Protocol of the Session on April 29, 2010

Der zweite Punkt hat da natürlich schon wirklich Klasse, denn da hat man es geschafft, tatsächlich auf drei Zeilen gar nichts reinzukriegen. Und das ist aus meiner Sicht schon spannend, weil die LINKE ja für sich immer in Anspruch nimmt, bei unseren Anträgen zu erklären, wie nicht sachlich fundiert unsere Sachen sind.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist die Wahrheit.)

Aber an der Stelle muss man sagen, es ist natürlich folgerichtig, wenn wir dann den Änderungsantrag stellen und die Streichung dieser Passage fordern. Aber ich denke, eigentlich können Sie damit wahrscheinlich auch noch leben. Entscheidend ist eigentlich, wenn man sich das

anguckt, es ist ja gar nicht gewollt, dass dieser Antrag angenommen wird. Es ist doch eigentlich vielmehr gewollt, dass man an der Stelle die Debatte führt: Wird die Gewerbesteuer abgeschafft? Oder wie stellen wir uns das auch immer vor?

(Rudolf Borchert, SPD: Ja, wie denn nun?)

Und jetzt diese Märchen der absoluten Katastrophenfinanzausstattung für die Kommunen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Na, sagen Sie mal! – Rudolf Borchert, SPD: Wie sah denn die Kompensation aus? – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Es gibt ja sogar Bürgermeister, die nennen das dann Wachstumsbremsgesetz, und alle jubeln. Tatsache ist doch, an der …

(Rudolf Borchert, SPD: Schuldenbeschleunigungsgesetz.)

Ja, ja, Rudi, ich weiß ja, woher es kommt.

Tatsache ist ja an der Stelle, dass – wenn man sich das langfristig anguckt – die Steuerpolitik gerade der FDP in hervorragender Weise geeignet ist,

(allgemeine Heiterkeit – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

unser Land zukünftig zu stärken.

(Heinz Müller, SPD: Nur um kaputt zu machen.)

Und da nützt auch das Lachen nichts. Ich will Ihnen das ganz offen sagen. Da können Sie auch jammern, wie Sie wollen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Rote Lampe! – Angelika Peters, SPD: Gott sei Dank!)

Die FDP wird es auch in Zukunft schaffen, so, wie sie es lange Jahre geschafft hat, die Finanzen des Bundes aufrecht zuerhalten. Wer hat es denn geschafft, zwölf Jahre das Schiff zum Sinken zu bringen? Das waren doch wohl nicht wir!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr zufrieden darüber, dass wir über den Handlungsbedarf, den es auf dem Feld der kommunalen Finanzausstattung in massiver Weise in Deutschland gibt, hier nicht mehr reden müssen. Der ist von keinem meiner Vorredner bezweifelt worden. Also reden wir nicht über das Ob, sondern reden wir über das Wie. Und dazu hat die Bundesregierung – wir haben das hier schon gehört – eine wundervolle Kommission eingesetzt. Kollege Löttge hat es korrekt – und darauf sollten wir Wert legen – gesagt, es ist eine Regierungskommission. Sie besteht aus zwölf Mitgliedern. Und die kommunalen Spitzenverbände dürfen je einen Vertreter entsenden. Das heißt, mit einem Viertel ist diese Kommission von der kommunalen Ebene besetzt worden.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wissenschaftler – was ich eigentlich in einer solchen Kommission erwartet hätte –, die sich auch mal von einer neutralen, von einer wissenschaftlichen Sicht dem Thema nähern, finden wir in dieser Kommission leider nicht.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Also schon von der Zusammensetzung her und vielleicht auch ein Stück weit von dem Zeitraum sollten wir unseren Erwartungshorizont, was diese Kommission angeht, nicht zu hoch spannen.

