Protocol of the Session on November 18, 2015

Ums Wort gebeten hat die Abgeordnete Frau Susann Wippermann für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie meine Vorrednerin, die Ausschussvorsitzende Frau Berger, schon mitgeteilt hatte: Es war wirklich nicht leicht, zu einer Entscheidungsfindung zu kommen. In meiner Fraktion wurden auch außerhalb der Anhörung noch eine ganze Reihe von Gesprächen mit den von dem Gesetz Betroffenen geführt. An dieser Stelle möchte ich mich schon mal bei allen bedanken, die sich die Zeit genommen haben, um meinen Kolleginnen und Kollegen der SPD und mir ihre Standpunkte darzulegen.

Auch wenn ich heute sagen muss, dass nicht alles, was auf den Wunschlisten der Vertreterinnen und Vertreter der Studierenden und der Studierendenwerke stand, Eingang ins Gesetz gefunden hat, kann ich doch versichern, dass wir jedes Änderungsanliegen, wirklich jedes Änderungsanliegen, das im Laufe der Zeit an uns herangetragen wurde, sorgfältig auf Machbarkeit und Umsetzbarkeit überprüft haben. Hier möchte ich mich persönlich bei Herrn Dr. Natorp bedanken, der uns Abgeordnete im Bildungsausschuss konstruktiv und äußerst geduldig bei diesem Prozess begleitete.

Die meisten Änderungswünsche galten der Besetzung der Aufsichtsräte. Das ist verständlich, denn zwei relativ große Organe sollen nun zu einem effektiver arbeitenden, viel kleineren Gremium verschmolzen werden. In der öffentlichen Anhörung wie auch in den Gesprächsrunden danach wurde deutlich, dass die meisten Änderungswünsche darauf abzielten, die vorgesehenen Sitze einzelner Interessengruppen zu erhöhen oder mit erweiterten Möglichkeiten der Einflussnahme auszustatten. Bei der Prüfung der Änderungsvorschläge stellten wir uns die Frage: Wie kann der Vorschlag umgesetzt werden, ohne die beabsichtigte Effizienzsteigerung des neu zu bildenden Kontrollorgans zu gefährden? Innerhalb der SPDFraktion war uns dabei klar:

Erstens. An der großen Parität Studierender und Nichtstudierender gibt es nichts zu rütteln.

Zweitens. Das Gremium muss schlank bleiben, denn kleine Gruppen mit einer Stärke von fünf bis sieben Personen arbeiten am effektivsten. Diesen Zielwert haben wir mit nunmehr acht plus eins fast erreicht.

Demgegenüber standen nun die verständlichen Vorstellungen verschiedener Interessengruppen, mit möglichst vielen Mitgliedern im Aufsichtsrat vertreten zu sein. Dass das Mitglied der kommunalen Vertretung mit Stimmrecht ausgestattet sein soll, wurde einerseits in der Aussprache und in den Gesprächen schnell deutlich und hat uns überzeugt.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD: Und kam aus dem Innenausschuss.)

Und kam aus den Innenausschuss, Herr Müller sagte es bereits. Diesen Hinweis haben wir natürlich auch gleich mit aufgenommen.

… auch dass der oder die Vorsitzende des Personalrates als Stimme der Belegschaft an diesem Gremium beratend teilhaben muss, kristallisierte sich sehr deutlich heraus. Die Anzahl der nichtstudentischen Mitglieder musste daraufhin angepasst werden. Nichtstudentische

Hochschulmitglieder und außerhochschulische Mitglieder fallen nun unter den Begriff „weitere Mitglieder mit einschlägigen Fachkenntnissen“ und können mit Sachkunde zu den Beratungen beitragen.

Glauben Sie mir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Diskussionsprozess war mitunter durchaus turbulent. Die nun vorliegende Beschlussempfehlung ist das Ergebnis einer Reihe von Gesprächen und langen Diskussionen. Mit dem Änderungsantrag hat die Koalition in einigen Punkten den Gesetzentwurf geändert.

Hiermit möchte ich mich ausdrücklich beim Koalitionspartner und besonders bei dem Kollegen Herrn Liskow bedanken

(Heinz Müller, SPD: Oh!)

für die gemeinsame gute Arbeit.

(Beifall Torsten Renz, CDU – Egbert Liskow, CDU: Danke.)

Warum also haben wir uns für den einen und gegen den anderen Vorschlag entschieden? Und damit komme ich auch teilweise schon zu den Änderungsanträgen der LINKEN, die uns gerade vorgelegt wurden. Bei der Erweiterung der Aufgaben des Studierendenwerkes ging es vor allem um die Übersichtlichkeit. Dabei muss klar sein, dass nicht alle Aufgaben, die ein Studierendenwerk zu erledigen hat, explizit in dem Gesetz erwähnt werden müssen. Daher gibt es zum einen eine sehr weit gefasste Aufgabenbeschreibung und darüber hinaus werden die wichtigsten Aufgaben noch einmal hervorgehoben.

