Hinsichtlich der Ursachenforschung für die Rückflüsse sind für mich Fragen wie die folgenden wichtig: Wie lassen sich die Einnahmen im Rahmen der Prozesskostenhilfe optimieren? Bedarf es dazu gegebenenfalls einer zusätzlichen Einstellung von Rechtspflegern? Was hat die Landesregierung konkret zur Fortbildung der Justizangestellten und Beamten unternommen und was wird sie weiterhin unternehmen? Alle diese Fragen wollen wir in diesem Zusammenhang klären. Wir bitten um Überweisung in den Rechtsausschuss.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als ich Ihren Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, Frau Borchardt, von Ihnen, gelesen habe, habe ich mich gefragt, was Sie eigentlich mit diesem Antrag wollen.
Die Beschlüsse zur Reform des Gerichtsvollzieherwesens und zur Übertragung von Aufgaben im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Notare und zur Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe sind im Bundesrat bereits gefasst, Ihr Antrag damit längst überholt. Allenfalls Ihrem Antrag zur Prüfung der Optimierung der Rückflüsse aus der Prozesskostenhilfe mag man vielleicht noch Sinn entnehmen. Allerdings ergibt sich an keiner Stelle des Antrags und auch nicht in der Begründung, die ohnehin sehr dürftig ist, auf welche vermeintlichen Erkenntnisse Sie Ihre Behauptungen stützen, es fehle an den Überwachungen der Rückzahlungsverpflichtungen.
Ich nutze aber jetzt gern die Gelegenheit, mich zu dem Gesetzesvorhaben zu äußern. Zunächst zu den Gerichtsvollziehern: Der Gesetzentwurf des Bundesrates, bei dem Mecklenburg-Vorpommern, das haben Sie richtig gesagt, Mitantragsteller war, regelt den Status des beliehenen Gerichtsvollziehers in Anlehnung an den des Notars. Wie der Notar bleibt der beliehene Gerichtsvollzieher im Umfang seiner Aufgaben ein staatliches Organ. Damit steht auch das staatliche Gewaltmonopol dem Beleihungssystem nicht entgegen. Durch die Statusänderung können aber Leistungsanreize für eine erfolgreiche Vollstreckung verstärkt und so eine Effizienz steigerung erreicht werden. Das ist mit beamteten Gerichtsvollziehern nur eingeschränkt möglich.
Dazu muss das Gebührenrecht kostendeckend ausgestaltet werden. Die Verteuerung der Zwangsvoll streckung trifft den Gläubiger, aber vor allem den Schuldner, also diejenigen, die in erster Linie die Verantwortung für die Zwangsvollstreckung auch tragen. Ein großer Teil
der Gebührenerhöhung wird durch eine Erfolgsgebühr umgesetzt, die nur bei erfolgreicher Vollstreckung anfällt und die letztlich vom Schuldner eingefordert wird.
Wussten Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass sich derzeit im Bundesdurchschnitt jährlich eine Kostenunterdeckung von 40.000 Euro pro Jahr und pro Gerichtsvollzieher ergibt, die zurzeit aus Haushaltsmitteln und damit aus dem Steueraufkommen aller Bürger gezahlt wird? Ich jedenfalls meine, dass der Staat dem Gläubiger eine effiziente Zwangsvollstreckung schuldet, deren Kosten der Verursacher, also insbesondere der Schuldner, zu tragen hat, und nicht der Steuerzahler.
Nur einige wenige Worte zu der Aufgabenübertragung auf die Notare. Zunächst einmal: Die Landesregierung hat dem Gesetzentwurf im Bundesrat nicht zugestimmt, also ein weiterer Grund, warum ich Ihren Antrag nicht verstehe, ja, ihn geradezu doppelt überflüssig finde.
Wir haben ihm deshalb nicht zugestimmt, weil wir der Vollübertragung der Aufgaben des Nachlassgerichtes auf Notare durchaus kritisch gegenüberstehen. Einer Teilübertragung von Aufgaben auf Notare würde ich mich allerdings nicht verschließen. Dazu zählen unter anderem die Übertragung der ausschließlichen Zuständigkeit von Notaren für die Aufnahme von Wechsel- und Scheckprotesten, die ausschließliche Zuständigkeit für die Aufnahme des Nachlassinventars sowie die Durchführung von Nachlass- und Gesamtauseinandersetzungsverfahren oder die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung notarieller Urkunden seitens des Notars.
Der dritte in Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, angesprochene Bundesratsentwurf ist das Prozesskostenhilfebegrenzungs gesetz. Auch hier hat die Landesregierung dem Gesetz entwurf nicht zugestimmt. Und auch hier gilt, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE: Wozu dieser Antrag?
