Protocol of the Session on January 27, 2016

Das ist natürlich wie immer sehr durchsichtig. Über die Gegenargumente wird wie immer ganz gelegentlich hinweggesehen und die vorgetragenen Begründungen für diese Forderung sind zumindest sehr bemüht, Kollege Suhr.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Sehr bemüht!)

Offen gestanden, möchte ich mich aber gar nicht so detailliert mit dem vorliegenden Antrag und dem vorliegenden Gesetzentwurf beschäftigen, schließlich –

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das klingt jetzt auch sehr bemüht. Das klingt jetzt auch sehr bemüht.)

ja, Herr Suhr –, schließlich haben wir den gleichen Entwurf schon einmal vor dreieinhalb Jahren diskutiert.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, klar. – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist eine neue Situation. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Neue Situation!)

Den heute zu beratenden Gesetzentwurf haben Sie unter der Drucksache 6/1024 bereits am 5. August 2012 in den Landtag eingebracht. Der Entwurf wurde beraten. Es gab am 13. März 2013 eine öffentliche Anhörung im Europa- und Rechtsausschuss und am 12. März 2014 wurde der Gesetzentwurf in Zweiter Lesung abgelehnt. Also das Parlament hat sich in Gänze sehr intensiv mit der Frage befasst, sogar mit einer Anhörung. Seitdem hat sich an der Sach- und auch an der Rechtslage zu dieser Frage nichts geändert. Ihr Gesetzentwurf ist lediglich nicht mehr mit dem Vergleich zum kommunalen Wahlalter, sondern mit der sinkenden Wahlbeteiligung begründet.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, die andere kannten Sie ja schon.)

Sie sehen es mir bitte nach, wenn ich nur kurz einige Stichworte nenne, die meiner Auffassung nach den Gesetzentwurf kennzeichnen:

Das Wahlalter bei Wahlen für gesetzgebende Körperschaften, also für Landtage und den Bundestag, soll mit dem Alter der Volljährigkeit übereinstimmen. Das Recht zur Beteiligung an der Wahl zur Volksvertretung wird damit an die Verantwortung als mündiger Staatsbürger geknüpft.

Zweitens. Das aktive und das passive Wahlrecht bei den Landtags- und den Bundestagswahlen sollen weiterhin nicht nur miteinander übereinstimmen, sondern eben auch mit dem Alter der Volljährigkeit.

Drittens. Meines Wissens hat sich bisher nichts daran geändert, dass die Jugendlichen selbst einem Wahlrecht ab 16 Jahren sehr skeptisch gegenüberstehen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Bei „Jugend im Landtag“ nicht. – Michael Silkeit, CDU: Das sind immer die Gleichen.)

Eine Studie aus dem Jahre 2010 hat bekanntlich ergeben, dass gerade einmal jeder dritte Jugendliche selbst der von Ihnen geforderten Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre zustimmt.

In einem Punkt gibt es allerdings doch noch einen Erkenntnisgewinn gegenüber unserem Wissensstand vom März 2014, als dieser Landtag das letzte Mal den Gesetzentwurf abgelehnt hat.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Mehrheit dieses Landtages! Nicht der Landtag, die Mehrheit. Immer korrekt bleiben, Herr Minister!)

Ja, danke schön. Wir wollen korrekt sein, Kollege Ritter, also die Mehrheit dieses Landtages.

Im März 2014 fand die erste Landtagswahl in Brandenburg unter Beteiligung der 16- und 17-Jährigen statt. Schauen wir uns also die dortige Wahlbeteiligung an. Die lag in Brandenburg bei 48,5 Prozent. Das ist sicherlich nicht sehr berauschend. Die Wahlbeteiligung unter den 16- und 17-Jährigen war allerdings noch niedriger, gerade einmal 41,5 Prozent.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was? Und bei den Ü 60?)

Die Vorstellung, dass sich die Teilnahme dieser jungen Wähler positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken würde,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

hat sich damit jedenfalls in Brandenburg 2014 nicht bestätigt.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber Sie haben mir schon zugehört gerade?)

So schlau sind die GRÜNEN in diesem Fall dann auch, weshalb sie in geschickter Weise nicht auf die Wahlbeteiligung, sondern auf die Gesamtwahlbeteiligung abstellen. Aber wenn das die Begründung sein soll, lieber Kollege Suhr, können wir die Altersgrenze doch noch weiter absenken.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, sag ich doch!)