So spiegelten sich im Entwurf der Landesregierung bereits sozialdemokratische Forderungen wider, so zum Beispiel die Möglichkeit des Betriebes von Kinderbetreuungseinrichtungen. Nach der Auswertung der öffentlichen Anhörung und nach Hinweisen aus den Reihen der Studierenden haben die Koalitionspartner die soziale und psychosoziale Beratung hinzugefügt.

Die vielfach angesprochene Kreditobergrenze, um die Sonderposten zu erweitern, wie von einigen Anzuhörenden gefordert, konnten wir nicht mittragen. Durch die Aufnahme der Gewährträgerschaft des Landes, das heißt, das Land haftet für Verbindlichkeiten der Studierendenwerke, erhalten die Studierendenwerke nun künftig zinsgünstigere Kredite. Dabei kann sich die eigene Kreditaufnahme nur an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Studierendenwerkes orientieren, also an dem vorhandenen Eigenkapital. Die generelle Einbeziehung der Sonderposten würde diesem Anliegen nicht nachkommen und ist daher abzulehnen, da sich unter dem Sondervermögen auch Landesimmobilien befinden, die von den Studierendenwerken genutzt werden.

Wenn der Finanzierungsbedarf, zum Beispiel für den Bau oder die Modernisierung von Wohnheimen, aber einmal oberhalb des vorhandenen Eigenkapitals gedeckt werden muss, kann mit Zustimmung des Bildungsministeriums, Entschuldigung, des Finanzministeriums, die Kreditobergrenze überschritten werden. Das nennt man verantwortungsvolles Finanzhandeln.

(Beifall Heinz Müller, SPD, und Egbert Liskow, CDU)

Wir, die Koalitionsfraktionen, gehen mit Steuergeldern unserer Bürgerinnen und Bürger und dem Eigentum des Landes sorgsam um und wir achten auch gleichzeitig auf den Erhalt der Leistungsfähigkeit der Studierendenwerke.

Letztlich sahen die Sachverständigen noch Korrekturbedarf bei den Aufwandsentschädigungen. Deshalb kam es hier zu einer weiteren Änderung. Dass Studierende, die ja keinen Arbeitsausfall haben, von einer Aufwandsentschädigung ausgeschlossen sein sollten, überzeugte nicht. Nunmehr kann der Aufsichtsrat per Satzung die Höhe dieser Aufwandsentschädigung festlegen. Ich bin mir sicher, dass dies mit Augenmaß geschehen wird, sind diese Gelder doch aus den Beiträgen der Studierenden zu finanzieren.

Zum Abschluss meines Redebeitrages möchte ich noch Folgendes ausführen: Ich bin mir sicher, dass das vorliegende Gesetz dazu beiträgt, unsere Studierendenwerke leistungsfähig für die Aufgaben der nächsten Jahre zu machen. Das neue Studierendenwerksgesetz soll Entwicklungen wie zuletzt in Rostock verhindern. Die Zukunft wird zeigen, wie effektiv und verantwortungsvoll das neue Gremium Aufsichtsrat seine Aufgaben wahrnehmen wird. Geschäftsführungen, Aufsichtsräte und Ministerien sollen gemeinsam dafür sorgen, dass die Studierenden ein gutes Angebot mit ordentlichen Wohnheimplätzen sowie gesunden, bezahlbaren und schmackhaften Mahlzeiten erhalten, ebenso, dass die Studierenden von den Studierendenwerken bei Bedarf in besonderen Lebenslagen gut informiert, beraten und betreut werden.

Ich persönlich hoffe, dass die Studierendenwerke reichlich von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen werden, Träger von Kindertagesstätten zu sein. Das alles wird nur möglich sein, wenn alle Beteiligten ihre Aufgaben verantwortungsbewusst wahrnehmen werden. Meine Bitte daher: Handeln Sie partnerschaftlich auf Augenhöhe und verlieren Sie bei all Ihren Entscheidungen nie die größten Geldgeber der Studierendenwerke aus den Augen, nämlich die Studierenden! – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Torsten Koplin, DIE LINKE: Richtig.)

Vielen Dank, Frau Wippermann.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Koplin für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben von der Ausschussvorsitzenden Frau Berger erfahren, was die Substanz des Gesetzentwurfes ist, welche Dinge in der Zeit seit der Ersten Lesung eine Rolle gespielt haben, was uns die Anzuhörenden an Ratschlägen und Veränderungswünschen an die Hand gegeben haben und was nunmehr vorliegt. Und wir haben von Frau Wippermann erfahren, dass die SPD-Fraktion gemeinsam mit der CDU, aber vor allen Dingen die SPD-Fraktion,

(Torsten Renz, CDU: Na, na, na, na, na!)

es sich wohl nicht, …

(Torsten Renz, CDU: Na, na!)

