(Heinz Müller, SPD: Das ist nicht in Ordnung. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jetzt wird aber übertrieben.)
(Heinz Müller, SPD: Das entspricht einfach nicht der Wahrheit. – Toralf Schnur, FDP: Das war ausdrücklich richtig, Herr Müller.)
Weder das Leitbild noch die Leitlinien haben es im Ergebnis vermocht, die vorliegenden Gesetzentwürfe zu verhindern. Dabei muss ich auf die Abweichungen von den quantitativen Vorgaben zu Flächen und Einwohnern nicht eingehen, sie sind offensichtlich, Herr Müller. Die Forderung der Leitlinien, zur Sicherung transparenter Strukturen Landesaufgaben in der Regel auf alle Landkreise zu übertragen, wird in weniger als 50 Prozent der Fälle umgesetzt, eine Forderung der Leitlinien, die Sie beschlossen haben, wogegen Sie verstoßen mit beiden Gesetzentwürfen. Auch hier wird die Ausnahme zur Regel. Doppelstrukturen werden nicht, wie im Leitbild gefordert, abgebaut, sie werden dort, wo die große kreisangehörige Stadt zugleich Kreissitz wird, neu geschaffen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie sollten laut Leitbild Doppelstrukturen abschaffen,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Justizministerin, nach Einschätzung Ihres Hauses genügt der Gesetzentwurf zur Kreisstrukturreform den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Das gelte ausdrücklich auch für die Prüfung von Alternativvorschlägen und hier insbesondere für das alternative Verbandsmodell, auch Krüger-Modell genannt. Hier muss ich ausdrücklich widersprechen, denn hier besteht ein ganz offensichtliches Abwägungsdefizit. Sie beziehen sich in Ihrer Bewertung auf den vorliegenden Gesetzentwurf, insbesondere auf die Seiten 94 fortfolgend, und somit auch auf das Verbandsmodell.
Da jedoch dieses Verbandsmodell im Gesetzentwurf der Landesregierung gerade nicht hinreichend in die Abwägungsentscheidungen einbezogen wurde,
hat es der Innenausschuss erst auf Antrag meiner Fraktion für notwendig erachtet, zu diesem Modell am 11. Mai eine erneute Anhörung durchzuführen. Und den Grundtenor dieser Anhörung brachte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindetages Herr Thomalla auf den Punkt, den ich zitieren will. Er sagte: Das Verbandsmodell ist „nicht nur eine Alternative zum derzeitigen Aufgabenzuordnungsgesetz …, sondern es ist eine Alternative zum Kreisstrukturgesetz und dem Aufgabenzuordnungsgesetz.“ Zitatende.
Frau Justizministerin, auf die verfassungsrechtliche Dimension beziehungsweise Problematik verwies in dieser Anhörung ausdrücklich der Geschäftsführer des Landkreistages Herr Schröder indem er sagt, ich zitiere: „… nach unserer Auffassung muss dieses Modell unbedingt zur Vermeidung von verfassungsrechtlichen Bedenken in die gesetzgeberische Entscheidung mit einbezogen werden.“
„Nach meiner Einschätzung, insbesondere auch aufgrund der Weiterentwicklung des Modells seit dem Herbst letzten Jahres, ist dies mit den vorliegenden Ausführungen in der Gesetzesbegründung … noch nicht hinreichend geschehen.“ Zitatende.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ermessensdefizite lassen sich nur dann vermeiden – und dies wiederhole ich ausdrücklich –, wenn die Argumente vollständig aufgegriffen werden. Und das ist beim Verbandsmodell eben nicht geschehen. Nach der frühzeitigen Festlegung auf 6+2 wurde diese Alternative durch die Koalitionäre mit spitzen Fingern angefasst. Die angeforderten Gutachten zu möglichen Einsparpotenzialen wie das Renditegutachten wurden auf Vorgabe des Innenministeriums ausdrücklich auf 6+2 beschränkt. Alternativen wurden nicht untersucht. Und wenn das Verbandsmodell mit Verweis auf Leitbild und Leitlinien abgelehnt wird, dann zeigt dies nur, dass bereits im Prozess der Leitbilderarbeitung nicht ernsthaft genug schonendere Varianten und Alternativen in den Blick genommen wurden.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, all das können Sie so oder so ähnlich in der Urteilsbegründung von 2007 nachlesen. Von zukunftsfähigen Strukturen kann man also nicht sprechen, wenn damit eine Aufgabenkommunalisierung behindert sowie die Auflösung unterer staatlicher Behörden verhindert wird. Und von einer nachhaltigen Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung kann wohl niemand ernsthaft sprechen. Es soll für die neuen Kreistagsfraktionen nicht einmal mehr zwingend hauptamtliche Unterstützung geben, so, wie es im rot-roten Gesetzentwurf vorgesehen war.
