Protocol of the Session on December 16, 2015

(Beifall Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Butzki, SPD: Das ist ja platt hier.)

Mir drängt sich dieser Eindruck auf, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Letztendlich haben Sie die Antwort auf diese Frage selbst gegeben.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Denn obwohl Sie mit diesem Haushalt hervorragende, wirklich erstklassige Rahmenbedingungen vorfinden, propagieren Sie ein nüchternes „Weiter so!“. Trotz boomender Konjunktur, trotz sprudelnder Steuereinnahmen packen Sie die Probleme des Landes nicht an. Sie propagieren ein „Weiter so!“, wo es wichtig wäre, das Land zukunftsfähig zu machen. Sie lassen die offensichtlichen Probleme des Landes liegen, wo es endlich an der Zeit wäre, nach zukunftsfähigen Lösungen zu suchen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Donnerwetter!)

Sie regieren an den Menschen vorbei, wo es dringend erforderlich wäre, sie einzubeziehen und mitzunehmen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Meinen Sie das wirklich so? – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Und Sie verpassen, …

Das meine ich sehr, sehr ehrlich und sehr, sehr aufrichtig, Herr Ringguth.

… Sie verpassen die Chance für eine visionäre, mutige und kreative Politik.

(Michael Silkeit, CDU: So wie die GRÜNEN.)

Mehr als deutlich wurde das übrigens bereits im Oktober bei der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

An Altem festhalten – wenig engagiert und wenig ambitioniert

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Das Einzige, was fehlt, ist Ihr Konzept.)

propagierte der Ministerpräsident auch heute ein „Weiter so!“. Seinerzeit machten Sie das in zehn Punkten deutlich, und zwar, dass CDU und SPD nicht vorhaben, irgendetwas zu verändern. Dabei lassen Sie die tatsächlichen Probleme des Landes einfach außen vor. Ich möchte das exemplarisch an einigen Punkten deutlich machen.

Nehmen wir die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, gerade vom Ministerpräsidenten als prioritärer Arbeitsbereich oder Politikbereich definiert. Sie haben erklärt, Sie wollen weiter gezielt auf die Zukunftsbranchen setzen. Sie wollen eine Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik betreiben, die konsequent auf den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet ist,

(Egbert Liskow, CDU: Das ist ja auch richtig.)

und Sie haben gesagt, wir wollen dabei niemanden zurücklassen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es war bezeichnend –

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

sowohl im Oktober als auch am heutigen Tage –, dass Sie dabei mit keinem Wort auf die Menschen eingegangen sind, die seit vielen Jahren händeringend nach Arbeit suchen. Auch mit diesem Haushalt lassen Sie die Langzeitarbeitslosen im Regen stehen. Mehr als 30.000 Menschen – der Arbeitslosenverband spricht von bis zu 60.000 Menschen –, die derzeit nur in Weiterbildungsmaßnahmen geparkt sind, sind in unserem Bundesland davon betroffen. Kein Lösungsansatz der Regierung zur Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit in den letzten vier Jahren, kein Ansatz für einen sozialen Arbeitsmarkt! Sie nehmen die Perspektivlosigkeit von mehr als 30.000 Langzeitarbeitslosen billigend hin und Sie tragen zu einer sozialen Ungerechtigkeit bei, die bei einem so reichen Land wie Deutschland und einem Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern keine Akzeptanz finden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren, weil vorhin vom Verfassungsschutz die Rede gewesen ist – in der Tat ist es gerechtfertigt, dass mein Kollege Johannes Saalfeld im Innenausschuss darauf hingewiesen hat, dass es von unserer Seite kein Verständnis dafür gibt, dass es auf der einen Seite kein Geld für die dringende Integration von Arbeitslosen gibt, aber auf der anderen Seite wird der Verfassungsschutz mit als einziger Bereich massiv aufgestockt, was die Personalstellen angeht.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Und wenn wir jetzt nach Baden-Württemberg gehen, lieber Kollege Kokert,

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

dann werden Sie vermutlich am Wochenende zur Kenntnis genommen haben, dass sehr wohl in dem von Winfried Kretschmann – der ist übrigens schon mal vom Verfassungsschutz überwacht worden in den 70er-Jahren –,

(Torsten Renz, CDU: Das wird seine Gründe gehabt haben. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

dass Winfried Kretschmann mit...

Er hat sich aber zu einem ganz guten Ministerpräsidenten entwickelt, finde ich.

(Torsten Renz, CDU: Joschka Fischer werden sie wahrscheinlich auch überwacht haben.)

Aber das ist die Zielsetzung der GRÜNEN-Partei auch in Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und es ist selbstverständlich, so weit wie möglich – so steht es dort im Parteiprogramm drin und das ist auch unsere Position – auf den Einsatz von V-Leuten zu verzichten. Das ist die richtige Position, sehr geehrte Damen und Herren, angesichts der Skandale, die wir in den letzten Jahren erlebt haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Deswegen wollen Sie den Verfassungsschutz komplett streichen?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Oder nehmen wir...

