Protocol of the Session on March 4, 2009

Ich beantrage, dass wir diesen Antrag überweisen in den Finanzausschuss, in den Wirtschaftsausschuss und in den Innenausschuss. Der Ministerpräsident ist erwachsen genug, der kann morgen erwachsen genug seine Positionen in Berlin vortragen.

(Michael Andrejewski, NPD: Vielleicht muss er wachsen.)

Wir müssen dieses Thema hier in aller Ruhe diskutieren. Sollten Sie dieser Überweisung nicht zustimmen, werde ich, und ich denke, auch die Mehrzahl meiner Kollegen, an dieser Farce nicht teilnehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Peng! Peng! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist seitens des Fraktionsvorsitzenden der FDP-Fraktion beantragt worden, den vorliegenden Antrag zur federführenden Beratung in den Finanzausschuss und zur Mitberatung …

(Rudolf Borchert, SPD: Ich bin doch aber noch auf der Rednerliste.)

Das stimmt, das stimmt. Ich bitte um Entschuldigung, das ist hier nicht notiert worden.

Es hat jetzt noch einmal das Wort der Abgeordnete Herr Borchert für die Fraktion der SPD.

(allgemeine Unruhe)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwei Vorbemerkungen:

Als Erstes gilt es festzustellen, dass die FDP ganz offensichtlich überhaupt kein Problem damit hat, dass wir Konsolidierungshilfe für andere Länder leisten.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Ich möchte für die SPD-Fraktion feststellen, dass das aus unserer Sicht eindeutig gegen die Interessen des Landes Mecklenburg-Vorpommern verstößt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Raimund Frank Borrmann, NPD: Das gilt aber auch für die EU.)

Zweitens stelle ich fest – ich entnehme das den Worten von Herrn Roolf –, dass die FDP ganz offensichtlich, und das finde sehr bedauerlich, hier angekündigt hat, unserem Antrag heute

(Gino Leonhard, FDP: Zu überweisen.)

nicht zuzustimmen, und damit die Chance vergeben hat, sich hier heute eindeutig zu positionieren zu einem Kernrecht, einem Kernelement des deutschen Föderalismus,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So wie Herr Kubicki in Schleswig-Holstein beispielsweise.)

nämlich der Budgethoheit der Landtage. Ich bedauere das sehr. Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass die FDP sich hier nicht zur Budgethoheit des Landtages bekennt. Ich bin nicht nur enttäuscht, sondern natürlich auch maßlos verärgert. Das muss ich hier ganz deutlich sagen.

(Udo Pastörs, NPD: Oh!)

Ja, da muss man sich mal vor Augen führen, dass wir in der Bundesrepublik, zu den Landtagen komme ich noch, natürlich auch die FDP in den Ländern, in den Landtagen und in Landesregierungen haben. Ich glaube nicht, dass Herr Roolf so richtig überblickt, was er letztendlich hier vertritt, nämlich die Budgethoheit der Landtage nicht so wie wir zu verteidigen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Typisch für die FDP!)

Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, dass es eigentlich eine typische FDP-Position ist,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Nee, ganz bestimmt nicht.)

denn das ist so etwas von absurd, das kann man überhaupt nicht nachvollziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht einen kleinen Exkurs, und zwar auch für Herrn Roolf.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Die eigenständige Haushaltwirtschaft samt Kreditfähigkeit der Länder ist Ausdruck und tragende Säule des sozialen Bundesstaatsprinzips in Deutschland, Artikel 20 Grundgesetz. Dieses Budgetrecht der Länderparlamente unterliegt der sogenannten Ewigkeitsgarantie des Grundgesetzes, dem Artikel 79. Das heißt, diese Ewigkeitsgarantie kann auch nicht mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat geändert werden. Es ist ein absolutes Kernelement des sozialen Bundesstaatsprinzips der Bundesrepublik Deutschland.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da Schuldenregeln wesentliche Bestandteile des Haushaltsrechtes der Länder sind, schränken sie natürlich das Budgetrecht – das Königsrecht der Parlamente – zentral ein. Neue Schuldenregeln, und wir haben es im Antrag deutlich

gemacht, bedürfen daher der konstruktiven Mitwirkung durch die Landesparlamente. Das gilt umso mehr, wenn darüber entschieden wird, ob zukünftig jegliche Schuldenaufnahme den Ländern verboten werden soll.

