Protocol of the Session on July 16, 2009

Und wo wir gerade von Schlüsselmassen sprechen, gehe ich auf das Thema Vorwegabzüge ein. Wir Liberalen haben uns stets dafür eingesetzt, Vorwegabzüge auf den Prüfstand zu stellen

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

und dort, wo es angebracht ist, sowohl die Anzahl als auch die Höhe zu reduzieren. Der Ansatz der Landesregierung, den Bindungsgrad der kommunalen Finanzmittel zu senken, verkehrt sich durch die um 175 Millionen Euro geringere Zuweisung genau ins Gegenteil. In einer Fußnote haben Sie im Gesetz selbst geregelt, dass die Höhe der Vorwegabzüge konstant bleibt und sich die Reduzierung der Gesamtzuweisungen ausschließlich auf die Höhe der Schlüsselzuweisungen auswirkt. Das geplante Ziel wurde also mit dem vorliegenden Entwurf konterkariert.

Des Weiteren sieht der Gesetzentwurf die Einführung zweier neuer Umlagen vor. Dies sind die Finanzausgleichsumlage nach Paragraf 8 und die Umlage von kreisangehörigen Gemeinden im Stadt-Umland-Raum einer kreisfreien Stadt nach Paragraf 24. Man muss sich hier mal die Frage stellen, wem diese Umlagen dienen sollen und wo die sachlichen Begründungen liegen. Meine Fraktion betrachtet beide Umlagen sehr kritisch und wird sich in den künftigen Beratungen dazu äußern.

Ablehnen wird meine Fraktion die in Paragraf 26 „Sanktionsleistungen“ getroffene Regelung. Es ist für uns Liberale nicht hinnehmbar, dass Kommunen für Sanktionsleistungen entsprechend der Beteiligungsquote herangezogen werden sollen, auf die sich das Land mit dem Bund geeinigt hat.

Nicht hinnehmbar ist für uns ebenso die geplante Ermächtigung des Innenministeriums, vom gewogenen Landesdurchschnitt abweichende Hebesätze für die Steuerkraftermittlung festzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Diese Aushebelung der kommunalen Selbstverwaltung

(Hans Kreher, FDP: Genau.)

und die Festsetzung von Hebesätzen nach Gutdünken des Ministeriums lehnt meine Fraktion entschieden ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Mit dem Gesetzentwurf soll auch der Versuch der Stärkung von Zentren unternommen werden. Diesem Ansinnen stimmen wir zu.

(Vincent Kokert, CDU: Ist ja gut.)

Allerdings darf diese Stärkung nicht zulasten des kreisangehörigen Raumes gehen.

(Vincent Kokert, CDU: Herr Schnur hat vorhin was anderes gesagt übrigens.)

Nein, nein, er hat genau das Gleiche gesagt.

Das Ergebnis verkehrt sich allerdings ins Gegenteil, denn gerade Rostock und Schwerin sind die Leidtragenden der FAG-Novelle.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Der vorliegende Gesetzentwurf belastet die kreisangehörigen Gemeinden doppelt. Neben der Senkung des prozentualen Anteils an den Gesamtschlüsselzuweisungen verringern sich die Zuweisungen zusätzlich um die erheblich geringer zur Verfügung stehende Schlüsselmasse und die geringeren eigenen Steuereinnahmen. Zusätzlich will das Innenministerium augenscheinlich ab 2010 eine Zweiklassengesellschaft auf gemeindlicher Ebene einführen. Für nahezu ein Drittel aller Gemeinden sollen sich die Zuweisungen einwohnerbezogen auf 90 Prozent belaufen. Nach dem Willen der Landesregierung sollen Gemeinden unter 500 Einwohner nicht nur weniger Zuweisungen bekommen, sondern auch keine Sonderbedarfszuweisungen, keine Mittel aus dem kommunalen Aufbaufonds, keine Mittel aus dem Konsolidierungsfonds nach den Paragrafen 20 bis 22. Die betroffenen Regelungen schmecken ganz stark nach einer Gemeindegebietsreform durch die Hintertür

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

oder, wie Frau Schwebs sagte, durch die kalte Küche. Dies ist für meine Fraktion in keiner Weise tragbar. Dafür allerdings kündige ich an, dass meine Fraktion sich für die Stärkung des Beirates sowohl in personeller als auch inhaltlicher Art gerade vor dem Hintergrund der geplanten Ermächtigung für die jeweiligen Ministerien einsetzen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Gino Leonhard, FDP: Genauso ist das.)

