Protocol of the Session on March 11, 2010

Ein Wort noch an Herrn Nieszery und an die Kollegen von der SPD:

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Natürlich erinnere ich mich sehr gut an gemeinsame Anträge hier im Landtag, an gemeinsame Anträge an den Bundesrat, auch an gemeinsame Vorhaben zum Erhalt des solidarischen Gesundheitswesens.

(Vincent Kokert, CDU: Ich möchte mich daran nicht erinnern.)

Ich halte es aber parlamentarisch für höchst problematisch, wenn eine Partei, eine Fraktion, ein tatsächlicher oder potenzieller Bündnispartner für bestimmte Themen, so, wie es Frau Seemann heute schon machte, einen Alleinvertretungsanspruch hier geltend macht. Wir sind gewählt als Opposition wie Sie als Koalition, weil wir die Interessen unserer Wählerinnen und Wähler vertreten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Deswegen müssen wir trotzdem nicht mit unserer Bürgerversicherung hier hausieren gehen, oder? – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Und das solidarisch-paritätische Gesundheitswesen, verehrter Herr Nieszery, ist unser intensives Anliegen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, unser auch, Frau Linke.)

Ja, lassen Sie uns konservativ sein, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Vincent Kokert, CDU: Aufhören!)

Bekennen wir uns zu den seit der bismarckschen Sozialgesetzgebung

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Hans Kreher, FDP)

altbewährten Grundsätzen der Solidarität und Parität in den Sozialversicherungssystemen!

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich bin gerne bereit, Herr Kokert, da Sie sich da nicht so auskennen, auch individuell mit Ihnen darüber zu sprechen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Harry Glawe, CDU: Sehr gut, sehr gut.)

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3280. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön.

(Toralf Schnur, FDP: Ihr müsst eurem eigenen Antrag zustimmen!)

Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3280 bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE und einigen Abgeordneten der Fraktion der NPD sowie Ablehnung durch die Fraktion der SPD, der CDU, der FDP und eines Abgeordneten der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 33: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Keine Strangulierung der Solarwirtschaft, Drucksache 5/3277.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Keine Strangulierung der Solarwirtschaft – Drucksache 5/3277 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Griese. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Erneuerbare-EnergienGesetz der rot-grünen Bundesregierung ist eine Erfolgsgeschichte. Damit ist eine Richtung in der Energiewirtschaft eingeschlagen worden, die deutlich macht, wir müssen raus aus dem atomar-fossilen Energiezeitalter hin zur Nutzung erneuerbarer Quellen, hin zu Energieeinsparung und Effizienzsteigerung bei der Energienutzung. Von Beginn an hat sich schnell gezeigt, dass diese Rich

tung im Widerspruch zur marktbeherrschenden Position der vier Energiemonopole steht und Lobbyisten und ihre Hintermänner alle Register ziehen, um ihre Position zu verteidigen.

Meine Fraktion geht davon aus, dass in naher Zukunft die Abkehr vom fossilen Energiezeitalter hin zur hundertprozentigen Nutzung erneuerbarer Quellen geschafft sein muss. Die Weichenstellung dafür muss die Politik vornehmen. Dann sind auch alle technischen und technologischen Herausforderungen für ein Land wie Deutschland zu meistern. Die Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken und neuen Kohlekraftwerken blockieren die dringend nötige Energiewende und werden deshalb von uns kategorisch abgelehnt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Große Kraftwerkseinheiten und auf sie zugeschnittene Netze und Regeltechnik fördern Monopolstrukturen, schwächen die Position von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie die von Kommunen. Die Quittung spüren die Endverbraucher, die Bürgerinnen und Bürger. Durch den fehlenden Wettbewerb der Mono polisten untereinander werden die Preise hoch und höher gehalten, denn Strom hätte längst billiger sein müssen. Schauen wir zur Großhandelsstrombörse in Leipzig. Hier sind die Elektrizitätspreise seit 2009 um 40 Prozent gesunken, für die privaten Verbraucher jedoch um 6 Prozent angestiegen. Kleinere Einheiten und flexible intelligente Infrastruktur verringern das Preisniveau, aber auch die Störanfälligkeit und fördern eine lokale politische Gestaltung.

DIE LINKE sieht in den erneuerbaren Energien auch demokratische Chancen.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Eine wachsende Zahl von lokalen Stromerzeugern – jede Kommune, jeder Hausbesitzer kann zum Wärme- und Stromproduzenten werden – verringert den wirtschaftlichen Einfluss der Energieriesen. Damit kann die Energieversorgung wieder in den Bereich der demokratisch legitimierten kommunalen Daseinsvorsorge zurückgeholt werden. Und was gerade angesichts der leeren kommunalen Kassen besonders wichtig ist: Die Kommunen können über den Weg ihre Einnahmen erhöhen und sind in der Lage, so andere wichtige Aufgaben zu erfüllen, für die heute kein Geld da ist.

