Protocol of the Session on July 7, 2010

(Heinz Müller, SPD: Es gibt doch auch Gegenargumente. Die muss man gegeneinander abwägen. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist Ihre Meinung.)

Es wurde ein neues Argument eingeführt, Herr Müller, entgegen unseren Vereinbarungen im Innenausschuss. Es wurde das Argument der Rolle als Oberzentrum eingeführt.

(Heinz Müller, SPD: Das haben wir immer dringehabt. – Regine Lück, DIE LINKE: Immer, wie man es braucht.)

Die oberzentrale Rolle Greifswalds ist also für Südvorpommern das entscheidende Kriterium. Wenn aber das Kriterium „Rolle als Oberzentrum“ als entscheidendes Kriterium gilt, dann müsste doch eigentlich Schwerin Kreisstadt im Landkreis Südwestmecklenburg werden.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, das ist ein guter Vorschlag. – Heinz Müller, SPD: Gehört allerdings nicht zum Kreis.)

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, fachliche Argumente in ihrer Gesamtschau und ihrer Gesamtabwägung zählten für die Kreissitzentscheidung der Koalition nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Heinz Müller, SPD: Genau das haben wir gemacht.)

Genau das nicht. Gibst du mir, so gebe ich dir, lautete die Devise.

Und wie abenteuerlich muss es schon sein in einer Regierung, wenn heute noch so kurz vor ultimo der stellvertretende Ministerpräsident einen Änderungsantrag einbringt für die Kreissitzfrage und sich entgegen der Entscheidung der Koalition jetzt für Waren ausspricht?

(Toralf Schnur, FDP: Ja.)

Ich verstehe die Welt nicht mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(allgemeine Unruhe – Harry Glawe, CDU: Ludwigslust steht auch. – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, Andreas Bluhm, DIE LINKE, und Helmut Holter, DIE LINKE)

Dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren, hatte das Innenministerium, ich wiederhole,

(Toralf Schnur, FDP: Herr Backhaus übrigens auch.)

im Ersten Entwurf zur Verbandsanhörung durchaus schlüssige Kriterien für die Kreissitze dargestellt und auf dieser Grundlage Vorschläge für die Kreissitze erarbeitet.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Warum, Herr Innenminister, haben Sie sich an dieser Stelle das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen?

(Toralf Schnur, FDP: Er hat es doch nie in der Hand gehabt.)

Wiegt die Angst vor einem Plakat „HGW ade dank Sellering und Caffier“ so stark,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ja, das ist hier die Frage. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

dass Sachargumente weichen müssen und vor allem im Falle von Anklam ein weiteres Ausbluten einer ganzen Region wissentlich in Kauf genommen wird?

(Harry Glawe, CDU: Aber wir sind doch mit federführend dabei.)

Das kann doch keine vorausschauende Politik sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben die Chance, diese Fehlentscheidung zu verhindern. Die Kollegin Frau Reese und ich haben Änderungsanträge zugunsten von Anklam vorgelegt, die von meiner Fraktion unterstützt werden. Votieren Sie für Anklam und geben Sie der Region eine Chance!

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ebenso bitte ich Sie um Zustimmung zu den anderen Änderungsanträgen meiner Fraktion. Wir wollen, ich wiederhole:

den Vollzug der Reform an die nächste reguläre Kommunalwahl im Jahr 2014 koppeln, damit den Kreisen und den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern Luft zum Atmen gegeben wird.

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

Wir wollen, dass die Gleichstellungsbeauftragten mit Konstituierung, sofort mit Konstituierung der neuen Kreistage bestellt werden, damit sie sofort auf ordentlicher Grundlage arbeiten können.

Wir wollen die Altfehlbetragsumlage streichen, damit die Kommunen nicht noch für eine falsche Reform bluten müssen.

Wir wollen die Kommunalisierung der Aufgaben der bisherigen Ämter für Landwirtschaft und für Umwelt und Natur, damit die Funktionalreform wenigstens etwas Sinn bekommt.

Wir wollen für die neuen Kreistagsfraktionen hauptamtliche Unterstützung, und zwar eine solche Unterstützung, die nicht von der Haushaltslage der Kreise abhängig gemacht wird.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Und wir wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass geprüft wird, wie in den künftigen Kreisen die Arbeit der kommunalen Ausländerbeauftragten neu geregelt und gestärkt werden kann.

Zeigen Sie mit einer Zustimmung zu unseren Anträgen, dass Sie die Kritiken und Hinweise der Anhörungen und der vielen schriftlichen Stellungnahmen wirklich so ernst nehmen, wie Sie es immer gern behaupten, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Namens meiner Fraktion beantrage ich zur Abstimmung über die Kreissitze und zur Endabstimmung zu beiden Gesetzentwürfen namentliche Abstimmung. – Danke schön.

(lang anhaltender Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Sehr gut. – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Vielen Dank, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Sehr geehrter Herr Kollege Ritter, Entschuldigung, es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber ich habe selten eine so schlechte Rede von Ihnen gehört wie heute zu dem großen Thema Kreisgebietsreform.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zurufe von Gabriele Měšťan, DIE LINKE, Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Sie ist deswegen so schlecht, weil Sie nicht mit einem Wort ein Angebot gemacht haben, wie denn die Alternative aussehen soll aus Sicht der Opposition.

(Regine Lück, DIE LINKE: Dann haben Sie aber nicht zugehört. – Toralf Schnur, FDP: Wir sind hier nicht auf dem Jahrmarkt.)

Ich rede nicht über den Jahrmarkt.

Es ist einfach alternativlos. Und wer sich dieser Frage nicht stellt, der sorgt dafür, dass wir in naher Zukunft das Licht in den Kommunen ausschalten müssen.

(Toralf Schnur, FDP: Das machen die Kommunen heute schon. – Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Ein Ehrenamt im Dunkeln wird es mit den Koalitionsfraktionen nicht geben. Und deswegen stellen wir uns ganz klar dieser Frage.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Aus diesem Grund bin ich auch sehr enttäuscht über Ihre Ausführungen.