Protocol of the Session on January 28, 2016

Professor Dr. Jochen Scheibe, ein Sportmediziner,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer?)

verfasste ein Buch mit dem Titel „Ich war Sportmediziner in der DDR“, das unter anderem vom damaligen deutschen

Rennrodler Thomas Köhler für das „Neue Deutschland“, Ausgabe vom 12. März 2014, besprochen wurde. In der Buchbesprechung heißt es unter anderem, Zitat: „Zu Recht kritisiert Scheibe, dass die Aufarbeitung des Themas Doping in der Bundesrepublik erst spät durch Studien an den Universitäten Berlin und Münster erfolgte, und die Untersuchungen in den 1990er Jahren enden. Was läuft seitdem? Es wird in der Bundesrepublik, systematisch gefördert und staatlich finanziert, weiterhin gedopt.“

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie zitieren einen IM.)

„Ein Delikt, für das Trainer, Ärzte und Sportfunktionäre der DDR strafrechtlich belangt worden sind.“ Zitatende.

Als Sachverständiger machte Scheibe persönlich während der öffentlichen Anhörung noch einmal klar, dass Doping durch die Ost-West-Konkurrenz der beiden deutschen Teilstaaten begründet gewesen sei und dass sich der Kampf gegen Doping nicht auf die DDR beschränken dürfe, sondern bundes- und weltweit geführt werden müsse. Unterschrieben werden kann auch seine Bemerkung: Wer dopt, betrügt den Gegner, das Sportpublikum und letzten Endes auch sich selbst. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Waldmüller.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der war bei der Anhörung gar nicht da.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über das Verfahren ist schon berichtet worden. Es war gut, dass der Antrag überwiesen worden ist und dass dort mit aller Objektivität und Sachlichkeit an dieses sehr ernste Thema herangegangen worden ist, und das erst recht nach dem, was in diesem Verfahren erreicht wurde, wie die Entschließung entstanden ist. Was daraus entstanden ist, ist doch eine Richtung, in die wir alle gemeinsam mit diesem Thema wollen.

Aber, Frau Gajek, gestatten Sie mir dennoch:

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Werden Sie dem Thema und der Objektivität eigentlich gerecht,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja. Sie waren doch gar nicht da.)

wenn Sie sich nicht scheuen, auch jetzt, nach dem erreichten Ergebnis, hier mit unwahren Unterstellungen

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch gar nicht!)

gegenüber Anzuhörenden aufzuwarten?

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch nicht! Ich kann doch aber meine eigenen Schlüsse ziehen.)

Ich danke Herrn Ritter für seine Worte. Er hat das ebenso bemerkt. Es ist eine Ungeheuerlichkeit und Sie werden dem Thema nicht gerecht.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da hätten Sie sich mal bemühen müssen und dabei sein sollen! So.)

Wir alle wollen uns für einen fairen und sauberen Sport einsetzen. Die Gefahren, denen sich die Menschen mit der Einnahme von Dopingmedikamenten aussetzen, müssen ganz deutlich ins Blickfeld gerückt werden. In dem Bereich wird und wurde vonseiten der Landesregierung, vonseiten des Sportbundes und vonseiten der Dopingagenturen viel getan, und trotzdem gibt es immer noch Trainer, Mediziner oder auch Sportler, die für eine Medaille ihre Gesundheit aufs Spiel setzen.

Ich selbst konnte,...

(Unruhe bei Torsten Renz, CDU, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Gajek, hören Sie zu!

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tja! Aber bitte nicht in diesem Ton, ja?!)

Sie haben das gerade kritisiert, deswegen will ich Ihnen das erklären.

… ich selbst konnte im Ausschuss leider nicht an den Beratungen teilnehmen, weil wir im Wirtschaftsausschuss zeitgleich ebenso eine Anhörung hatten und zeitgleich tagten.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tja, so ist das im Leben.)

Ich stand zu dieser Thematik aber im ständigen Kontakt zum Arbeitskreis „Innen“ und natürlich auch zu meinem Kollegen, dem sportpolitischen Sprecher der SPD, Herrn Borchert. Ich habe deshalb sehr wohl von den Unstimmigkeiten während der Ausschussberatung gehört. Das ist insofern bedauerlich, als dass die GRÜNEN verkennen, dass vonseiten der Koalition in dieser Thematik sehr schnell gehandelt wurde,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verkennen wir doch gar nicht! Stimmt doch nicht!)

und auch deshalb, weil die Folgen von Doping Menschen treffen.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kurzfristige Hochgefühl, das durch Doping hervorgerufene Leistungen vorbringen, endet schließlich in jahrelangen Schmerzen und Krankheiten. Erst letzte Woche verstarb ein französischer Radrennprofi mit gerade einmal 37 Jahren. Er war verstrickt in die sogenannte CofidisAffäre aus dem Jahr 2004. Außer ihm sind bereits 2007 und 2013 zwei weitere an diesem Dopingskandal beteiligte Radrennprofis verstorben. Herzinfarkt, Lungenembolie, alles Mögliche sind Nebenwirkungen eines Dopingmissbrauchs, wenn das auch die schlimmsten sind, und genau dies sind die sportlichen Erfolge nicht wert.

