Jetzt würde ich aber gerne noch mal auf das zurückkommen, was mich auf die Ostseeparlamentarierkonferenz geführt hat. Wie Sie wissen, beschäftigen wir uns im Land im Rahmen der Enquetekommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ mit dem Thema, wie können wir Partizipation und Teilhabe von älteren Menschen und deren Versorgung in unseren zunehmend ländlich peripheren Gegenden von Mecklenburg-Vorpommern sicherstellen. Das ist aber nicht nur ein Thema für uns in Mecklenburg-Vorpommern, sondern vielen Ländern in der Ostseeregion geht es ähnlich: Eine zunehmend ältere Bevölkerung, ländlich periphere Räume, und die Frage ist, wie lässt sich die Versorgung sicherstellen. Deswegen haben wir im Rahmen des Antrages einen Punkt eingebracht, dass man den demografischen Wandel und die Versorgung von Menschen auch in peripheren Räumen zum Thema macht und dass man Strategien entwickelt, wie man da weiterkommt.
Wenn man sich den Verlauf der Ostseeparlamentarierkonferenz anguckt, gibt es ein paar Punkte, die man herausarbeiten muss. Es gibt auf der einen Seite Punkte, wo man sagen kann, das entwickelt sich in Richtung Wirtschaft, und es gibt andere Punkte – die sind uns ganz wichtig –, die entwickeln sich in Richtung Versorgung, und beidem müssen wir nachgehen. Beidem müssen wir nachgehen!
Auf der einen Seite haben wir ganz konkrete Forderungen in der Resolution und auf der anderen Seite sind Punkte aufgenommen worden, wo man einfach merkt,
dass alle noch in irgendeiner Form in Bewegung sind, und das gilt sicherlich auch für das Thema demografischer Wandel. Deswegen halte ich es für sehr, sehr wichtig, dass der Punkt aufgenommen wurde, aber noch wichtiger, finde ich, ist es, darauf hinzuwirken, dass diese Themen auch weiter bearbeitet werden. Denn zu sagen, wir müssen Strategien entwickeln, ist nur der erste Schritt, man muss dann auch dazu kommen, dass man diese Entwicklung aufgreift. Ich würde es für uns als sehr wichtig empfinden, wenn wir uns daran im Rahmen unserer Möglichkeiten und im Rahmen unserer Kompetenzen entsprechend beteiligen,
Das müssen wir aufgreifen, das müssen wir forcieren. Und vielleicht gibt es ja über diese Schiene auch die Möglichkeit, diese Themen letztendlich in der EU weiter nach oben auf die Agenda zu bringen,
dass im Rahmen der künftigen Mittelverwendung der EUHaushalte auch diese Dinge entsprechend ausgestattet und finanziert werden können.
Ich hätte mich hier gerne noch intensiver mit dem Thema befasst, aber Sie haben gesehen, Ausfälle der NPD am Mikrofon machen es manchmal erforderlich, dass man sein Manuskript an die Seite legen und sich um die Dinge kümmern muss, die hier herausposaunt werden,
die von hinten bis vorne getürkt sind und die uns letztendlich nicht weiterführen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4644. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4644 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Aussprache gemäß § 43 Ziffer 2 der Geschäftsordnung des Landtages zum Thema „Umsetzung der Beschlüsse vom 24.09.2015 zur Asyl- und Flüchtlingspolitik“.
Aussprache gemäß § 43 Ziffer 2 GO LT zum Thema Umsetzung der Beschlüsse vom 24.09.2015 zur Asyl- und Flüchtlingspolitik
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 165 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Wochen und Monaten haben wir auf mehreren Flüchtlingsgipfeln zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der Länder wichtige Vereinbarungen getroffen zur Aufnahme von Flüchtlingen, die jetzt umgesetzt werden.
Von dem Flüchtlingsgipfel vom 24. September 2015, um den es bei dieser Aussprache geht, gingen klare Signale aus für eine Verantwortungsgemeinschaft zwischen Bund, Ländern und Kommunen mit einer angemessenen finanziellen Beteiligung des Bundes an den Lasten. Es gab das Signal für beschleunigte Verfahren, für eine schnellere Rückführung all derer, die keine Bleibeperspektive haben, vor allem aber gab es auch Signale für eine schnellere und bessere Integration derer, die unseren Schutz unbedingt brauchen und die wir bei uns gerne aufnehmen.
