Protocol of the Session on September 24, 2015

(Torsten Renz, CDU: Aber wie lange es haltbar ist. – Egbert Liskow, CDU: Mindestens.)

sondern wie lange es mindesthaltbar ist, und es wurde in letzter Zeit noch verkürzt vonseiten der Industrie. Sie begründet das dann mit erhöhter Vorsorge. Der Handel wird auf diese Weise gezwungen, Lebensmittel, die noch völlig in Ordnung sind, aus dem Regal zu räumen, und trotz aller Infoblättchen werfen die meisten Kunden Lebensmittel weg, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten wurde.

Wenn Sie in Ihrem Antrag fordern, Lösungen auf der Lebensmittelkette so der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, dass auch andere Akteure profitieren, klingt das erst mal ganz gut. In dem Zusammenhang sollte man aber die Frage beleuchten, wer denn eigentlich davon profitiert, dass so viele Lebensmittel verschwendet werden. Wer hat ein Interesse daran, dass mehr Lebensmittel produziert werden, als konsumiert werden? Der Verbraucher kann es schon mal nicht sein, er bezahlt mit seinen Einkäufen die Waren, die weggeworfen werden, ja gleich mit. Der Landwirt kann es auch nicht sein. So, wie momentan die Preise für landwirtschaftliche Produkte in den Keller gehen, ist bei den Landwirten offensichtlich auch noch kein Mehrgewinn herausgekommen.

Wenn man sich vor Augen führt, dass das Essen, das wir in Europa wegwerfen, zweimal reichen würde – wir haben das auch vorhin schon gehört –, um alle Hungernden in der Welt zu ernähren, wird deutlich, wir brauchen keine Intensivierung der Landwirtschaft, wir brauchen keine Gentechnik. Hier sehen wir auch den Knackpunkt. Agrarindustrie, Lebensmittelkonzerne, Handelsketten, Agrochemie und nicht zuletzt Spekulanten, die mit Lebensmitteln an der Börse handeln, haben ein fundamentales Interesse, die Lebensmittelproduktion jedes Jahr zu steigern. Diese werden sich vielleicht nicht besonders konstruktiv mit an den Tisch einer zu gründenden Arbeitsgruppe setzen. Wir werden es erleben. Bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung können wir im Idealfall aber erreichen, dass davon andere profitieren als die eben Genannten, und das ist die große Chance, die sich hier bietet.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was wir auf Landesebene tun können. Unsere Ideen in dem Zusammenhang sind, wir schlagen ein verpflichtendes Schulfach vor, in dem Ernährung, vorausschauender Einkauf und Grundlagen des Kochens unterrichtet werden.

Zweitens. Es ist skandalös, dass in Deutschland Supermärkte in großem Umfang genießbare Lebensmittel wegwerfen dürfen, aber es gleichzeitig als Straftat gilt, diese Lebensmittel aus der Mülltonne wieder herauszuholen. Wer Lebensmittel aus Mülltonnen holt, kann aus meiner Sicht nicht wie ein Ladendieb behandelt werden. Lebensmittel gehören nicht in die Mülltonne. Meine Forderung ist daher, wer sie da herausholt, darf dafür nicht bestraft werden.

Drittens. Immer und immer wieder fordern wir dazu auf, regionale Produkte stärker in den Fokus zu rücken und dabei auch Direktvermarkter besser zu unterstützen. Wenn ein Landwirt bis zu 50 Prozent seiner Kartoffelernte auf dem Acker lässt, weil er sie für nicht vermarktbar hält, läuft doch etwas gewaltig schief. Ich bin überzeugt davon, dass derselbe Landwirt seine Kartoffeln als Direktverbraucher fast alle verkauft bekäme.

Wir unterstützen den Antrag der Koalition und wir stimmen auch dem Änderungsantrag der LINKEN zu. Wir sind weiterhin für eine Landwirtschaft mit mehr Klasse und weniger Masse. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU hat das Themenfeld Lebensmittelverschwendung entdeckt und hat die SPD sozusagen mit ins Boot genommen, damit hier heute ein entsprechender Antrag debattiert werden kann. Doch Lebensmittelverschwendung ist kein plötzlich auftretendes Problem, sondern in der Bundesrepublik Deutschland seit vielen Jahren bekannt.

Die „Schweriner Volkszeitung“ hat heute diesem Problem einen ganzseitigen Artikel gewidmet, aus dem ich mal kurz zitiere, Zitat: „Der Müllberg wächst: Essbare SchrumpelÄpfel oder krumme Gurken in der Tonne, untergepflügter Salat, nur weil er in Form und Größe vom Kaufideal abweicht, vernichtete Würstchen, nur weil bei schlechtem Wetter zu viel produziert worden ist – kaum etwas, was nicht im Müll landet. Der Handel wirft lieber Produkte kurz vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums weg statt sie billiger anzubieten. Bäcker bieten Brot vom Vortag gar nicht mehr an, sondern werfen es weg. Verbraucher kaufen zu viel und lagern Lebensmittel falsch. 18 Millionen Tonnen Nahrungsmittel wandern pro Jahr in die Tonne“. Und weiter heißt es dort: „Das Problem ist hausgemacht: Lebensmittel im Überfluss und zu Niedrigpreisen – das Überangebot und die ständige Verfügbarkeit vieler Lebensmittel wie Erdbeeren im Winter lassen viele Verbraucher schneller die Mülltonne öffnen.“ So ist die Realität.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Verdammte Lügenpresse!)

