Protocol of the Session on March 9, 2016

Was steckt nun hinter diesem Phänomen der unbegleiteten minderjährigen Ausländer? Dazu hat das linke Lager diverse Erzählungen zu bieten und auch Motive, wie man modern sagt, zum Beispiel: Es ist Bürgerkrieg, eine Familie im Granatenhagel. Um wenigstens ein Kind zu retten, bevor die ganze Familie untergeht, wird alles Geld zusammengekratzt und das Kind wird losgeschickt. Das erinnert mich schon sehr an die „Superman“-Geschichte: Krypton explodiert und die Eltern schicken mit der einzigen Rakete ihr einziges Kind in die Sicherheit, während der Rest untergeht.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Das ist eine dramatische Geschichte, es ist aber ein Comic. Genauso realistisch sind heutige Fluchtgeschichten. Niemand flieht direkt aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland. Syrien ist kein Nachbarland von Deutschland, jedenfalls in meinem Atlas. Aber vielleicht habe ich ja den falschen gekauft, kann ja sein.

(Torsten Renz, CDU: Das ist bei Ihnen nicht ausgeschlossen. – Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Bestimmt.)

Die Leute fliehen in die Lager in der Türkei und im Libanon. Dort sind sie in Sicherheit. Dort müssen sie auch nicht hungern. Von dort aus werden die Minderjährigen losgeschickt von vermögenden Familien,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

denn nur die können es sich leisten, ihre Kinder von den Schlepperbanden weitertransportieren zu lassen.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Außerdem kommen viele Minderjährige gar nicht aus Kriegsgebieten, sondern zum Beispiel aus Marokko oder Algerien. Da ist kein Krieg – es sei denn, ich lese die falschen Zeitungen, jedenfalls habe ich davon nichts gelesen –, weswegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Begriff „minderjährige unbegleitete Flüchtlinge“ offiziell umbenannt hat in „minderjährige unbegleitete Ausländer“, weil selbst die begriffen haben, dass es nicht alles Flüchtlinge sind, sondern viele sind einfach Migranten und – wie ich hinzufüge – Wirtschaftsmigranten.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ein anderes Beispiel, was gerne erzählt wird, eine andere Geschichte, ist, auf der Flucht würden die Familien

auseinandergerissen, nur einer kommt davon. Das kann man sich auch schön dramatisch ausmalen. Aber die fliehen gar nicht, sie reisen, und zwar von Schleppern betreut.

(Heiterkeit bei Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Zuzustimmen ist dem CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag Michael Kretschmer, und wer jetzt mag, kann gern auch noch einen CDU-Verbots- antrag fordern.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Er sagte in der „Welt“ vom 27.01.2016: „Junge werden vorgeschickt, um die Familie nachzuholen.“ Und er sagt noch in der gleichen Ausgabe: „Um das Geschäftsmodell mit den minderjährigen unbegleiteten“ Flüchtlingen „zu unterbinden, muss der Familiennachzug … für diese Personengruppe in … Zukunft unmöglich gemacht werden.“

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das sagen wir auch. Denn wer unbegleitete minderjährige Ausländer in dieser großen Zahl aufnimmt und auf diesen Trick reinfällt, der hat keine humanitäre Großtat vollbracht, der ist

(Stefan Köster, NPD: Einfach nur dumm.)

einfach nur auf einen Trick reingefallen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das geht schneller.)

Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Bernhardt von der Fraktion DIE LINKE.

(Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antragstext zeugt von einer paranoiden Wahnvorstellung und verzerrt die Wirklichkeit ohne Ende, dass man sich kaum noch vorstellen kann, so etwas überhaupt hier sachlich zu diskutieren.

(Beifall Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wenn man dann noch hört, was Sie an Begründungen hier vorbringen, Herr Andrejewski,

(Michael Andrejewski, NPD: Bei der CDU auch.)

dann unterstreicht das eigentlich nur noch, dass Sie mit Thesen, mit einer Schönrede in Ihre Richtung reden. Wo sind denn die Beweise, die Tatsachen, die Sie hier vorlegen können von den Flüchtlings…

(Michael Andrejewski, NPD: Habe ich doch alles erzählt! – Zuruf von David Petereit, NPD)

Ja, natürlich, ist klar. Man kann in Ihrer Begründung lesen, was das für ein Märchen ist. Der ganze Antrag ist meines Erachtens ein Märchen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Lügenpresse. Er weiß nicht, was er tut. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Auf einen derart unqualifizierten Antrag einzugehen, erfordert wirklich eine Gedankenakrobatik, die mir fernliegt. Ich möchte es dennoch versuchen.

Um was geht es in Ihrem Antrag? Es geht um unbegleitete minderjährige Ausländer, also um Kinder und Jugendliche, die im Alter bis zu 18 Jahren und ohne ihre Eltern nach Deutschland kommen.

(Udo Pastörs, NPD: Die es nach Ihrer Diktion gar nicht gibt hier.)

Mit Stichtag 31. Oktober 2015 hielten sich in Mecklenburg-Vorpommern – und hier leben wir und nicht in ganz Deutschland –

(Udo Pastörs, NPD: Mecklenburg- Vorpommern liegt ja auch irgendwo.)

734 unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer auf. Es handelt sich also nicht um ein Massenphänomen, wie Sie uns hier gerne weismachen möchten, Herr Andrejewski.

(Udo Pastörs, NPD: Er hat die Zahlen genannt.)

734, ich möchte es noch einmal wiederholen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Als Jurist sollten Sie nach etlichen Jahren des Studiums wissen, dass auch unbegleitete minderjährige Ausländer unter das SGB VIII fallen und nicht, wie Sie uns weismachen möchten, das Jugendamt für diese Kinder und Jugendlichen zuständig wäre.

(Michael Andrejewski, NPD: Doch. Die Jugendämter, doch!)

Lesen Sie sich bitte das SGB VIII durch!

(Michael Andrejewski, NPD: In der Praxis ist das aber so.)

Dort steht es drin.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Diese Kinder und Jugendlichen haben Krieg und Terror, eine lange Flucht hinter sich.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Michael Andrejewski, NPD: Jaja.)