Protocol of the Session on April 20, 2016

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Finanzausschusses Torsten Koplin. Bitte, Herr Vorsitzender.

Danke schön, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor Ihnen liegt auf Drucksache 6/5336 des Landtages die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum bereits erwähnten Entwurf der Landesregierung für ein Vergütungstransparenzgesetz. Darin enthalten ist mein ausführlicher schriftlicher Bericht über die entsprechenden Beratungen im Ausschuss. Der Finanzausschuss hat hierzu zunächst auf Antrag der Fraktion DIE LINKE eine schriftliche Anhörung und anschließend zum Artikel 3 des Gesetzentwurfes auf Antrag der Fraktion der CDU am 25. Februar 2016 noch eine nicht öffentliche Anhörung durchgeführt. An dieser Stelle möchte ich mich im Namen des gesamten Finanzausschusses bei allen Sachverständigen für ihre mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen recht herzlich bedanken.

Sehr geehrte Damen und Herren, sowohl im Rahmen der beiden Anhörungen als auch in der weiteren Beratung des Ausschusses wurde insbesondere die Frage, ob der Artikel 3 des Gesetzentwurfs rechts- und verfassungskonform ist, intensiv diskutiert. Dabei war es zwischen allen Beteiligten, mithin den Anzuhörenden, der Landesregierung und dem Finanzausschuss, stets unstrittig, dass das Land aufgrund der bestehenden Regelungen im Handelsgesetzbuch keine Gesetzgebungskompetenz für die Normierung einer direkten Veröffentlichungspflicht seitens der Sparkassen hat – dies, weil der Bundesgesetzgeber von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz bereits Gebrauch gemacht hat. Deutlich komplizierter und umstrittener war dann allerdings die Frage, ob das Land die Gesetzgebungskompetenz für die Schaffung einer Hinwirkungspflicht hat oder dies gegebenenfalls aufgrund der Regelungen im Handelsgesetzbuch ebenfalls nicht möglich sei.

Verschiedene Anzuhörende äußerten Bedenken in Bezug auf das Bestehen einer Gesetzgebungskompetenz des Landes. Dabei wurde unter anderem dargestellt, dass der Bund diesen Themenkomplex abschließend geregelt und insofern von der Normierung einer Hinwirkungspflicht bewusst abgesehen habe. Damit stünde dem Land aber keine entsprechende Gesetzgebungskompetenz zu. Ein Anzuhörender hat dem Finanzausschuss sogar ein Rechtsgutachten des Verfassungsrechtlers Professor Dr. Thomas Mayen aus Bonn zugesandt, in dem der Gutachter unter drei Gesichtspunkten von einer Verfassungswidrigkeit des Gesetzes ausgeht. Einerseits habe das Land schon keine Gesetzgebungs

kompetenz, so sein Argument, zweitens greife das Gesetz unzulässig in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Vorstandsmitglieder ein und drittens handele es sich um eine unzulässige, unechte Rückwirkung. Ein anderer Sachverständiger sowie das Finanzministerium und das Justizministerium haben hingegen mit Verweis auf ein Rechtsgutachten von Herrn Professor Dr. Siekmann von der Universität Frankfurt am Main und weiterer Literatur betont, dass das Land eine Hinwirkungspflicht regeln könne.

Neben der Frage der Gesetzgebungskompetenz wurden gegen die geplante Veröffentlichung der Bezüge der Geschäftsleitung der Sparkassen noch weitere Aspekte vorgetragen. Beispielsweise wurde auf mögliche Anfeindungen im Familien- und Bekanntenkreis aufgrund einer möglicherweise entfachten Neiddebatte verwiesen, der die Amtsinhaber nach Veröffentlichung ihrer Bezüge möglicherweise ausgesetzt wären. Auch seien Straftaten gegen diese Personen und ihre nahen Angehörigen, wie etwa Entführung und Erpressung, nicht auszuschließen. Dem wurde in der Diskussion entgegengehalten, dass schon längst von einer Vielzahl von Personen die Gehälter veröffentlicht und in der Folge auch öffentlich diskutiert würden, ohne dass diese sofort mit den genannten Konsequenzen leben müssten. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem auf die Veröffentlichung der Bezüge der Abgeordneten oder der Regierungsvertreter verwiesen.

