Protocol of the Session on October 21, 2009

was mit den kommunalen Badestellen und deren Stegen?

Werden die Angler und die Berufsfischer die Gewässer weiter nutzen können und, wenn ja, zu welchen Konditionen?

Werden wirtschaftliche Interessen denen der Erhaltung der Natur entgegenstehen?

Kann eine Privatisierung der Hälfte des Malchiner Sees im Naturpark Mecklenburgische Schweiz und Kummerower See den Schutzzielen des Naturparks dienlich sein?

Im Interesse der Menschen in unserem Land, im Interesse der Angler und der Berufsfischer, im Interesse der Natur und im Interesse des Tourismus fordern wir: keine Privatisierung von Gewässerflächen der BVVG in Mecklenburg-Vorpommern! – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Vielen Dank, Frau Schildt.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir ehrlich sind, hat die Aktuelle Stunde heute Morgen zwischen 8.30 Uhr und 10.00 Uhr vor dem Landtag stattgefunden, als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gegen das FAG, gegen das Finanzausgleichsgesetz demonstriert haben.

(Udo Pastörs, NPD: Die haben gegen sich selbst demonstriert.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Schildt, ich habe lange darüber nachgedacht, ob dieses Thema in die Aktuelle Stunde gehört oder nicht. Das ist Ihre Entscheidung.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Wir wissen, dass es seit Sommer 2009 ein Moratorium über die Privatisierung der Seen durch die bundeseigene Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH gibt, und ich kann verstehen, dass Sie als SPD und Sie als Betroffene mit dem halben Malchiner See etwas gegen die Privatisierung der Gewässer in Mecklenburg-Vorpommern unternehmen wollen. Aber es gibt viele andere wichtige Themen, die den Menschen auf den Nägeln brennen. Ich könnte mir vorstellen, wir hätten über fünf Jahre Hartz IV diskutiert, über die finanzielle Situation der Kommunen, über das, was zurzeit zwischen CDU und FDP in Berlin ausgehandelt wird, sittenwidrige Löhne kontra Mindestlohn oder auch die Fragen der Zweiklassenimpfung gegen die Schweinegrippe

(Harry Glawe, CDU: Quatsch!)

und selbst ein Thema wie „keine Endlagerung von Atommüll in Lubmin“ wären aktuell. Diese Themen müssen wir debattieren und ich bin der Überzeugung, wir werden sie auch debattieren.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich bin der Überzeugung, dass wir all diese Themen so oder so, Herr Glawe, hier auf die Tagesordnung bringen. Da können Sie sicher sein.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Jetzt hat die SPD beantragt, über die Privatisierungsstrategien der Bundesregierung zu sprechen. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der SPD, was Sie ganz konkret wollen. Frau Schildt hat es eben noch mal deutlich gemacht, dass es doch nicht übersichtlich ist, in welche Richtung Ihre Politik geht.

(Vincent Kokert, CDU: Wieso? Das hat sie doch ganz deutlich gesagt. Da haben Sie doch nicht zugehört. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Nun hören Sie mir doch erst mal zu.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie können doch nicht das behaupten, was gar nicht stimmt, Herr Holter.)

Sie hatten auf der einen Seite von einem Aussetzen bis 2012 gesprochen, in Bezug auf die Seen keine Privatisierung. Und da stimmen wir überein.

(Vincent Kokert, CDU: Aha!)

Ich will das hier noch mal deutlich machen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es wäre Zeit für einen Antrag gewesen und nicht für eine Aktuelle Stunde.)

Sind Sie, meine Damen und Herren von der SPD, für die weitere Privatisierung gesellschaftlichen Eigentums oder dessen Sicherung? Und dass es Möglichkeiten gibt, sogar einstige Privatisierungen wieder umzukehren, haben wir ja gerade erfahren. Meine Fraktion und ich freuen uns, dass die Vattenfall-Anteile an der WEMAG rekommunalisiert werden. Wir können eine solche Entwicklung nur begrüßen und unterstützen ausdrücklich die Gemeinden bei ihren Entscheidungen, diese Anteile zu übernehmen.

(Udo Pastörs, NPD: Das wird eine Last werden für die Kommunen.)