All das, was Bund und Länder gemeinsam beschlossen haben, setzen wir im Land jetzt um. Dazu haben wir im Kabinett eine Reihe von Maßnahmen beschlossen und wir haben gemeinsam mit der kommunalen Ebene in einem Spitzengespräch am 23. Oktober weitere konkrete Vereinbarungen getroffen. Die Aufgabe, vor der wir alle gemeinsam stehen, ist klar: Wir müssen die Aufnahme der zu uns nach Mecklenburg-Vorpommern kommenden Flüchtlinge möglichst gut organisieren, gemeinsam, Land und Kommunen gemeinsam.
Die erste Aufgabe ist nach wie vor, erst einmal dafür zu sorgen, dass die Flüchtlinge, die zu uns kommen, ein Dach über dem Kopf haben. Täglich kommen nach wie vor 200 bis 250 Flüchtlinge zu uns nach MecklenburgVorpommern. Viele von ihnen konnten wir bisher nur provisorisch in Notunterkünften unterbringen. Das ist auf Dauer unzumutbar. 300 Flüchtlinge auf Feldbetten in einer Turnhalle, das geht vielleicht für ein paar Tage, aber nicht für länger. Außerdem gebietet auch die Fairness gegenüber den Kommunen, die uns mit solchen Notunterkünften aushelfen, dass wir das nicht zur Dauereinrichtung machen. Unser Ziel ist, alle Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in gut ausgebauten Erstaufnahmeeinrichtungen unterzubringen. Unser Ziel ist, dass wir so viele Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen haben, dass wir nicht mehr allein schon aus Platznot Flüchtlinge an die Kommunen weiterleiten müssen, ohne vorher die wichtigen Schritte der Erstaufnahme getan zu haben.
Wir haben deshalb entschieden, dass das Land seine Erstaufnahmekapazitäten an den Standorten Horst, Stern
In jeder Erstaufnahmeeinrichtung soll es für die dort Zugewiesenen ein rasches, gut organisiertes Aufnahmeverfahren geben. Noch sind wir nicht so weit. Wichtig ist aber, dass wir das angestrebte geordnete Verfahren zunächst an einem Standort vollständig durchführen, dass wir es dort aufbauen und erproben und dann Stück für Stück auch in die anderen Erstaufnahmeeinrichtungen bringen.
Exemplarisch für die zukünftige Arbeit ist die neue, wir nennen das, Verwaltungsstrecke in Stern Buchholz. Dort ist auch baulich alles so eingerichtet, dass wir möglichst reibungslos arbeiten können, dass die Arbeit des Landes und des Bundes gut miteinander verzahnt ist. Ziel ist, das, was wir dort exemplarisch machen, demnächst überall, also später in allen Erstaufnahmeeinrichtungen zu tun.
Die Flüchtlinge werden dort innerhalb von wenigen Tagen registriert. Sie bekommen eine erste medizinische Untersuchung, sie werden geimpft und sie stellen ihren Asylantrag. Dieses Verfahren klärt dann möglichst rasch, wer kommt aus einem Land, aus Verhältnissen und Lebensumständen, die eine Schutzgewährung durch uns nahezu sicher erwarten lassen, und wer kommt auf der anderen Seite zum Beispiel aus einem sicheren Herkunftsland, aus einem Land, in dem die Menschen im Regelfall keine Verfolgungsmaßnahmen befürchten müssen. Alle ohne eine Bleibeperspektive hier sollen in der Erstaufnahmeeinrichtung bleiben und werden von dort aus möglichst schnell in ihre Länder zurückgeführt. Das wird die Kommunen spürbar entlasten. Das ist auf der kommunalen Ebene natürlich auf eine sehr positive Reaktion gestoßen.