Darüber hinaus wurde von verschiedenen Anzuhörenden auch moniert, dass die Sparkassen eigentlich gar nicht unter den Gesetzeszweck fallen würden, da sie weder durch öffentliche Gelder finanziert würden noch das unternehmerische Risiko im Sinne einer Gewährträgerhaftung durch die Allgemeinheit getragen werde. Diesem Argument wurde in der Beratung entgegengehalten, dass die Sparkassen aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Auftrags agierten und durch das Sparkassengesetz entsprechend geschützt, aber auch rechenschaftspflichtig seien. Darüber hinaus gäbe es zwar keine Gewährträgerhaftung mehr, aber dennoch eine faktische Einstandspflicht des Trägers. Es sei nämlich kaum vorstellbar, so wurde argumentiert, dass eine Kommune einer von ihr getragenen Sparkasse in finanzieller Notlage eine entsprechende Unterstützung versagen würde.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie sehen, haben wir den Gesetzentwurf als Mitglieder des Finanzausschusses gründlich behandelt. Im Ergebnis der Beratungen haben die Koalitionsfraktionen zudem beantragt, in den Artikeln 1 bis 3 verschiedene Änderungen aus teils redaktionellen und teils rechtsförmlichen Gründen vorzunehmen. Die beantragten Änderungen an den Artikeln 1 und 2 hat der Finanzausschuss einstimmig und die Änderungen am Artikel 3 einvernehmlich angenommen. Zudem hat der Finanzausschuss der seitens der Koalitionsfraktionen be- antragten Entschließung einmütig zugestimmt. Die Fraktion der NPD war während der Abstimmung nicht anwesend. Der Beschlussempfehlung insgesamt hat der Finanzausschuss in Abwesenheit der Fraktion der NPD und einer Enthaltung seitens der Fraktion DIE LINKE mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU, einer Stimme der Fraktion DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einvernehmlich zugestimmt. Insofern möchte ich Sie, sehr geehrte Damen und Herren, nunmehr um Ihr Votum bitten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dahlemann von der Fraktion der SPD.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ja, eine Anregung, Herr Renz, für die nächste Sprecherfunktion vielleicht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede vorwegstellen, ich bin fest davon überzeugt, dass öffentliches Ansehen, Ruhm, Wertschätzung und Beliebtheit nicht so viel damit zu tun haben, wie viel Geld man für seine Tätigkeit bekommt. Wir haben uns im Ausschuss sehr stark auf den Vergleich zu den Offenlegungen der Diäten der Abgeordneten, der Minister, der Regierungsvertreter bezogen. Vielleicht sind die jetzt in Bezug auf die Beliebtheit nicht immer das beste Beispiel, aber wenn wir uns doch angucken, dass berühmte Schauspieler und Sportler sehr, sehr viel Geld für das kriegen, was sie tun, sich trotzdem gleichzeitig enormer Beliebtheit erfreuen können

(Torsten Renz, CDU: Das ist halt das Phänomen, ne?!)

und zum Teil auch gar keine Personenschützer brauchen, glaube ich, kann das den einen oder anderen auch ein bisschen entspannter werden lassen in dieser Debatte.

„Über Geld spricht man nicht, man hat es.“ Ein bekanntes deutsches Sprichwort. Für Privathaushalte mag diese Betrachtung auch völlig zutreffen. Die FAZ hat sich in ihrer Ausgabe vom 8. August 2015 mit dieser Thematik ein bisschen intensiver auseinandergesetzt und eine Umfrage der Postbank zitiert: Für 64 Prozent der Befragten ist das Thema Gehalt nach wie vor ein absolutes Tabuthema. Für gerade mal 59 Prozent der Befragten ist es spannend und sie dürfen wissen, was der Partner eigentlich verdient. Jetzt kann ja jeder von uns mal in sich gehen und sich fragen, wie sieht es eigentlich bei mir zu Hause aus.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Und wie sieht es bei Ihnen aus, Herr Dahlemann?)

Was Sie verdienen, wissen Ihre Partner, ob Sie wissen, was Ihre Partner verdienen, ist eine andere Frage.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Wie sieht es denn bei Ihnen aus?)

Ich kann Ihnen sagen, meine Partnerin ist Wirtschaftsprüferin, die befasst sich mit diesem Themenbereich durchaus etwas konkreter und kann auch mit den Zahlen etwas anfangen.

(Heiterkeit und Zuruf von Stefanie Drese, SPD)

Jetzt ist dies aber eine Debatte, die vielleicht ein bisschen ernster zu betrachten ist, allein die Frage, was die Partner dort kriegen. Ich bin fest davon überzeugt – der Plenarsaal ist jetzt nicht so voll und der Besucherrang ist

gerade leer, weil keine Besuchergruppe da ist –, dass das ein Landesgesetz ist, das gerade außerhalb des Landtages für viele Debatten sorgen wird und das Gesprächsstoff sein wird, der nicht nur Zeitungen füllt, sondern die Menschen ernsthaft beschäftigt.

(Stefanie Drese, SPD: Ja.)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, bei mir ist es grundsätzlich so, dass in Besuchergruppen, ob Schüler oder Senioren, immer wieder die Frage aufkommt: Herr Dahlemann, was kriegt so ein Landtagsabgeordneter eigentlich?

(Heinz Müller, SPD: Was er kriegt und was er verdient, das ist ja ein Unterschied.)

Da ist es bei uns …

Was er kriegt und was er verdient, lieber Heinz, ist ein Unterschied, das stimmt.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das versehe ich jetzt nur mal mit einem Schmunzeln.

5.749 Euro und 22 Cent sind es ganz genau. Da gehen Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Steuern und – auch das ist kein Geheimnis – Parteibeiträge und Mandatsabgaben ab. Zusätzlich erhalten wir eine Wahlkreispauschale, um unser Wahlkreisbüro zu betreiben. All das können die Menschen auf der Internetseite des Landtages nachlesen und können sich genauso gut intensiv damit auseinandersetzen, was zum Beispiel der Ministerpräsident oder unsere Finanzministerin verdienen.