Ich gebe zu, ich hätte gern dem Gesetzentwurf zugestimmt, denn im Entwurf des Bundesrates geht es nicht nur und nicht in erster Linie darum, dem Hilfe suchenden Personenkreis künftig eine höhere Beteiligung an den Kosten des gerichtlichen Verfahrens abzuverlangen, indem die Voraussetzungen und Bedingungen bei der Gewährung der Prozesskostenhilfe verschärft werden. Es geht vor allem darum, unsinnige Klagen zu unterbinden, von denen auch derjenige absehen würde, der die Kosten selbst zu tragen hätte. Das ist aber auch der Teil des Entwurfs, gegen den sich die Kritik vor allem richtet. Aber es kann niemand ernsthaft gegen Änderungen von Verfahrensvorschriften sein, mit deren Hilfe der Vollzug des geltenden Rechts verbessert und Missbräuchen bei der Inanspruchnahme des staatlichen Hilfsangebotes entgegengewirkt werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits zu Beginn meiner Rede habe ich mich zu der Behauptung der Fraktion DIE LINKE geäußert, es fehle eigentlich nur an der Überwachung der Rückzahlungsverpflichtungen in diesem Zusammenhang. Auch wenn ich gerne Berichtspflichten übernehme, so würde ich allerdings begrüßen, wenn Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, zumindest ansatzweise Ihre Erkenntnisse offenlegen würden. Mit einer ins Blaue aufgestellten Behauptung kann ich jedenfalls nichts anfangen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eigentlich alles gesagt. Die Regierung hat sich enthalten. Sie wird es wahrscheinlich auch dann, wenn es wieder in den Bundesrat kommt, genauso tun, weil die Probleme dann genauso sein werden, wie es ist. Und ich glaube auch, dass wir in den Haushaltsberatungen über die Rückflüsse der Prozesskostenhilfe, also über die schnellere Eintreibung von Darlehen geredet haben, sodass hier eigentlich kein Handlungsbedarf besteht. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich kann das kurz machen. Ich schließe mich auch durchaus den Ausführungen – in diesem Fall der Justizministerin – an und genauso wie Herr Dankert kann ich für meine Fraktion sagen, dass sich uns nicht wirklich erschließt, was mit diesem Antrag eigentlich inhaltlich bezweckt wird. Deswegen werde ich hier auch nicht meine Rede vortragen, sondern kann für meine Fraktion hier ankündigen, dass wir weder der Überweisung zustimmen noch Ihrem Antrag. – Vielen Dank.
Frau Kollegin Borchardt, ich will Ihnen gerne bestätigen, dass Sie heute Vormittag eine sehr bemerkenswerte Rede gehalten haben,
nur umso mehr bedauere ich, dass Sie sich diese Rede jetzt zu diesem Antrag, diesen Antrag sich und uns zumuten. Ich kann nur sagen: Si tacuisses!
Der Antrag – und deshalb mache ich es mir jetzt nicht ganz so einfach wie meine beiden Vorredner, weil man das auch hier wirklich jetzt mal offenlegen muss – dürfte an kurioser Absurdität selbst in diesem Landtag,
in dem wir inzwischen leider einiges gewohnt sind, einmalig sein. Der Antrag zeugt von einem geradezu verquasten Verfassungsverständnis.
Zum Verfassungsverständnis: Die Länder wirken über den Bundesrat an der Bundesgesetzgebung mit. Im Bundesrat sind mitnichten die Landtage, sondern die Landesregierungen mit eigens benannten Mitgliedern vertreten, und diese sind genauso wie die frei gewählten Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Landtage grundsätzlich nicht an Weisungen gebunden.
Gegenüber den Abgeordneten besteht bei den Bundesratsmitgliedern allerdings ein entscheidender Unterschied darin, dass das jeweilige Bundesland im Rahmen der Gesetzgebung seine Stimme nur einheitlich abgeben kann und unter anderem deshalb das Abstimmungsverhalten normalerweise im jeweiligen Landeskabinett zuvor festgelegt wird, so, wie es auch hier geschehen ist. Die Ministerin hat das ja eben dargelegt.
Die Betonung liegt also auf Festlegung des Abstimmungsverhaltens im Kabinett und nicht im Landtag. Die seit Jahren bestehende Unsitte, durch entsprechende Anträge im Landtag in Mecklenburg-Vorpommern
die Landesregierung auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten festlegen zu wollen, vermag an der verfassungsrechtlichen Alleinzuständigkeit der Landesregierungen für die Mitwirkung an der Bundesgesetzgebung nichts zu ändern.
Was Sie hier unserem Landtag ansinnen, geht aber noch meilenweit über die dargelegte Unsitte hinaus. Sie verlangen im Grunde genommen, dass der Landtag die Landesregierung in einem Artikel-Einsammel-Antrag, quasi in einem negativen Artikel-Untätigkeitsbeschluss auffordert, im Bundesrat sogar zum Teil unter Ihrer Mitwirkung bereits beschlossene und beim Deutschen Bundestag eingebrachte Gesetzentwürfe nachträglich im Wege einer Echternacher Springprozession wieder vom Bundestag gleichsam mit dem Lasso einzufangen, zurückzuholen und für null und nichtig zu erklären. Sie könnten genauso gut den Antrag einbringen: Die Landesregierung wird aufgefordert, eine Bundesratsinitiative einzubringen, derzufolge festzustellen sei, dass am vergangenen Freitag wünschenswerterweise Vollmond gewesen sein sollte.
Das ist in der Sache so verquast und abstrus, dass ich eigentlich, Frau Kollegin Borchardt, selbst Ihnen – und Ihnen traue ich schon eine ganze Menge zu – das nicht zugetraut hätte, weil ich Ihnen möglicherweise zu Unrecht doch ein gewisses Verfassungsgrundverständnis unterstellt habe.
Ergänzend zu dem, was Frau Justizministerin Kuder zum vermeintlichen Inhalt Ihres Antrags ja bereits vollkommen zutreffend ausgeführt hat, noch einige Ergänzungen.