Protocol of the Session on December 7, 2006

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist gut so.)

Ich freue mich jetzt schon über eine positive Grundstimmung, die hier die FDP mit eingebracht hat. Und ich denke auch, dass der Abgeordnete Herr Dr. Timm sich schnell in dieses Thema einarbeiten wird, sodass er dann auch ein Spezialist und nicht mehr ein Greenhorn ist.

(Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Ich möchte noch mal deutlich sagen, geändert hat sich zu dem Thema Gentechnik seit dem August 2005 oder dem Juni des vergangenen Jahres, als wir die Debatte schon geführt haben, nicht sehr viel.

Zwei Dinge möchte ich doch anmerken. Zum einen hat die Europäische Kommission ein Urteil der WTO hingenommen, welches den hohen Schutzstatus – man höre – bei der Anwendung der grünen Gentechnik in fünf Staaten der EU, unter anderem in Deutschland, moniert hat. Und etwas anderes möchte ich anmerken, was auch entscheidend ist: Der Antragsteller ist nicht mehr in der Regierungsverantwortung.

(Egbert Liskow, CDU: Ach so?!)

Meine Damen und Herren, eines sei aber klar vorausgeschickt: Für den Einsatz der grünen Gentechnik gibt es rechtliche Vorgaben der EU und des Bundes. Diese müssen auch in Mecklenburg-Vorpommern eingehalten werden. So regelt die sogenannte Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG die Freisetzung sowie das In-VerkehrBringen von gentechnisch veränderten Organismen. Im Gentechnikgesetz wurden die europäischen Vorgaben in Bundesrecht überführt. Hiermit haben Landwirte und Verbraucher die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie gentechnisch veränderte Produkte nutzen wollen oder nicht. Da sind wir uns ja einig, wie wir es gehört haben. Hierzu, meine Damen und Herren, gehört eine größtmögliche Transparenz, aber auch die Koexistenz von herkömmlichen Produktionsverfahren und den Anbauverfahren mit gentechnisch veränderten Organismen.

Wir wissen schon heute, meine Damen und Herren, dass gentechnisch optimierte Pfl anzen eine höhere Schädlingsresistenz und wirksamere Abwehrmechanismen gegen Umwelteinfl üsse aufweisen können. Aus diesem Grunde benötigen sie einen verminderten Aufwand an Dünge- und Pfl anzenschutzmitteln und auch weniger Wasser, was nicht zu unterschätzen ist.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Das ist nicht erwiesen. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja ein Wunder! Das ist ja ein Wunder!)

Sie tragen somit zum Schutz der Umwelt bei.

(Zuruf von Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Hinzu kommt, dass gentechnisch optimierte Pfl anzen eine höhere Nahrungsmittelqualität bereitstellen können. Gerade aus diesen Gründen ist es unserer Auffassung nach notwendig, dass die Erforschung der Gentechnologie in nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen weiter gefördert wird

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

und auch die Praxis mit eingebunden wird in diese

Forschungsarbeit. Schon heute werden auf weit über 80 Millionen Hektar transgene Kulturen wie Soja, Mais, Raps und Baumwolle angebaut. Seit Jahren werden in Deutschland gentechnisch veränderter Mais oder Soja in der Landwirtschaft verfüttert. Allein diese Tatsache, meine Damen und Herren, verdeutlicht, dass es schon lange nicht mehr um die Frage geht, ob die Gentechnologie angewendet wird, sondern vielmehr um die Frage, wie sie angewendet werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP)

Und da kann ich Dr. Timm eben nur zustimmen.

Meine Damen und Herren, unter Punkt 2 Ihres Antrages fordern Sie die Landesregierung auf, sich gegenüber dem Bund und der Europäischen Union für eine eindeutige Kennzeichnungspfl icht von Lebensmitteln und Futtermitteln einzusetzen, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Genau, die gibt es nämlich schon.)