Ich weiß es, Sie wissen es – Sie hatten es auch gesagt, Herr Ritter –, sportliche Erfolge können ein ganzes Land in einen Freudentaumel versetzen. Die Anspannung, der Druck und die Erwartungshaltung an einen Profisportler

sind sehr hoch und können deshalb auch zu erheblichen psychologischen Belastungen beim Sportler führen. Umso wichtiger ist es, diese neue Sportlergeneration mental zu stärken, sie auf die Risiken aufmerksam zu machen und ihnen die Fehler der Vergangenheit und die Folgen aufzuzeigen.

Ein wichtiger Punkt ist es deshalb, auch die sportlichen Erfolge der DDR auf ihre Beziehungen zum Doping hin zu untersuchen. Die Koalition hat bereits im Rahmen der Haushaltsverhandlungen Promotionen zum Themenbereich „Aufarbeitung von Doping im DDR-Sport der drei Nordbezirke“ außerhalb des Landesgraduiertengesetzes mit insgesamt 150.000 Euro gefördert.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insoweit hatte sich für meine Fraktion der Antrag der GRÜNEN, so, wie er im Landtag gestellt wurde, auch erledigt. Meine Fraktion sah jetzt keinen Bedarf mehr für ellenlange Debatten.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einmal reden reicht aber auch!)

Meine Fraktion steht dann doch mehr für das Handeln, sobald sie eine Lösung für ein Problem gefunden hat.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Thema zu uns in den Innenausschuss geholt, und nach den Ergebnissen der Anhörung

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war Ihr Fraktionsvorsitzender.)

und aufgrund der gleichzeitig laufenden Haushaltsverhandlungen war es für uns an der Zeit, schnell zu handeln. So hat die Koalition dann auch im Etat des Bildungsministeriums entsprechend Geld zur Verfügung gestellt.

Mich wundert an dieser Stelle das Unverständnis der Bündnisgrünen, weil sie gerade in ihrem Antrag die Einstellung der Haushaltsmittel in den Landeshaushalt 2016/2017 gefordert haben. Dann ist doch ein schnelles Handeln er- forderlich!

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat doch gar keiner kritisiert. Haben Sie nicht zugehört?)

Genau dies haben wir getan und dann ist der Antrag für meine Fraktion mit der Zustimmung des Landtages zum Haushaltsgesetz und damit Zustimmung zur Förderung der Promotion erledigt. Nur dies haben wir mit der Einbringung der Entschließung deutlich machen wollen.

Dass sich der Antrag für uns erledigt hat, bedeutet aber bei Weitem nicht, Frau Gajek, dass sich das Thema damit auch erledigt hat. Mit dem Geld allein und der historischen Aufarbeitung ist es noch nicht abgeschlossen. Die Landesregierung hat von uns eine Reihe von Aufträgen erhalten, Herr Borchert hat schon darauf hingewiesen.

Zurückschauend war Doping in der DDR ein flächendeckendes Problem, dies hat auch die Anhörung ergeben. Deshalb sind die Folgen dieses Dopingmissbrauchs auch flächendeckend in Ostdeutschland zu finden. Aber leider ist das Thema Doping trotz Aufklärungskampagnen im

mer noch gegenwärtig und aus diesem Grund ist Doping auch ein bundesweit bedeutendes Thema. Deshalb ist es umso wichtiger, dass sich auf Bundesebene auch weiterhin für die Unterstützung von Dopingopfern eingesetzt wird, und eben nicht nur regional beschränkt.

Der Bundeshaushalt weist bereits Geld für Dopingopferhilfevereine aus. Der Bundesinnenminister hat einen neuen Fonds für DDR-Dopingopfer angekündigt und wird nun die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen. Ich denke, dass dies eine hervorragende Maßnahme und genau der richtige Weg ist. Ich halte es zudem für eine außerordentlich gute Idee, dass die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR auch als Anlaufstelle für Dopingopfer im Land ausdrücklich benannt wurde – eine Idee übrigens, die sich direkt aus den Stellungnahmen in der Anhörung entwickelt hat. Wenn es um die Aufarbeitung von DDRUnrecht geht, dann ist Doping in der DDR ein Bestandteil davon und sollte nicht aus dem Kontext herausgerissen werden. Kaum ein Bereich wurde vonseiten der Staatssicherheit so flächendeckend und lückenlos überwacht und dokumentiert.