Protocol of the Session on March 12, 2010

Am Tag der Pflege hatte ich Gelegenheit, gerade mit jungen Menschen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr im Pflegebereich absolviert haben, zu sprechen, die sich dann daraufhin entschieden haben, eben in der Pflege tätig zu werden. Und deswegen ist dieses Freiwillige Soziale Jahr auch eine Chance, gerade junge Menschen für diese wichtigen Berufsfelder zu gewinnen.

Aus diesen vielen verschiedenen Gründen fördern wir das Freiwillige Soziale Jahr in der Förderperiode 2007 bis 2013 mit insgesamt 6 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Für die Jahre 2009 bis 2011 sind bereits rund 2,5 Millionen Euro bewilligt worden. Und an der Stelle möchte ich sagen, dass die Menschen ja oft das Gefühl haben, die EU ist sehr weit weg von den alltäglichen Problemen oder Lebensbereichen der Menschen, aber hier sieht man ganz deutlich, wie wichtig es ist, dass wir die Europäische Union haben und dass wir die Unterstützung aus der Europäischen Union haben

(Udo Pastörs, NPD: Wo wir vorher einzahlen.)

und vor allem den ESF, um solche wichtigen Sachen zu machen.

(Udo Pastörs, NPD: Nächstes Jahr wieder 20 Milliarden.)

Und deswegen ist die Frage der Europäischen Union so eine wichtige und auch wichtige für uns im Land.

Im vergangenen Jahr absolvierten bei uns 634 junge Frauen und Männer ein Freiwilliges Soziales Jahr, das waren 439 junge Frauen und 195 junge Männer mit einem Durchschnittsalter von 19,4 Jahren, die sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr entschieden hatten. Mehr als 50 Prozent der Freiwilligen haben ein Abi in der Tasche.

Unsere FSJ-Förderung in Mecklenburg-Vorpommern zeichnet sich durch eine enorme Vielfalt der Einsatzbereiche aus – vom klassischen, sogenannten weißen Bereich, also den Bereich der Medizin und der Pflege, den ich angesprochen habe, über Denkmalpflege, Sport, Kultur oder auch das FSJ in der Demokratie.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir als Land tun viel für die Freiwilligendienste, dennoch brauchen wir die Unterstützung des Bundes, um die Jugendfreiwilligendienste nachhaltig zu stärken. Ein bundesweites Signal wäre hier wirksamer als einzelne Initiativen in den Bundesländern. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund zu sehen, dass es in einer Reihe von Bundesländern eine direkte finanzielle Förderung des FSJ auf Landesebene gar nicht gibt.

Die Stärkung und die weitere Ausgestaltung des Freiwilligen Sozialen Jahres ist für die Landesregierung ein wichtiges Thema. Die Zahl der jungen Leute, die sich derzeit für ein Freiwilliges Soziales Jahr bundesweit bewerben, ist etwa dreimal so groß wie die Zahl der offenen Stellen. Der Bund hat seine Zuschüsse auf 20.000 solcher Stellen begrenzt und das zeigt, dass es hier einen klaren Handlungsbedarf gibt. Mein Haus bereitet deshalb aktuell einen Entschließungsantrag für den Bundesrat vor. Dessen Zielstellung ist es, das FSJ zu stärken und eine Erhöhung der Bundesförderung zu erreichen. Jeder Jugendliche, der ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren möchte, sollte auch dazu Gelegenheit bekommen, dieses Orientierungsjahr für seine persönliche Entwicklung zu nutzen und dabei zugleich einen Beitrag für die Bürgergesellschaft zu leisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 1993 hat Mecklenburg-Vorpommern begonnen, das Projekt Freiwilliges Ökologisches Jahr zu fördern und auszubauen. Was im Jahr 1991 als Bundesmodellprojekt mit acht Jugendlichen begann, hat sich inzwischen zu einem wichtigen und etablierten Jugendbildungsprojekt entwickelt. Seit 2002 leisten jährlich 132 Freiwillige hervorragende Arbeit in verschiedenen Einsatzstellen. Hinzu kommen noch einige Zivildienstleistende, die das Angebot nutzen, ihren Dienst im Rahmen eines FÖJ abzuleisten.

