Meine sehr geehrten Damen und Herren, die GRÜNENFraktion im Bundestag hat vor zwei Wochen einen ähnlichen Antrag mit Blick auf die Bundesebene eingebracht.
Dieser wurde einstimmig in die Fachausschüsse des Bundestages überwiesen. Und ich freue mich, dass Bundesbildungsministerin Johanna Wanka am vergangenen Freitag angekündigt hat, zahlreiche ihr vorgeschlagene Verbesserungen zeitnah umsetzen zu wollen. Natürlich hat Frau Wanka nicht alles eins zu eins übernommen. Damit muss man als Opposition rechnen und leben, aber es ist gut, dass wir GRÜNEN da etwas mit auf den Weg bringen konnten und dass es einen produktiven Austausch zwischen Opposition und Regierung gab. Ich denke, das wird diesem wichtigen Thema auch gerecht, und es würde mich freuen, wenn wir zu diesem Antrag hier eine ähnlich konstruktive Debatte führen könnten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch Mecklenburg-Vorpommern hat bekanntlich in den vergangenen Monaten viele Flüchtlinge aufgenommen. Unter ihnen sind Menschen mit den unterschiedlichsten Bildungshintergründen. Bisher lag der Fokus der politischen Debatte vor allem darauf, Kinder und Jugendliche so schnell wie möglich in Kitas und Schulen aufzunehmen und dafür vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen. Das ist auch völlig richtig so. Das ist auch eine dringende Aufgabe. Und wir können und müssen auch weiterhin diese wichtige Aufgabe weiterverfolgen.
Es gibt unter den Geflüchteten nicht nur Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter, sondern auch junge Menschen, die über die Hochschul- und Fachhochschul- reife verfügen.
Manche befanden sich vor ihrer Flucht bereits in einem Studium, andere haben schon einen ersten akademischen Abschluss erreicht, streben vielleicht einen Master an, vielleicht sogar ein Promotionsstudium.
Und es gibt Fachkräfte unter ihnen, die bereits über einen akademischen Berufsabschluss verfügen und nur noch eine begrenzte Nachqualifikation brauchen, um diesen Abschluss zum Beispiel hier als Ingenieur auch bei uns anerkannt zu bekommen. Hier könnten auch die Hochschulen helfen.
Niemand kann zurzeit genau sagen, wie hoch die Zahl der Menschen bei uns ist, die für die Hochschulen in Betracht kommen. Schätzungen reichen hier von 15 bis 30 Prozent Abitur- und Akademikerquote unter den Flüchtlingen. Es gibt sie auf jeden Fall und das ist unser Ansporn zu handeln. Und wir wollen, dass sie ihre Bildungspotenziale so schnell wie möglich bei uns entfalten können. Das ist gut für die Integration, das ist gut für die Vielfalt an den Hochschulen und es ist natürlich auch gut für Mecklenburg-Vorpommern,
denn es ist selbstverständlich besser, wenn sich Menschen ihren Fähigkeiten und Interessen entsprechend bilden können, anstatt tatenlos in Flüchtlingsunterkünften warten zu müssen. Und nicht zuletzt kann MecklenburgVorpommern in vielen Bereichen schon jetzt zusätzliche Fachkräfte gebrauchen.
Wenn Syrerinnen und Syrer sich nach dem Ende des Bürgerkrieges entschließen, wieder in ihre Heimat zurückzukehren,
dann wird eine gute Ausbildung für den Wiederaufbau des Landes ebenfalls eine sinnvolle Grundlage sein, denn Syrien braucht dringend Ingenieure, Ärzte, Richter, Lehrer und, und, und, wenn dort der Wiederaufbau gelingen soll.
Wir schlagen mit dem Antrag daher eine Reihe von Maßnahmen vor. Dabei möchte ich ausdrücklich betonen, die Hochschulen haben bereits manches auf den Weg gebracht. Ich denke da an die Möglichkeit des Gasthörerstatus, zum Beispiel an der Universität Rostock. An Beratungsleistungen für Flüchtlinge denke ich hier, an viele persönliche Initiativen von Hochschulangehörigen, aber auch an die Bereitschaft zahlreicher Professorinnen und Professoren, Prüfungen, Hausarbeiten und Referate für diejenigen zu verschieben, die sich ehrenamtlich für die Geflüchteten engagieren.
Dafür möchte ich allen Beteiligten auch einmal meinen herzlichen Dank von dieser Stelle aus aussprechen.
Wir glauben aber auch, dass aus den vielfältigen und zum Teil spontan erfolgten Einzelmaßnahmen nun ein gemeinsames Konzept, ein Willkommenskonzept,
so könnte man es nennen, der Hochschulen und des Landes werden sollte. Nicht an jeder Hochschule muss das Rad neu erfunden werden, sondern wir brauchen eine ordentliche Koordination und auch eine entsprechende Finanzierung.