Damit, um auf die Seen zurückzukommen, die Seen erst gar nicht privatisiert werden, muss aus dem Moratorium tatsächlich ein Privatisierungsstopp werden. Das hat Frau Schildt gefordert und da will ich sie ausdrücklich unterstützen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und das wäre doch ein schöner Antrag gewesen.)

Dazu ist aber ein anderer politischer Antrag für die BVVG notwendig.

Und, Frau Schildt, das kann ich Ihnen nicht ersparen, da müssen auch Ihre Bundestagsabgeordneten etwas über diese Privatisierungsstrategie wissen. So zeigte sich Ihr Abgeordneter Herr Hacker in einer Wahlkampfveranstaltung sehr verwundert, dass die BVVG beabsichtigt, die Seen in Mecklenburg-Vorpommern zu privatisieren. Davon hätte er keine Kenntnis, war seine Aussage. So weit ich weiß, hat die SPD seit 1998 den Bundesfinanzminister gestellt, und der Bundesfinanzminister ist der Dienstherr der BVVG.

(Gino Leonhard, FDP: So ist das. – Peter Ritter, DIE LINKE: War, war!)

Deswegen, meine Damen und Herren, geht es tatsächlich um einen politischen, einen anderen gesetzlichen Auftrag für die BVVG, wenn man dann will, dass das mit den Privatisierungen gestoppt wird. Zu Recht – und darauf hat Frau Schildt hingewiesen – hat die Tätigkeit der BVVG hier im Landtag Mecklenburg-Vorpommern des Öfteren eine Rolle gespielt. Auch die Privatisierungspolitik haben wir diskutiert. Aber mir ist kein Antrag und keine Debatte in Erinnerung, in der dieser Politik und vor allen ihren Auswirkungen zugestimmt wurde.

Wir, DIE LINKE, haben seit Langem den Privatisierungszwang und die Verkaufsrichtlinien der BVVG kritisiert und

wir haben dazu auch verschiedene parlamentarische Initiativen entwickelt und hier eingebracht. Eine letzte war unser Antrag mit dem Titel „Entwicklungschancen im ländlichen Raum erhalten – Bodenzugang für einheimische Landwirtschaftsbetriebe sichern“. Wir haben dazu in gemeinsamer Absprache eine öffentliche Anhörung durchgeführt und es wurde sehr schnell klar, dass es weder um die Stabilisierung der Agrarstrukturen noch um die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums geht.

Die Privatisierungen haben nur ein Ziel, Geld in die Bundesschatulle zu spülen, möglichst viel Geld, das wissen wir. Auch Sie, Frau Schildt, haben mehr oder weniger darüber gesprochen. Auch die damalige BundLänder-Vereinbarung zur Ausgestaltung des Privatisierungsauftrages der BVVG bleibt wirkungslos und wurde in der Praxis der BVVG nicht beachtet. Ich kann da nur an Preisfindung und die Einbeziehung der regionalen Preisgutachten erinnern.

Die erwähnte Anhörung, besonders der Druck des Landesbauernverbandes, hat zum Verkaufsmoratorium geführt, leider nicht wie gefordert für zwei Jahre, sondern nur bis Ende dieses Jahres, aber immerhin mit der Möglichkeit, die Preisfindungsmodalitäten neu zu justieren. Aber das ändert nichts an dem Grundauftrag der BVVG. War die BVVG langzeitig bisher genau das Gegenteil von dem, was man für die Entwicklung des Agrarsektors als positiv nachhaltig brauchte, so braucht man nicht viel Fantasie, um sich ihr Wirken wasserseitig bei der Privatisierung der Seen vorzustellen. Sie haben ja über entsprechende Preise gesprochen, die erzielt werden sollen. Das bedient also das Argument, dass möglichst viel Geld über den hohen Preis erzielt werden soll. Beispiele gibt es in der Bundesrepublik, insbesondere im Land Brandenburg, genug. Ich kann nur an den Wandlitzsee erinnern.

