Protocol of the Session on June 9, 2010

Ich rufe jetzt ans Rednerpult die Abgeordnete Frau Schlupp für die Fraktion der CDU.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hat heute einen Antrag zur Überarbeitung der Kormoranlandesverordnung in den Landtag eingebracht. Die Intention dieses Antrages, den Kormoranbestand in Mecklenburg-Vorpommern deutlich zu reduzieren, teilt meine Fraktion ganz ausdrücklich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Auch wir halten eine Bestandsreduzierung sowohl im Interesse der Fischer als auch aus Gründen des Arten- und Gewässerschutzes für zwingend erforderlich. Über die CDU-Kreistagsfraktion Rügen ist kürzlich ein entsprechender Antrag

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

für alle betroffenen Regionen initiiert worden, der zumeist mehrheitlich, im Kreistag Uecker-Randow sogar einstimmig, angenommen wurde. Schon das...

(Ralf Grabow, FDP: Also mit SPD!)

Schon das zeigt die Brisanz des Themas.

Nun kann man trefflich darüber philosophieren, warum uns dieser Antrag gut eine Woche vor dem Fischereitag 2010 des Landesverbandes der Kutter- und Küstenfischer Mecklenburg-Vorpommern e. V. erreicht. Es mag andere Gründe für diesen Termin geben. Der Kormoranbericht 2009 für Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise hätte es gewesen sein können. War er aber offensichtlich nicht,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Nee, der ist ja nicht so gut zu verwerten.)

denn sonst hätten einige Zahlen aus der Begründung etwas aktueller oder aber korrekter sein müssen. So hat sich der Bestand an Kormoranen von 1990 an stetig erhöht. Allerdings hat er sich von 2008 auf 2009 um 1.000 Brutpaare reduziert. Auch brüten in MecklenburgVorpommern ausweislich des Kormoranberichts 55 Prozent der Brutpaare Deutschlands und nicht über 60 Prozent. Gerade weil wir eine Versachlichung der Diskussion brauchen, ist es wichtig, mit aktuellen Zahlen zu argumentieren, auch wenn andere mit der Wahl des Kormorans zum Vogel des Jahres keinen Beitrag für mehr Sachlichkeit geleistet haben.

(Gino Leonhard, FDP: Da haben sie den Vogel abgeschossen.)

Dabei sind nicht die Kormorane an sich das Problem, sondern ihre große Anzahl. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich anmerken.

Mit dem Antrag selbst bleibt die FDP-Fraktion inhaltlich weit hinter dem zurück, was meine Fraktion bereits am 18. Mai 2006 in einem Antrag gefordert hat.

(Harry Glawe, CDU: Genau.)

So war eine unserer Forderungen an den Landwirtschaftsminister, sich auf europäischer Ebene ausdrücklich für die Aufnahme des Kormorans in den Anhang 2 der Europäischen Vogelschutzrichtlinie einzusetzen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

denn nur so wäre eine Bejagung nach Jagdrecht zulässig. Die von der FDP unter Punkt 2 aufgeführten Abschussgenehmigungen laufen ohne diese Voraussetzung ins Leere, denn nach Paragraf 45 Absatz 7 Bundesnaturschutzgesetz können Ausnahmen nur zur Abwendung erheblicher Land-, Forst-, Fischerei-, Wasser-

(Gino Leonhard, FDP: Die haben wir ja nicht.)

oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden zugelassen werden. Dieser Nachweis erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden ist gerade für die Kutter- und Küstenfischerei, und das wissen alle, die sich mit der Problematik beschäftigen, nahezu unmöglich.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Genau.)

Aber gerade in diesem Bereich wären Eingriffe angezeigt, da die positive Bestandsentwicklung seit 1994, und hier zitiere ich aus dem Kormoranbericht, „nahezu ausschließlich auf die Entwicklung in den Küstenkolonien zurückzuführen ist“. Richtig ist, dass wirkliche Effekte nur erreicht werden können, wenn auch Schutzgebiete in diesen Geltungsbereich der Kormoranverordnung mit einbezogen werden – ebenfalls eine Forderung in unserem Antrag aus dem Jahr 2006.

Allerdings wird das allein nicht reichen, denn – ebenfalls im Kormoranbericht nachzulesen – insbesondere im Zeitraum von Ende Juli bis Oktober sind hohe Kormoranzahlen ermittelt worden, die auf die Zuwanderung von Vögeln aus anderen Ländern des Ostseeraumes zurückzuführen sind.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Eine nachhaltige Reduzierung des Kormoranbestandes und der Erhalt eines verträglichen Bestandsniveaus sind deshalb nicht im Alleingang zu realisieren. Aus diesem Grund haben wir in unserem Antrag einen europäischen Managementplan gefordert.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Auch wenn der von Brüssel derzeit nicht in Aussicht gestellt wird, dürfen wir in unseren Forderungen danach nicht nachlassen. Allerdings habe ich zumindest in letzter Zeit den Eindruck gewonnen, dass es um diese Thematik recht still geworden ist. Solange...

