Protocol of the Session on March 5, 2009

Ausfüllen müssen diese Rahmenbedingungen bürgerschaftliches Engagement und bürgerschaftliches Han deln mündiger Bürger.

(Michael Roolf, FDP: Genau das soll er. Sehr schön.)

Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege unterstützt alle Notsicherungsmaßnahmen entsprechend der personellen und finanziellen Kapazitäten. Durch die hohe künstlerische und fachliche Kompetenz können dort die durchzuführenden Maßnahmen unterstützt werden. Sie sehen also, die Landesregierung bemüht sich und tut, was sie kann in diesem Bereich, aber am Ende geht es um dauerhafte privatwirtschaftlich sinnvolle Nutzungen, und das kann auch das Land nicht bestimmen und vorgeben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP fordert ein Konzept für Guts- und Herrenhäuser. Nichts Ungewöhnliches auf den ersten Blick, aber schon ungewöhnlich für die FDP.

(Heike Polzin, SPD: So ist es.)

Was will die FDP? Sie fordert ein Konzept, das Möglichkeiten aufzeigt, wie Bauherren die Bausubstanz ihrer Guts- und Herrenhäuser erhalten oder instand setzen können. Außerdem soll dieses Konzept einen fachlich kompetenten Notsicherungsdienst einschließen, um Verfall und Vandalismus abzuwenden. Zu guter Letzt soll dargestellt werden, wie die Landesregierung eine nachhaltige wirtschaftliche Nutzung der Guts- und Herrenhäuser unterstützen will. Verstehe ich das Ansinnen wirklich richtig? Will die FDP, dass das Land ein Konzept erarbeitet für Immobilien und Liegenschaften, die bis auf wenige Ausnahmen nicht dem Land gehören?

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Soll sich der Staat etwa um den baulichen Zustand und eine tragfähige wirtschaftliche Nutzung von Guts- und Herrenhäusern in Privatbesitz kümmern?

(Michael Roolf, FDP: Quatsch.)

Ein Schutzschirm für Guts- und Herrenhäuser vielleicht?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, das wäre doch gut.)

Die Welt steht doch wirklich auf dem Kopf, tönte Herr Roolf unlängst beim Thema Bahnhöfe. Ich erinnere Sie: Gemeint sind die Bahnhöfe, die die Bahn nicht mehr braucht und die seit Jahren vor sich hingammeln. „Eigentum verpflichtet“, Artikel 14 Absatz 2 Grundgesetz.

Und waren Sie es nicht, Herr Roolf, der die Debatte über Baukultur im Landtag falsch aufgehoben sah und dies lieber nur den Ausschüssen überlassen wollte? Dabei sollte auch noch der Verkehrsausschuss übergangen werden.

Die FDP ruft nach dem Staat. Was für ein Sinneswandel! Wie sich die Zeiten doch geändert haben.

(Heike Polzin, SPD: Ja, nach Tagesform ist das. – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Aber vielleicht hat das im April vorgesehene Seminar der Europäischen Akademie Mecklenburg-Vorpommern e. V. den Denkanstoß zu diesem Antrag gegeben. Dort wird gefragt – und berechtigt: Warum geht der Verfall von 237 denkmalgeschützten Häusern in Privatbesitz weiter? Denn man hoffte doch, gerade durch Privatisierung, diese Häuser retten zu können.

Mecklenburg-Vorpommern hat mit seinen rund 2.000 Schlös sern, Guts- und Herrenhäusern europaweit das dichteste Netz dieser imposanten Bauwerke. 1.080 davon stehen unter Denkmalschutz. Hinzu kommen noch 1.200 Parkanlagen, von denen ebenfalls die Hälfte unter Denkmalschutz steht.

Fest steht, das baukulturelle Erbe prägt entscheidend unsere Kulturlandschaft. Fest steht auch, Guts- und Herrenhäuser haben eine große wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung für das ganze Land, den ländlichen Raum, die jeweilige Region und die Orte selbst. Da stimme ich allem bereits Gesagten zu. Meine Fraktion und ich wollen selbstverständlich ebenso wie Sie, dass dieses baukulturelle Erbe für kommende Generationen erhalten bleibt. Viele Gebäude und Anlagen sind

aufwendig und liebevoll restauriert und werden für die unterschiedlichsten Zwecke genutzt. Respekt all denen, die das geschafft haben, auch an die privaten Eigentümer gerichtet. Sie haben Guts- und Herrenhäuser rückübertragen bekommen oder erworben und diese dann verantwortungsbewusst und mit Bedacht wieder hergerichtet, sodass sie nun bewohnt, touristisch oder kulturell genutzt werden können.

Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Ungefähr ein Viertel der unter Denkmalschutz stehenden Guts- und Herrenhäuser sind in einem maroden und ruinösen Bauzustand. Diese Häuser sind fast ausnahmslos in privatem Eigentum. Sie wurden einst mit falschen Vorstellungen zum Arbeits- und Kostenaufwand für Sanierung und Unterhaltung oder gar als Spekulationsobjekt gekauft. In den Gebäuden und Grundstücken tat und tut sich seither nichts.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Sie verwahrlosen und verfallen, werden zu Schandflecken für den Ort und die Natur. Einige Guts- und Herrenhäuser waren nicht mehr zu retten und sind zwischenzeitlich abgerissen worden. Das darf nicht weiter geschehen. Ich erinnere wieder an den Artikel 14 Absatz 2 Grundgesetz: „Eigentum verpflichtet.“ Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Nach dem Willen der FDP soll nun der Staat, also die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, für falsche Entscheidungen oder Fehlkalkulationen aufkommen. Ich finde, so geht das nicht.

Kolleginnen und Kollegen, die Stiftung Herrenhäuser und Gutsanlagen M-V und die Arbeitsgemeinschaft Gutsanlagen in M-V haben 2007 eine Initiative gestartet, die sich um Häuser kümmert, die im Privatbesitz sind und verwahrlosen. Es gibt erste kleine Erfolge. Die Eigentümer wurden angeschrieben und an ihre Sicherungs- und Erhaltungspflicht nach dem Denkmalschutzgesetz erinnert. Einige reagierten und machten etwas oder signalisierten, dass sie einem Eigentümerwechsel nicht im Wege stehen würden. Im Rahmen dieser Initiative wurden auch die unteren Denkmalschutzbehörden einbezogen. Offensichtlich war dieser Anstoß von außen nötig, damit nun auch die Behörden aktiver werden und die Besitzer sich verpflichten, zumutbare Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen.

Ich fordere das Kultusministerium auf, darauf hinzuwirken, dass die zuständigen Behörden ihre Möglichkeiten ausschöpfen. Bei unmittelbarer Gefahr kann die Behörde selbst handeln und die Eigentümer oder Besitzer zur Erstattung der Kosten heranziehen. Ebenso wichtig ist es auch, dass Politikerinnen und Politiker vor Ort den unschätzbaren Wert von Guts- und Herrenhäusern erkennen und sie dafür gewonnen werden, alles für den Erhalt zu tun.

(Michael Roolf, FDP: Aber hier nicht.)

Dieses Ziel hatte auch der im Mai 2008 vom Planungsverband Vorpommern durchgeführte Bürgermeisterworkshop in Neetzow.

(Der Abgeordnete Ralf Grabow bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte erst meine Ausführungen beenden.

Dem Bauministerium sage ich, wir brauchen zukünftig regelmäßig Veranstaltungen dieser Art, und das in allen vier Planungsverbänden.

Kolleginnen und Kollegen, Notfalldienste, wie sie die FDP will, gibt es bereits. Begonnen hat das vor über drei Jahrzehnten mit der Monumentenwacht in den Niederlanden. Mittlerweile gibt es in einigen Bundesländern Denkmalwachten oder Denkmal- und Altbauinspektionsdienste. Beispielsweise die Denkmalwacht Brandenburg und Berlin e. V. führt regelmäßig Inspektionen und die genaue Erfassung des Bauzustandes durch. Kleinstreparaturen werden sofort ausgeführt. Die Eigentümer werden beraten und erfahren, welche baulichen Maßnahmen erfolgen müssten und welche Fachfirmen diese durchführen können. Auch bei der Finanzierung gibt es Unterstützung von der Denkmalwacht. Sie ist ein Netzwerk regionaler und qualifizierter Fachleute zur Bewahrung, Pflege und Erhaltung des kulturellen Erbes.

Aus unserem Land ist die 2005 gegründete Stiftung Kulturerbe im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern Mitglied in der entsprechenden Bundesarbeitsgemeinschaft. Diese Bundesarbeitsgemeinschaft unabhängiger Denkmal- und Altbauinspektionsdienste ist ein bundesweiter Zusammenschluss gemeinnütziger Vereine, Initiativen und Landesverbände, die alle ein Ziel haben: eine langfristige und nachhaltige Denkmalpflege durch regelmäßige Inspektion und Wartung. Mecklenburg-Vorpommern steckt dabei noch in den Kinderschuhen. Bereits im Jahre 2004 forderte die Neue Tellower Erklärung die Schaffung einer sogenannten Denkmalwacht für Mecklenburg-Vorpommern, aber soweit mir bekannt ist, gibt es diesen Inspektionsdienst bei uns noch nicht.