Ich darf hier einflechten, meine Damen und Herren, dass auch die CDU durchaus ein Misstrauen gegenüber der Politik der BVVG hat, denn wie soll ich es mir sonst erklären, dass die ostdeutschen agrarpolitischen Sprecher der CDU fordern, dass die Flächen der BVVG an die Länder übertragen werden, dann allerdings weiterhin privatisiert werden sollen? Also Ihr grundsätzliches Misstrauen auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite stehen Sie natürlich zu einer Privatisierung, nur der Nutznießer ist ein anderer. In dem Fall sollen es die Länder sein. Wir gehen ein Stück weiter und fragen, warum denn nicht tatsächlich dieses Eigentum in den Händen der öffentlichen Hand bleiben sollte.

Und hier stellt sich, Frau Schildt, tatsächlich die Frage: Warum haben Sie das als Thema der Aktuellen Stunde aufgesetzt und nicht mit einem regulären Antrag eine solche Position des Landtages hier zur Abstimmung gebracht? Ich weiß, ich kann es auch erklären. Aber wichtig ist, glaube ich schon, dass wir über diese Fragen sprechen.

Sie haben heute, meine Damen und Herren von der Koalition – und Herr Backhaus, wenn ich das richtig verstanden habe, wollen Sie auch noch sprechen –, tatsächlich ein paar Fragen zu beantworten, die auch der BUND stellt.

Die erste Frage lautet: Wie will das Land MecklenburgVorpommern die weitere Gewässerprivatisierung und damit möglichen negative Folgen verhindern?

Zweitens. Wenn der Landesregierung Informationen zu den zum Verkauf stehenden Seen vorliegen, warum werden diese Informationen nicht öffentlich zugänglich gemacht?

Drittens. Ist die Landesregierung, Herr Backhaus, bereit, eine entsprechende Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, um die weitere Privatisierung der Gewässer zu verhindern im Sinne eines Privatisierungsstopps?

Bisher habe ich davon nichts gehört, aber Sie haben ja Gelegenheit, diese Fragen hier zu beantworten.

Meine Damen und Herren, nun sollen durch die BVVG und ihre Boni kassierenden Manager die Seen mit dem Auslaufen des Moratoriums in den Vordergrund des Privatisierungsgeschäftes rücken. Diese Aufforderung ist offensichtlich notwendig, denn im Moment gibt es noch wenig Interessenten und die BVVG hat andere Schwerpunkte, als die Verkäufe nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz, dem EALG, abzuarbeiten. Die Angebote, das wissen wir, würden zuerst an die überaus solventen und kauflustigen Kommunen gehen, danach würden die Pächter gefragt werden, wie Anglerverband und Binnenfischer, und dann kommen die privaten Interessenten an die Reihe.

Ich will Ihnen ganz klar sagen, wie unsere Position ist: Seenland gehört nicht in Spekulantenhand.

(Beifall bei Abgeordneten der Fr aktion DIE LINKE – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Die Privatisierung der Seen muss nicht nur vorläufig gestoppt werden. Sämtliche noch in der Hand der BVVG befindlichen Seen sind durch eine Gesetzesänderung auf Bundesebene so schnell wie möglich unentgeltlich an die betroffenen Länder zu übertragen und eine weitere Privatisierung muss ausgeschlossen werden.

Da, Frau Schildt, bin ich Ihnen dankbar, dass Sie diese Position ebenfalls vertreten. Es ist eine Gemeinsamkeit, die wir hoffentlich nicht nur zwischen SPD und LINKE haben, sondern sich auch andere Fraktionen dieser Position anschließen können. Das würde dann auch die Position des zuständigen Ministers bei den entsprechenden Gesprächen und Verhandlungen tatsächlich stärken. Und das sollte zumindest mit der Aussprache heute hier erreicht werden.

Sie, Frau Schildt, haben auf die Gefahren hingewiesen, welche mit einer Privatisierung der Gewässer verbunden sind. Das betrifft die Badestellen, das betrifft die Stege, die Uferwege. Auch andere Freizeitbetätigungen auf den Seen werden dann möglicherweise eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich sein und es steht immer die Frage, zu welchen Kosten und zu welchem Preis dann die Nutzer hier herangezogen werden. Wir unterstützen ihre Proteste und auch die Proteste der Gemeinden und der Fischer um den Malchiner See und sprechen uns nachdrücklich für eine kostenlose Übergabe der Seengewässer als Allgemeingut in die Hand der Kommunen beziehungsweise unseres Landes aus.