Nehmen Sie doch zehn Jahre oder wie auch immer!

(Egbert Liskow, CDU: Familienwahlrecht.)

Das macht nun wirklich null Sinn, was Sie hier in der Begründung angeben. Letztlich wäre die Altersgrenze damit genau so wie Ihre gesamte Argumentation: beliebig, nicht nachvollziehbar und vor allen Dingen unglaubwürdig. Ihr eigentlicher Antrieb ist die Angst, dass man möglicherweise mal wieder keine 5-Prozent-Hürde erreicht. Damit ist Ihre Initiative nicht weniger als ein Ausdruck parteipolitisch motivierten Eigennutzes.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, das ist ja Quatsch!)

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mir Ihren erneuten Gesetzentwurf nicht zu eigen mache. Eine erneute Befassung der Ausschüsse ist aus meiner Sicht auch entbehrlich. Ich empfehle daher, den Antrag und den Gesetzentwurf abzulehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Dahlemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede vielleicht kurz auf die Aussagen des Innenministers eingehen und auch auf die von Ihnen, Herr Suhr.

Zunächst meine ich, ich finde es sehr wohl berechtigt, dass wir erneut über dieses Thema im Landtag diskutieren. Wir haben neue Erkenntnisse: Sie haben die Bertelsmann-Studie zitiert,

(Torsten Renz, CDU: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!)

Sie haben eine weitere neue Studie, die „Shell Jugendstudie“, die präsentiert wurde und doch sehr erfreuliche Zahlen mit sich bringt. Darauf will ich nachher in meiner Rede noch ein bisschen detaillierter eingehen.

Herr Innenminister, dass sich an der Rechtslage nichts geändert hat, das ist richtig. Ich persönlich, und das kann ich für die SPD-Landtagsfraktion sagen, bedauere das sehr, aber wir kennen eben doch an dieser Stelle die

Mehrheitssituation in diesem Haus. Das Interesse bei jungen Menschen …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Mehrheits- situation ist eine andere! Noch!)

Die Mehrheitssituation ist eine andere.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Immer genau bleiben!)

Darauf gehe ich nachher auch ein, auf den Koalitionsvertrag, und genau den Punkt spreche ich an, ganz genau.

Wir haben ein entscheidendes Jahr dafür und wie sich das Thema „Wahlalter 16“ verhält, haben die jungen Menschen ein Stück weit, zumindest ab dem 18. Lebensjahr, am 4. September mit in der Hand.

Wir haben also einen Gesetzentwurf vorliegen, und ich gehe davon aus, dass dieser Tagesordnungspunkt vor allem für junge Menschen besonders interessant ist und diese ihn jetzt tatsächlich nicht ganz vor den Augen haben.

(Torsten Renz, CDU: Das verstehe ich nicht. Meine Eltern interessieren sich auch für das Thema.)

Also zum einen die Absenkung des Wahlalters auf 16...

Herr Renz, ich freue mich ganz doll, dass Sie sich dafür interessieren und Ihre Eltern auch,

(Marc Reinhardt, CDU: Meine auch!)

aber ich glaube, auch die haben die Beschlussvorlage nicht vor Augen.

Also zum einen fordern die GRÜNEN in diesem Gesetzentwurf die Absenkung des Wahlalters und zum anderen gehen sie in dem Antrag, der diesbezüglich ergänzt wurde, noch einmal auf ganz bestimmte Förderungsmaßnahmen ein. Ich glaube, auch die sind sehr entscheidend für die heutige Debatte.

Doch an einer Stelle weichen unser Wunsch und der inhaltliche Slogan, wofür wir stehen, ganz stark ab von dem, was Sie und auch Sie, Herr Innenminister, hier in der Begründung dargestellt haben. Sie reden die ganze Zeit immer nur über die Wahlbeteiligung. Ich glaube, die Wahlbeteiligung allein kann nicht das Ziel sein, sondern tatsächlich die stärkere Einbeziehung junger Menschen in politische Entscheidungsprozesse und eine stärkere Wahrnehmung dieser, denn ansonsten haben die jungen Leute auch ein Stück weit das Gefühl, Mittel zum Zweck zu sein und vielleicht etwas zu korrigieren, wo andere Altersgruppen gewisse Defizite haben. Sie sind darauf eingegangen. Wir haben aber an dieser Stelle eben einen anderen Ansatz.