Protocol of the Session on November 19, 2015

Wenn es um diese Missverständnisse und diese Kakofonie auf Bundesebene geht, bin ich der Überzeugung, das muss auch mal beendet werden, weil es um Geschlossenheit und Entschlossenheit in dieser Frage geht. Ich plädiere ausdrücklich für den zweiten Weg.

Wenn die Bundeskanzlerin beim 25-jährigen Geburtstag der CDU-Fraktion deutlich macht, dass es darum geht, die europäischen Außengrenzen dicht oder sicher zu machen, dann ist es zwar ein schöner Appell, aber ich sehe das noch nicht, weil die Flüchtenden werden nicht fragen, welches Grenzregime existiert, sie werden sich Wege suchen, um den Schutz zu finden, den sie brauchen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig. – Udo Pastörs, NPD: Und sonst mit Gewalt.)

Reden wir also über den zweiten Weg, über den ich gesprochen habe. Natürlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, Einwanderung zu ermöglichen. Ich rede ausdrücklich darüber, dass Einwanderung ermöglicht werden muss.

(Udo Pastörs, NPD: So ein Blödsinn.)

Da gibt es auf der einen Seite die Menschen, die sich in Not befinden, die tatsächlich um ihr Leben rennen. Das ist Kriegsflucht und Asyl. Diese sind willkommen und diese sollen auch in einem geordneten Verfahren ihre Zukunft in Deutschland finden.

(Udo Pastörs, NPD: Was ist mit den 300 Millionen Hungernden?)

Natürlich gilt für diese wie auch für viele andere –

(Udo Pastörs, NPD: Was ist mit den 300 Millionen Hungernden?)

das ist mein zweiter Punkt –, wie man nach Deutschland kommen kann. Familiennachzug ist nach meiner Auffassung einfach eine logische Kette aus solchen Entwicklungen.

Dann müssen wir auch über legale Zuwanderung reden. Alle Parteien in Deutschland reden darüber, dass wir sechs Millionen Fachkräfte in der nächsten Zeit benötigen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Niemand hat bisher darüber geredet, wie legale Zuwanderung für diese Menschen hier ermöglicht werden soll. Da gibt es wieder zwei Möglichkeiten:

(Udo Pastörs, NPD: Wir hatten doch die Greencard.)

Die einen, die ausschließlich zur Arbeitsaufnahme herkommen wollen, bitte schön, da sage ich auch, die sollen nachweisen, dass sie einen Arbeitsvertrag, einen Arbeitsplatz in Deutschland haben, und dann sollen sie legal nach Deutschland einwandern.

(Udo Pastörs, NPD: Die wollen aber nicht.)

Die Zweiten, das sind diejenigen, die sich aus freien Stücken, nicht aufgrund von Not und aus Kriegsursachen, entscheiden, ich will nicht mehr in meinem Heimatland leben, sondern ich möchte in Deutschland leben. Bitte schön, sollen sie kommen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Da bin ich aber der Meinung, wir sollen auch legale Einwanderung ermöglichen können.

(Udo Pastörs, NPD: Mein lieber Mann!)

Das kann man auch entsprechend gesetzlich regeln.

(Udo Pastörs, NPD: Lasst die Kindlein zu mir kommen.)

Wenn wir genau über diese verschiedenen Gruppen reden bei den Flüchtenden, die heute zu uns kommen,

also die erste Welle, die zweite Welle und die dritte Welle, wie der Städte- und Gemeindetag sagt, also diejenigen der ersten Welle, die hier ankommen und auch in den letzten Monaten in den Erstaufnahmeeinrichtungen und in den Notunterkünften zu Hause waren, dann sind das diejenigen, die auf die Kommunen verteilt werden und die in den Wohnungen nach den entsprechenden Gesetzen – sechs Quadratmeter, minimalistische Ausstattung – wohnen werden, vollkommen richtig. Das ist die gesetzliche Vorschrift, die kann man kritisieren, darum geht es mir jetzt auch gar nicht. Das ist die erste Gruppe, die wir aufnehmen.

Dann gibt es die zweite Welle, den Familiennachzug. Das heißt, diese werden genauso über die Verwaltungsstrecke, die Herr Sellering beschrieben hat, hier aufgenommen werden. Gott sei Dank haben sich die Notunterkünfte ein Stück geleert. Zumindest ich bekomme hier jeden Tag die Information vom Innenminister, wie viel Flüchtlinge sich aktuell in Mecklenburg-Vorpommern befinden.