Meine Fraktion und ich befürworten durchaus auch hierzulande einen Denkmalinspektionsdienst. Er könnte in gewissem Umfang Notfalldienste leisten. Nach unserer Auffassung kann das aber nicht Aufgabe des Landes sein. Gebraucht werden unabhängige Strukturen wie Arbeitsgemeinschaften, Vereine oder Stiftungen nach dem Vorbild in den anderen Bundesländern und in den Niederlanden. Als Mitglied dieser unabhängigen Strukturen sind die Eigentümer von Denkmalen oder denkmalwürdiger und wertvoller Altbausubstanz zu werben, die mit ihren Mitgliedsbeiträgen eine kostengünstige Bestandsaufnahme und regelmäßige Inspektionen ermöglichen und dabei selbst Nutznießer sind.

Selbstverständlich ist eine enge Zusammenarbeit zwischen diesen Arbeitsgemeinschaften, Vereinen oder Stiftungen mit dem Landesamt für Denkmalpflege und den unteren Denkmalschutzbehörden notwendig. Und ich gehe noch weiter, eine finanzielle Starthilfe durch das Land kann helfen, wirksame Strukturen aufzubauen. Es ist der FDP also unbenommen, in der Haushaltsdebatte zum Doppelhaushalt 2010/2011 Mittel dafür zu fordern. Dank des europäischen Landwirtschaftsfonds für die ländliche Entwicklung werden seit 2007 jährlich rund 934.000 Euro für Notsicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen an bedrohten Denkmalen für öffentliche und für nicht öffentliche Träger in den Landeshaushalt eingestellt. Die Zuwendungen können bis maximal 50 Prozent der denkmalbedingten Mehraufwendungen eingesetzt werden. Das ist zumindest mal ein Anfang.

Kolleginnen und Kollegen, Ziel der Stiftung Kulturerbe im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern ist unter anderem auch die Beratung von Eigentümern von Gutsanlagen zu Fragen der Nutzung, des Erhalts, der Pflege

und der Finanzierung. Damit macht die Stiftung bereits das, was die FDP von der Landesregierung fordert.

(Hans Kreher, FDP: Warum verfallen dann trotz- dem noch Gebäude, wenn das alles getan wird?)

Deshalb können meine Fraktion und ich diesen Antrag nur ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Hans Kreher, FDP: Hören Sie doch mal zu, was ich gesagt habe! Sie müssen doch mal zuhören!)

Meine Fraktionskollegen Helmut Holter und auch Professor Dr. Tack wirken mit, um die Kulturgüter im ländlichen Raum zu erhalten. Weitere Mitstreiter sind herzlich willkommen. Aus unserer Sicht hat die Landesregierung die Pflicht, alle Initiativen für den Erhalt des Kulturerbes zu unterstützen und mit ihnen eng zusammenzuarbeiten. Lassen Sie mich an dieser Stelle all den Menschen danken, die sich in den Arbeitsgemeinschaften, in den Vereinen, Stiftungen und privat seit Jahren sehr engagieren und kontinuierlich um die Guts- und Herrenhäuser in diesem Land kümmern.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Unsere Lebensqualität braucht Vergangenheit und Zukunft und dazu gehören auch Guts- und Herrenhäuser unbedingt.

Abschließend will ich Ihnen die Werbung eines Wirtschaftsberaters nicht vorenthalten. In dessen Internetauftritt kann man lesen, dass Investitionen in eine denkmalgeschützte Immobilie zu den attraktivsten Steuersparmöglichkeiten gehören.

(Egbert Liskow, CDU: Aber nicht bei Herrenhäusern. – Ralf Grabow, FDP: Das gibt’s doch gar nicht mehr. – Michael Roolf, FDP: Das war mal.)

Deshalb gibt er den Rat, ich zitiere ganz kurz: „Nutzen Sie die genialen Möglichkeiten der Investition in ein Kultur- oder Baudenkmal! Profitieren Sie von dem Steuervorteil und lassen Sie das Finanzamt an Ihrem Vermögensaufbau teilhaben. Eine Steuer-Immobilie bietet Ihnen Sicherheit – Rentabilität – Inflationsschutz.“ Zitatende. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Egbert Liskow, CDU: Das gilt aber für Sanierungsgebiete.)

Danke, Frau Lück.

(Egbert Liskow, CDU: Eine Frage, eine Frage!)