Dies, meine Damen und Herren, hat zur Folge, dass sämtliche Lebensmittel – sowohl die aus herkömmlicher als auch aus ökologischer Produktion – einer Untersuchung unterzogen werden müssen. Gerade beim Transport von Futter- und Lebensmitteln besteht die Gefahr, dass eine Verunreinigung von gentechnikfreien Produkten mit gentechnisch veränderten Produkten erfolgen kann. Das ist auch durch noch so restriktive Vorgaben eigentlich nicht zu verhindern. Gerade vor dem Hintergrund der internationalen Warenströme sowie der Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft ist eine hundertprozentige – und das möchte ich deutlich unterstreichen – Trennung gentechnisch veränderter und konventionell produzierter Produkte illusionär.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Dann hat man auch keine Wahlfreiheit mehr.)

Grundlage eines Koexistenzsystems wären Schwellenwerte, die geringfügige Spuren einer Beimischung zulassen.

(Zuruf von Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Ich bin nämlich auch der Meinung, meine Damen und Herren, wenn wir diese Forderungen stellen, da kann ich Sie gut verstehen, muss es aber auch möglich sein, die umzusetzen, denn sonst hilft uns das nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP)

Ich sage nur, die Forderung der Nulltoleranz – das muss man genau überlegen, ob sie überhaupt einhaltbar ist.

Unter Punkt 3 Ihres Antrages fordern Sie auf, dass ökologisch sensible Gebiete vom GVO-Anbau freizuhalten und Koexistenzregelungen so zu gestalten sind, dass sie Schutzziele in den ökologisch sensiblen Gebieten nicht gefährden. Wenn allein die von Ihnen aufgezählten Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturschutzgebiete vom Anbau gentechnisch veränderter Organismen ausgenommen werden, dann würde das in Mecklenburg-Vorpommern eine Fläche, wie Sie wissen, von 245.907 Hektar, das entspricht circa einer Landesfl äche von zehn Prozent, vom Anbau gentechnisch veränderter Organismen ausschließen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist bestimmt nicht zu viel.)

Es kommt ja noch mehr, Herr Professor Methling.

Auf welcher Rechtsgrundlage dieser Ausschluss erfolgen sollte, entzieht sich meiner Kenntnis.

(Zuruf von Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Weitere sensible Gebiete sind dann sicher auch noch die Naturschutzgebiete, die FFH-Gebiete, die Vogelschutzgebiete sowie die Naturparke unseres Landes. Dann wäre der Anbau von GVO im gesamten Lande doch mehr infrage gestellt. Und hier ist das Thema Wahlfreiheit wirklich anzusprechen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

Meine Damen und Herren, unter Punkt 4 Ihres Antrages fordern Sie bevorzugte Förderung und Einordnung von erklärtermaßen gentechnisch frei wirtschaftenden Unternehmen in die künftige Agrarinvestitionsförderung. Meiner Meinung nach heißt das im Klartext, dass Sie die Wahlfreiheit der Landwirte damit einschränken wollen und über Förderinstrumentarien gegen den Markt agieren wollen. Und ich denke, das ist eine Sache, die kann ich nicht gutheißen.

Meine Damen und Herren, wir als CDU begreifen die Gentechnik auch als Chance für die Herstellung von Biokraftstoffen. Die Anwendung der Gentechnik bereitet derzeit erhebliche Akzeptanzprobleme. Das wissen wir. Daher fordern wir, dass zunächst die Forschung vorangetrieben wird und die Informationspolitik verbessert wird, meine Damen und Herren. Und ich denke, heute einen guten Ansatz darin zu sehen, dass wir nicht in Panikmache verfallen, sondern deutlich machen, was Gentechnik bedeutet, welche Chancen und auch welche Risiken es gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Holznagel, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Pastörs?

Nein, bitte jetzt nicht. Nein.