So ist es bei mir angekommen.

… es sich nicht einfach gemacht hat mit dem Abwägen

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das machen wir nie. Das machen wir nie.)

der Änderungsbegehren auch meiner Fraktion, an der Zahl zwölf.

(Heinz Müller, SPD: Richtig. – Torsten Renz, CDU: Das ist ein normales Verfahren.)

Das will ich gern glauben, aber, Frau Wippermann, es ist nicht so sehr entscheidend, wie viel die Biene fliegt, sondern wie viel Honig sie bringt,

(Thomas Krüger, SPD: Na ja, darüber kann man auch mal diskutieren.)

oder anders ausgedrückt, nämlich mit dem großen deutschen Denker Helmut Kohl: Wichtig und entscheidend ist, was hinten rauskommt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Schöne Bilder.)

Ich finde, das, was jetzt vorliegt, muss sich an zwei Kriterien messen lassen. Das eine Kriterium ist: Was ist eigentlich mit diesem Gesetz beabsichtigt gewesen, was war Ziel des Gesetzes? Das Zweite ist: Wie sachgerecht ist mit den Ratschlägen der Expertinnen und Experten auch in eigener Sache umgegangen worden?

Es ist also sehr interessant, noch mal auf den Vortext zu schauen: Was hat die Landesregierung als Entwerfende dieses Gesetzentwurfs als Ziel benannt? Drei Dinge: Sie hat deutlich gemacht, wie grundsätzlich verschieden der Studierendenwerksgesetzentwurf gegenüber dem Studentenwerksgesetz, dem geltenden, ist, und hat gesagt, zum einen die Namensgebung, zum Zweiten die Organisation der Verwaltung – beides stimmt – und drittens – da stimmt es eben nicht – die Stärkung der Autonomie, also die Selbstverwaltung.

Ich habe noch kein Gesetz gesehen – ich habe viele Gesetze gelesen –, das eine solche Staatsnähe hat, das in diesem Falle die Anstalt öffentlichen Rechts, die moderne Dienstleistungsunternehmung Studierendenwerke, derartig an die Leine nimmt. Das Gesetz hat 18 Paragrafen. Der letzte, da geht es um das Inkrafttreten, ist eine Formalie. 17 Paragrafen sind inhaltlich geprägt. Ich habe das mal durchgezählt: Ganze 17 Bestimmungen gibt es in diesem Gesetzentwurf, die darauf abheben, welchen Genehmigungsvorbehalt es gibt, welche Dinge vom Bildungsministerium abzusegnen sind und so weiter und so fort. Das ist eine illustre Liste. Vieles ist berechtigt, vieles ist völlig überzogen.

Das Bildungsministerium hat Rechtaufsichtsrecht. Das Bil- dungsministerium hat Fachaufsichtsrecht. Das Bildungsministerium trifft Festlegungen zur Ausbildungsförderung, ja klar. Das Bildungsministerium bestimmt außerhochschulische Aufsichtsratsmitglieder. Das Bildungsministerium hat Genehmigungsvorbehalt bei diversen Beschlüssen des Aufsichtsrats – zur Satzung, zur Beitragsordnung, zur Geschäftsführung, zur Wirtschaftsplanung. Das Bildungsministerium stellt den Geschäftsführer ein, entlässt ihn oder befindet über die Weiterbeschäftigung. Das Bil

dungsministerium trifft Bestimmungen zur Wirtschaftsführung, zur Organisation und zum Rechnungswesen, also geht sogar ins Tagesgeschäft. Das Bildungsministerium entscheidet über Kreditobergrenzen. Das Bildungsministerium macht Ansagen zu außertariflichen Regelungen. Das Bildungsministerium arbeitet mit einem Beauftragtensystem. Das Bildungsministerium hat das Recht zur Ersatzvornahme zu allen Beschlüssen und Maßnahmen. Mithin: Wozu hat das Bildungsministerium nicht Einflussmöglichkeiten?

(Egbert Liskow, CDU: Das muss doch so sein. – Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Ich habe, wie gesagt, eine an so enger Leine geführte Unternehmung – wie über dieses Gesetz eingespritzt – noch nicht erlebt. Der Anspruch war die Stärkung der Autonomie. Mit Stärkung der Autonomie hat das nichts zu tun, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Da geht es jetzt nicht allein um den Vorspann im Gesetzentwurf, es geht auch – Paragraf 1 Absatz 1 Satz 1 – um die Eingangsbestimmung: Studierendenwerke im Land Mecklenburg-Vorpommern sind „rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung“. Wie weit diese Selbstverwaltung noch ausgeübt werden kann, kann sich jeder angesichts der Liste der Bestimmungen, die ich gerade aufgezählt habe, die im Übrigen nicht abschließend ist, selber ausrechnen.