Die Ergebnisse der Bildungskommission sind weder konsensual im eigentlichen Sinne entstanden noch durch Mehrheitsmeinungen. Dabei sind nicht alle Meinungen repräsentativ berücksichtigt worden, auch nicht die aller im Landtag vertretenen Parteien.
Einstimmige Empfehlungen erzeugen den unrealistischen Anschein der Objektivität. Die Chance, den Bericht abwägend und kontrovers zu gestalten, wurde von der Kommission eben nicht genutzt. Das ist erst mal unsere grundsätzliche Meinung dazu.
Zur Stellungnahme der Landesregierung, darauf kann ich jetzt nur in Stichworten eingehen, weil das natürlich ein sehr umfangreiches Papier ist.
Zur Demografie: Die Landesregierung weist einerseits darauf hin, dass frühe Förderung notwendig ist, sagt aber, dass die Betreuungsquote nur leicht zunehmen wird. Damit wird eigentlich die demografische Rendite nicht voll ausgeschöpft. Die Empfehlungen der Expertenkommission sind auf Qualitäts- und Effizienzsteigerung durch Umgestaltung und Reform ausgerichtet. Das bedeutet mehr und besser ausgebildetes Personal. Die Forderung der Kommission zu einer Reduzierung der Elternbeiträge bleibt vorerst unbeantwortet.
Zur Qualität der Bildung: Kinder und Jugendliche sind im Hinblick auf ihren Entwicklungsstand, ihren kulturellen und sozialen Hintergrund, ihr Begabungspotenzial und ihr Geschlecht unterschiedlich. Dem soll durch konsequente Individualisierung begegnet werden. Dies ist eine, wenn nicht sogar die zentrale Erkenntnis der Kommission. Dies führt zu dem Schluss, dass durch individuelle Förderung jedem Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ein Bildungsabschluss ermöglicht werden kann, denn jede ohne Erfolg abgeschlossene Bildungskarriere ist nicht nur eine individuelle Tragödie, sondern auch ein sozialer und volkswirtschaftlicher Verlust. Weitere Qualitätssteigerungen im Bildungssystem sind hier unumgänglich.
Zur frühkindlichen Bildung: Der Bildungsauftrag der Kindertagesstätten soll gestärkt werden. Dies darf jedoch nicht allein zur Vorbereitung der Kinder auf die Schule verkürzt werden. Es muss eine gleichberechtigte Kooperation zwischen den Kindertagesstätten und der Grundschule sichergestellt werden. Das ist aus unserer Sicht ein ganz, ganz wichtiges Problem, dass wir hier diese Kooperation zwischen dem Bereich des Hortes und der Grundschule besser entwickeln.
Aus- und Weiterbildung der Erzieher, auch das erst mal als Stichwort: Die Kommission fordert eine schrittweise Umstellung auf eine Hochschulbildung des Fachpersonals der Kitas. Eine Hochschulausbildung für die Leiterinnen und Leiter von Kindertageseinrichtungen ist für Liberale selbstverständlich, wenn man frühkindliche Erziehung ernst nehmen will.
Dann bitte, dann soll es laufen. Ich habe es noch nicht so richtig gemerkt. Also Sie sagen immer wieder, Herr Minister, obwohl Sie hier nicht dazwischenreden dürfen,
Aber dann machen Sie es, Sie sagen es immer wieder, läuft doch, machen wir doch, aber ich merk’s noch nicht.
Um den Übergang von frühkindlicher Bildung und Schule besser zu gestalten, ist ein integriertes Studium Grundschullehrer/Erzieher wünschenswert.
Zur Ganztagsschule, auch hier nur kurz: Ganztagsschulen, insbesondere gebundene Ganztagsschulen, haben kompensatorische Wirkung und ermöglichen insbesondere Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten Familien den Erwerb sprachlicher, sozialer und kultureller Erfahrungen. Hier muss das Land noch engagierter für Ganztagsschulen eintreten. Bei der öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss zu dem Thema Berufsfrühförderung zum Beispiel haben wir gelernt, dass auch hier die gebundene Form der Ganztagsschule die besten Chancen bietet für den Übergang zwischen Schule und Berufsleben.
