Vor 20 Jahren war die Medienlandschaft noch sehr übersichtlich. Seitdem ist viel in Bewegung geraten. Vor allem das Internet spielt eine immer größere Rolle. Deshalb entwickelt sich das Rundfunkrecht immer stärker zu einem Recht der digitalen Medien und dem tragen wir mit der Umbenennung Rechnung.
Meine Damen und Herren, eine zweite wichtige Neuerung betrifft die Rundfunkzulassung. Lizenzen für Anbieter und Lizenzen für Frequenzen werden künftig getrennt voneinander vergeben. Auch damit folgen wir aktuellen Entwicklungen und setzen die Vorgaben des 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrages um. Radio- und Fernsehanbietern steht heute neben der terrestrischen Ausstrahlung eine Vielzahl anderer Verbreitungsmöglichkeiten offen – Kabel, Satellit, Internet. Die Verknüpfung von Anbieter und Verbreitungsweg bei der Zulassung ist deshalb nicht mehr zeitgemäß. In Zukunft können sich Rundfunkbetreiber in Mecklenburg-Vorpommern niederlassen, ohne zusätzlich noch ein aufwendiges Verfahren der Frequenzzuweisung durchlaufen zu müssen. Und umgekehrt können sich reine Medienplattformen allein um Frequenzen bewerben. Das ermöglicht Angebote wie das sogenannte Handyfernsehen, bei dem der Handynetzbetreiber die Plattform für eine bestimmte Auswahl an Kanälen anbietet.
Die Trennung von Anbieterzulassung und Frequenzvergabe wird der breiter gewordenen Medienlandschaft besser gerecht und sie eröffnet den Medienunternehmen mehr Gestaltungsspielraum. Damit machen wir auch den Medienstandort Mecklenburg-Vorpommern attraktiver, damit machen wir den Weg frei, für eine größere Vielfalt der Rundfunkangebote in unserem Land. Wichtig dabei ist, die hohen Qualitätsmaßstäbe für den privaten Rundfunk werden nicht berührt. Bis auf eine europarechtliche Anpassung, eine kleinere Anpassung, bleiben die Zulassungs- und Zuweisungskriterien in vollem Umfang erhalten, nur dass sie jetzt in zwei voneinander getrennten Verfahren angewandt werden. Im Übrigen ist diese Trennung beim Lokalfernsehen bereits seit Jahren bewährte Praxis. Lokalfernsehen geht in der Regel über örtliche Kabelnetze. Eine Sendefrequenz ist dafür gar nicht erforderlich.
Meine Damen und Herren, eine weitere Änderung betrifft die Definition, was einen Fernseh- oder Radiosender als regional kennzeichnet. Bisher war Voraussetzung ein bestimmtes Verbreitungsgebiet. Das setzte den Sendern enge räumliche Grenzen und führte zum Beispiel schon dann zu Problemen, wenn ein Sender durch die Expansion seines Kabelnetzbetreibers plötzlich auch in Gebieten außerhalb zu empfangen war. Hier schaffen wir jetzt Rechtssicherheit und -klarheit. Regionaler Rundfunk wird in Zukunft vorrangig inhaltlich definiert. Regional heißt damit vor allem: regionale Programminhalte.
Der vorliegende Gesetzentwurf verbessert darüber hinaus auch die Chancengleichheit zwischen regionalem Rundfunk und regionalen Printerzeugnissen. Ein Rundfunkanbieter darf bisher maximal zwei Programme betreiben. Dahinter steht der richtige Gedanke, dass wir eine übermäßige Machtkonzentration – Medienmacht, Meinungsmacht – in einer bestimmten Region verhindern müssen.
Die Beschränkung der Rundfunkanbieter auf zwei Programme ist aber nicht der richtige Weg. Schaut man sich zum Beispiel die Regionalzeitungen an, dann gibt es da bei der Zahl keine Beschränkungen, die ein und derselbe Verleger herausgeben darf. Das erscheint auch nicht geboten, auch nicht wünschenswert. Dann muss das aber auch für den regionalen Rundfunk gelten. Umgekehrt können Zeitungsverlage nach dem geltenden Recht regionales Radio und Fernsehen vollständig dominieren. Rundfunk und Zeitung in einer Hand, das ist aber bedenklich. Das würde einem regionalen Informationsmonopol sehr nahekommen.