Ich glaube, es ist gut, dass wir das so öffentlich und transparent regeln, denn immer dann, wenn Diäten erhöht werden, stehen wir auch vor einer öffentlichen Debatte. Die öffentliche Debatte ist garantiert nicht immer ganz zimperlich, aber diese öffentliche Debatte führt dazu, dass man mit diesen Geldern in einem Rahmen von Bescheidenheit und Vernunft umgeht. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass diese Transparenz, wie sie von der Landesregierung jetzt vorgeschlagen wird, genau richtig ist. Transparenz ist auch die passende Überleitung zum Gesetzentwurf: das Gesetz zur Erhöhung der Transparenz bei der Vergütung der Geschäftsleitungen öffentlicher Unternehmen im Land Mecklenburg-Vorpommern, heute also in der Zweiten Lesung.

Ich danke dem Ausschussvorsitzenden für die sehr sachliche Berichterstattung. Ich finde, es war ein spannender Prozess, der auch im Ausschuss tatsächlich sehr lebhaft diskutiert wurde. Und, das muss man, finde ich, der Fairness halber auch sagen, wir hatten in den Fraktionen ganz unterschiedliche Stimmungsbilder. Das ist jetzt nicht so ein klares Thema, bei dem Parteiräson durchgezogen wird, sondern wo auch die Abgeordneten untereinander diskutiert haben.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Herr Renz, ich hoffe, Sie haben darüber auch diskutiert. Bei der SPD gab es durchaus spannende Debatten.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Wie ist so das Stimmungsbild in der SPD gewesen?)

Bei der CDU, munkelt man, gab es dazu auch Diskussionen, zumindest haben uns dazu Briefe erreicht.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Nach außen hin Geschlossenheit.)

Der Gesetzentwurf wurde dann sehr intensiv durch den Innenausschuss, den Europa- und Rechtsausschuss und federführend natürlich durch den Finanzausschuss beraten. Über die schriftliche und mündliche Anhörung sind wir bereits informiert. Dass das Ergebnis eines solchen Gesetzentwurfes nicht überall auf Gegenliebe stößt, auch das sollte kein Geheimnis sein, wenn man etwas anfasst und versucht zu regeln, was den einen oder anderen auch ganz persönlich berührt.

Ich möchte mich ebenfalls herzlich bedanken bei all denen, die Zeit und Kraft in diese Stellungnahmen investiert haben. Vor allem die schriftlichen Stellungnahmen zu diesem Paket waren sehr umfangreich. Noch mehr möchte ich mich aber bei denen bedanken, die auch so lebhaft in der mündlichen Anhörung mitgemacht und diskutiert haben, zum einen bei denen, die das kritisch sehen, zum anderen bei denen, die mit großer Überzeugung dafür kämpfen.

Das Gutachten des Ostdeutschen Sparkassenverbandes und des Verfassungsrechtlers Professor Dr. Thomas Mayen ist bereits angesprochen worden. Darin sind verfassungsrechtliche Bedenken klar geäußert. Die hat der Ausschuss mit einem, finde ich, besonderen parlamentarischen Trick zur Kenntnis genommen und in die Beschlussempfehlung mit aufgenommen.

(Torsten Renz, CDU: Ein parlamentarischer Trick? Können Sie das mal genauer beschreiben?! – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Die Bewertung …

(Torsten Renz, CDU: Können Sie das bitte mal genauer beschreiben?!)

Parlamentarischer Trick heißt, dass wir nicht überall über die rechtlichen Bedenken im Detail entscheiden können, sondern dass das, wenn es dort jemanden gibt, der der Meinung ist, er sollte klagen, dann in eine Betrachtung mit einbezogen werden muss.

Die Beurteilung dieser Aussichten durch das Finanzministerium, aber auch, Herr Renz, durch Ihr Justizministerium war für uns sehr zielführend.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Mein Justizministerium.)

Der Europa- und Rechtsausschuss hat das in seiner Stellungnahme auch noch mal unterstrichen.

Wir diskutieren ja im Zuge dieses Gesetzes zum einen über die Betriebe mit Landesbeteiligung oder die, die wir institutionell fördern, wir diskutieren zum anderen aber in dieser Frage vor allem auch über die Sparkassen. Ich kann Ihnen sagen, ich bin überzeugter Sparkassenkunde und bleibe das auch weiterhin. Dass das Land Mecklenburg-Vorpommern eine ganze Menge für die Situation unserer Sparkassen getan hat, haben, glaube ich, die vergangenen Landtagsdebatten gezeigt, nämlich immer dann, wenn gewisse europäische Regelungen vielleicht

Schwierigkeiten brachten. Aber ich glaube, dass auch diese Debatte gerade den Sparkassen guttun wird, denn immer dann, wenn die Menschen bei uns im Land den Eindruck haben, da werden gewisse Dinge in Hinterzimmern entschieden, ist doch die Skepsis besonders groß. Wenn man mit diesen Dingen deutlich transparenter umgeht als bisher, kann das, glaube ich, ein gutes Ergebnis sein.