Auf die ewige Diskussion um die Ausgestaltung des vertikalen Finanzausgleichs, also die weitere Anwendung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes mit einer Orientierung an der Finanzkraft des Landes oder die Einführung des Zwei-Quellen-Modells als aufgabenbezogenen Ansatz möchte ich abschließend kurz eingehen. Ich muss schon sagen, die Landesregierung hat es sehr geschickt verstanden, die kommunalen Spitzenverbänden mit zwei Entschließungen des Landtages zur Novellierung des FAG auf Grundlage des Zwei-Quellen-Modells zu ködern. Noch vor einem Jahr haben sich auch Vertreter der Regierungskoalition dazu bekannt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Hans Kreher, FDP: Jawohl.)

Letztendlich aber ist es bei der Fortschreibung des bestehenden Systems, dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz, geblieben. Von der groß angekündigten Reform kann also keine Rede mehr sein.

(Hans Kreher, FDP: So ist es.)

Sie ist zum Reförmchen verkommen. Die Landesregierung hat die Pflicht, den Finanzausgleich so zu gestalten, dass er auch in finanziell schlechten Zeiten die Erfüllung der zugewiesenen Aufgaben angemessen ermöglicht. Das bestehende Schönwettermodell der Schicksalsgemeinschaft ist hierzu augenscheinlich nicht geeignet.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Sie wollten die Kommunen nicht im sprichwörtlichen Regen stehen lassen. Der Gesetzentwurf spricht dazu allerdings eine andere Sprache.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Hans Kreher, FDP: Richtig.)

Mecklenburg-Vorpommern muss hin zu einer angemessenen, aufgabenbezogenen Mittelzuweisung an die Kommunen unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes kommen.

(Harry Glawe, CDU: Das sagt der Innenminister auch. Bloß er zieht andere Schlussfolgerungen als Sie.)

Mit dem vorliegenden Gesetz verspielt die Landesregierung das Vertrauen der kommunalen Ebene ohne Not. Klagen sind bereits angekündigt.

Meine sehr geehrten Kollegen, mein Fraktionsvorsitzender hat es bereits angekündigt, auch wenn der vorliegende Gesetzentwurf noch viele Mängel aufweist, stimmen wir in diesem Fall einer Überweisung zu. Dort gibt es dann viel zu tun für uns alle, den hier vorliegenden Gesetzentwurf zu einem auch für die kommunale Ebene akzeptablen Ergebnis zu führen. Die Chance dazu hat die Landesregierung im Vorfeld der Beratung leider vertan. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Vielen Dank, Frau Reese.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Kokert für die Fraktion der CDU.

(Hans Kreher, FDP: Jetzt kommen die Inhalte! Jetzt kommt’s! – Michael Roolf, FDP: Jetzt kommen aber Inhalte!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Holter ist wütend, wütend wahrscheinlich über die eigenen Parteikollegen, die die Gesetzesvorhaben der Koalition begrüßen,

(Wolfgang Griese, DIE LINKE: Wer ist das?)

wie zum Beispiel Ihr Bürgermeisterkollege aus der Stadt Dargun, Herr Karl-Heinz Graupmann.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Wie war das mit der einen Schwalbe?! – Sebastian Ratjen, FDP: Jetzt muss das arme Dargun für alles herhalten.)

Der Darguner Bürgermeister hingegen war und ist mit den Plänen des Innenministers vollauf zufrieden, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Herr Holter, darüber wäre ich auch wütend, wenn meine Parteikollegen mir vor Ort so in den Rücken fallen.

(Sebastian Ratjen, FDP: Die Kreisgebietsreform im ganzen Land wurde nur von Dargun gemacht.)

Ich kann auch Ihre Wut darüber verstehen,

(Sebastian Ratjen, FDP: Mein Gott!)

dass Sie in der letzten Legislaturperiode für ein Reformvorhaben gestimmt haben, wo Sie selbst – und diese Zerrissenheit haben Sie in diesem Parlament immer wieder gezeigt – davon überzeugt waren, dass diese Reform vor dem Verfassungsgericht keine Aussicht auf Erfolg hat.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau so, genau so, ja!)

Das haben Sie nur für den Erhalt Ihrer Macht getan. Das ist genau das, was Sie uns heute vorwerfen.