Herr Innenminister, es ist aber auffällig, dass Sie überall dort, wo die großen Strukturen Probleme für das Ehrenamt und die Bürgerinnen und Bürger mit sich bringen, das Land aus der Verantwortung nehmen. Stattdessen verweisen Sie großzügig auf die Organisationshoheit der kommunalen Selbstverwaltung, Stichwort „Außenstellen“. Redlicher wäre es gewesen, hier verbindliche und damit konnexrelevante Vorgaben zu machen. So aber lassen Sie die kreiskommunale Ebene im Regen stehen.
Meine Damen und Herren, im Grunde besteht also diese aktuelle Reform in der Schaffung deutlich vergrößerter Landkreise, die 2006 von der CDU noch den Namen „Monsterkreise“ erhielten. Aber zum Teil sind diese neuen Kreise doch identisch, zum Beispiel Nordvorpommern, oder weitgehend identisch, zum Beispiel die Mecklenburgische Seenplatte und Südvorpommern.
Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, Herr Glawe, vor diesem Hintergrund der Kreiskulisse empfehle ich Ihnen wärmstens Ihre Argumente aus dem Jahre 2006, denn es ist teilweise herzzerreißend.
Wenn Dr. Jäger beispielsweise an den Kreis Mecklenburgische Seenplatte dachte, ist ihm ganz kalt ums Herz geworden. Wie fühlen Sie sich denn eigentlich heute?
Dem Kollegen Ringguth fiel spontan das Märchen von „Des Kaisers neue Kleider“ ein, wenn er den Innenminister über diese großartigen Einsparpotenziale reden hörte. Und dann stellte er uns folgende Frage, die ich hiermit gerne zurückgebe, lieber Kollege Ringguth: „Wann wollen Sie endlich begreifen, dass Sie mit so einer Augen-zu-und-durch-Mentalität und diesem aberwitzigen Glauben, dass von diesen großen zentralistischen Strukturen die Heilungskräfte ausgingen, dem Ehrenamt und der Demokratie … einen nicht wieder gutzu machenden Schaden zufügen …?“ Zitatende.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Haben Sie dem damals nicht zugestimmt? – Helmut Holter, DIE LINKE: Originalton Ringguth. – Hans Kreher, FDP: Recht hat er.)
Lieber Kollege Ringguth, sollte dies mehr als Populismus gewesen sein, dürfte eine Zustimmung für Sie heute ausgeschlossen sein.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Harry Glawe, CDU: Herr Ritter, Sie sollten wieder nach vorne gucken. – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Irene Müller, DIE LINKE)
Der Kollege Glawe gab Folgendes zu Protokoll, ich zitiere: „Der Landkreis Nordvorpommern und die Stadt Grimmen sind mit diesem Gesetzentwurf todunglücklich. Sie können damit kaum leben und wir werden alles tun, dass wir das auch beklagen werden. Das kann ich Ihnen heute schon versprechen.“ Zitatende.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Udo Pastörs, NPD: Bla, bla, bla! – Zurufe von Helmut Holter, DIE LINKE, und Gabriele Měšťan, DIE LINKE)
Und ganz schweres Geschütz hat dann zu später Stunde der Kollege Renz aufgefahren, als er sagte: „Ich sage Ihnen, wir haben den Kanzler der Einheit gestellt,“ – ich weiß gar nicht, was das mit dem Thema zu tun hatte –
„das war ein Erfolg, und dann werfen Sie uns als CDU so etwas nicht vor! Wir lehnen den Gesetzentwurf ab.“ Zitatende. Ja, lieber Kollege Renz, auch ohne Einheitskanzler kann man diese Gesetzentwürfe nur ablehnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich diese aufschlussreiche Rückschau gemeinsam mit unserem Kollegen Kokert beenden.
Da sagte er: „Erklären Sie mal den Menschen vor Ort, warum Sie diesen traditionsreichen Landkreis Mecklenburg-Strelitz abschaffen wollen! Das können Sie denen nicht erklären.... Ihnen sind nämlich die Menschen in diesen Landkreisen eigentlich vollkommen egal. Und das ist das eigentlich Traurige daran.“