Ja, ja, dann haben wir hier nur noch Zeitungsverleger sitzen. Dem beugt der Gesetzentwurf vor. Verleger dürfen zukünftig nur noch Minderheitsbeteiligungen an Rundfunkanstalten erwerben, maximal 25 Prozent. Das ist, denke ich, besser als die Beschränkung auf eine bestimmte Programmzahl pro Rundfunkanbieter. Diese Beschränkung fällt dementsprechend weg.
Ich bin davon überzeugt, mit diesen Änderungen schützen wir die Meinungsvielfalt in den Regionen effektiver als bisher.
Meine Damen und Herren, Medienvielfalt, Qualität der Medien und ihre hohe Bedeutung für unsere Demokratie sind wichtige Themen, die nicht nur den Rundfunk betreffen. Wir haben gestern im Kabinett den Bericht zur Entwicklung der Medienlandschaft in MecklenburgVorpommern verabschiedet, der besonders auf die Lage der Tageszeitungen des Landes eingeht.
Bei der Diskussion dieses Berichtes hier im Landtag werden wir uns damit sicherlich noch ausführlich befassen. Eines kann man aber schon heute mit Bestimmtheit sagen: Engagierte Redakteurinnen und Redakteure, engagierte Medienunternehmerinnen und -unternehmer, die für Medien- und Informationsvielfalt eintreten,
brauchen vor allem eines, und zwar einen klaren rechtlichen Rahmen, der dieses Engagement überhaupt möglich macht. Und deshalb meine Bitte: Lassen Sie uns möglichst nahe die nötige Planungssicherheit für die Medien in unserem Land schaffen, lassen Sie uns die Änderung des Landesrundfunkgesetzes zügig beraten. Der vorliegende Entwurf der Landesregierung bietet dafür eine gute Grundlage. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ja, es ist so, Herr Ministerpräsident, eine ganze Reihe von Regelungen, so, wie sie im vorliegenden Zweiten Änderungsgesetz zum Landesrundfunkgesetz enthalten sind, sind notwendig, sind unstrittig. Manche sind die Anpassung an sich veränderndes Staatsvertragsrecht oder auch der technischen Entwicklung geschuldet. So kommt der Gesetzentwurf für den nicht Eingeweihten eher beschaulich daher, manchmal schwer verständlich, obwohl doch die aktuelle medienpolitische Debatte von Konflikten, von ungelösten Problemen und Entscheidungskompetenzrangeleien geprägt ist. Die einzelnen Detailregelungen des vorliegenden Gesetzentwurfes werden in den Ausschussberatungen sicher im Einzelnen hinterfragt und gegebenenfalls auch weiter zu verändern und zu verbessern sein. Ich möchte in dieser Ersten Lesung hier heute, wie es in Ersten Lesungen üblich ist, grundsätzliche Bemerkungen machen:
Erstens. Mit der Änderung des Paragrafen 1 des vorliegenden Landesrundfunkänderungsgesetzes und einer ganzen Reihe von Folgeänderungen im vorliegenden Gesetzentwurf wird, so kann man es auch in der Erläuterung lesen, dem mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu definierten Rundfunkbegriff entsprochen. Teleshoppingkanäle unterfallen demnach dem Rundfunk. Damit man den Status quo als Telemedien aufrechterhalten kann, sind eine ganze Reihe von Verrenkungen in unserem Landesgesetz erforderlich. Das ist so, weil die Definition von Rundfunk mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag fast ausschließlich technisch erfolgte und die Länder sich damit vom bis dahin geltenden Rundfunkbegriff, der sich mit den inhaltlichen Kriterien von Aktualität, Suggestivkraft und Breitenwirkung an den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts orientierte, verabschiedet haben.