1993 beschloss der Bundestag mit dem Gesetz zur Förderung eines Freiwilligen Ökologischen Jahres erstmals ein Freiwilligengesetz für den Bereich des Umwelt- und Naturschutzes. In dieses Gesetz sind Erfahrungen aus Mecklenburg-Vorpommern eingeflossen, insbesondere die des Trägers Jugendwerk Aufbau Ost e.V.

Das FÖJ ist und bleibt ein Erfolgsmodell in MecklenburgVorpommern. Der engagierte Einsatz der Pädagogen und Betreuer sowohl in den Seminaren als auch bei der Arbeit in den Einsatzstellen macht das FÖJ inhaltlich erst zu einem Bildungsjahr.

Besonders erwähnenswert ist deshalb die Fortbildungsbereitschaft der Pädagogen auch über Landesgrenzen hinweg. Der Vier-Länder-Verbund mit Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt hat inzwischen so viel Beachtung gefunden, dass andere Länder ein ähnliches Gremium erwägen. Unser Modell wird beispielsweise in Hamburg, Bremen, Niedersachsen und SchleswigHolstein mit großem Interesse beobachtet. Übrigens, am 1. und 2. November dieses Jahres sind wir Gast geber und diskutieren mit unseren Gästen über die Zukunft der Freiwilligendienste hier in Schwerin.

Vor dem Hintergrund der laufenden UN-Dekade der Bildung für Nachhaltigkeit 2005 bis 2014 wird besonders deutlich, deshalb ist das FÖJ nicht nur Bestandteil des Nationalen Aktionsplanes. Minister Dr. Backhaus hat in seinem Strategiepapier das FÖJ als wichtigen Baustein im Rahmen des lebenslangen Lernens dargestellt.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Der daraus resultierende Landesaktionsplan für den nicht formalen Bildungsbereich beschreibt das freiwillige ökologische Engagement als wichtiges Bindeglied zwischen Schule und der nachfolgenden Ausbildung. Frau Abgeordnete Lochner-Borst ist darauf intensiv eingegangen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich möchte noch einen weiteren Aspekt ansprechen, den ich für besonders wichtig halte. Mittlerweile sind Praktika und Seminare in Polen und in Estland zu einem wichtigen Bestandteil des FÖJ geworden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Fünf polnischen Jugendlichen wird das Angebot gemacht, ganzjährig am Freiwilligen Ökologischen Jahr in Mecklenburg-Vorpommern teilzunehmen. Ein Seminar in der Woiwodschaft Westpommern, verschiedene Praktika sowie das Angebot der polnischen Seite, vier deutschen Jugendlichen einen sechsmonatigen Aufenthalt zu ermöglichen, tragen deutlich zum gegenseitigen Kennenlernen, zum Abbau von Vorurteilen und somit auch zu gelebter Toleranz bei.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Um diese Qualität zu erhalten und das Angebot auch für die Zukunft aufrechtzuerhalten, müssen wir uns rechtzeitig Gedanken machen, wie in der Zeit nach der ESFFörderung diese wichtigen Bildungsangebote finanziert werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Sie sehen, ich stehe voll und ganz hinter diesem Antrag. Ich bewerte ihn als eindeutige Unterstützung in unserer Arbeit für mehr bürgerschaftliches Engagement und für mehr Perspektiven für Jugendliche in unserem Land, in Mecklenburg-Vorpommern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Alles andere hätte uns auch gewundert.)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Linke von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Schaut man auf die Fristsetzung im Antrag, so nimmt man einen Hauch von Wahlkampfatmosphäre wahr, wobei sich die antragstellenden Fraktionen nicht scheuen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

einen Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 4. November 2009 aufzugreifen, den sie zwar damals abgelehnt haben, aber heute nichtsdestotrotz verkürzt wieder einbringen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also habt ihr mit dem Wahlkampf noch früher angefangen.)

