Protocol of the Session on January 27, 2016

Aber Frau Tegtmeier hat in ihrem Redebeitrag vergessen, dass der Paragraf 17 der Kommunalverfassung auch in Ausschusssitzungen, in denen im Vorfeld eventuell eine Meinungsbildung stattfindet, Anwendung findet. Frau Tegtmeier hat nämlich gesagt, dass alles, was zum Beispiel in den Gemeindevertretungen oder Kreistagen behandelt wird, zuvor schon in irgendwelchen Ausschüssen vorberaten wird. Einwohnerversammlungen würden stattfinden,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

wo die Bürger aufgeklärt werden und so weiter und so fort.

(Martina Tegtmeier, SPD: Ich habe Ihnen Beispiele genannt, wo das so passiert. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das bedeutet, dass also auch in den Fachausschüssen Bürger mit ihren Fragen und Anregungen regelmäßig abgewiesen werden,

(Tino Müller, NPD: Ja, na klar.)

weil sich diese auf die aktuelle Tagesordnung beziehen.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es. Das sind Lügen, die Sie verbreiten.)

Demnach entfällt die Bürgerbeteiligung auch in den Ausschusssitzungen, eventuell, weil viele Drucksachen gar nicht durch die Fachausschüsse gehen.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

Manche Angelegenheiten werden nur in den nicht öffentlichen Hauptausschuss eingebracht und gehen von dort gleich in die Gemeindevertretung. Genauso wenig können Tischvorlagen im Vorfeld in Fachausschüssen behandelt werden. Für den Bürger bleibt oft nur die einzige Möglichkeit, das Thema in der Einwohnerfragestunde anzusprechen.

Ebenso wird in der Debatte völlig ausgeblendet, dass die Einwohner einer Gemeinde nur noch sehr begrenzt Kenntnis von den Tagesordnungen der Gemeindevertre

tersitzungen im Allgemeinen und speziell der Fachausschusssitzungen erhalten. Das basiert auch auf der finanziellen Unterversorgung vieler Gemeinden durch das Land. Früher war es üblich, dass Gemeindeblätter 14tägig erschienen. Mittlerweile sind einige Gemeinden dazu übergegangen, nur noch einmal im Monat ihre gemeindeeigenen Zeitungen herauszugeben. Oftmals gibt es auch nur noch Amtsblätter. Dadurch finden die Einladungen zu den Fachausschüssen samt Tagesordnungen nur noch sehr begrenzt Einzug in die Zeitung. Da kann aus bekannten Gründen auch eine Veröffentlichung im Internet keinen Ersatz schaffen. Einem Montagearbeiter fällt es ebenfalls schwer, an Ausschüssen oder deren Sitzungen teilzunehmen. Selbst vor Ort Arbeitende können meistens nicht um 16 oder 17 Uhr eine Sitzung besuchen. Diese können froh sein, wenn sie es zur Gemeindevertretersitzung schaffen.

Frau Tegtmeier sprach auch davon, dass die Beratungsgegenstände vorher vielleicht in der Einwohnerversammlung erörtert wurden.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Zuruf von Tino Müller, NPD)

Das kann getrost unter pseudodemokratischer Märchenküche verbucht werden.

(Udo Pastörs, NPD: Absolut.)

Wer kann sich denn von Ihnen an die letzte Einwohnerversammlung in seiner Gemeinde erinnern?

(Udo Pastörs, NPD: Sagen Sie mal, wann waren denn bei Ihnen die letzten?!)

In manchen Gemeinden gab es seit Jahrzehnten keine Einwohnerversammlungen mehr.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Vor 14 Tagen in Stavenhagen.)

Hier – ganz interessant – schreibt übrigens der Städte- und Gemeindetag in seiner Mustersatzung, Zitat: „Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister beruft durch öffentliche Bekanntmachung mindestens einmal im Jahr eine Versammlung der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt ein.“ Zitatende

(Udo Pastörs, NPD: Davor haben die Angst. Das machen die gar nicht.)

Dieser Vorschlag wird wiederum ganz gerne von den Gemeinden abgeändert, und es wird in den Hauptsatzungen festgeschrieben, dass Einwohnerversammlungen nicht jährlich stattfinden sollen, sondern nur, wenn es die öffentlichen Interessen verlangen.

(Udo Pastörs, NPD: Schöne Formulierung.)

Es gibt unbestritten auch Gemeinden, die ihre Einwohner einbinden. Wir von der NPD-Fraktion wollen aber, dass die Bürger hierauf einen Rechtsanspruch haben.

Zur Mustersatzung des Städte- und Gemeindetages äußerte Frau Tegtmeier, Zitat: „In diesen Musterhauptsatzungen steht nun genau das drin, dass die Hauptsatzungen vorsehen sollten, dass Anfragen zu Tagesordnungspunkten nicht zugelassen werden.“ Zitatende.