Gerade auch vor dem Hintergrund der weiter voranschreitenden Digitalisierung ist daher die Frage der Definition des Rundfunkbegriffs für die gegenwärtige Diskussion des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages wieder auf der Tagesordnung der Ministerpräsidenten. Die aufweichende Definition des Rundfunkbegriffs des 12. schwächte die Kompetenz der Bundesländer in der Medienpolitik, ist aus unserer Sicht verfassungsrechtlich bedenklich und europarechtlich auch nicht erforderlich. Die Begrenzung von Rundfunk auf lineare Dienste verengt aus unserer Sicht den Rundfunkbegriff. Sie schließt durch das leicht erkennbare, aber eben auch nur formale Kriterium der Linearität, also eines klaren Sendeplanes, Angebote aus, die nicht weniger als lineare Angebote dazu geeignet sind, vorherrschende Meinungsmacht zu erlangen. Diese vorherrschende Meinungsmacht zu verhindern, nicht aber die Linearität des Angebots sicherzustellen, ist vom ersten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1961 an ein wesentliches Ziel einer positiven Rundfunkordnung.
Die Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste, AVMD, übernimmt das Prinzip der Meinungsbildungsrelevanz aus dem deutschen Medienrecht und setzt die entsprechenden Kriterien auch um. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, das hier alles zu erläutern, aber für die Umsetzung dieser entsprechenden inhaltlichen Ansprüche, auf die auch der Herr Ministerpräsident hier im Rahmen der Einbringung hingewiesen hat, ist natürlich die Frage der Meinungsbildungsrelevanz und die publizistische Wirkung von linearen und nicht linearen Angeboten zu berücksichtigen. Dies alles hat auch Auswirkungen auf die Rundfunkanbieter hier bei uns im Lande. Und wenn also mit dem 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag der Rundfunkbegriff doch wieder geändert werden sollte, dann müssen wir, ohne Frage, das Landesrundfunkgesetz Mecklenburg-Vorpommern auch wieder dieser entsprechenden Änderung anpassen.
Zweitens. Die Novellierung unseres Landesrundfunkgesetzes findet auch zu einer Zeit statt, wo in medienpolitischer Hinsicht eine ganze Menge in Bewegung ist. So haben die Länder eine Arbeitsgruppe zu den Dreistufentests eingesetzt, die sich prioritär näher mit der Anwendung des Verfahrens in punkto des Prüfungsmaßstabes der Rechtsaufsicht und des Rechtsschutzes befasst. Auf der Agenda der Arbeitsgruppe der Ministerpräsidenten stehen gleichzeitig die Verweildauer und die Telemedienkonzepte der Rundfunkanstalten.
Nun, in diesem Zusammenhang will die Arbeitsgruppe der Länder auch über den Schutz von Rechten Dritter, also etwa der privaten Rundfunkveranstalter und der Verlage, beraten. Denn der neue 12. Staatsvertrag enthält keine Klagebefugnis, wenn ein Aufsichtsgremium einem öffentlich-rechtlichen Sender nach dem dreistufigen Prüfverfahren erlaubt, ein neues Onlineangebot zu starten. Und hier wirken eben solche Entscheidungen auch auf die Frage der Medienkonzentration bei uns im Lande, auf das Engagement von Verlagen und Verlagshäusern in der regionalen Medienlandschaft.
Was den Prüfungsmaßstab für die Rechtsaufsicht über die Dreistufentests angeht, will die Arbeitsgruppe der Länder über die inhaltliche Prüfungsdichte beraten. Die Rundfunkreferenten der Staatskanzleien, die in den meisten Fällen auch für die rechtsaufsichtliche Prüfung zuständig sein werden, wollen ihren Prüfmaßstab, Zitat, „vor allem bei den Punkten der Marktabgrenzung und der Beurteilung des publizistischen Mehrwerts“ – Ende des Zitats – des jeweiligen öffentlich-rechtlichen Onlineangebots erörtern.
Nun, die Länder, also auch wir als Land MecklenburgVorpommern, haben im Rahmen der Rechtsaufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zwingend zu beachten, dass wir gerade keine Fachaufsicht ausüben dürfen. Warum sage ich das an dieser Stelle? Weil sich die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, also auch unser Direktor der noch so heißenden Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern, mit dem von ihr vorgelegten Leitfaden für externe Gutachten zu marktlichen und publizistischen Auswirkungen im Rahmen von Dreistufentests in Angelegenheiten einmischt, die der Rundfunkstaatsvertrag ausschließlich den pluralistisch besetzten Gremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zuweist und ausdrücklich nicht den Landesmedienanstalten als Sachwaltern des privaten Rundfunks in Deutschland.
