Protocol of the Session on October 22, 2009

Es ist zu früh, konkrete Diskussionen zu diesen Punkten zu führen.

Aus dem Kohäsionsfonds werden derzeit vor allem Finanzierungsmittel für Infrastrukturvorhaben in den Bereichen Umwelt und Verkehr gewährt. Die Strukturfondsmittel und die Mittel aus dem Kohäsionsfonds machen 35 Prozent des EU-Gemeinschaftshaushalts aus. Sie sind damit der zweitgrößte Haushaltsposten, was auch zeigt, welche Bedeutung die EU den damit finanzierten Maßnahmen zubilligt.

Mecklenburg-Vorpommern als Ziel-1-Gebiet stehen in dieser Förderperiode insgesamt 2,709 Millionen, nein, 2,709 Milliarden Euro EU-Fördermittel zur Verfügung,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Toralf Schnur, FDP: Na aber!)

die wir auch alle nutzen wollen. Darüber besteht fraktionsübergreifend Einigkeit.

Nichtsdestotrotz, meine Damen und Herren, denke ich, ist es wichtig, schon heute darüber zu diskutieren, wie wir diese Mittel zukünftig verwenden wollen. Denn wenn ich den Barca-Bericht richtig gelesen habe, dann wird die Kohäsionspolitik in der nächsten Förderperiode nicht

mehr einfach nur als Umverteilungspolitik ausgestaltet, sondern die Mitgliedsstaaten müssen konzeptionelle, politische und operationelle Vorstellungen haben, wofür sie diese Mittel verwenden wollen.

(Harry Glawe, CDU: Richtig, da braucht man ein bisschen Zeit für.)

Na ja, und, Herr Minister Seidel, der Senat von Berlin war da ein bisschen schneller als wir,

(Toralf Schnur, FDP: Ja, wer regiert denn da? Sagen Sie mal!)

denn er hat diese Grundsatzfragen bereits im Sommer für sich geklärt.

(Toralf Schnur, FDP: Aber nur da, wo die Linken sind. Da ist doch überall der Pleitegeier. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Minister Jürgen Seidel)

Herr Minister, ich mache Sie darauf aufmerksam, …

Es geht also schon. Wir alle wissen, dass Mecklenburg-Vorpommern auch in der nächsten Förderperiode dringend auf die EU-Strukturfondsmittel angewiesen sein wird,

(Toralf Schnur, FDP: Höchste Arbeitslosigkeit, aber Reden schwingen.)

und wir werden wohl Dank der CDU, wie uns Herr Waldmüller hier erklärt hat, die Ziel-1-Kriterien nicht erreichen. Da ist der Hinweis des Ministers auf das von der Landesregierung angestrebte Phasing out eine Möglichkeit, sich darauf einzustellen.

Aber, meine Damen und Herren, die Landespolitik muss auf die neuen Herausforderungen der EU-Finanzpolitik und auf die Anforderungen, die die EU ab 2013 an die Verteilung der Strukturfondsmittel stellt, schon jetzt reagieren. Denn es geht darum, Strategien für die Zukunft des Landes zu entwickeln. Es geht darum, Schwerpunkte im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung zu setzen, wie mein Kollege Borchert zu Recht ausführte.

(Toralf Schnur, FDP: Das stimmt.)

Wir jedenfalls vermissen eine intensive inhaltliche Aus einandersetzung der Landesregierung zur zukünftigen Ausrichtung des Landes

(Harry Glawe, CDU: Wir arbeiten doch schon dran, so, wie sich das gehört.)

und können keine klare Strategie für das Land erkennen.

(Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Toralf Schnur, FDP)

Aber wie können wir uns als Parlament einig darüber werden, wofür wir diese Mittel einsetzen wollen, wenn es keine Diskussionen darüber gibt, wo sich die Entwicklungsschwerpunkte dieses Landes befinden sollen, in welche Richtung wir dieses Land entwickeln wollen.

Und, Herr Minister Seidel, gerade weil die ESF-Mittel so verwendet werden, wie Sie es mit den Sozialpartnern für diese Förderperiode abgesprochen haben, das wird in der nächsten Förderperiode so nicht mehr möglich sein. In der letzten Landtagssitzung hat meine Fraktion den Antrag gestellt, in einem Diskussionsprozess

zu prüfen, ob wir nicht einen Paradigmenwechsel in der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik unseres Landes brauchen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

um eine wirklich gleichmäßige, eine nachhaltige Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern abzusichern. Darüber intensiver zu diskutieren, haben Sie mehrheitlich abgelehnt. Ja, Herr Glawe, weil Sie nur meinen, dass wir nichts weiter können als ÖBS.

