Protocol of the Session on October 22, 2015

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gleichzeitig soll ein solches Cannabiskontrollgesetz die Prävention stärken. Sämtliche Produkte müssen zum Beispiel auch mit Packungsbeilagen versehen werden, wie sozusagen Dosierung und Wirkung funktionieren oder wie Vorsichts- und Notfallmaßnahmen aussehen.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Warnhinweise müssen angebracht werden und, und, und.

Sie merken aber, dieses Cannabiskontrollgesetz kann man nur von der Bundesebene aus steuern beziehungsweise von der Bundesebene aus erlassen. Warum stehe ich dann heute hier vor dem Parlament

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, das weiß ich auch nicht.)

in Mecklenburg-Vorpommern?

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Michael Andrejewski, NPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wir im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern können etwas tun.

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU – Udo Pastörs, NPD: Cannabisfachgeschäft verlangen! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wir haben nämlich momentan die absonderliche Situation, dass, wenn Personen mit geringen Mengen aufgegriffen werden, weil sie sie besitzen oder weil sie sie konsumieren …

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Hat man Sie auch schon mal erwischt? – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Nein, Herr Pastörs, das kann ich Ihnen gleich sagen: Ich konsumiere das nicht.

(Udo Pastörs, NPD: Ach so!)

Aber es ist eine hohe Anzahl von Personen, ich hatte es gerade gesagt: 100.000 Menschen pro Jahr in Deutschland. Das ist eine erhebliche Zahl.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wenn Sie das nach dem Königsteiner Schlüssel umlegen, sind das 2.000 Fälle in Mecklenburg-Vorpommern.

(Heiterkeit und Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Wir haben die absonderliche Situation, dass Menschen, die wegen Besitzes oder wegen des Konsums von geringen Mengen aufgegriffen werden, derzeit das volle Ermittlungsverfahren über sich ergehen lassen müssen,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

weil es nach Betäubungsmittelgesetz ein Straftatbestand ist. Und jetzt passiert Folgendes: Nachdem die Polizei alles sauber ermittelt hat, möglicherweise sogar Durchsuchungen durchgeführt, Anhörungen und Vernehmungen vorgenommen hat und, und, und, also alles, was zu diesem Katalog gehört, kommt die Staatsanwaltschaft und sagt, das verfolgen wir nicht weiter,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Keine Volksverhetzung!)

weil keine Fremdgefährdung vorliegt und weil kein öffentliches Interesse vorliegt, weil sozusagen der Straftatbestand zu geringfügig ist, um das ernsthaft weiter zu verfolgen. Und dann geht die gesamte Ermittlungsarbeit mit dem Ermittlungsstand de facto in den Papierkorb.

Das, meine Damen und Herren, muss nicht sein. Diese unsinnige Bürokratie auf dem Rücken unserer Polizeibeamten muss nicht sein.

(David Petereit, NPD: Dann sollte die Staatsanwaltschaft das mal einstellen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat 1994 geurteilt, dass das Verbot von Cannabis nur dann nicht gegen die Verfassung verstößt,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

wenn geringfügige Mengen – wenn man sie besitzt oder konsumiert – nicht automatisch zur Strafverfolgung führen.

(Udo Pastörs, NPD: Ach so!)

Deswegen ist die geringe Menge in Deutschland überhaupt erst eingeführt worden. Das war sozusagen ein Erfordernis, das aus einem Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1994 herausgekommen ist.

Nun ist die Frage: Wie definiert man denn die geringe Menge? Und da leiden Polizei und die Staatsanwaltschaften bundesweit, denn es gibt keine einheitliche Definition. Einige Bundesländer sagen 5 Gramm, die nächsten 6 Gramm, Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz sagen 10 Gramm und Berlin sagt bis zu 15 Gramm.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: 15 Gramm?!)

Im Einzelfall bis zu 15 Gramm.

(Maika Friemann-Jennert, CDU: Herr Saalfeld sagt 30 Gramm. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein Flickenteppich, ein bundesdeutscher Flickenteppich, der uns nicht weiterhilft.

(Heiterkeit und Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wichtig ist allerdings, dass es in einigen Bundesländern eine entsprechende Verwaltungsvorschrift gibt, die erstens für ihr Bundesland diese Menge klar definiert und zweitens der Polizei wie auch der Staatsanwaltschaft mit auf den Weg gibt, dass sie bei Delikten unterhalb dieser geringen Menge doch bitte nicht den ganzen Katalog der Ermittlungen lostreten sollen, sondern das auf ein Mindestmaß reduzieren sollen. Das ist der Rechtsstand in anderen Bundesländern.

(Unruhe und Heiterkeit bei Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das erspart der Polizei wie auch der Staatsanwaltschaft eine enorme Menge Arbeit. Denn ihnen ist der Rücken gestärkt und sie wissen, okay, bis zu dieser Menge muss ich nicht den gesamten Katalog von Ermittlungsmaßnahmen lostreten und ich werde als Staatsanwaltschaft oder als Polizei später nicht belangt, weil ich die Ermittlungsmaßnahmen eben nicht komplett losgetreten habe. Eine solche Verwaltungsvorschrift fehlt in MecklenburgVorpommern.

(Marc Reinhardt, CDU: Die können wir ja in Kürze erlassen.)

In anderen Bundesländern haben wir diese Verwaltungsvorschrift. Dort können wir in der Tat unsere Polizei von unsinniger Bürokratie enorm entlasten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach Angaben von Innenminister Lorenz Caffier ist die Polizei an ihrer Leistungsgrenze angekommen. Ein Konzept, mit dem sich die Arbeitsbelastung der Landespolizei reduzieren ließe, sucht man im Innenministerium jedoch vergeblich. Im Rahmen der Evaluierung der Polizeistrukturreform wurde das Thema, na ja, sanft gestreift. Offen infrage gestellt wurden damals lediglich die polizeiliche Begleitung von Großraum- und Schwertransporten sowie die polizeieigene Küche im Landesbereitschaftspolizeiamt.

Dabei ist längst eine viel weitreichendere Diskussion über die Aufgaben der Polizei im Gange. Beispielhaft möchte ich das „Kriminalpolitische Programm“ des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der Gewerkschaft der Polizei erwähnen. Darin wird gefordert, bestimmte Delikte, die momentan als Straftaten gelten, nur noch als Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, weil sie der Sache nicht mehr Herr werden. Das Recht verkommt, das ist schon verkommen.)

Das fordert im Übrigen auch der Justizsenator von Hamburg, Herr Steffen. Der sagt, lasst uns doch bitte die Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, was Cannabis anbelangt,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

als Ordnungswidrigkeiten ahnden und nicht mehr als Straftaten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Polizei und Staatsanwaltschaft könnten sich also auf schlimmere Verbrechen konzentrieren,

(Egbert Liskow, CDU: Noch schlimmere?)

wie zum Beispiel organisierte Kriminalität oder Gewalt- taten,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)