Protocol of the Session on September 23, 2009

Ich rufe auf den Tagesordnung 18: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Arbeitsauftrag der Enquete-Kommission aktualisieren, Drucksache 5/2789.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Arbeitsauftrag der Enquete-Kommission aktualisieren – Drucksache 5/2789 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Tegtmeier von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren von den demokratischen Fraktionen!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Die Enquetekommission hat einen Ursprungsauftrag, über den wir heute noch nicht gesprochen haben, der gleichwohl sehr anspruchsvoll ist und für den leider mittlerweile nur noch sehr wenig Zeit zur Verfügung steht.

Sehr geehrte Damen und Herren, in seiner Novembersitzung des Jahres 2006 beschloss der Landtag die Einsetzung der Enquetekommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“. Und ganz wichtig hierbei ist, der Landtag stellte damals heraus, dass die Gemeinde der primäre politische Identifikations- und Gestaltungsraum der Bürgerinnen und Bürger ist und es daher wesentliche Aufgabe aller demokratischen Kräfte sei, die kommunale Selbstverwaltung nicht nur zu schützen, sondern auch zu stärken.

(Stefan Köster, NPD: Die beerdigen Sie gerade.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich will an dieser Stelle betonen, dass dies gerade unter den sich wandelnden Rahmenbedingungen nötiger denn je für die Menschen in unserem Land ist.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die Enquetekommission wurde mit dem Einsetzungsbeschluss beauftragt – und das hat der Innenminister heute schon mal angemerkt –, die aktuelle Situation der Kommunen in unserem Land vor dem Hintergrund der zu erwartenden finanziellen und demografischen Entwicklung zu analysieren,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

zu bewerten und Handlungsperspektiven zur Ausgestaltung dauerhaft leistungsfähiger Gemeindestrukturen aufzuzeigen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Abgewirtschaftet.)

Und wenn hier von zu erwartender finanzieller Entwicklung die Rede ist, dann ist das selbstverständlich seinerzeit noch nicht die Wirtschaftskrise gewesen, denn wir sind alle keine Hellseher,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

sondern damit ist die damals bereits bekannte Entwicklung unserer abschmelzenden Finanzen, zum Beispiel durch das Auslaufen der Solidarpaktmittel, gemeint.

Was die demografische Entwicklung im Land angeht, wissen wir auch schon lange, wie das aussieht. Wir müssen realisieren, dass wir im Jahr 2030 Landstriche

in Mecklenburg-Vorpommern haben werden, in denen über 50 Prozent der Bevölkerung bereits über 65 Jahre alt sein werden.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Beide Aspekte – finanzielle und demografische – sind lange bekannt. Wir müssen darauf reagieren, und zwar zügig.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Die Kommission sollte bei ihrer Arbeit ebenso die städtischen Verflechtungsräume als auch die ländlichen Regionen betrachten und prüfen,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

wie freiwillige Zusammenschlüsse von Gemeinden befördert werden können und ob vor dem Hintergrund der Stadt-Umland-Problematik möglicherweise auch Eingemeindungen in die Lösungsfindung einbezogen werden müssen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Macht doch eine Landesgemeinde auf!)

Die konstituierende Sitzung der Enquetekommission fand am 26.01.2007 statt und die Arbeit wurde auch zügig aufgenommen. Im September 2007 – unmittelbar nach der Sommerpause –, während sich die Enquetekommission gerade in der Anhörungsphase zur StadtUmland-Problematik der kreisfreien Städte befand, fasste der Landtag Mecklenburg-Vorpommern aber den Beschluss, über den wir hier vorhin auch schon ausführlicher gesprochen haben, den Arbeitsauftrag der Enquetekommission zu erweitern. Vorausgegangen, das wissen Sie alle, war das Urteil unseres Landesverfassungsgerichts, das unmittelbar vor der Sommerpause verkündet worden ist, in dem uns die Richter des Landesverfassungsgerichtes ins Stammbuch schrieben, dass die Paragrafen 72 bis 77 des Gesetzes über die Funktional- und Kreisstrukturreform nicht mit der Landesverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern vereinbar seien.

