Protocol of the Session on December 18, 2009

Danke schön, Herr Timm.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, über die Ziffern 1 bis 3 des Antrages einzeln abzustimmen.

Ich rufe auf die Ziffer 1 des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3024. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3024 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der NPD und Gegenstimmen der Fraktion der FDP angenommen.

Ich rufe auf die Ziffer 2 des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3024. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist die Ziffer 2 des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3024 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der FDP und zwei Stimmenthaltungen der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf die Ziffer 3 Antrages der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3024. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist die Ziffer 3 des Antrages der

Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3024 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktion der FDP und drei Stimmenthaltungen der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 34: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Raumordnungsverfahren für große Tierproduktions- und Bioenergieanlagen vorsehen, Drucksache 5/3023.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Raumordnungsverfahren für große Tierproduktions- und Bioenergieanlagen vorsehen – Drucksache 5/3023 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das fachliche Thema Raumordnung und Raumentwicklung gehört nicht unbedingt zu unserem Tagesgeschäft, deshalb zuvor ein paar einleitende Worte.

Einfach ausgedrückt heißt ja Raumplanung, unterschiedlichste raumbeanspruchte Nutzungen so unter einen Hut zu bringen, dass sie sich nicht gegenseitig behindern oder gar ausschließen. Um das zu erreichen, sucht man Kompromisse. Im Idealfall kann man so Nutzungskonflikte lösen oder zumindest minimieren.

Raumordnung erfolgt flächendeckend und abgestuft nach dem Bundesraumordnungsplan, den Landes- und Regionalentwicklungsplänen bis hin zu den kommunalen Bauleitplänen. Die Art der Nutzung baulicher Anlagen darf den Zielen und Grundsätzen dieser vorgenannten Planungen nicht entgegenstehen. Werden größere Auswirkungen auf die Umgebung und die Umwelt erwartet, muss eine landesplanerische Stellungnahme klären, ob die Planungen und die Maßnahmen mit den Erfordernissen der Raumordnung und Raumentwicklung übereinstimmen. Deshalb sind landesplanerische Stellungnahmen bei der Aufstellung aller kommunalen Bauleitpläne einzuholen.

Landesplanerische Stellungnahmen erfolgen auch innerhalb von Genehmigungsverfahren nach dem BundesImmissionsschutzgesetz. Sie beschränken sich aber ausschließlich auf die raumordnerischen Belange. Es erfolgt weder ein Beteiligungsverfahren noch eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Es handelt sich um behördliche Stellungnahmen der Landesplanungsämter.

Aber landesplanerische Stellungnahmen können auch Ergebnis von Raumordnungsverfahren sein. Und im Unterschied zu den rein behördlichen Stellungnahmen erfolgt bei Raumordnungsverfahren ein Beteiligungsverfahren der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit und eine integrierte Umweltverträglichkeitsprüfung. Und es wird nicht nur geprüft, ob das Verfahren raumverträglich ist, sondern aufgezeigt, wie Vorhaben aufeinander abgestimmt und durchgeführt werden können.

Das Problem ist, Raumordnungsverfahren sind nur für raumbedeutsame Vorhaben von überörtlicher Bedeutung vorgeschrieben. Ein Rechtsanspruch auf ein Raumordnungsverfahren besteht nicht. Das Bauministerium als die oberste Landesplanungsbehörde entscheidet allein über den jeweiligen Einzelfall.

Die Vorteile von Raumordnungsverfahren sind folgende:

Ein solches Verfahren schafft erstens für den Investor Planungssicherheit und fördert die Akzeptanz für das geplante Vorhaben.

Es bildet zweitens eine Informations- und Beurteilungsbasis für das nachstehende Zulassungsverfahren. Ein Raumordnungsverfahren erfolgt in einem sehr frühen Planungsstadium.

Damit sind drittens also Kompromisslösungen wie das Prüfen von Standortalternativen oder Änderungen der Planung noch möglich.

Das allein sind unserer Meinung nach drei richtig gute Gründe, die für ein Raumordnungsverfahren sprechen. Landesweit wurden bislang 176 Raumordnungsverfahren abgeschlossen, 15 weitere sind im Verfahren.

Meine Fraktion und ich wollen mit unserem Antrag erreichen, dass für große Tierproduktions- und Bioenergieanlagen ein Raumordnungsverfahren sozusagen zur Regel wird. Dazu braucht es Kriterien, nach denen die oberste Landesplanungsbehörde entscheiden kann, ob für die Beurteilung der Raumverträglichkeit entweder ein Raumordnungsverfahren erforderlich oder eine bloße behördliche Stellungnahme nach den Landesplanungsämtern im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ausreichend ist.

Das Wort „groß“ ist absichtlich gewählt, weil ein und dieselbe Anlage an unterschiedlichen Standorten auch sehr unterschiedliche Auswirkungen und damit auch unterschiedliche Konfliktpotenziale haben kann. Wir meinen damit Anlagen, die in der Regel oberhalb der Schwellengrenze liegen, für die eine obligatorische Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung besteht beziehungsweise ein ordentliches Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz durchzuführen ist.

Aus betriebswirtschaftlichen Gründen werden Tierproduktionsanlagen immer größer.

(Ute Schildt, SPD: Nicht immer, nicht immer!)

