Protocol of the Session on May 13, 2009

Ich erinnere auch an das Papier „Land der Zukunft“, das wir vor zwei Jahren ausführlich diskutiert haben. Vielleicht hat Sie aber auch aufgeschreckt, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass die Bayerische Staatsregierung schon in der vergangenen Woche in Passau mit dem österreichischen Nachbarn über ihre diesbezüglichen Vorstellungen konferiert hat.

Also ich kann mir durchaus vorstellen, und das ist eben in dem Beitrag des Ministers auch zum Ausdruck gekommen, dass bereits intensiv an diesem Thema gearbeitet werden kann. Und für meine Fraktion kann ich das mit Fug und Recht auch so sagen, wir arbeiten an diesem Thema und insbesondere im Zusammenhang mit dem ländlichen Raum seit geraumer Zeit. Wir sind auch im Rahmen einer konstruktiven Opposition sehr gerne bereit, hier gemeinsam unsere Gedanken einzubringen.

Bevor ich ins Detail gehe, möchte ich grundsätzlich darauf hinweisen, dass die gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union auf diesen zwei Säulen beruht – auch davon war eben die Rede –: einmal den gemeinsamen Marktordnungen und der anderen Säule, der Entwicklung der ländlichen Räume.

Wenn Sie also einen Antrag zur gemeinsamen Agrarpolitik und ihrer Weiterführung einbringen, sollte wenigstens schon in der Überschrift dieser Zusammenhang auch klar herausgestellt werden. Diesen Zusammenhang sehen wir nicht nur formalistisch. Nein, ohne eine wettbewerbsfähige, nachhaltig wirkende Landwirtschaft werden sich die ländlichen Räume nicht entwickeln und ohne vitale ländliche Räume wird es keine Entwicklung der Landwirtschaft geben.

Das hat auch die Bundesregierung im März 2008 erkannt, als sie eine interministerielle Arbeitsgruppe „Ländliche Räume“ eingesetzt hat und diese beauftragte, bis Ende 2008 ein abgestimmtes Handlungskonzept der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der ländlichen Räume vorzulegen. Man befürchtet, und ich zitiere: „Unterbleiben“ in diesen Räumen „zielgerichtete Maßnahmen, ist damit zu rechnen, dass es auch in Deutschland künftig Regionen geben wird, deren

Abwärtsentwicklung auf absehbare Zeit unumkehrbar wird.“ Zitatende.

Diese Analyse halte ich für zutreffend. Mager sind dagegen die Handlungsempfehlungen aus dem entsprechenden Material. Dieses Konzept sieht im Grunde keinerlei Umschichtung von Geldern vor und geht im Wesentlichen davon aus, so weiterzumachen wie bisher. Dass das nicht reicht, wissen alle, die noch mit offenen Augen auch die entlegenen ländlichen Räume, die sogenannten peripheren Räume – nicht nur in unserem Lande – betrachten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Richtig.)

Ich möchte, bevor ich weiter auf unseren Änderungsantrag zu sprechen komme, einiges zu den Hypotheken sagen, mit denen die Agrarwirtschaft derzeit für die Zukunft belastet wird. Wir sollten alle zuerst die Folgen der Health-Check-Ergebnisse im Blick haben, darüber haben wir hier bereits mehrfach gesprochen, die zu einer generellen Kürzung der Betriebsergebnisse in der Landwirtschaft führen.

Des Weiteren verweise ich auf die bei den Bauern angekommene Krise, die zum Beispiel die ohnehin bestehende Milchkrise unerträglich macht. Wenn Sie heute in den „Medienspiegel“ hineingeschaut haben, dann sind die ersten größeren Milchproduzenten bereits dabei, das Handtuch zu werfen. Das ist eine außerordentlich bedauerliche Entwicklung.

Wenn ich Bauernverbandspräsident Sonnleitner am vergangenen Wochenende sagen höre, dass es auf den Höfen brennt, fällt mir außerdem die unsinnige, ja, chaotische Politik der großen Koalition im Bund zu den Biokraftstoffen ein. Wir haben am Freitag dazu in Coburg auch debattiert.

Die Bodenverkaufspolitik des Bundes durch seine BVVG, die zu Preisen führt, die die Agrarstruktur und die Zukunft der Landwirtschaft gefährden, heizt die Krisenauswirkungen weiter an. Die vom Agrarausschuss am vergangenen Donnerstag durchgeführte öffentliche Anhörung hat mich davon überzeugt, dass wir uns für ein befristetes Verkaufsmoratorium für BVVG-Flächen einsetzen müssen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

damit die Schäden nicht noch größer werden. Genug der Beispiele.

Welche Vorstellungen wollen wir in die Debatte zur Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 einbringen? Für mich als Landwirt gilt die Erfahrung, dass Landwirtschaft in Generationen denkt, das heißt, sie ist keine Branche, die sich nach dem Motto „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ oder „Rut in di Tüffel und rin in di Tüffel“ entwickeln kann. Wenn Landwirtschaft Zukunft haben soll und auch künftig unsere Ernährung sichern und die Basis für nachwachsende Rohstoffe sein soll, muss es auch in der Phase nach 2013 für größere Zeiträume stabile Entwicklungsbedingungen geben, die natürlich auf Verlässlichkeit der Politik basieren müssen.

