Protocol of the Session on June 9, 2010

Ganz klar ist, wenn man über die Entwicklung der ländlichen Räume spricht, dass man über die Entwicklung der Kommunen sprechen muss. Die Entwicklung der Kommunen geht einher mit der gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union. Deswegen ist es vollkommen richtig, dass wir heute hier die Ganzheitlichkeit besprechen, also nicht ausschließlich landwirtschaftliche Betriebe betrachten, sondern die Ganzheitlichkeit der Entwicklung in den ländlichen Räumen, damit – und das ist unser Ansatz – die Menschen, die heute und in der Zukunft auf dem Dorf leben, natürlich eine gute Lebensqualität haben, dass wir unseren Beitrag leisten mit solchen strategischen Ausrichtungen, damit tatsächlich gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Dorf erreicht werden können. In dem Sinne herzlichen Dank für die Aktuelle Stunde.

Ich denke, wir sollten an einem gemeinsamen Strang ziehen. Zum Detail wird Herr Tack dann noch weitere Ausführungen machen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Holter.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Holznagel für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Frau Kollegin Schildt, erst einmal vielen Dank, dass Sie noch mal einen Rückblick gehalten haben zur Agrar-EUPolitik und noch mal den Blick gewendet haben auf das Wesen dieser Politik.

(Udo Pastörs, NPD: Das Unwesen.)

Ich denke, ein Blick in die Vergangenheit ist immer wichtig, um sich für die Zukunft auszurichten.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, im Mai des vergangenen Jahres und im März dieses Jahres haben wir uns aber schon mit der Thematik der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 befasst. Auch der Minister hat im Agrarausschuss und als Anzuhörender im Bundestag seine Position mehrfach verdeutlicht. Das Verfahren der Anhörung der Europäischen Kommission läuft noch bis zum Herbst dieses Jahres. Trotzdem haben wir heute dieses Thema auf der Tagesordnung, was mich doch schon ein wenig verwundert aufgrund dieser Zeitschiene.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Na, das werden Sie doch unterstützen.)

Ja, ich kann nur sagen, manchmal darf man sein Pulver auch nicht zu früh verschießen. Das sollte man auch bedenken.

(Ute Schildt, SPD: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schon mit dem Beschluss über den sogenannten Health Check im November 2008 wurde das Augenmerk der künftigen Agrarpolitik auch auf die Zeit nach dem Jahr 2013 gelenkt. Hierbei spielen – und das ist mir sehr wichtig – finanzielle Ausstattungen und inhaltliche Ausrichtungen der künftigen Agrarpolitik eine entscheidende Rolle. Es geht also um das Stufenmodell, ob es erhalten bleibt und wie es erhalten bleibt. Es geht um die Zukunft der Direktzahlungen innerhalb der ersten Säule und die Ausgestaltung der zweiten Säule zur Entwicklung des ländlichen Raumes ist also für Mecklenburg-Vorpommern von besonderer Bedeutung. Manche sagen auch, Mecklenburg-Vorpommern ist der ländliche Raum.

Dass es dafür große Diskussionen bereits jetzt schon gibt – auch unter den Wissenschaftlern –, wird einem deutlich, wenn man einen Blick ins Internet wirft. Hier möchte ich noch mal hervorheben, was Professor Borchardt dort zur Kenntnis gegeben hat, ich zitiere: „,Das europäische Landwirtschaftsmodell funktioniert. Es versorgt die Bürger mit sicheren Nahrungsmitteln, schützt Boden, Wasser, Klima und Luft und hält die ländlichen Räume lebenswert und attraktiv.‘ … Die Landwirte kämen in Zukunft nicht ohne Direktzahlungen aus, weil ihr Einkommen trotz Unterstützung deutlich hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung hinterherhinke. ,Im vergangenen Jahr haben die Landwirte genauso wenig verdient wie in 1994. Das zeigt: Starke und kurzfristige Einschnitte bei den Direktzahlungen heizen den Strukturwandel an.‘“

Man muss dazusagen, dass auch in der Hinsicht viele Ängste noch mal deutlich werden, wenn ich jetzt hier Professor Isermeyer zitiere: „Wachsende Verteilungskämpfe“ werden sich abspielen. „,Viele Ressorts wetzen die Messer, um sich einen Teil von den 40 Mrd. Euro zu sichern, die bisher in der Agrarpolitik verausgabt werden.‘“