Das mit dem kompletten Streichen habe ich nicht gesagt, Herr Kokert,

(Vincent Kokert, CDU: Ja, das haben Sie beantragt. – Heinz Müller, SPD: Was ist denn mit dem Verfassungsschutz als solches? – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wird auch sehr deutlich werden, wenn wir bei der Frage zum Landesverfassungsschutzgesetz oder bei der Novellierung eine differenzierte Position unserer Fraktion hier im Hause erleben.

(Heinz Müller, SPD: Abschaffen oder differenzieren? – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, nehmen wir das wichtige Thema Infrastruktur. Sie haben in Ihrer Regierungserklärung darauf verwiesen, wie wichtig der Ausbau der Infrastruktur in Mecklenburg-Vorpommern für die Zukunftsfähigkeit des Landes sei. Ich kann das als pauschale Aussage nur unterstreichen. Wer nun aber erwartet hat, dass Sie sich zumindest teilweise mit dem unzureichenden Bahnangebot auseinandersetzen, den haben Sie hier heute erneut – im Oktober schon mal – bitter enttäuscht. Ihr Infrastrukturausbau – zumindest war das nur Gegenstand Ihrer Ausführungen – reduziert sich auf

die Verlängerung der A 14 in Richtung Magdeburg und auf die B 96n auf Rügen. Kein Wort zum öffentlichen Nahverkehr, ganz im Gegenteil: Das Land hortet mehr als 40 Millionen Regionalisierungsmittel und streicht gleichzeitig Projekte wie die Südbahn und bald wohl auch die Bahnverbindung zwischen Stralsund und Barth.

Sie nehmen einfach hin, dass seit wenigen Tagen deutlich längere Fahrtzeiten durch die Bahnnutzer hingenommen werden müssen, Umstiege mit Wartezeiten von fast einer Stunde in Kauf genommen werden müssen und dass so das Bahnangebot noch viel unattraktiver wird. Pendler und Nutzer der Bahn werden durch die Landesregierung stiefmütterlich behandelt. Es ist ein Fakt, dass die Schiene mit ihrem Angebot immer mehr eingekürzt und immer unattraktiver wird. Sie ignorieren dabei, dass ein attraktives Bahnangebot ein wichtiger Standortfaktor für unser Bundesland ist. So geht moderne Verkehrspolitik in diesem Land nicht, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei der Infrastruktur kann ich gleich weitermachen. Da wurde ja groß gesagt, das Land engagiert sich in immens großartiger Weise beim Breitbandausbau. Der Ministerpräsident erklärte, dass der Ausbau von großer Bedeutung sei, und es wurden stärkere Anstrengungen der Landesregierung angekündigt – bereits im Oktober.

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn die stärkeren Anstrengungen der Landesregierung beim Breitbandausbau sich darauf reduzieren, die Bundesmittel durchzureichen und lediglich zu kofinanzieren, dann ist das aus unserer Sicht in der Tat bei Weitem nicht ausreichend. Wir haben Ihnen Vorschläge gemacht, wie man diese Finanzierungslücke – der Städte- und Gemeindetag hat sie mit 1 Milliarde Euro definiert – schneller schließen kann, aber Sie waren für diese Änderungen nicht aufgeschlossen.

Sehr geehrte Damen und Herren, für die Zukunftsfähigkeit des Landes ist eine flächendeckende Breitbandversorgung immens wichtig. Nur sie trägt dafür Sorge, dass sich junge und kreative Unternehmen auch im ländlichen Raum ansiedeln können. Das ist ausdrücklich ein Zukunftsthema, aber es ist nicht nur ein Zukunftsthema für die Ansiedlung von Unternehmen, es ist auch ein Zukunftsthema für die Entwicklung des ländlichen Raumes. Wir dürfen keine Anstrengungen unterlassen, um uns hier viel umfassender zu engagieren, als dies die Landesregierung bis zum heutigen Datum vorhat.

Andere Themen sprechen Sie gar nicht erst an. Nehmen wir den Klimaschutz. Nun sollte man nicht erst seit der UNKlimakonferenz in Paris annehmen, dass selbst diese Landesregierung das Thema Klimaschutz als Zukunftsthema erkannt haben könnte. Da sind übrigens – anders wird das nicht funktionieren – auch die Bundesländer gefordert. Wenn Sie in der Erklärung des Ministerpräsidenten danach suchen – ich habe nicht mitbekommen, dass das in irgendeiner Form angesprochen worden ist, Fehlanzeige! Wenn Sie im Entwurf des Haushalts suchen – Einsparungen, Energieberatungskonzepte, die Förderung von Klimaschutzprojekten in den Kommunen, die Förderung der Energieeffizienz scheinen in der Landesregierung keine oder zumindest nur eine untergeordnete Bedeutung zu haben.

Sie verzichten darauf, in den Förderprogrammen des Landes auch nur ansatzweise einen Schwerpunkt für den Klimaschutz zu setzen. Auch hier gilt ein schlichtes „Weiter so!“ – so, als wenn Sie die globalpolitische Diskussion gar nicht interessiert. Die Welt redet von Klimaschutz, für die Landesregierung scheint dies kein Thema zu sein.