In dieses Kompetenzgerangel passt auch die Entscheidung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, KEF, vom Juli dieses Jahres, als sie nämlich entschied, die von der ARD und DeutschlandRadio beantragten Mittel für Digitalradio nicht freizugeben. Entgegen der Entwicklungen in allen anderen europäischen Ländern zur Entwicklung des digitalen Hörfunks widerspricht diese Entscheidung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der bisherigen medienpolitischen Zielsetzung für die Gattung Hörfunk in Deutschland. Und das ist meines Erachtens eine rundfunkpolitische Entscheidung der KEF, die ihr nach ihrem gesetzlichen Auftrag überhaupt nicht zusteht, die allein Sache der Länder ist und in der Entscheidungsbefugnis der Länder liegt.
Hier sind also auch unser Land und unser Ministerpräsident aufgefordert, im Interesse der nachhaltigen Entwicklung des Hörfunks die sozialen, wirtschaftlichen, ökonomischen sowie ökologischen Gesichtspunkte zu berücksichtigen und zeitnah eine Grundsatzentscheidung zu treffen, und zwar welche Zielsetzung für die Entwicklung des Hörfunks jetzt bereits aufgegeben werden oder welche weitergeführt werden soll.
Drittens. Der vorgeschlagene neue Paragraf 60 regelt die Förderung der technischen Infrastruktur neu. Mir erschließt sich nicht, warum wir hier, und damit komme ich zum Schluss, eine Erweiterung der Fördertatbestände vornehmen sollen, und zwar unter dem Aspekt, dass erst mit dem 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag die davon berührten Fragen der regionalen Vielfalt sowie der Medienkonzentration überhaupt neu geregelt werden sollen, also von daher die Frage erst entschieden wird, wer lokale Rundfunkanbieter überhaupt und wie fördern darf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe hier noch eine ganze Menge Zettel, aber wir haben ja auch noch Ausschussberatungen. So weit zu den grundlegenden Positionen meiner Fraktion zum vorliegenden Landesrundfunkänderungsgesetz. Für die Ausschussberatungen wünsche ich uns allen gute Ideen.
Lieber Andreas Bluhm, das war es eigentlich schon, die Hälfte der Ausschussberatungen, aber das sind in der Tat wichtige Punkte, die Sie hier angesprochen haben.
Der Gesetzentwurf setzt um, was im 10. und 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag schon festgelegt ist. Das hat der Ministerpräsident zu Recht gesagt. Ich kann hier aus meiner Sicht sagen, das ist ein ausgewogener und vernünftiger Entwurf. Ich bin auch froh, dass es nur ein zweiter Änderungsentwurf ist. Rundfunkrecht hat bei uns eine andere Umlaufgeschwindigkeit als andere Materien und das ist auch beruhigend. Trotz aller technischen Veränderungen muss das Recht auch ein Stück Verlässlichkeit bieten und das ist hier so.
Wir werden, und das ist unser Wunsch, eine Anhörung im Innenausschuss durchführen, weil es einige Dinge gibt, die man mit den Betroffenen erörtern muss. Wir werden
insbesondere die bereits in der Ressortanhörung vorgetragenen Argumente des NDR dazu noch einmal hinterfragen, aber auch die lokaler Fernsehanbieter. Es wird insbesondere um die bisher noch enthaltene Schiedsregelung gehen, um die neu vorgesehene Trennung von Lizenzvergabe und Vergabe der Übertragungskapazität und um die in den Entwurf eingebaute Ausweitung der Empfänger von Fördergeldern aus der Rundfunkgebühr.
Erstens. Die sogenannte Schiedsregel legt fest, dass bei Meinungsverschiedenheiten im Rahmen der Frequenzzuordnung der Innenausschuss zu entscheiden hat. Man kann sagen, dieses Verfahren brauchte in der Vergangenheit nicht genutzt zu werden, nicht weil es falsch war, dass es ein solches Verfahren gab, sondern weil es seinen Zweck in anderer Weise erfüllte, nämlich weil durch den Druck, dass es zu öffentlichen Beratungen im Innenausschuss kommt, mancher Kompromissdruck erzeugt wurde. Zuletzt war das bei der Vergabe der BUGA-Frequenz der Fall. Manchmal ist es auch gut, eine solche Handhabe zu haben, damit es schiedlich friedlich zugehen kann.