Liebe Kollegen der Linkspartei, tun Sie uns allen einen Gefallen: Warten Sie diese neuen Berechnungsverfahren der Regelsätze ab!
(Irene Müller, DIE LINKE: Dadurch wissen wir dann, was wir in Mecklenburg machen müssen. Das ist aber ein Gedanke!)
können wir objektiv entscheiden, welcher Positionierung das neue Mecklenburg-Vorpommern dazu bedarf. Wir werden beides ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der erste hier zur Diskussion stehende Antrag ist symptomatisch für die Diskussion über Hartz IV.
Mit der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichtes am 9. Februar dieses Jahres war zu erwarten, dass es neuen Zündstoff für die Antragsteller geben wird. Das Urteil scheint eher zweitrangig. Hauptsache ist, es kann wieder zum Thema Hartz IV diskutiert werden. Worum geht es eigentlich in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes? Was genau ist denn grundgesetzwidrig?
Wenn man den Antrag liest, könnte man auf den Gedanken kommen, dass die Regelleistungen nach SGB II nicht ausreichen, um ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten.
Jedoch findet sich in der Pressemitteilung vom 9. Februar 2010 zum Urteil folgender Satz, ich darf zitieren: „Die in den Ausgangsverfahren geltenden Regelleistungen von 345, 311 und 207 Euro können zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht als unzureichend angesehen werden.“
Ihr Antrag, verehrte Kollegen von der LINKEN, beschreibt aber genau diesen Sachverhalt offensichtlich anders. Die Unvereinbarkeit von Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz ist aber in dieser Hinsicht nicht gegeben. Die Würde des Menschen ist im Einklang mit dem Sozialstaatspostulat durch die im SGB II festgelegte Höhe der Regelleistungen nicht verletzt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Grundgesetzwidrigkeit ist anderweitig einzuordnen. Die Art der Berechnung der Regelleistung ist des Pudels Kern, nicht die Summe unterm Strich. Die Grundlage der Bedarfsermittlung ist eine Hochrechnung einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus dem Jahr 1998. Die Hochrechnung basiert auf der Entwicklung des Rentenwertes, welcher sich an Bruttolöhnen, dem Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung und einem Nachhaltigkeitsfaktor orientiert.
Das Bundesverfassungsgericht verweist jedoch auf das gängige Statistikmodell, welches eine ausreichende empirische Grundlage zur Bestimmung des Regelsatzes liefert. Die Hochrechnung des Bedarfs mittels der statistischen Ermittlungsmethode orientiert sich an Nettolöhnen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten. Dafür notwendige Daten lagen durch die Einkommens-
und Verbrauchsstichproben aus dem Jahr 1998 vor und sollten zukünftig genutzt werden. Die vorliegende Stichprobe wurde zudem jedoch nicht ausreichend ausgewertet und einzelne prozentuale Abschläge wurden vorgenommen, ohne vorher festzustellen, ob die zum Vergleich herangezogene Bevölkerungsgruppe diese Ausgaben wie beispielsweise für Pelze oder Maßbekleidung überhaupt tätigt.
Das Gericht erkennt zwar an, dass die Abschläge eine gewisse Berechtigung haben, allerdings fehlt zur Begründung der Abschlagshöhe der empirische Beleg, wie beispielsweise die Kürzung um 15 Prozent der Stromkosten. Um diese Berechnungsmethoden geht es bei der Beanstandung des Gerichts, nicht aber notwendigerweise um die Höhe, die im Ergebnis herauskommt. Eine Orientierung am tatsächlichen Bedarf bedeutet nicht zwangsläufig höhere Geldleistungen. So macht zum Beispiel für Kinder Unterstützung in der Schule Sinn und eine kostenlose Teilnahme aller Empfänger an Kulturangeboten ist ebenfalls denkbar.
Die Bundesregierung hat bis zum 31. Dezember 2010 Zeit, einen geeigneten Weg zur Berechnung zu finden, welcher auf empirischen Grundlagen basiert, und dies wird von ihr auch gewährleistet. Die Position des Bundesfinanzministers Schäuble ist somit richtig, denn eine Erhöhung ist laut Urteil nicht per se notwendig. Lediglich die Berechnungsweise muss nachvollziehbar gestaltet sein.
Ich denke, dass der Redner hier vorn ein Recht darauf hat, dass Sie ihm zuhören. Ich bitte Sie, Ihre Gespräche doch einzuschränken und dem Redner hier die Aufmerksamkeit zu schenken.
Und ob am Ende nicht wieder 345 Euro unterm Strich stehen, ist von der neuen Berechnungsmethode abhängig.
Die Bundesregierung wird dafür sorgen, dass die aufgezeigten Missstände behoben werden und eine mit dem Grundgesetz vereinbare Regelung gefunden wird.
Auch der zweite Antrag zur Thematik Hartz IV ist leider nicht besser als der eben beschriebene. So gibt es, wie wir bereits gehört haben, von dem hierfür zuständigen IAB – Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung – bereits einen Bericht zum 5. Jahrestag der Reform.
(Irene Müller, DIE LINKE: Das gilt aber nicht für die arbeitsmarkt- politischen Instrumente in M-V.)
Mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahl in Mecklenburg-Vorpommern um fast 35 Prozent und einem Sinken der Arbeitslosenquote um 6,7 Prozent im Vergleich zu 2005 fällt dieser Trend für unser Bundesland sogar noch deutlicher aus als im Bundesdurchschnitt.
Sie sehen also, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, dass bereits relevante Zahlen für MecklenburgVorpommern vorliegen.
Schon deswegen bedarf es also keines neuen Berichts des Landes. Hinzu kommt aber noch, dass der vorgeschlagene Forschungsgegenstand, nämlich die Wir kungsforschung zum SGB II, im Paragrafen 55 des Gesetzes eindeutig geregelt ist. Die Zuständigkeit liegt nämlich beim Bundesministerium für Arbeit und bei der Bundesagentur für Arbeit, die diesem Auftrag durch die genannte Studie bereits nachgekommen sind.
(Irene Müller, DIE LINKE: Aha! Dann wird meine nächste Anfrage sein, welche arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen Sie getroffen haben.)
Auch aus diesem Grund ist also der hier gemachte Vorschlag eines neuen Berichts zurückzuweisen. Ich bitte daher um Ablehnung der Anträge. – Danke für die Aufmerksamkeit.