So könnte man vieles hier anführen. Die Brisanz ist bekannt. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass in der Agrarministerkonferenz deutliche Worte gefunden wurden gerade zu diesem Thema.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und hier möchte ich auch noch mal zitieren: „Die GAP“, gemeinsame Agrarpolitik, „wird nach 2013 auch die Aufgabe erfüllen müssen, einen Ausgleich zwischen den gesellschaftlichen Anforderungen an eine nachhaltige Landbewirtschaftung, der Erhaltung lebenswerter Kulturlandschaften, der Entwicklung vitaler ländlicher Räume und der weiteren Marktausrichtung landwirtschaftlicher Unternehmen herzustellen. … Das Zwei-Säulen-Modell der GAP soll über das Jahr 2013 hinaus erhalten werden und soll auch der Bewältigung künftiger Herausforderungen Rechnung tragen.“ So viel von den Grundlagen her.

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Für meine Fraktion steht fest, dass aufgrund der Erweiterung der Europäischen Union und den damit verbundenen zusätzlichen Aufgaben auch mit der Reduzierung der Direktzahlungen für Landwirte zu rechnen ist. Dennoch sind wir der Auffassung

(Michael Andrejewski, NPD: Mehr für Griechenland.)

und wollen uns in dieser Hinsicht entscheidend einsetzen, dass vor dem Hintergrund der hohen Standards im Bereich des Umwelt- und des Tierschutzes, aber auch der klimatischen und geologischen Voraussetzungen in Europa eine Produktion zu Weltmarktpreisen nicht ohne Direktzahlungen realisiert werden kann. Das möchte ich deutlich unterstreichen. Aus diesem Grund fordern wir eine behutsame nachhaltige Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik.

Hierbei ist es meines Erachtens zwingend notwendig, dass zunächst die Ziele der Agrarpolitik festgelegt werden und dann die Maßnahmen zur finanziellen Ausstattung innerhalb der ersten und der zweiten Säule entschieden werden müssen. Unsere Politik muss dafür sorgen, weiterhin einen bedeutenden Teil der europäischen Finanzmittel für den Erhalt von Wettbewerbsfähigkeit, für Wachstum und Beschäftigung zu verwenden. Eine weitere Ungleichbehandlung der Landwirtschaftsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern wie bereits mit der Einführung der zusätzlichen Modulation gilt es zu verhindern. Zur Förderung der Entwicklung der ländlichen Räume stellen die Investitionsförderung, Agrarumweltprogramme, die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete und die Förderung der Diversifizierung eine gute Grundlage dar. Hier kann ich dem Minister nur zustimmen.

Wir betrachten die Landwirtschaftsunternehmen als Kern der ländlichen Räume, der maßgeblich zur Sicherung der Wirtschaftskraft und zur Sicherung der Arbeitsplätze beiträgt. Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuwirken, dass die ländliche Entwicklung eine eigenständige Identifizierung innerhalb der europäischen Agrarpolitik

als Schwerpunkt bekommt, und das geht nur im Rahmen der zweiten Säule. Bei der Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik treten wir ein für Marktorientierung, den Ausgleich der höheren europäischen Produktionsstandards, die Honorierung der Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft und die Schaffung eines verlässlichen Sicherheitsnetzes gegen krisenhafte Preisabstürze. Die produktionsunabhängigen Direktzahlungen sind für uns dabei ein unverzichtbares Instrument und müssen in angemessener Höhe erhalten bleiben. Gleichzeitig muss die Integration regionaler Elemente in die gemeinsame Agrarpolitik geprüft werden.

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wir wollen die Landwirte stärken und befähigen, sich auf Märkten mit zunehmenden Preisschwankungen abzusichern. Wir wollen über das Steuerrecht Anreize für die landwirtschaftlichen Betriebe schaffen, Rücklagen für Ertragsausfälle zu bilden. Damit werden die Landwirte in die Lage versetzt, in guten Jahren Kapital zur Risikoversorgung anzusparen. Solche Instrumente brauchen wir auch, damit sich gesunde Betriebe bei Preisschwankungen nicht vorschnell aus der Produktion verabschieden.

Ein ganz wichtiger Punkt, meine Damen und Herren: Bürokratieabbau und Kostensenkung, das sehen wir als eine Daueraufgabe. Genauso wollen wir uns weiterhin einsetzen für die 1:1-Umsetzung der EU-Richtlinien.

(Udo Pastörs, NPD: Herrlich.)