Nächstes Stichwort: geschlechtergerechte Pädagogik. Nach erfolgreichen Programmen zur Förderung von Mädchen ist ein Konzept notwendig, das die schulische und soziale Entwicklung der Jungen besonders berücksichtigt. Eine geschlechtersensible Pädagogik berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse beider Gruppen.
Verzahnung der Bildungsgänge: Hier ist das Ziel unter anderem, den Anteil der Fachhochschulabsolventen zu erhöhen. Insgesamt ist die Durchlässigkeit des Bildungssystems weiter zu optimieren.
Nächstes Stichwort: Individuelle Förderung und Integration. Nicht nur Schülern mit Lernproblemen, sondern auch Schülern mit besonderen Begabungen muss besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Die Hochbegabtenförderung soll nach Meinung der Landesregierung überwiegend integrativ erfolgen. Ein Gütesiegel für Schulen mit Programmen für Hochbegabung wie in Hessen sei jedoch verfrüht. Ich frage den Minister, warum eine als sinnvoll erachtete Maßnahme verfrüht sein kann. Eltern und Kinder warten hier schon seit Jahren auf deutliche Verbesserung.
Die wohnortnahe Schule, nächstes Stichwort: Gerade der ländliche Raum kann seine Attraktivität für junge Arbeitnehmer und Selbstständige nur sichern, wenn er alle Bildungsmöglichkeiten wohnortnah anbietet. Mittelfristig bedeutet dies für kleinere Orte, dass ihre allgemeinbildenden Schulen alle Bildungsabschlüsse ermöglichen müssen. Zur Aufrechterhaltung wohnortnaher Standorte wird für den Erhalt beziehungsweise Ausbau kleiner Grundschulen plädiert. Es gibt jedoch keinen Vorschlag zum Erhalt der Schulen im ländlichen Raum. Die Landesregierung will nach wie vor, dass Einzugsbereiche für Grundschulen nur durch die Träger der Schulentwicklungsplanung festgelegt werden. Wir fordern freie Schulwahl und Aufhebung der Einzugsbereiche.
Auch sieht man momentan keinen Handlungsbedarf, von den Schülermindestzahlen abzugehen. Schülermindestzahlen dürfen nicht das Kriterium für den Erhalt eines Schulstandortes sein. Was zählt, ist die Qualität und die Chance, einen Schulstandort selbstständig zu erhalten. Solange die Qualität stimmt, hat sich der Staat aus dem Management der Selbstständigen Schule herauszuhalten.
Nächstes Stichwort: Hochschule, Weiterbildung. Die Autonomie der Hochschulen bleibt bei dieser Landesregierung eine Worthülse.
Es gibt weder eine Autonomie in Fragen des Haushaltes, noch in Fragen der Bauherreneigenschaften, noch in Berufungsfragen und schon gar nicht in Fragen der Steuerung von Angebot und Nachfrage. Möglicherweise werden deshalb auch kaum Anstrengungen unternommen, angemessene Stipendiummodelle zu entwickeln. Stattdessen wird ein Studienkontenmodell vorgeschlagen und ein Fonds zur strukturellen Verbesserung der Lehre. Diese Vorschläge werden den Hochschulen im Land nicht im Ansatz die erforderlichen Mittel und den erforderlichen Gestaltungsspielraum geben, um sich im harten Wettbewerb um Exzellenz in Forschung und Lehre dauerhaft zu bewähren. Es gibt von der Landesregierung nicht einen Vorschlag, wie man auf diese Herausforderung reagieren will.
Nächstes Stichwort: Weiterbildung. Die Expertenkommission sieht es als vorteilhaft an, die Federführung für die Erarbeitung des Weiterbildungskonzeptes sowie die Zuständigkeit der Weiterbildung selbst in einem Ministerium zu bündeln. Warum eigentlich? Wer soll sonst den Wiederaufbau geeigneter und landesweit verfügbarer Beratungsstellen einschließlich der mobilen Beratung koordinieren, was ebenfalls empfohlen wird? Wer soll einen Modellversuch Weiterbildung im ländlichen Raum als Konzept entwickeln?