Ja, es gehört sich ja so.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist doch die Logik.)

Die Koalitionsfraktionen erwarten nun einen Bericht der Landesregierung „zur gegenwärtigen Situation der Jugendfreiwilligendienste in Mecklenburg-Vorpommern sowie zu deren weiteren Absicherung und Weiterentwicklung in den kommenden Jahren“,

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Richtig.)

also zu einem Projekt, das seitens des zuständigen Bundesministeriums ohnehin zur Ausweitung vorgesehen ist, wobei – und das empfinde ich durchaus als Mangel in Ihrem Antrag – keine politischen Vorstellungen unterbreitet werden, was Sie von der Landesregierung mit diesem Antrag konkret erwarten.

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Ilka Lochner-Borst, CDU)

Worüber soll die Landesregierung berichten, mit welchen Forderungen sollen oder wollen wir Parlamentarier auf die künftige Gestaltung der Freiwilligenjahre FSJ und FÖJ Einfluss nehmen?

Verehrte Kollegen der Koalitionsfraktionen, Sie schreiben in Ihrer Begründung, dass „Freiwilligendienste als besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements … in jüngster Zeit … an Bedeutung gewonnen“ haben.

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Ja.)

Das stimmt, ist aber bedauerlicherweise eine Begleiterscheinung der Ausweitung des Niedriglohnsektors, des Fachkräftemangels ebenso wie der Umwandlung gut dotierter Arbeitsplätze, die nicht wiederbesetzt beziehungsweise im Rahmen des SGB II mit sogenannten Ein-Euro-Jobbern besetzt werden.

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Das ist aber weit an den Haaren herbeigezogen. Meine Herren! – Harry Glawe, CDU: Sie kann nicht anders.)

Freiwilligendienste füllen daneben auch Lücken, Frau Ministerin hat es gesagt, die durch die Kürzungen der Zivildienstdauer bei den Freien Trägern entstanden sind. Die jungen Menschen, welche das Freiwillige Soziale Jahr oder das Freiwillige Ökologische Jahr absolvieren, übernehmen so doch sehr häufig, anders als ursprünglich vorgesehen, die Funktion von Lückenbüßern, denn die genannten Freiwilligenmaßnahmen dienen nicht mehr vordergründig dazu,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

junge Menschen mit sozialen Berufsfeldern vertraut zu machen, so, wie Sie auch, Frau Lochner-Borst, ja hier sehr zutreffend die ursprüngliche Zielstellung beschrieben haben. Freiwilligendienste übernehmen stattdessen zunehmend die Funktion, junge Menschen, die keinen Ausbildungsplatz finden, für wenig Geld unterzubringen, sie „zu parken“, könnte man sagen. Junge Menschen brauchen eine Perspektive und keine fragwürdigen „Parkplätze“.

Machen Sie also ernst mit Ihren Lippenbekenntnissen, verehrte Vertreter der Koalitionsfraktionen, auch verehrte Landesregierung! Setzen Sie sich dafür ein, dass die von Ihnen geforderte Erhöhung der Aufwendungen für das

FSJ oder für das FÖJ aus ESF-Mitteln zur Schaffung von sozialversicherungspflichtigen Ausbildungs- beziehungsweise Arbeitsplätzen in gemeinwohlorientierten Bereichen verwandt wird! Freiwilligendienste, wie hier auch gerade von der Ministerin beschrieben, gerade für Abiturienten sind doch etwas fragwürdig, wenn einerseits die Schulausbildungszeit auf zwölf Jahre verkürzt wird und andererseits den jungen Leuten anschließend nicht eine berufliche Perspektive geboten werden kann, sondern sie eben für wenig Geld

(Udo Pastörs, NPD: So ist das. Sehr richtig, Frau Kollegin.)

hier soziale Dienste für die Gemeinschaft leisten sollen.