Solche Anlagen gehören im baurechtlichen Sinne nicht mehr zur Landwirtschaft, wo das Futter für die Tierhaltung überwiegend auf den zum Betrieb gehörenden Feldern erzeugt wird, sondern diese Anlagen sind Gewerbebetriebe für industrielle Tierproduktion.

Der Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung gehört neben der Nutzung von Sonne und Windkraft die Zukunft, aber auch diese Anlagen sollen zunehmend rein gewerblich betrieben werden, ohne Bezug zum Anfall an Biomasse aus den landwirtschaftlichen Betrieben. Aber je größer die Anlagen und je konzentrierter ihre Standorte sind, umso größer sind natürlich auch die Immissionen, umso größer sind die Auswirkungen auf die Umwelt und umso größer sind die Konflikte mit anderen Nutzern und Nutzungen.

Sie, Kolleginnen und Kollegen, werden sicher auch die Erfahrung gemacht haben, Planungen zur Tierhaltung und Bioenergieanlagen werden schon per se vom überwiegenden Teil der Bevölkerung abgelehnt. Man denkt zwangsläufig an Gestank, Lärm, Dreck. Keiner wird abstreiten, dass es durchaus Belastungen gibt, aber die müssen selbstverständlich erträglich und damit auch akzeptabel sein.

Ich sage hier deutlich, dieser Antrag soll weder Tierhaltung noch Bioenergieanlagen in unserem Land verhin

dern – das möchte ich ausdrücklich betonen – oder deren Einrichtung und deren Bau erschweren. Wir wollen auf der anderen Seite keine Lobbyarbeit betreiben für ehemalige Städter, die aufs Land gezogen sind und sich nun wundern, wenn es nicht nur nach Flieder duftet,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

sondern der Landwirt von nebenan Tiere hält, die er mit selbst erzeugtem Futter versorgt, und dann anschließend die anfallende Biomasse verwertet. Im Gegenteil, wir wollen die Akzeptanz von Tierproduktions- und Bioenergieanlagen erhöhen, indem die Öffentlichkeit sehr früh in alle sie betreffenden Fragen einbezogen wird.

Es liegt auf der Hand: Im Anfangsstadium der Planungen sind noch Kompromisslösungen möglich. Das können beispielsweise Standortalternativen sein oder Änderungen der Kapazität oder technische Lösungen, die die Belastung reduzieren. Aber ich mache keinen Hehl daraus, dass wir zu große, völlig überdimensionierte Anlagen, die andere Nutzungen wie Wohnen und Tourismus in der Umgebung ausschließen oder kaputt machen, natürlich auch ablehnen.

Wie sollen nun die Kriterien aussehen? Wir haben uns in Sachsen-Anhalt umgesehen. Dort wurde eine parlamentarische Initiative der Landtagsfraktion DIE LINKE zur Feststellung von Obergrenzen für Tierbestandskonzentrationen in die Fachausschüsse überwiesen und dann überparteilich und sachlich bearbeitet. Das Resultat kann sich sehen lassen: ein inhaltlich geänderter, mehrheitlich angenommener Landtagsbeschluss – und genau das ist auch unser Ziel.

Die Landesregierung Sachsen-Anhalt hat zwischenzeitlich gehandelt. Ein Erlass liegt vor, der ab Jahresbeginn 2010 anzuwenden ist. Er gilt für die Errichtung von genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BundesImmissionsschutzgesetz sowie für die eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung besteht.

Ich nenne die Prüfkriterien, die sich inhaltlich untersetzt im Erlass wiederfinden und die wir für die inhaltliche Beratung in unseren Fachausschüssen auch nutzen sollten:

Im Rahmen der landesplanerischen Prüfung ist zu berücksichtigen, ob

1. Raumnutzungskonflikte auftreten können,

2. der Abstand der Standorte zur Bebauung eine Prüfung erfordert,

3. die Flächeninanspruchnahme des Vorhabens eine Raumbedeutsamkeit erkennen lässt,

4. wertvolle landwirtschaftliche Flächen in Anspruch genommen werden,

5. die verkehrliche Belastung für die Bevölkerung stark ansteigt,

6. durch die Betrachtung der kumulativen Wirkung erhebliche Belastungen der Bevölkerung nicht ausgeschlossen werden können,

7. die Verwertung der Wirtschaftsdünger erhebliche Belastungen in der Region erwarten lässt.

Sobald die Nummer 1 oder die Nummern 2 bis 7 mehrheitlich zutreffen, ist also ein Raumordnungsverfahren durchzuführen. Diese Kriterien sollten unserer Meinung nach grundsätzlich Diskussionsgrundlage sein und nicht nur für Tierhaltungsanlagen, sondern ebenso für Bioenergieanlagen genutzt werden.

Nun hoffe ich auf eine inhaltliche, konstruktive und auch sachliche Diskussion in den Ausschüssen, um Kriterien zu erarbeiten, die auf Mecklenburg-Vorpommern zugeschnitten sind. Die Landesregierung sollte die modifizierten Kriterien dann weiter untersetzen und auf dem Wege des Erlasses auch verabschieden. Der unbestimmte Rechtsbegriff „groß“ soll mit Sachverstand, Erfahrung und natürlich politischem Gespür in die richtige Dimension gebracht werden.

Ich beantrage daher die Überweisung in den Ausschuss für Verkehr, Bau und Landesentwicklung als federführenden Ausschuss und zweitens natürlich auch in den Ausschuss für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz als den mitberatenden Ausschuss. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Lück.