Ja, und dann geht es um die Entscheidung über den Status. Jetzt erhalten die Flüchtenden einen Status. Sie müssen damit automatisch diese Unterkunft – ich rede nicht über die Erstaufnahmeeinrichtung, sondern über die Wohnung mit dieser minimalistischen Ausstattung –, diese Wohnung verlassen, denn mit einem Status werden sie ins SGB II, nach Hartz IV, landläufig genannt, eingestuft. Das heißt, sie haben genau die Möglichkeiten, die jede andere Bürgerin oder jeder andere Bürger in Deutschland hat, der nach dem Sozialgesetzbuch II Leistungen bezieht und eine Wohnung beanspruchen kann, die nach den Kosten der Unterkunftsregeln entsprechend finanziert wird.

Deswegen halte ich die Diskussion, die in MecklenburgVorpommern, vielleicht auch in Deutschland, geführt wird darüber, dass wir Wohnungen, die leer stehen, alle Wohnungen, die leer stehen, für Flüchtende zur Verfügung stellen, für falsch, weil dadurch der Eindruck entsteht, dass, wenn Wohnungen bereitgestellt werden, die für die erste Gruppe zur Verfügung stehen, also diese minimalistische Ausstattung, Bett, Tisch und einen kleinen Spind. Nein, wir müssen auch Wohnungen vorhalten für diejenigen, die dann einen Status haben und nach Hartz IV entsprechend diese Wohnungen nutzen können. Aber wir tun alles …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das machen aber die Kommunen.)

Genau, das machen die Kommunen, Herr Nieszery, vollkommen richtig.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die kriegen ja dafür auch ein bisschen Geld von uns.)

Deswegen, Herr Sellering, ist es richtig, dass man beschreibt, wie viel Geld auch eins zu eins an die Kommunen weitergereicht wird. Das betrifft die erste Gruppe, die noch keinen Status hat.

Die zweite Gruppe, und darüber muss man sich mal im Klaren sein: Der Flüchtende und seine Familie erhalten heute den Status, in Mecklenburg-Vorpommern leben zu können, wenn sie sich denn dafür entscheiden, hierzubleiben. Das andere hat der Ministerpräsident beschrieben, das muss ich nicht wiederholen. Er bekommt jetzt

eine Wohnung, wenn denn am Wohnungsmarkt Wohnungen zur Verfügung stehen.

(Udo Pastörs, NPD: Na klar, damit die Mieten hochgehen für die Deutschen. – Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Und das sieht dann …

Herr Pastörs, Sie wissen doch auch, dass das in Schwerin ganz anders aussieht als beispielsweise in Rostock. Hier haben wir einen Leerstand

(Udo Pastörs, NPD: Aber in Rostock nicht.)

von über 18 Prozent.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Jeder weiß das. – Martina Tegtmeier, SPD: Der weiß gar nichts. – Peter Ritter, DIE LINKE: Der erzählt nur dummes Zeug.)

Rostock hat de facto, Greifswald und andere Orte haben de facto gar keinen Leerstand. Das heißt also: Gibt es überhaupt am Wohnungsmarkt entsprechende Wohnungen nach den Kriterien, die diesen Menschen angeboten werden können? Aber die Wohnungen sind nicht möbliert und sind nicht ausgestattet.

(Udo Pastörs, NPD: Na ja, gut, das kann man ja auch noch finanzieren.)

Das wird ja auch finanziert, wenn Sie sich in der Sozialgesetzgebung ein Stück auskennen würden. Das Problem besteht bloß darin, dass diese Menschen, die bisher in den anderen Wohnungen, also in der Gruppe eins gewohnt haben, nicht von heute auf morgen in eine andere Wohnung umziehen können, weil sie nämlich Möbel und entsprechendes Inventar für die Wohnung benötigen. Auch das, und das hat Herr Nieszery richtig dazwischengerufen, ist Aufgabe der Kommunen. Selbstverständlich ist das Aufgabe der Kommunen! Diese dürfen aber auch in dieser Frage nicht alleingelassen werden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das machen wir auch nicht.)

Deswegen, Herr Nieszery, will ich Ihnen sagen, diese unsägliche Debatte, die wir hier in diesem Landtag, hier im Plenarsaal und auch in den Ausschüssen geführt haben zu einem Wohnungsbauprogramm, zu einem Modernisierungsprogramm – doch, doch, doch, lieber Norbert –,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Jetzt reichts!)

ich fand sie unsäglich und ich fand sie auch einfach schlimm.

Wir haben hier einen Antrag gestellt, entsprechend ein Wohnungsneubauprogramm für Sozialwohnungen aufzulegen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ist das passiert jetzt, oder nicht?)

Sie haben das abgelehnt! Wir haben im Ausschuss entsprechende Anträge gestellt,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wird sozialer Wohnungsbau finanziert in diesem Land, ja oder nein?)

Sie haben das abgelehnt unter dem Motto: Herr Holter, LINKE, warten Sie mal, warten Sie mal ab, wir kommen noch!