte es in Ausnahmefällen für möglich – in Ausnahmefällen! –, dass auch jemand zum V-Mann oder zur V-Frau wird, der/die eine schwere Straftat begangen hat, ja.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war bei dem Thema „Entschließung“, ich war bei dem Thema „Stärkung der parlamentarischen Kontrolle“. Ich halte es auch für wichtig, dass die parlamentarische Kontrolle in der Weise stattfindet, dass sie hier im Hause stattfindet. Nun wird mir mancher sagen, das ist Symbolpolitik, wo die PKK tagt und wo der Verfassungsschutz, wo die Vertreter des Verfassungsschutzes sich den Fragen stellen müssen, wo sie Unterlagen vorlegen müssen. Vielleicht ist es Symbolpolitik, aber auch Symbole gehören zur Politik. Ich finde es richtig, dass wir als Parlament diejenigen sind, die die Kontrolle ausüben, und dass der Verfassungsschutz zu uns kommt und nicht umgekehrt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes löst nicht alle Probleme, die wir mit dem Thema Verfassungsschutz haben. Sie enthält aber wichtige Schritte, um zu einer Lösung zu kommen, dies insbesondere, wenn wir das Gesetz in Verbindung mit der Entschließung sehen, die die Koalition hier eingebracht hat.
Lassen Sie mich abschließend noch auf zwei Änderungsanträge eingehen, die mir heute vorgelegt worden sind, aber nicht erst heute, sondern hier heute erneut vorgelegt worden sind von der Fraktion DIE LINKE.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Peter Ritter, da gibt es den einen Antrag, der sagt, wir müssen in der PKK jedem einzelnen PKK-Mitglied sozusagen Minderheitenrechte garantieren, damit er Akteneinsicht erzwingen kann und Ähnliches. Nun dürfen wir alle über das,
was in der PKK geschieht, hier nicht öffentlich reden, aber ich stelle mir doch die Frage, ob das wirklich das Problem ist, dass es zu lösen gilt, und ob in der PKK tatsächlich die Wünsche einzelner Mitglieder nach Information oder Akteneinsicht oder Ähnlichem von der Mehrheit abgebügelt werden. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das kann ich mir nicht vorstellen. Deswegen, glaube ich, würde uns diese Regelung nun wirklich keinen Millimeter weiterbringen.
Etwas anderes – und das gestehe ich gerne zu – ist die Frage von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Fraktionen, die den Abgeordneten zuarbeiten. Ich habe vor wenigen Minuten das Hohelied auf die Sekretariate unserer Ausschüsse gesungen – dabei bleibe ich auch –, ich möchte aber ebenso sagen, dass ich, zumindest in den demokratischen Fraktionen sehe ich das so, eine ganz wichtige Funktion bei unseren Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern sehe, die uns Abgeordneten hilfreich zur Seite stehen. Die sind für uns – und ich glaube, das sehen Sie alle so – unverzichtbar. Der Gedanke, dass dieses auch im Bereich der PKK, im Bereich der Kontrolle des Verfassungsschutzes geschehen könnte, das ist eine Überlegung, lieber Kollege Ritter, da sage ich Ihnen ganz ehrlich, dafür habe ich erhebliche Sympathien. Ich muss mich aber auch – und das gehört ebenfalls zur Wahrheit – in einer Koalition bewegen und muss die Dinge durchsetzen, die in dieser Koalition Konsens sind, und dazu gehört dieser Punkt leider nicht.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich Sie, diesem Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu geben, nicht mit dem Gedanken, dass damit dann für die nächsten zehn Jahre alles erledigt sei, sondern mit dem Gedanken, dass wir damit einen wichtigen Schritt nach vorn tun, dass wir uns aber auch in den nächsten Jahren diesem Thema weiter widmen müssen. – Herzlichen Dank.