Wir als Bündnisgrüne sehen hier Land und Landesregierung natürlich auch in der Pflicht. So, wie in den Schulen völlig zu Recht zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer für den Deutschunterricht angestellt werden, sollten auch an den Hochschulen zusätzliche Studienkapazitäten geschaffen werden. Das Gleiche gilt für zusätzliche Sprachkurse, für Studienkollegs, aber auch für die soziale und psychosoziale Beratung.
Das Land hat den Hochschulen für Integrationsbemühungen bereits 100.000 Euro jährlich zur Verfügung gestellt. Das finden wir richtig und wichtig. Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dafür ist natürlich kein zusätzliches Geld in den Hochschulbereich geflossen. Es gab da eine Umschichtung.
Aber um die Kommastellen brauchen wir uns hier auch nicht zu streiten. Ich denke, das war eine richtige und sehr schöne Initiative vom Bildungsminister Brodkorb.
Nötig ist auch organisatorische Unterstützung. In Rostock gab es zum Beispiel Geflüchtete, die zwar zügig einen Gasthörerstatus an der Universität erhalten hatten, aber dann Kommunen zugewiesen wurden, bei denen weit und breit keine Hochschule mehr in der Nähe war. Das ist natürlich noch keine Tragödie. Die Leute sind ja auch clever und mobil, aber es verschlechtert ohne Not die Integrationschancen. Oder um es mal positiv zu formulieren: Manchmal können schon relativ kleine Änderungen, kleine Unterstützungen, zum Beispiel bei der Verteilung der Menschen im Land, dabei helfen, dass bestimmte Probleme gar nicht erst entstehen.
Meine Damen und Herren, nicht alle Herausforderungen bei der akademischen Integration von Flüchtlingen sind allein auf Landesebene zu bewältigen, sage ich ganz klar, aber wir haben hier einige Möglichkeiten. Wir wissen, es gibt an den Hochschulstandorten, vor allem in Rostock und Greifswald, einen eklatanten Mangel an preiswertem Wohnraum und an Studentenwohnheimen, auch weil die Landesregierung seit Jahren hier nicht besonders aktiv war, um es mal vorsichtig auszudrücken.
Wir haben heute Morgen schon gehört, dass der beste Wirtschaftsminister, den das Land zurzeit hat, hier ein Förderprogramm auflegen möchte,....
… dass er hier ein Förderprogramm auflegen möchte. Wir werden uns das genau anschauen, aber es wäre natürlich schön gewesen, wenn wir das Förderprogramm schon früher gehabt hätten, dann wäre die Not für Ein
heimische wie für Geflüchtete gleichermaßen nicht so groß. Und wir müssen für beide – einheimische Studierende und Studierende mit Fluchthintergrund, Migrationshintergrund – gleichermaßen diese Wohnungsnot lösen.
Wir schließen uns auch der Forderung der GRÜNENBundestagsfraktion an, die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau auf insgesamt 2 Milliarden Euro aufzustocken. Hier muss das Land auf die Bundesebene einwirken und dringend die Forderungen adressieren.
Außerdem wollen wir, dass sich die Landesregierung im Bundesrat dafür starkmacht, dass Flüchtlinge früher BAföG-Leistungen beantragen können.
Ministerin Johanna Wanka hat am Freitag angekündigt, dass Flüchtlinge künftig statt nach vier Jahren bereits nach 15 Monaten BAföG beantragen können,
im Übrigen nach der Initiative der GRÜNEN-Bundes- tagsfraktion. Ich denke, das ist schon ein großer Fortschritt. Wir halten allerdings diese Frist,
ja, diese Frist halten wir allerdings immer noch für ein bisschen zu lang. Denn wie soll ein Flüchtling das erste Studienjahr allein finanzieren? Das ist eine unnötige Hürde meines Erachtens, und wir müssen ja so oder so schauen, dass die Personen, so sie ihren Aufenthaltsstatus hier haben, hier über die Runden kommen und ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Und ob sie das dann über entsprechende Sozialgesetzgebungsmittel machen oder über das BAföG, da können wir uns leidlich hin und her streiten,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, so, wie das Land zusätzliche Kapazitäten mitfinanzieren muss, gilt das natürlich auch für den Bund. Wenn sich spürbar mehr Geflüchtete an den Hochschulen einschreiben, dann muss auch über eine Aufstockung der Hochschulpaktmittel des Bundes gesprochen werden. Ich denke, das ist eine logische Forderung. Deswegen soll die Landesregierung die Bundesregierung auffordern, die Hochschulpaktmittel anzupassen und aufzustocken. Diese Forderung finden Sie bei uns im vorliegenden Antrag.