(Minister Dr. Till Backhaus: Fragen Sie mal Herrn Kuhn! Was hat denn Herr Kuhn bisher gemacht?)

Solange auf diesem Gebiet …

(allgemeine Unruhe – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Egbert Liskow, CDU: Wer ist denn hier Landwirtschaftsminister, Herr Minister?!)

Solange auf diesem Gebiet kein abgestimmtes europäisches Vorgehen erreicht ist, spricht sich meine Fraktion dafür aus, dass über regionale Maßnahmen in den Kormoranbestand eingegriffen wird. Dabei sind wir uns im Klaren darüber, dass Vergrämung und Abschüsse zwar Entlastungen bringen, das grundsätzliche Problem aber nicht lösen werden. Und auch Vergrämungsmaßnahmen sind nicht immer ein Erfolgsgarant. So hat die Vergrämung von den Nestern durch den Einsatz von Lasern den Bruterfolg des Kormorans zumindest im Feldversuch nicht beeinflusst. Es gibt also gute Gründe, die bis

herigen Maßnahmen zur Bestandregulierung des Kormorans zu hinterfragen.

(Reinhard Dankert, SPD: Das sind ja schlaue Tiere.)

Da wir nun seit Jahren über dieselbe Problemlage diskutieren, ohne dass sich in der Praxis etwas geändert hat, darf auch das Thema „Bestandreduzierende Abschüsse“ kein Tabu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig. Sehr richtig.)

Allerdings helfen langfristig keine aktionistischen Einzelmaßnahmen, sondern nur das systematische Beseitigen von Rechtshindernissen, die bisher ein koordiniertes Vorgehen verhindern. Dabei habe ich bereits dargestellt, dass die Optionen, die das Land Mecklenburg-Vorpommern hat, durchaus begrenzt sind, der vorhandene Rechtsrahmen aber zwingend ausgeschöpft beziehungsweise durch Initiativen auch erweitert werden muss. Hier erwarten wir deutliche Signale aus dem Landwirtschaftsministerium.

Ihrem Antrag, sehr geehrte Damen, das darf ich ja jetzt nicht mehr sagen, sondern Herren von der FDP, fehlt der systematische Ansatz. Er ist sozusagen ein Schnellschuss.

(Egbert Liskow, CDU: Oh!)

Von daher werden wir ihn ablehnen.

Ungeachtet dessen wollen wir das Thema Kormoranlandesverordnung und darüber hinausgehende Maßnahmen zur Bestandsreduzierung des Kormorans im Agrarausschuss erneut aufrufen und eine Diskussion mit Ihnen über geeignete Maßnahmen und Strategien führen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Michael Roolf, FDP: Dann können Sie ihn doch überweisen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schlupp.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schwebs für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anträge zu Sachthemen bieten ja immer eine gute und zwingende Gelegenheit, sich mit der Sache auseinanderzusetzen und die Kenntnisse und das Wissen, in diesem Falle zum Kormoran, zu vertiefen. Das gilt natürlich auch für den jeweiligen Antragsteller. Eine gute Grundlage für Fortbildung und Diskussion bietet der gerade erschienene Kormoranbericht Mecklenburg-Vorpommern 2009, der als Arbeitsbericht des LUNG unter Federführung von Christof Herrmann erschienen ist. Vom gleichen Autor, meine Damen und Herren, gibt es einen öffentlichen Vortrag, der sich ausführlich mit der Entstehung, den Auswirkungen und den Lösungsmöglichkeiten des Kormoranproblems beschäftigt. Sehr zu empfehlen, kann ich nur sagen, wenn man nicht nur Vorurteile schüren will, und eine gute Zahlenbasis enthält er obendrein. Dann kann man auch mit den richtigen Zahlen argumentieren.

(Gino Leonhard, FDP: Die haben wir auch.)

Frau Schlupp hat darauf hingewiesen, denn wir haben zwar derzeit mehr als 50 Prozent der Brutpaare Deutschlands in unserem Land und das sind 10 Prozent weni

ger, als die vorliegende Begründung des Antrages beschreibt. Das mag sich pinnenschieterig anhören, Herr Liskow, aber in diesem Fall ist es von Relevanz und überhaupt, wenn man die Schadenshöhe immer so mal pauschal Pi mal Daumen hochrechnet.

(Gino Leonhard, FDP: Nein, das habe ich nicht.)

Der Kormoran, meine Damen und Herren, ist nicht nur eine geschützte Tierart, er ist auch fast unumstrittener Anwärter auf den Titel „Meistgehasster Vogel“. Dabei spielt die zunehmende Existenzbedrohung des Berufsstandes und die daraus resultierende Existenzangst der Fischer eine wesentliche Rolle und das ist wohl auch der wahre Grund, warum sich dieses Parlament immer wieder mit diesem Vogel beschäftigt. Rudi Borchert sagte vorhin, gefühlt alle halbe Jahre einmal steht er auf der Tagesordnung,