Zusammenfassend, meine Damen und Herren, kann ich für meine Fraktion sagen, dass wir skeptisch sind, ob die Landesregierung einerseits in der Lage ist, die Handlungsprioritäten in der Bildungspolitik richtig einzuschätzen, und ob sie in der Lage ist, guten Rat anzunehmen. Wie die Stellungnahme der Landesregierung zu dem Bericht der Expertenkommission zeigt, fehlt der Großen Koalition der Mut zu mehr Dynamik und mehr Freiheit in der Bildungspolitik.
Dies ist jedoch aus unserer Sicht unverzichtbar für die Entwicklung eines zukunftsfähigen Bildungssystems in Mecklenburg-Vorpommern, meine Damen und Herren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Begründung zum vorliegenden Antrag der LINKEN findet sich der Satz: „Neben Experten der Bildungswissenschaften waren auch gesellschaftliche Gruppen und Vertreter der im Landtag vertretenen demokratischen Parteien in diesem Gremium vertreten.“ Und weiter: „Die Empfehlungen repräsentieren deshalb eine breite gesellschaftliche Anschauung, wie sich das Bildungswesen in Mecklenburg-Vorpommern zukünftig entwickeln soll und welche Maßnahmen dazu geeignet sind.“
Sie hätten diese Antragsbegründung eigentlich gar nicht mitzuliefern brauchen. Selbst bei oberflächlicher Kenntnisnahme des Berichtes war Derartiges zu vermuten oder besser gesagt zu befürchten. Im Übrigen macht der gesamte Antrag wenig Sinn, wenn denn über alle Parteigrenzen hinweg, unterstützt vom geballten Sachverstand der Experten, ohnehin schon Einigkeit in der Frage erzielt wurde, wie das Bildungssystem der Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern Ihrer Ansicht nach auszusehen hat.
Neben vielerlei ideologisch eingefärbtem Gutmenschentum und ebenso belastetem Expertenwissen vermisst man allerdings an so mancher Stelle den einfachen Menschenverstand.
Was bei Ihnen vorherrscht, lässt sich schnell auf den Punkt bringen: Regulierungswahn, Gleichmacherei, Abschaffung der eigenverantwortlichen Erziehung durch die Eltern, Auflösung traditioneller Bindungsformen in den Familien. Für Sie ist Bildung offenbar eine Sache, etwas, was man in Formen pressen muss, was Vorgaben zu erfüllen hat, was Unterschiedlichkeiten gar nicht zulassen soll. Bei Ihnen wird Kindsein abgeschafft. Bei Ihnen werden die natürlichen Unterschiede hinsichtlich Interessen und Neigungen zwischen Mädchen und Jungen schon in frühesten Entwicklungsphasen ausgeblendet und eine solche Sichtweise mündet dann folgerichtig in Projekten wie dem „Girls’Day“.
Und damit nach Jahren dieses verkorksten Erfindungsprozesses für Mädchen die Jungen nicht zu kurz kommen, suchen Sie jetzt fast verzweifelt nach „Neuen Wegen für Jungs“ –
so der Name eines weiteren Gleichschaltungsprogramms Ihrer Experten. Das Ganze nennt sich dann bei Ihnen „geschlechtersensible Berufsorientierung“.
Die Hochschulreife, um ein anderes Beispiel zu nennen, verkommt bei Ihnen zu einem Schmalspurabitur, wenn nicht schon gleich für alle, so doch für möglichst viele Schülerinnen und Schüler.
Nicht mehr die Vermittlung eines breiten schulischen Wissens als Voraussetzung für ein Studium steht im Vordergrund, sondern die Produktion von Schulabschlüssen steht bei Ihnen auf der Tagesordnung der Bildungspolitik.
Planerfüllung statt humanistischer Bildung, so weit haben Sie es schon geschafft. Mit Ihrem Eingreifen in die Erziehungsautorität der Eltern werden diese nicht entlastet, sondern vielmehr geradezu entmündigt. Die Familie ist kein Mosaikstein im Rahmen der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, sondern wird degradiert zum Handlanger politisch motivierter Erziehungsvorgaben. Es ist so kein Wunder, wenn zur Entwicklung „interkultureller Kompetenz“ – so heißt das ja bei Ihnen und Ihren Experten tatsächlich im Kindergarten – dann Polnisch gelernt werden soll.