Die Forschung muss die Möglichkeit zu praktischen Anwendungen unter Einhaltung höchster Sicherheitsanforderungen haben. Da sind wir uns einig. Wir bekennen uns zur Wahlfreiheit für Landwirte und Verbraucher und werden uns dafür einsetzen, dass die Regelungen der bevorstehenden dritten Novelle des Gentechnikgesetzes unbürokratisch und praxisorientiert anwendbar sind.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Na, schaun wir mal!)

Auch künftig wird Verbraucherschutz in diesem Bereich höchste Priorität haben. Dennoch lehnen wir eine fl ächendeckende Beschränkung, die außerhalb des Rechts steht, ab. Sollten die Landwirte einer Region sich auf freiwilliger Basis für eine gentechnikfreie Zone entscheiden, dann ist das in Ordnung, meine Damen und Herren, dann haben wir auch nichts dagegen. Wir sind aber dagegen, die Förderpolitik des Landes so auszulegen, dass die Erforschung und der Anbau von GVOs infrage gestellt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP)

Da es offensichtlich auf diesem Gebiet noch viele offene Fragen gibt, stimmen wir der Überweisung des Antrages in den Ausschuss zu und hoffen auf gute Beratungen zu diesem Thema.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, FDP und Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Danke, Frau Holznagel.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS Professor Dr. Tack. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag von MecklenburgVorpommern beschäftigt sich heute nicht das erste Mal mit Fragen der Entwicklung und Anwendung der grünen Gentechnik. Viele Dinge, die von meinen Vorrednern hier gesagt wurden, kann ich durchaus unterstreichen. In einem Land, das wegen fehlender größerer Alternativen einen Großteil seines Bruttoinlandsproduktes aus der Land- und Ernährungswirtschaft generieren wird und muss – und ich denke, darauf können wir alle stolz sein –, ist dieses Feld von besonderer Bedeutung und erfordert besondere Verantwortung. Nicht nur dieser Fakt ist bei der umfassenden Betrachtung der grünen Gentechnik zu berücksichtigen, sondern auch die Tatsache, dass Mecklenburg-Vorpommern wegen seiner Naturreichtümer zum Tourismusland Nummer eins geworden ist und dieses bleiben will und sollte. Und schließlich gilt: Die Entwicklung zum Gesundheitsland basiert sowohl auf gesunden natürlichen Bedingungen und einigen anderen günstigen Standortfaktoren, über die wir verfügen, als auch auf der Bereitstellung von gesunden Lebensmitteln mit einer überprüfbaren Herkunft.

Diese gleichzeitige Entwicklung aller drei Säulen einer nachhaltigen Gestaltung ist also Chance und Grundlage der Entwicklung des Landes und insbesondere des dominierenden ländlichen Raumes. Das verlangt eine integrierte Politik, das heißt eine Politik, in der die Wechsel wirkungen zwischen mindestens diesen drei Säulen umfassend beachtet, eingeschätzt und dann gesteuert werden.

Die letzte Befassung des Landtages war im Juni dieses Jahres auf Initiative meiner Vorgängerfraktion erfolgt und hatte konkrete Aufforderungen an die Landesregierung zur Einfl ussnahme auf eine Gentechnikpfl anzenerzeugungsverordnung des Bundes und die Kennzeichnungspfl ichten wie auch Fragen eines Ausgleichsfonds zum Inhalt. Der in der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU erfolgte offensichtliche Paradigmenwechsel, den Umweltschutz den ökonomischen Zwängen unterzuordnen, lässt unserer Ansicht nach Befürchtungen zum Umgang mit der grünen Gentechnik und Gentechnologie – ich möchte das sofort erweitern auf die Gentechnologie – aufkommen. Umso wichtiger sind deshalb eindeutige Klärungen.

Für die Entwicklung der von mir genannten drei Säulen kann ein zu liberaler Umgang mit der grünen Gentechnik mit irreparablen Schäden verbunden sein, weil grüne Gentechnologie eine besondere Technologie ist, die einmal ins Rollen gekommen nicht aufzuhalten sein wird.