Aber allen war zu dem Zeitpunkt klar, auch das Gericht sah dies ganz genauso, dass unser Land für sein Fortbestehen eine Modernisierung der Verwaltung unbedingt benötigt. Also musste umgehend an einem neuen Gesetz gearbeitet werden. Der Landtag sah nun die Enquetekommission als das Landtagsgremium an, das hier die entsprechende Begleitung für ein Gesetzgebungsverfahren leisten könne. Entsprechend wurde der Erweiterungsauftrag erteilt. Dieser wurde in zwei Punkten aufgegliedert:

Erstens. In Vorbereitung eines neuen Gesetzes berät die Enquetekommission, die von der Landesregierung erarbeiteten allgemeinen Ziele sowie das Leitbild und die daraus entwickelten Leitlinien und leitet die Ergebnisse dem Landtag zu. Das, sehr geehrte Damen und Herren, haben wir erledigt. Wir haben die Angelegenheit sozusagen wieder vom Kopf auf die Füße gestellt und der Landtag hat sich in seiner 40. Sitzung die Auffassung der Enquetekommission zu eigen gemacht.

Dann war da aber auch noch die Ziffer 2, über die wir uns heute auch schon an anderer Stelle sehr emotional unterhalten haben. Danach sollte die Enquetekommission, und das zitierte Frau Měšťan vorhin bereits, die Auswirkungen verschiedener Modelle einer Funktional- und Kreisgebietsreform auf die kommunalen Gebietskörperschaften und gegebenenfalls die Landtagsverwaltung

im Hinblick auf die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durchzuführende Variantenprüfung zur Kreisstrukturreform analysieren und bewerten. Dazu sollten bestimmte Kriterien berücksichtigt und letztendlich dem Landtag über die Ergebnisse der Beratung bis zur Sommerpause 2009 ein Bericht vorgelegt werden.

Diesen Auftrag vermochte die Enquetekommission indes im vorgegebenen Zeitrahmen nicht zu erfüllen. Welche Umstände hier eine Rolle spielten, klang vorhin teilweise schon an, teilweise auch nicht. Teilweise war es sehr ärgerlich,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Für wen war es ärgerlich?)

aber es nützt alles nichts, darüber noch zu dementieren.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich wollte es doch nur wissen.)

Wir stehen jetzt bereits an einer anderen Stelle.

Auf der heutigen Landtagssitzung wurden über den Zwischenbericht Empfehlungen zum künftigen Status bislang kreisfreier Städte in Mecklenburg-Vorpommern bereits debattiert. Das war ein Teil dieses zweiten Punktes des Zusatzarbeitsauftrages der Enquetekommission. Fakt bleibt jedoch, dass die Landesregierung zwischenzeitlich Gesetzentwürfe sowohl zu den Kreisstrukturen als auch zur Aufgabenübertragung auf den Weg gebracht hat, die zum heutigen Zeitpunkt ja auch im Innenausschuss zur Beratung vorliegen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das heißt, wir hätten uns die letzten Monate sparen können und das Geld.)

Dem Innenausschuss obliegt es also nun seinerseits, alle Abwägungen zu treffen, die Punkt 2 des Erweiterungsauftrages der Enquetekommission beinhalten. Es würde unseres Erachtens unnütz Kräfte binden, wenn sich zwei Landtagsgremien, die personell gesehen, jedenfalls was die Abgeordneten betrifft, in großen Teilen ja deckungsgleich sind, mit demselben Sachverhalt auseinandersetzen würden.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir benötigen in der Enquetekommission unbedingt die vollständige verbliebene Beratungszeit, um dem Ursprungsauftrag gerecht werden zu können. Die anstehenden Probleme haben sich nicht in Luft aufgelöst, nein, ganz im Gegenteil, ihre Lösung ist dringlicher denn je erforderlich. Ich persönlich werde konsequent daran mitarbeiten,

(Udo Pastörs, NPD: Ich verspreche das.)

dass die Enquetekommission tatsächliche Handlungsperspektiven zur Ausgestaltung dauerhaft leistungsfähiger Gemeindestrukturen aufzeigen wird. Die kommunale Selbstverwaltung muss auf Dauer geschützt und gestärkt werden. Stimmen Sie unserem Antrag zu, für die gelebte Demokratie in unserem Land! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Frau Tegtmeier.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Abgeordnete Frau Měšťan von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin absolut beeindruckt, wie man nach zwei Jahren Enquetekommission mit einem Auftrag, der sich nicht im Wesentlichen verändert hat bis heute, hier die Begründung zu dem vorliegenden Antrag vorgetragen hat.

(Udo Pastörs, NPD: Ein gutes Geschäft.)

Aber nun zu meinem Redekonzept. Die Fraktion DIE LINKE wird den vorliegenden Antrag im Interesse einer zielführenden Arbeit der Enquetekommission unterstützen.

(Heinz Müller, SPD: Sehr schön. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Na, das ist doch was.)

Das haben Sie sicher auch erwartet, meine Damen und Herren,