Ich denke mir, dass wir natürlich auf keinen Fall vergessen dürfen, weiter einen Blick darauf zu haben, wie sich die Gesetzlichkeiten entwickeln. Ich habe hier mit Absicht die Worte „handwerkliche Schussligkeiten“ oder „Fehler“ nicht verwendet, weil ich das als eine Diffamierung des Handwerks empfinde. Aber die Fehler, die gemacht worden sind, die Lücken, die geschlossen werden müssen, um Menschenwürde voll behandeln zu können, die sollen weiter geschlossen werden, wie das bisher auch immer gemacht wurde. Da sind die demokratischen Fraktionen dabei.
Ich möchte trotzdem nicht verhehlen, dass unsere Fraktion nach wie vor gegen Arbeitslosengeld II in der Art und Weise ist, wie es jetzt daherkommt. Wir sind gegen eine gesetzliche Armut und das werden wir auch weiter unterstreichen in unseren Aktionen. – Danke.
Was Sie da so gesagt haben, Frau Müller, war in verschiedener Hinsicht nicht ganz richtig. Erstens war das etwas Neues, was ich hier gesagt habe. Es war mir zum Teil selber neu. Ich habe nämlich neu recherchiert,
was die Warnzeichen und Symptome für verschiedene Krankheiten sind. Übrigens interessant, sollte sich jeder mal mit beschäftigen.
Weiterhin ist es auch nicht richtig, dass hier Strafgefangene ausgespielt werden sollen gegen Hartz-IV-Empfänger. Das ist völlig in Ordnung, dass Strafgefangene eine anständige medizinische Versorgung bekommen,
aber Hartz-IV-Empfänger bitte auch. Dreimal Arbeitsgelegenheit verweigern ist nicht so schlimm wie drei Morde, würde ich mal sagen. Da sollte man wenigstens die gleiche Krankenversicherung kriegen.
Was Sie da erzählen von Sanktionsmoratorium oder Koalitionsvertrag, ist kein Ersatz für eine Gesetzesänderung. Die Gesetzeslage ist immer noch so, wie sie ist, und das heißt, Hartz IV ist nicht nur unsozial, sondern auch gefährlich. Da müssen sich nur zwei Änderungen in Ihrem Leben abspielen. Einmal werden Sie langzeitarbeitslos, dann kriegen Sie noch Sanktionen, berechtigt oder unberechtigt, aber jedenfalls erst mal wirksam. Dann sind Sie nicht nur arm, sondern sie sind auch draußen aus fast der gesamten Gesundheitsversorgung, wie ich das geschildert habe. Das ist als Strafe ein bisschen hart dafür, dass man auf dem Arbeitsmarkt Pech gehabt hat.
Was kann man nun in der Praxis machen, wenn die Gesetze so bleiben, wie sie sind? Wer ein bisschen clever ist, wird das umgehen. Der wird zum Arzt gehen, wenn er denn irgendeines dieser Warnzeichen verspürt, und sagen: Ich habe auch noch furchtbare Schmerzen, grausam, furchtbar, Notfall. Und der Arzt, ich könnte mir denken, dass die meisten Ärzte das machen, wird dann sagen zu einem, der ein bisschen begriffsstutzig ist: Sie haben doch sicher auch noch furchtbare Schmerzen, oder was? Furchtbar, furchtbar, und dann wird er in die Notfallliste eingetragen.
Aber die müssen natürlich damit rechnen, dass sie dann unter Umständen Schwierigkeiten kriegen. Und wenn alles nichts hilft, dann stellen Sie sich halt vors Innenministerium, singen ein paar verfassungswidrige Lieder und peng, kommen Sie ins Gefängnis und schon haben Sie eine vernünftige Krankenversorgung. Das funktioniert immer. Weniger zu raten wäre zu anderen Delikten. Wenn
Sie dann ein Auto anzünden vor dem Innenministerium oder eine Bank überfallen in der Nähe, da können Sie immer gleich auf freien Fuß gesetzt werden. In diesem Land werden ja sogar Kinderschänder locker wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Haftbefehl wird ausgesetzt.
(Dr. Margret Seemann, SPD: Können Sie Ihre konfusen Äußerungen mal woanders äußern und nicht hier bei uns?)
Aber mit politischen Delikten sind Sie immer sicher. Dann kommen Sie in den Knast, haben eine gute Gesundheitsversorgung. Man könnte wirklich zynisch sein und sagen: Was soll‘s eigentlich?!
Nehmen wir an, Sie haben Augenprobleme. Sie haben den Eindruck, dass Sie Symptome haben für eine beginnende Augenerkrankung. Es gibt eine, bei der steigt der Innendruck des Auges. Das hat auch kaum aktuelle Beschwerden, die man spürt, bis man tatsächlich erblinden kann. In dem Fall sind Sie einerseits entweder Hartz-IV-Empfänger mit Sanktionen oder Sie sind normales Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse, da warten Sie auch ein Jahr auf den Augenarzt in manchen der Regionen in unserem glorreichen Gesundheitsland Nummer eins.
Letztendlich, wenn es schon nichts bringt, hier an die Mindestmoral zu appellieren, dass man Menschen wenigstens nicht aus der Gesundheitsversorgung ausstößt,
nur weil sie sanktionierte Hartz-IV-Empfänger sind, dann vielleicht noch an den Erwerbssinn. Der dürfte bei einigen von Ihnen ja noch ausgeprägt sein. Wenn Sie das nämlich machen, um Geld zu sparen, und Sie denken, Sie sparen damit, und Sie geben einem während seiner Sanktionen keine normalen Vorsorgeuntersuchungen oder Beschwerdenuntersuchungen für Warnzeichen von Krankheiten, dann wird der, wenn er wieder zurückkommt, erst richtig krank sein. Ein Krebspatient im fortgeschrittenen Stadium ist viel teurer als einer im Anfangsstadium. Das sollten sich vielleicht die Herren in der neuen Koalition mal überlegen. Dann können Sie von Ihren Supersteuergeschenken wieder einen winzigen Teil wenigstens einsparen.
Und um Ihnen die Gelegenheit zu geben, sich gleichzeitig zu Inhumanität und zu politischer Dummheit zu bekennen, beantrage ich im Namen meiner Fraktion was? – Namentliche Abstimmung.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2912. Die Fraktion der NPD hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Antrag auf Drucksache 5/2912 eine namentliche Abstimmung beantragt.
Meine Damen und Herren, wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Ich bitte den Schriftführer, die Namen aufzurufen.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche für zwei Minuten die Sitzung.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. An der Abstimmung haben insgesamt 56 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 5 Abgeordnete, mit Nein stimmten 51 Abgeordnete. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2912 abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 37: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Für eine Reform der Mutterschutzrichtlinie, Drucksache 5/2923.