In der Erschließung neuer Märkte liegt auch hier ein Schlüssel zum Erfolg. Herausragend ist der Export von Qualitätsprodukten mit entsprechender Wertschöpfung. Veredlungs- und die Milchwirtschaft haben hierbei eine hohe Priorität. Wichtig, meine Damen und Herren, sind natürlich Innovation und Qualifikation. Das sind die Grundlagen der zukünftigen Entwicklung, deswegen müssen wir Agrarforschung unterstützen und die hohe Ausbildung sichern. Und wer am Tag des offenen Hofes die Betriebe besichtigt hat, der weiß, dass wir hier auf einem guten Weg sind.

Wir wollen lebendige und lebenswerte ländliche Räume und gerade das ist wichtig. Das kann man erreichen durch Innovationsförderung, Programme der Gemeinschaftsaufgabe, Modellprojekte, gesetzliche Rahmenbedingungen, die auf die Stärkung der Wirtschaftskraft und die Schaffung von Arbeitsplätzen hinarbeiten. Zu diesen ländlichen Räumen gehören natürlich auch eine flächendeckende, qualitativ hochwertige medizinische Infrastruktur, die Versorgung mit ortsnahen Schulen, die touristische Infrastruktur, die Verkehrsanbindung, insbesondere der Aufbau dezentraler Energienetze und die neuen Medien im ländlichen Raum. Das sind alles Themen, die wir bereits hier im Landtag behandelt haben, die in diesem Blickwinkel besondere Bedeutung bekommen. Bei unserer demografischen Entwicklung ist das eine große Herausforderung und das sollten wir hier beachten.

Das sind nur einige Anmerkungen zum gesamten Feld der künftigen Agrarpolitik. Es gilt, sich frühzeitig einzubringen. Das ist richtig, das haben wir gemerkt bei der Ostseestrategie. Da ist es uns gelungen, in der Ostseeparlamentarierkonferenz sowie im Parlamentsforum Südliche Ostsee unsere Anliegen frühzeitig durchzusetzen und gemeinsam dann den Weg zu finden. Aber dabei dürfen wir auf keinen Fall schon in Vorleistung gehen. Sehr geehrter Herr Minister, vielmehr müssen

die Verhandlungen mit Maximalforderungen aufgenommen werden, um dann einen tragfähigen Kompromiss zu erreichen.

(Udo Pastörs, NPD: Ganz schlau, das ist schlau.)

Im Vorfeld der Verhandlungen schon Kompromisslinien aufzuzeigen, ist meiner Meinung nach der falsche Weg.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ein Gesabbel.)

Vielmehr gilt es jetzt, mit einer Stimme zu sprechen

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

und die Position der Bundesrepublik Deutschland nicht durch das Ausscheren einzelner Bundesländer zu gefährden. Das ist unser Ansatz und in diesem Sinne wollen wir versuchen, uns hier einzubringen, um dann die Lösung für unser Land auch in der Agrarpolitik zu haben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Frau Holznagel.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Reese für die Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Die gemeinsame europäische Agrarpolitik ist immer ein aktuelles Thema für unser Land. Dennoch verwundert mich das Thema der heutigen Aktuellen Stunde, da wir gerade erst in der vorletzten Landtagssitzung sehr umfassend im Rahmen eines Antrages der LINKEN über dieses Thema debattiert haben.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, das ist ja nur gut.)

Eigentlich erwarteten wir heute von der SPD einen Erkenntniszuwachs, der uns mitgeteilt werden sollte. Leider ist das dann so nicht erfolgt.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Auch für uns als FDP ist dieses Thema noch längst nicht abgeschlossen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Dennoch haben wir dazu bereits im Rahmen einer Konferenz der agrarpolitischen Sprecher der FDP-Fraktionen der Bundesländer ein gemeinsames Positionspapier abstimmen können, welches sowohl die Interessen der neuen als auch der alten Bundesländer berücksichtigt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ende mit Freibier.)

Die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern ist multifunktional und flächendeckend zu erhalten. Für die Unterstützung der Landwirtschaft als bedeutenden Wirtschaftszweig und zur weiteren Entwicklung der ländlichen Räume setzen wir Liberalen uns für ein Beibehalten eines bedeutenden EU-Agrarhaushaltes ein. Ziel ist es, die Landwirtschaft weiter zu stärken, am Markt zu orientieren und bestehende Wettbewerbsnachteile abzubauen. Wir Liberalen setzen uns für eine deutschlandweite Angleichung der Direktzahlungen ein, da uns jeder Hektar Kulturlandschaft gleich viel wert ist. Das derzeit bestehende Zwei-Säulen-Modell zur Finanzierung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume hat sich unserer Auffassung nach bewährt. Die Notwendigkeit zur Einführung einer weiteren dritten Säule sehen wir nicht.