Weiter zitierte Tegtmeier aus einem Schreiben von Herrn Glaser aus dem Jahre 2004: „Hier empfiehlt sich aber ein Blick in das aktuelle Hauptsatzungsmuster des Städte- und Gemeindetages von 2014. In diesem wird zwar ebenso vorgeschlagen, keine Fragen zu Beratungsgegenständen der aktuellen Sitzung zuzulassen, in den Erläuterungen wird aber eindeutig auch auf die offene Gesetzeslage hingewiesen. Das Gesetz lässt es allerdings offen, ob auch Beratungsgegenstände der konkreten Sitzung Gegenstand der Fragestunde sein können. Ohne einen solchen einschränkenden Satz wird eher dem Interesse der interessierten Öffentlichkeit Rechnung getragen, sich gerade zu den aktuellen brisanten Fragen öffentlich einzubringen.“ Zitatende.

In ihrer Rede lobte Frau Tegtmeier auch die Geschäftsordnung der Stadt Wolgast: „Die … Stadtvertretung Wolgast hat in ihrer Geschäftsordnung festgeschrieben, dass die Sitzung wie folgt abgewickelt werden soll: erst Eröffnung der Sitzung, dann gibt es eine Einwohnerfragestunde 1. Dann gibt es andere Tagesordnungspunkte mit Beratungsgegenständen und so weiter und so fort. Und dann gibt es eine Einwohnerfragestunde 2. Und was ist damit bezweckt? Das steht auch erläutert: ‚Ist ein Tagesordnungspunkt aufgerufen, so berät zunächst die Stadtvertretung über diesen. Liegen keine Wortmeldungen mehr vor, kann die Stadtvertretervorsteherin die Beratung unterbrechen‘“ …

(Udo Pastörs, NPD: Kann!)

… „‚und den Einwohnern … Gelegenheit geben, Fragen zu stellen und Stellung zu beziehen. Danach tritt die Stadtvertretung in die abschließende Beratung ein.‘ Das … halte ich an dieser Stelle doch mal für beispielgebend.“

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Es ist vermutlich vergebliche Mühe, Frau Tegtmeier darauf hinzuweisen, dass sie Geschäftsordnung und Hauptsatzung verwechselte,

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

denn wie Paragraf 17 der Kommunalverfassung eindeutig aussagt, wird das Nähere in der Hauptsatzung geregelt und nicht in der Geschäftsordnung.

(Heinz Müller, SPD: Dann hat das vielleicht nicht Frau Tegtmeier, sondern die Stadt Wolgast verwechselt. – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Das, was die SPD-Frau dort für beispielgebend hält, ist nichts anderes, als das, was wir mit unserem Gesetzentwurf als Recht für die Bürger verankert wissen wollen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Zuruf von Tino Müller, NPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Martina Tegtmeier für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie gut,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Dass es Sie gibt.)

dass die Reden dokumentiert werden und man nachlesen kann, was gesagt wurde, wie es gesagt wurde und in welchem Zusammenhang das stand.

(Udo Pastörs, NPD: Jaja.)

Zu Ihrer letzten Bemerkung, Herr Köster: Ich habe aus der Geschäftsordnung der Stadt Wolgast zitiert. Ich habe da nichts verwechselt, ich habe aus der Geschäftsordnung zitiert.

(Zuruf von Tino Müller, NPD)

Und wenn Sie vorhin wieder auf Ihr Parteiendiktat in Bezug auf die kommunale Selbstverwaltung, auf die Gemeindevertretungen und Kreistage abzielten, so muss ich Ihnen noch mal sagen, dass in der Struktur unserer Gemeindevertretungen die Zahl der Gemeindevertreter, die eben keiner Partei angehören, ganz eindeutig überwiegt. Nur mal so grundsätzlich.

(Udo Pastörs, NPD: Weil die die Nase voll haben von euren Parteien, kommen die zu uns nach Lübtheen und sagen das offen.)

Zu Ihnen nach Lübtheen komme ich gleich auch noch mal.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Zurufe von Julian Barlen, SPD, und Udo Pastörs, NPD)

Auch auf der Landtagssitzung am 21.10.2015, als die NPD diesen Gesetzentwurf eingebracht hat mit der Behauptung, dass die Bürgerinnen und, nein, die Bürger kaum Möglichkeiten hätten, auf die Kommunalpolitik vor Ort einzuwirken, habe ich Ihnen ausgeführt, welche Rechte die Bürgerinnen – die Bürgerinnen! – und Bürger sowie die Einwohnerinnen und Einwohner nach unserer Kommunalverfassung haben.