Was aber bislang überhaupt nicht benannt wurde, sind die Ursachen. Es ist Ihr Kapitalismus, der dazu führt, dass hier absolut im Überfluss gelebt wird. Wir haben es mit einer fortschreitenden US-Amerikanisierung Deutschlands zu tun.

Leben im Überfluss bedeutet auch immer größer werdende Lebensmittelläden, die wiederum aufgrund der

Marktmacht kleine, örtlich gebundene regionale Lebensmittelläden verdrängen. Und die Politik hat durch die Landesbauordnung und durch politische Entscheidungen vor Ort diesem Überfluss Tür und Tor geöffnet, weil sie sich auf immer größere Lebensmittelläden einrichtet und letztendlich die örtlichen kleinen Läden dadurch vernichtet. Es ist aber auch Ihre Agrarindustrie, die die Produktion nicht im Hinblick auf die Bedürfnisse und auf die Nachfrage richtet, sondern immer im Blick hat, kleinere Unternehmen vom Markt zu drängen und letztendlich sich so Konkurrenz vom Leibe zu schaffen. Das beste Beispiel ist hier die Milch. Dann sind es die großen sogenannten Player, die dafür sorgen, dass die kleinen bäuerlichen Unternehmen kaum noch Luft zum Atmen kriegen.

In den Schulen wird der Bereich Ernährung grob fahrlässig vernachlässigt. Die NPD-Fraktion hat an dieser Stelle schon häufiger mit Anträgen eingefordert, dass gerade dem Punkt Ernährung in den Schulen ein wesentlich höherer Stellenwert eingeräumt werden muss. Die Politik muss nach der Maßgabe, nach dem Motto „Regionales ist erste Wahl“ handeln und arbeiten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Es ist nämlich zum Beispiel auch nicht verständlich und mit einer vernünftigen Politik zu erklären, dass in einem Lebensmittelladen Milchprodukte von 50 verschiedenen Anbietern gehandelt werden, zum Teil aus Norditalien und anderen Regionen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nur deutsche Milch.)

Das ist Ihre Politik, die dazu führt, dass Lebensmittel vernichtet werden. Sie sind schuld.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah ja!)

Das Wort hat jetzt die Vizepräsidentin und Abgeordnete Frau Schlupp von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass die Debatte in weiten Teilen ernsthaft und sachlich geführt wurde.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Außer Herrn Köster.)

Ich habe auch weitgehend Übereinstimmung in der Problembeschreibung festgestellt. Wir sind uns ziemlich nahe, was Lösungsansätze angeht.

Und, Frau Dr. Karlowski, ich denke, unser Ansatz und unser Antrag ist so, dass er sich öffnet für die Debatte, für gute Vorschläge. Von daher, denke ich, ist es auch ein Antrag, hinter dem sich jeder hier versammeln kann, und ich will jetzt auch gar nicht alles wiederholen, was hier an Richtigem gesagt wurde. Wichtig ist, jeder kann etwas tun, jeder muss etwas tun, das wird gut für ihn sein und wird auch gut für die Gesellschaft sein. Wenn das einer breiteren Öffentlichkeit auch bewusst wird, dann haben wir schon ein ganzes Stück erreicht. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/4517 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. –

(allgemeine Unruhe)

Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/4517 mit den Stimmen von SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD.

(Michael Andrejewski, NPD: Wir waren dafür.)

Sie haben auch dafür gestimmt?

(Michael Andrejewski, NPD: Wir waren dafür, ja.)

Dann nehme ich das für das Protokoll zurück.

(Tino Müller, NPD: SPD hat nicht teilgenommen.)

Der Änderungsantrag wurde auch mit den Stimmen der Fraktion der NPD angenommen.

(Michael Andrejewski, NPD: SPD hat geschlafen.)

Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/4477 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. –

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Dem Antrag! Dem Antrag!)

Entschuldigung, natürlich. Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/4477 mit den Stimmen aller Fraktionen sowie den Änderungen der Fraktion DIE LINKE angenommen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Geht doch!)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Zwei-KlassenStreikrecht verhindern – Bundesratsentschließung aus Bayern ablehnen, Drucksache 6/4451.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Zwei-Klassen-Streikrecht verhindern – Bundesratsentschließung aus Bayern ablehnen – Drucksache 6/4451 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Foerster von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Streiks von Lokführern, Erzieherinnen und

Postzustellern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Servicecentern dieses Landes waren bereits im Juni Thema der Aktuellen Stunde hier im Landtag. Dabei haben wir LINKEN deutlich gemacht, dass wir jegliche Einschränkung des grundgesetzlich geschützten Streikrechts ablehnen. Streiks sind kein Selbstzweck, sondern dienen dazu, kollektive Interessen notfalls mittels Arbeitskampf durchzusetzen. Dabei geht es, wie im Grundgesetz nachzulesen ist, um die Wahrung und die Förderung von Arbeitsbedingungen.