Am Beispiel der Klimaschutz- und Energiepolitik kann Politik demonstrieren, was Nachhaltigkeit bedeutet, nämlich die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, nicht auf Kosten, sondern im Einklang mit sozialen, kulturellen, ökologischen Erfordernissen. Von der Energiebranche müsste man zumindest so viel Vernunft erwarten, dass sie sich einem solchen Rahmen nicht länger widersetzt. Gemeinwohlorientierung statt Profitmaximierung muss die Devise sein. Das Gegenteil erleben wir leider gerade. Deshalb ist die drastische Senkung der Einspeisevergütung von Solarstrom erstens ein politischer Schritt.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, der ist auch konsequent und richtig.)

Sie demonstriert zwar nicht eine Umkehr des eingeschlagenen Weges weg von fossilen und atomaren Rohstoffen zur Energieerzeugung, aber eine Blockade ist damit allemal verbunden.

(Hans Kreher, FDP: Im Gegenteil!)

Die Zementierung der Großkraftwerkstruktur und die Sicherung der bestehenden Monopolstrukturen scheint mir deshalb hinter dem Plan der Bundesregierung zu stecken.

(Hans Kreher, FDP: Ganz im Gegenteil, ganz im Gegenteil! Gucken Sie sich das mal genau an!)

Insofern ist es aberwitzig, den Wettbewerb auf dem Strommarkt zu fordern

(Hans Kreher, FDP: Sie haben das gar nicht verstanden.)

und ihn praktisch weiter zu verhindern. Das wäre im höchsten Maße verbraucherfeindlich.

(Hans Kreher, FDP: Das hat er nicht verstanden.)

Zweitens hat sich mithilfe des EEG gerade im Fotovoltaikbereich eine mittelständische Wirtschaft entwickelt, die jetzt in Gefahr ist. Vorsichtig gerechnet sind 60.000 direkte Arbeitsplätze entstanden in diesem Bereich, in Mecklenburg-Vorpommern circa 1.000 Arbeitsplätze zusammen mit den Zulieferunternehmen. Gerade die Fotovoltaik ist auf eine Energieerzeugung und -versorgung im Nahbereich der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet, braucht also dezentrale Strukturen. Stattdessen wird immer wieder mehr von den Brückentechnologien Atom- und Kohlekraft verbreitet und die erneuerbaren Energien werden für die hohen Kosten für die Verbraucher verantwortlich gemacht. Das ist sowohl populistisch, wie es auch falsch ist. Jede Technologie ist eine Brückentechnologie. Das war der Faustkeil, das ist die Tonware, das zu Bronze verschmolzene Kupfer und Zinn und auch die erste Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth. Sie alle wurden durch bessere Technologien ersetzt, aber nicht durch politische oder ideologische Gründe abgelöst.

Es ist in Deutschland eine gute Praxis, gewollte Technik- und Technologieentwicklung mittels zeitlich befristeter Subventionen zu forcieren. Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Stromerzeugung per Fotovoltaik von mickrigen 14 Megawatt auf 3.200 Megawatt entwickelt. Die Einspeisevergütung wurde jährlich degressiv um fünf Prozent zurückgefahren, 2008 sogar berechtigt durch den zunehmend geringeren Herstellungswert um acht Prozent und 2009 um zehn bis zwölf Prozent. Die Prognose wäre bei dieser Weiterentwicklung, dass in vier bis fünf Jahren die Stromkosten aus Fotovoltaik unter den Strompreisen liegen würden, wie sie der Endverbraucher aus der Steckdose bezieht. Deutschland würde weltweit auf diesem Gebiet Technologiemarktführer bleiben. Das ist doch eine wirtschaftlich sinnvolle Technologieförderung, meine Damen und Herren.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, die dann zu Billigpreisen in Asien produziert wird.)

Und jetzt kommt ein neues Argument, das ich ziemlich witzig finde: Das EEG würde vor allem Modulhersteller aus dem asiatischen Raum unterstützen. Dann frage ich mich, warum gerade die Hersteller in Deutschland nach der Ankündigung der Bundesregierung so in Sorge sind. Statt jetzt die Konkurrenz aus dem Ausland mit einer Technologieoffensive abzuwehren, streicht der neue Umweltminister Mittel der Innovationsförderung und damit infolge die deutsche Marktführerschaft. Zehn Jahre hat Deutschland die Technologieentwick

lung vorangetrieben. Jetzt, wo am Weltmarkt geerntet werden könnte, wird diesem Prozess der Strick um den Hals gelegt. Das ist der wahre Kausalzusammenhang. Die Sieger sind die ausländischen Hersteller. Ein Treppenwitz!

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich glaube, es ist ein Novum, dass DIE LINKE bei dieser Thematik eines Sinns mit der bayerischen CSU ist, denn Herr Seehofer ist genau zu der gleichen Schlussfolgerung zur Rettung der Solarindustrie in seinem Land gekommen. Rheinland-Pfalz und Thüringen haben sich inzwischen Seehofers Initiative angeschlossen.

Sind Sie es nicht, meine Damen und Herren von CDU und FDP, die ständig betonen, dass wir auf Wirtschaftlichkeit und Qualitätsarbeit setzen müssen und nicht nur billig der Maßstab sein kann? Die Absenkung der Energieeinspeisevergütung ist wegen der gefallenen Preise für Solarstromanlagen sinnvoll. Sie darf aber nicht dazu führen, dass die heimische Solarwirtschaft in Deutschland stranguliert wird.