Diejenigen Flüchtlinge, von denen sicher erscheint, dass wir ihnen hier Schutz gewähren und die bleiben, die werden aus der Erstaufnahmeeinrichtung auf die Kommunen verteilt. Und das, meine Damen und Herren, die Zuweisung an die Kommunen, muss in Zukunft möglichst zielgerichtet geschehen. Im Moment ist aufgrund der großen Zahl an Flüchtlingen ausgeschlossen, dass wir so weit auf jeden einzelnen Flüchtling eingehen, ihn in Gesprächen so weit schon kennenlernen, dass wir zum Beispiel entscheiden können, ist er besser in Rostock aufgehoben oder in Boizenburg.
Unser langfristiges Ziel ist es, auch für alle Fragen der Integration eine vergleichbare Bearbeitungsstrecke aufzubauen, dort Gespräche zu führen, zu Ergebnissen zu kommen, die eine bestmögliche Verteilung der Flüchtlinge garantiert. Integration ist langfristig die wichtigste Herausforderung. Wir müssen denen, die bleiben, einen Platz in unserer Mitte bieten. Das ist ein Prozess, der gar nicht früh genug begonnen werden kann bei denen, die bleiben.
Wir werden deshalb über das Sozialministerium in den Erstaufnahmeeinrichtungen Integrationsbüros aufbauen.
Dort soll schon vor der Zuweisung von Asylbewerbern an die Kommunen eng mit der kommunalen Seite, mit den Integrationslotsen vor Ort in den Kreisen und kreisfreien
Städten zusammengearbeitet werden. Langfristig wollen wir erreichen, dass schon vor der Zuweisung an die Kommunen Klarheit darüber herrscht, um welche Menschen handelt es sich, welche Potenziale bringen sie mit, welche Bedarfe haben sie.
Uns allen ist klar, der wichtigste Anknüpfungspunkt für Integration ist Arbeit. Deshalb werden die Integrations- büros auch von Anfang an eng mit den Bediensteten der Arbeitsagentur zusammenarbeiten, die bereits vor Ort sind und die ganz früh konkret erfassen, welche Ausbildung haben Menschen, haben sie schon einen fertigen Beruf, welche Fähigkeiten und Kenntnisse sind vorhanden. Dann kann früh entschieden werden, wer kann – das wird die geringste Zahl sein – sofort in den Arbeitsmarkt gebracht werden, wer braucht noch welche zusätzlichen Qualifikationen, Schulabschlüsse, Berufsausbildung, zusätzliche Qualifizierungen.
Es geht natürlich in den Integrationsbüros auch darum, zu sagen, wie sind denn die Familienverhältnisse. Wir erfassen die Zahl und das Alter der Kinder, damit wir die Bedürfnisse beim Wohnen, bei Kita, bei Schule berücksichtigen können. Das sind alles wichtige Schritte. Es geht auch darum, sehr frühzeitig zu erfahren, wer von denen, die in Deutschland aller Sicherheit nach Schutz bekommen werden in den nächsten Wochen, will wirklich bei uns im Land bleiben und wer will eigentlich woanders hin, entweder weil er Verwandte dort hat oder vielleicht sogar schon eine Arbeitsmöglichkeit.
Ich will deutlich sagen: Wenn das nicht passiert, wenn zum Beispiel eine Familie aufgenommen wird in einem Ort, gut aufgenommen wird, gut betreut wird von Ehrenamtlichen
und nach zwei Wochen kriegen sie ihre endgültige Anerkennung, ziehen dann nach München zu Verwandten weiter, was sie schon immer vorgehabt haben, dann gibt es Frustration bei allen Beteiligten. Das müssen wir vermeiden. Deshalb also der Aufbau dieser Verwaltungsstrecke zur Vorbereitung schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen.
Meine Damen und Herren, wenn wir über Integration reden, dann ist uns, glaube ich, klar, die tatsächliche Integrationsarbeit wird in den Kommunen geleistet. Wir müssen sagen, da gibt es seit Wochen, seit Monaten eine großartige Arbeit von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreise und Gemeinden,
oft mit hohen Belastungen, für manche sieben Tage die Woche. Es gibt dazu die unverzichtbare Arbeit der vielen Ehrenamtlichen, die sich unermüdlich engagieren, um die Flüchtlinge gut aufzunehmen bei uns im Land. Ich denke, wir alle sagen herzlichen Dank an alle, die sich so engagieren.