Die Landwirtschaft muss sich ohnehin in diesem Zeitraum mit dem Klimawandel, höheren Standards und Anforderungen von Umwelt- und Naturschutz, wach

sendem Wettbewerbsdruck, aber auch mit Aufgaben im ländlichen Raum, ihrer Nachwuchssicherung, der Erschließung weiterer Erwerbsalternativen auseinandersetzen.

Außerdem erwarten wir, dass die Landwirtschaft weiter flächendeckend und nachhaltig wirtschaften kann und weiterhin qualitativ hochwertige, gesunde, aber auch bezahlbare Lebensmittel liefert. Das muss aber finanzierbar sein. Der Health Check hat vor allem mit den Modulationsentscheidungen vielen Betrieben Knüppel zwischen die Beine geworfen.

Nach diesen Erfahrungen, die besonders die ostdeutsche Landwirtschaft machen musste, halte ich es für sehr notwendig, dass sich die Landesregierung mit den ostdeutschen Bundesländern, insbesondere mit Sachsen-Anhalt und Brandenburg zusammentut, um für die Interessen der ostdeutschen Landwirte eine starke Stimme im Bund zu bekommen. Selbstverständlich sollten die norddeutschen gleich gelagerten Länder wie Niedersachsen und Schleswig- Holstein in diesen Chor mit aufgenommen werden. Eine Agrarpolitik nach 2013, die noch bayerischer geprägt sein würde, mag ich mir gar nicht vorstellen.

Wir meinen aber, dass die Vorbereitung des Landes auf eine Phase der Neuausrichtung der europäischen Agrarpolitik auch ein Thema ist, das mit den angrenzenden europäischen …

Herr Professor Tack, Ihre Redezeit ist beendet.

… Nachbarn zu besprechen wäre.

Ich bitte Sie also darum, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Professor Dr. Tack.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lietz von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überprüfung der gemeinsamen Agrarpolitik hat gerade ihren Abschluss gefunden. Mit den Ergebnissen sind wir in Mecklenburg-Vorpommern so richtig nicht zufrieden.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Wirklich?)

Ich erinnere dabei nur an die Modulation oder an die bereits hier erwähnten Probleme der Milchbauern. Obwohl nun bis 2013 Planungssicherheit herrschen sollte, ist es zwingend, dass wir uns mit der Agrarpolitik nach dem Jahr 2013 befassen.

Meine Damen und Herren, mit dem Beschluss über den sogenannten Health Check im November 2008 wurde das Augenmerk der künftigen Agrarpolitik auch auf die Zeit nach dem Jahr 2013 gelenkt. Hierbei spielen wie in einigen anderen Wirtschaftsbereichen die finanzielle Ausstattung und die inhaltliche Ausrichtung der künftigen Agrarpolitik eine entscheidende Rolle. Es geht um die Zukunft der Direktzahlungen innerhalb der ersten Säule, aber auch die Ausgestaltung der zweiten Säule zur Entwicklung des ländlichen Raumes.

Die Entwicklungen während der zurückliegenden Jahre haben verdeutlicht, dass die Landwirtschaft für die Ernährungssicherung und die Bereitstellung von Rohstoffen an Bedeutung gewonnen hat. Zeitgleich wird in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich, dass die Land- und Ernährungswirtschaft einen stabilisierenden Faktor darstellt. Aus diesem Grund ist es meines Erachtens notwendig, auch in der Zukunft ausreichend Finanzmittel für die Unterstützung der landwirtschaftlichen Unternehmen und die Entwicklung der ländlichen Räume bereitzustellen.

Meine Damen und Herren, für meine Fraktion steht fest, dass aufgrund der Erweiterung der Europäischen Union und der zusätzlichen Aufgaben, welche die Europäische Union übernommen hat, mit einer Reduzierung der Direktzahlungen für Landwirte zu rechnen ist. Dennoch sind wir der Auffassung, dass vor dem Hintergrund der hohen Standards in den Bereichen des Umwelt- und Tierschutzes eine Produktion zu Weltmarktpreisen nicht ohne Direktzahlungen realisiert werden kann.

Wir fordern aus diesem Grund, dass nach den zahlreichen Reformen seit dem Jahr 1992 eine behutsame, nachhaltige Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik erfolgt. Hierbei ist es meines Erachtens zwingend notwendig, dass zunächst die Ziele der Agrarpolitik festgelegt und dann die Maßnahmen zur finanziellen Ausstattung innerhalb der ersten und zweiten Säule entschieden werden. Des Weiteren muss mit der Neuausrichtung der Agrarpolitik eine Vereinfachung und ein drastischer Bürokratieabbau erfolgen.

