Protocol of the Session on June 10, 2010

Wir haben also jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger eingeladen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, um hier in Deutschland leben zu können und von uns auch entsprechende Wiedergutmachung zu bekommen. Demzufolge kann ich nur den Koalitionsfraktionen danken dafür, dass sie unsere Änderungsanträge sehr ernst genommen haben – selbstverständlich nehmen wir unseren Antrag zurück, das hat Frau Holznagel auch schon gesagt –, unseren Änderungsantrag so ernst genommen haben, dass er jetzt in den gemeinsamen Antrag Eingang gefunden hat.

Ja, wir wollen, alle vier demokratischen Parteien, dass der Stand der Holocaustüberlebenden, der soziale Stand der Holocaustüberlebenden auf feste Füße,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

vor allen Dingen auf menschenwürdige Füße gestellt wird und es hier in Deutschland keine zwei verschiedenen Holocaustüberlebenden mehr gibt, die unterschiedlich durch Gesetzlichkeiten behandelt werden, was wir auch gar nicht dürfen. Wir haben das Grundgesetz, da ist der Artikel 3, und an den haben wir uns zu halten. Diese Lücke, diese Fehler, die bisher bestanden, werden also auf diese Art und Weise dann geglättet werden können.

Es ist wichtig für unsere Fraktionen, dass wir auch nicht nur Lippenbekenntnisse ablegen, sondern handeln, handeln, indem wir genau durchdenken, was welche Aktion bringt. Deshalb ist es gut, dass wir jetzt von Rente sprechen und demzufolge alle Misshelligkeiten, die auf dem Wege passieren könnten in verschiedenen Interpretationen, beiseitebringen. Es handelt sich um Menschen, die würdig leben sollen, die ein Einkommen haben sollen, mit dem sie nicht in Armut leben müssen, wo – und das ist sehr, sehr wichtig – auch Opferrenten, Beihilfen und so weiter und so fort anerkannt werden und nicht, wie es bei der Grundsicherung ist, gegengerechnet werden und unterm Strich dieser niedrige Regelsatz der Grundsicherung erhalten bleibt.

Es ist auch wichtig, dass wir durch die Anerkennung der Holocaustüberlebenden als NS-Opfer denen die Möglichkeit geben, in medizinischer Hinsicht Sonderversorgungen zu bekommen,

(Udo Pastörs, NPD: Sonderversorgungen!)

schnellere Versorgungen zu bekommen und vor allen Dingen auch alle zwei Jahre zur Kur fahren zu dürfen.

(Udo Pastörs, NPD: Jedes Jahr, schlage ich vor, damit es deutlich wird.)

Ihnen ist genug Leid angetan worden. Es ist davon auszugehen, dass sie massive gesundheitliche Schädigungen haben können und demzufolge auch die entsprechende medizinische Hilfe von uns brauchen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist doch menschenverachtend, alle zwei Jahre. Wo kommen wir denn da hin?)

Alle Aktionen, die wir in den letzten Stunden miteinander gemacht haben, zeigen, dass es Themen gibt, mit denen wir als demokratische Fraktionen sachlich, ruhig und inhaltlich zielführend umgehen können.

(Michael Andrejewski, NPD: Ohne Geld.)

Vielen Dank, und ich bin fest davon überzeugt, dass wir diesem Antrag zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Danke schön, Frau Müller.

Das Wort hat jetzt der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion der FDP Herr Kreher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass die demokratisch gesinnten Fraktionen in diesem Landtag zu einem einheitlichen Antrag gekommen sind, dass wir alle hier Handlungsbedarf sehen. Uns ging es als FDP-Fraktion vor allem darum, dass hier so schnell wie möglich gehandelt wird, denn wie von allen Seiten bisher richtig gesagt wurde, sind es ältere Leute, es sind nicht mehr viele, aber sie haben in der Vergangenheit viel Leid ertragen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

Und deshalb, meine Damen und Herren, ist es gut, wenn wir eine Bundesratsinitiative starten. Aber wenn wir erreichen, dass es schneller geht mit unbürokratischen Maßnahmen, dann ist das umso besser. Deshalb war es aus unserer Sicht notwendig, hier auch etwas zu tun,

(Stefan Köster, NPD: Suchen Sie die Schatzkammer! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

vielleicht über die Wege, die mit anderen Ländern möglich sind, so schnell wie möglich zu handeln. Das ist das Ziel, wir haben uns geeinigt, wir sind da vorangekommen und ich finde das wunderbar, dass wir hier zusammenstehen in dieser Frage. – Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Danke schön, Herr Kreher.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Abgeordnete des Landtags! Bürger des Landes! Zum gemeinsamen Antrag der SPD- und CDU-Fraktionen und den Änderungsanträgen der anderen Fraktionen beziehungsweise dem gemeinsamen nehmen wir Nationaldemokraten folgenden Standpunkt ein:

Erstens. Wir verurteilen unmenschliche Verbrechen, Folter, Verfolgung und Vertreibung Unschuldiger, das heißt nicht am Krieg und an Kriegsverbrechen Beteiligter, unabhängig von ihrer Volks-, Religions- oder Rassezugehörigkeit, nicht nur weil sie wider die Menschlichkeit gegenüber den Opfern erfolgen, sondern auch weil sie die Tathandelnden entmenschlichen und verrohen.

Zweitens. Wir lehnen die Überhöhung und Herabsetzung, die Privilegierung oder die Entrechtung einzelner Opfergruppen oder gar ganzer Völkerschaften im Sinne einer Auserwähltheit oder Einzigartigkeit vor Gott oder anderen Menschen ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Selbst den Völkermord durch Ihre Vorgänger.)

Drittens. Die Aufnahme der in Deutschland lebenden jüdischen Holocaustüberlebenden aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion erfolgte und erfolgt auf einer falschen rechtlichen Grundlage und ist damit vorsätzlich rechtswidrig.

(Irene Müller, DIE LINKE: Na, wenn Sie uns das sagen, dann stimmt’s gewiss.)

Begründung, „Jüdische Zeitung“ vom 28. Mai 2010: „Seit 1991 hatten jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion die Möglichkeit, als so genannte ‚Kontingentflüchtlinge‘ nach Deutschland einzureisen. … ‚Flüchtlinge‘ aus Kriegs- oder Krisengebieten waren die aus Osteuropa einwandernden (ca. 200.000) Juden … nicht. … Das“ Einheitskriterium „war … sinnvoller Weise auch nicht eine Bedrohung von Leib und Leben, sondern ganz allgemein die Zugehörigkeit zum Judentum.“ Zitatende.

Viertens. Es ist fraglich, ob 200.000 jüdische Zuwanderer alle Überlebende des Holocaust sind oder nur eine extrem kleine Minderheit,

(Udo Pastörs, NPD: So ist es. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

die zur Zeit des Nationalsozialismus und Stalinismus lebten und Opfer von Verfolgungen wurden, denn die wurden auch verfolgt. Bezieht sich das Einheitskriterium auf alle Juden als Überlebende des Holocaust, dann hätten die Nachfahren aller Juden aus der Sowjetunion bis in alle Ewigkeit Anspruch auf Zuwanderung nach Deutschland.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was erzählen Sie denn da für’n Blödsinn, Mann?)

Fünftens. Aus Gründen der Gleichheit und des grundgesetzlich garantierten Gleichbehandlungsgebotes müssten alle und nicht nur die Juden der Exsowjetunion als Überlebende des Holocaust das Recht auf Wirtschaftsmigration in die BRD haben, also das gesamte Weltjudentum. Damit hat, wenn jeder Jude ein Überlebender des Holocaust ist, dann auch jeder Jude einen Anspruch auf Opfer- statt Sozialrente.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer hat denn das behauptet?)

Sechstens. Die Überlebenden des Holocaust...

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer hat denn das behauptet, Herr Borrmann? Was erzählen Sie denn da? Zu welchem Antrag nehmen Sie gerade Stellung?)

Moment, lassen Sie mich doch mal ausreden!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Zu welchem Antrag reden Sie gerade? – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Sechstens. Die Überlebenden des Holocaust,

(Glocke der Vizepräsidentin)

die keinen gesetzlich verankerten Status als Verfolgte des Nationalsozialismus erhalten – „nur eine kleine Minorität bilden die ehemaligen Gefangenen“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hauptsache koppelbreit überm Ohr.)

„der Konzentrationslager und Ghettos“ –, sind finanziell schlechtgestellt. Zitat „Jüdische Zeitung“: „Sie beziehen deshalb … keine NS-Opfer-Renten, sondern sind finanziell von Sozialhilfe in Form der ‚Grundsicherung im Alter‘ abhängig.“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Genau das.)

„Wer sich in den Details auskennt, weiß, dass dies empfindliche Nachteile mit sich bringt, bis hin zu beschämenden Einschränkungen.“ Zitatende.

Siebtens. Die „Jüdische Zeitung“ konstatiert völlig zu Recht, dass damit volksdeutsche Nichtjuden, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, dauerhaft „empfindliche Nachteile“ gegenüber Opferrenten haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)