Die Ministerin hat bereits auf die drei Arbeitsgruppen hingewiesen. Ich will allerdings den Titel der einen Arbeitsgruppe noch mal korrekt zitieren, Frau Ministerin. Er heißt: EU-Rechtsetzung und Kommunen. Und wenn wir wissen, wie kompliziert EU-Rechtsetzung bereits heute ist, ohne dass die Kommunen hier einen nennenswerten Einfluss hätten, dann glaube ich den Berliner Beobachtern. Ich habe noch keine ernst zu nehmenden anderen gefunden, die mir sagen, bei dieser Arbeitsgruppe wird nichts herauskommen.

Die zweite Arbeitsgruppe bezieht sich auf Standards, auch dies hat die Ministerin angesprochen. Hier bin ich gar nicht so optimistisch, dass da nichts rauskommt. Hier habe ich eher Sorgen, dass nichts Gutes herauskommt, weil eine solche Betrachtung von Standards in der Regel nicht auf Flexibilisierung hinausläuft, sondern auf Abbau von Sozialstaat.

(Rudolf Borchert, SPD: Das ist die große Gefahr.)

Aber widmen wir uns der dritten Arbeitsgruppe, die den Titel Kommunalsteuern hat. Und, meine Damen und Herren, werfen wir bitte mal einen Blick auf den Einsetzungsbeschluss, nicht der Arbeitsgruppe, sondern der gesamten Kommission. Nach diesem Einsetzungsbeschluss soll es, ich darf zitieren, „keine Lasten- und Aufkommensverschiebungen“ geben.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Na ja.)

Wenn ich aber die Lasten und das Aufkommen nicht oder nicht nennenswert verschiebe, wie will ich denn dann, meine Damen und Herren,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

es hinbekommen, nachhaltig die Kommunalfinanzen zu verbessern?

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Genau so.)

Das wird nur gehen, indem ich Lasten und Aufkommen verschiebe.

(Egbert Liskow, CDU: Wie 2002 mit der Körperschaftssteuer.)

Hier wird also von Anfang an klar, eine reale Lösung ist weder angestrebt noch gewollt.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Aber gut, dass wir darüber geredet haben.)

Und wenn ich dann weiterschaue, dass Gegenstand dieser Arbeitsgruppe das gute alte BDI/VCI-Modell ist, für alle die, die sich mit den Kommunalfinanzen und den theoretischen Modellen vielleicht nicht so auskennen, das ist so eine Art Modellmumie,

(Rudolf Borchert, SPD: Modellmumie?)

die in der Kommunalfinanzkommission des Jahres 2003 schon einmal mit großem Trommelschlag und Trompetenspiel beerdigt worden ist, weil sie nicht sehr viel bringt.

(Rudolf Borchert, SPD: Haben sie jetzt wieder rausgeholt.)

Dieses ist jetzt wieder Grundlage der Beratungen dieser Arbeitsgruppe.

Meine Damen und Herren, auch da hält sich meine Erwartung an diese Arbeitsgruppe und damit an die Kommission in sehr engen Grenzen.

(Rudolf Borchert, SPD: Nicht besonders kreativ. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Die Ministerin hat schon, wie ich fand, sehr treffend die Probleme dieses Modells geschildert, ein Modell, das im Kern die Gewerbesteuer abschafft und den Kommunen eine Kompensation über kommunale Zuschläge zur Lohn- und Einkommenssteuer und zur Körperschaftssteuer verspricht.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Niemand hat die Absicht, die Gewerbesteuer abzuschaffen.)

Für mich ist wichtig, und das sollte man vielleicht auch in der FDP, wenn man die Diskussion ernsthaft betreibt, auch mal überlegen: Natürlich ist es verlockend für eine Partei, die in erster Linie Klientelpolitik betreibt, Unternehmer zu entlasten und die Folgen der Allgemeinheit aufzudrücken.

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

Auf den ersten Blick sieht das für eine unternehmerfreundliche Partei alles sehr schön aus. Aber indem wir das Interessenband, das die Ministerin so treffend dargestellt hat, das Interessenband zwischen Kommune und kommunaler Wirtschaft – und das ist die Gewerbesteuer, dadurch entsteht ein Interesse der Kommunen, Wirtschaft in der eigenen Kommune anzusiedeln,