Meine Damen und Herren, zur Förderung der Entwicklung der ländlichen Räume stellen die Investitionsförderung, Agrarumweltprogramme, Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete, Förderung der Diversifizierung und andere Maßnahmen eine wesentliche Zukunftsperspektive dar.

Meine Fraktion betrachtet die Landwirtschaftsunternehmen als Kern des ländlichen Raumes. Diese tragen maßgeblich zur Sicherung von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen bei. Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuwirken, dass für die ländliche Entwicklung eine eigenständige Identifizierung innerhalb der europäischen Agrarpolitik als Schwerpunkt gesetzt wird. Wichtig ist, dass die Politik ein verlässlicher Partner sowohl für die Landwirtschaftsunternehmen als auch für den ländlichen Raum ist.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ziel unserer Politik muss sein, weiterhin einen bedeutenden Teil der europäischen Finanzmittel für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, für Wachstum und Beschäftigung zu verwenden. Gleichzeitig müssen die nachhaltige Bewirtschaftung und der Schutz der natürlichen Ressourcen Berücksichtigung finden. Im Interesse der Steigerung der Lebensqualität im ländlichen Raum muss die wirtschaftliche Diversifizierung durch gezielte Maßnahmen im Agrarsektor unterstützt werden. Eine weitere Ungleichbehandlung der Landwirtschaftsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern wie bereits mit der Einführung der zusätzlichen Modulation gilt es zu verhindern.

Meine Damen und Herren, für die Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume müssen Gesetze und Regelungen geschaffen werden, die den aktuellen Erfordernissen entsprechen. In diesen müssen die gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft verankert und

die rechtliche Regelung und Förderung für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum zusammengefasst werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Bei der Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik treten wir für eine Marktorientierung, den Ausgleich der höheren europäischen Produktionsstandards, die Honorierung der Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft und die Schaffung eines verlässlichen Sicherheitsnetzes gegen krisenhafte Preisabstürze ein. Die produktionsunabhängigen Direktzahlungen sind für uns dabei ein unverzichtbares Instrument und sollten in angemessener Höhe erhalten bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Gleichzeitig muss die Integration regionaler Elemente in die gemeinsame Agrarpolitik geprüft werden.

Meine Damen und Herren, wir wollen die Landwirte stärken und befähigen, sich auf Märkten mit zunehmenden Preisschwankungen abzusichern. Wir wollen über das Steuerrecht Anreize für die landwirtschaftlichen Betriebe schaffen, Rücklagen für Ertragsausfälle zu bilden.

(Udo Pastörs, NPD: Wovon?)

Damit werden die Landwirte in die Lage versetzt, in guten Jahren Kapital zur Risikovorsorge anzusparen. Solche Instrumente brauchen wir auch für gesunde Betriebe, damit sie bei Preisschwankungen nicht vorschnell in die Insolvenz gehen.

Uns ist wichtig, dass die Betriebe sich zukunftsfähig entwickeln können. Deshalb sind wir dafür, dass Investitionsförderung für Land- und Ernährungswirtschaft verstärkt wird. Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, in der Europäischen Union eine wettbewerbsneutrale Energiebesteuerung für die Landwirtschaft zu erreichen. Beim Agrardiesel streben wir das niedrige Niveau wichtiger europäischer Erzeugerländer an. Diese Maßnahmen werden wir so lange fortführen, bis der Einsatz biogener Treibstoffe in der Landwirtschaft, den wir weiterhin national steuerfrei stellen wollen, technisch und wirtschaftlich seinen Durchbruch gefunden hat.

Meine Damen und Herren, Bürokratieabbau und Kostensenkung sind für uns Daueraufgaben, national wie auf internationaler, europäischer Ebene. Bei der Umsetzung von EU-Richtlinien werden wir Wettbewerbsverzerrungen zulasten der deutschen Landwirtschaft vermeiden. Dafür streben wir grundsätzlich immer eine Eins-zu-einsUmsetzung an.

In der Erschließung neuer Märkte liegt ein Schlüssel zum Erfolg. Herausragend ist dabei der Export von Qualitätsprodukten mit einer entsprechenden Wertschöpfung. Deshalb müssen wir die Agrar- und Ernährungswirtschaft bei der Erschließung neuer Märkte weiter unterstützen und die Agrarexportförderung deutlich verstärken. Die Veredlungs- und vor allem die Milchwirtschaft haben dabei hohe Priorität.

Meine Damen und Herren, es ist schon angesprochen worden, die Milchquote wird 2015 wegfallen. Wir wollen den Umstieg in ein durch den Markt gesteuertes System aktiv gestalten und begleiten. Für uns stehen dabei die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Investitionsförderung und die Sicherung der Milcherzeugung in Verbindung mit der Ausgleichszulage und tierhaltungsbezogenen Grünland- und Weideprämien im Vordergrund. Die Verbesserung der Strukturen und der Marktstellung der

Molkereien ist eine der zentralen Zukunftsaufgaben der Milchbranche. Deshalb müssen wir Sorge dafür tragen, dass die notwendige Entwicklung im Einklang mit dem Kartell- und Wettbewerbsrecht möglich ist.