Aber, meine Damen und Herren, wie soll es beispielsweise weitergehen im Bereich der maritimen Wirtschaft? Was hat wirklich Zukunft? Was nicht? Worauf müssen wir uns in der Perspektive konzentrieren? Worauf wollen wir die weniger werdenden Mittel konzentrieren? Das sind Fragen, die bereits heute zu beantworten sind, damit wir die nächste Strukturfondsperiode so effektiv wie möglich nutzen können.

Meine Damen und Herren, im Barca-Bericht sind die Kriterien zur Mittelvergabe ab 2013 vorgegeben. Hier muss die Frage erlaubt sein, wie steht denn die Landesregierung dazu, beispielsweise zur Entwicklung Mecklenburg-Vorpommerns als Wissenschaftsstandort oder zur stärkeren Nutzung von Darlehen statt Zuschussfinanzierungen, um hier nur einige Aspekte zu nennen.

Ich verweise wiederum auf die Haushaltsdebatte, gerade im Wirtschaftsausschuss. Unsere Vorschläge, sich verstärkt auf die Förderung der wissensbasierten Wirtschaft von Produktinnovation und neuen Technologien zu konzentrieren, sind allesamt abgewiesen worden. Wir machen herkömmliche Wirtschaftsförderung. Wir aber bleiben dabei, dass genau diese Diskussion mit Blick auf den künftigen Einsatz der Strukturfondsmittel unbedingt weiterzuführen ist.

In diesen Kontext stellen wir auch die im Barca-Bericht formulierte Forderung, soziale Integration und die Entwicklung einer territorial orientierten Sozialagenda in den Vordergrund zu rücken – in der neuen Strukturfondsperiode. Klar ist, dass die soziale Dimension deutlich zunehmen wird. Deshalb, und dafür werden wir weiter streiten, muss der Europäische Sozialfonds eine viel größere Bedeutung als bisher erhalten.

(Harry Glawe, CDU: Da habt ihr ja einschlägige Erfahrungen mit dem AQMV. Das habt ihr auch zu spät geändert.)

Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag beabsichtigen wir, dass die Landesregierung dem Parlament darlegt, wie die EU-Kohäsionspolitik auszugestalten ist, um die Handlungsspielräume des Landes und seiner Kommunen im Hinblick auf die eigene Entwicklung am besten zu gewährleisten.

(Vincent Kokert, CDU: Aufhören!)

Ich nenne nur die Stichworte „regionale Eigenverantwortung stärken“ und „dezentrale Ansätze in der Kohäsionspolitik weiter ausbauen“. Das sind, unserer Auffassung nach, Forderungen, die die Landesregierung gegenüber der EU-Kommission unbedingt vertreten muss. Dabei sind neben den Erfahrungen aus der aktuellen Förderperiode auch die Auswirkungen künftiger Herausforderungen zu berücksichtigen.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Da denke ich nur an die demografische Entwicklung oder den Klimaschutz.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Meine Damen und Herren, ich finde es sehr bedauerlich, dass hier die CDU meint, den Stein der Weisen gefunden zu haben,

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Toralf Schnur, FDP)

und eine so wichtige Verständigung der demokratischen Fraktionen zu dieser Problematik ablehnt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Schwebs.

Ich schließe die Aussprache.

(Minister Jürgen Seidel: Nee, nee, nee!)

Der Minister hat noch einmal um das Wort gebeten. Herr Minister, Sie haben das Wort.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Jetzt ist die Debatte wieder eröffnet.)

Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung. Es ist ein bisschen spät, ich weiß es, aber ich kann das nicht so stehen lassen, was Frau Schwebs hier gesagt hat.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na ja, dann schauen wir mal.)

Ich will darauf schon eingehen: Frau Schwebs, es tut mir leid. Wenn Sie Vorschläge hier machen, von denen wir Ihnen mit den jetzigen Programmvorstellungen, mit den jetzigen Programmförderungen ganz eindeutig nachweisen, dass wir es jetzt tun und dass wir auch gewillt sind, es vielleicht nicht in der Größenordnung fortsetzen zu können, das wird wahrscheinlich so kommen, aber ansonsten diese Schwerpunkte auch weiterführen zu wollen, dann müssen Sie es halt erdulden, dass wir Ihre Anträge ablehnen. Das ist dann so.

Ich will Ihnen sagen: Sie fordern hier Darlehensförderung – wir haben die Darlehensförderung eingeführt.