(Udo Pastörs, NPD: Es wird langsam Zeit, dass es geschieht.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, neue Schuldenregeln dürfen den Ländern deshalb nicht durch eine Änderung des Grundgesetzes übergestülpt werden. Aus Sicht der SPD-Fraktion geht es bei der Einschränkung des Budgetrechts um eine Entscheidung über die grundsätzliche Zukunftsfähigkeit von Landesparlamenten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Zusammenhang ist es vermutlich auch in der deutschen Parlamentsgeschichte ein einmaliger Vorgang, in welcher Art und Weise Bundespolitik die Rechte aller deutschen Landesparlamente missachtet. Gleichzeitig ist es auch eine Brüskierung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Diese haben in ihrer Berliner Erklärung zur Föderalismusreform II vom 16. Juni 2008 Folgendes festgelegt – ich betone, Erklärung aller Landesparlamente, aller Präsidentinnen, aller Präsidenten –, ich zitiere wörtlich: „Sich jetzt auf neue Schuldenregeln für Bund und Länder zu einigen, ist das Gebot der Stunde. Allerdings sind Schuldenregeln für die Länder wesentliche Bestandteile ihres Haushaltsrechts. Sie betreffen das Budgetrecht, das ,Königsrecht der Parlamente‘, zentral. Neue Schuldenregeln bedürfen daher der konstitutiven Mitwirkung durch die Landesparlamente … Die Entscheidung über die Gestaltung der Länderhaushalte muss weiter uneingeschränkt vom Budgetrecht der Landtage getragen werden. Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente halten eine freiwillige Einschränkung des Budgetrechts durch die Landesparlamente selbst für notwendig“, aber freiwillig. „Sie kommt aber nur in Betracht, wenn die Föderalismuskommission II ein in sich schlüssiges Gesamtkonzept vorlegt.“ Ende des Zitats.

Ich möchte jetzt nicht bewerten, ob es dieses Gesamtkonzept gibt, was die Präsidentinnen und Präsidenten erwartet haben, aber eine klare Aussage, wenn überhaupt, dann nur freiwillig. Die beabsichtigte verpflichtende Schuldenregel für die Länder im Grundgesetz ist also ein Affront gegenüber allen Landtagen, übrigens inklusive FDP. Wir lehnen sie demzufolge konsequent ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es kann doch nicht sein, dass die heutige Politikergeneration – in dem Falle auch wir – sowohl im Bund als auch im Land künftigen Generationen riesige Schuldenberge hinterlässt

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das macht ihr doch aber schon seit Jahrzehnten.)

und gleichzeitig das Gewissen dadurch beruhigt, dass die Haushaltsautonomie der Länder faktisch aufgehoben wird. Der Haushaltsgesetzgeber des Jahres 2020 ist nicht weniger demokratisch legitimiert als derjenige des Jahres 2009.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Es sind doch die Banken, die legitimiert sind.)

Es geht also nicht an, dass wir zukünftigen Parlamenten Beschränkungen auferlegen, denen wir selbst nicht unterliegen, die wir selbst mehrheitlich entschieden zurückweisen würden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, welche Folgen hätte denn die geplante Schuldenbremse? Es besteht die große Gefahr, dass zukünftig die Handlungsfähigkeit des Staates entscheidend eingeschränkt wird. Die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise beweist ja geradezu die Notwendigkeit, dass der Staat finanzpolitische Spielräume benötigt, um antizyklisch und konjunkturpolitisch stabilisierend zu wirken.

(Udo Pastörs, NPD: Das war doch alles gestern. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der geplanten Schuldenbremse im Bund und dem Schuldenverbot für die Länder wird es in Zukunft viel, viel schwieriger sein, eine seriöse und rationale Fiskalpolitik zu ermöglichen. Denn nur mit 8 Milliarden Euro Verschuldungsspielraum für alle öffentlichen Haushalte inklusive Kommunen wird es nicht in ausreichendem Maße möglich sein, eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik zu betreiben. Ich sage Ihnen eines, meine Damen und Herren: Notwendige Zukunftsinvestitionen in Arbeit, Bildung, Kinder und Familie, die ja so vielfach von allen Parteien gerade in Wahlkämpfen gefordert werden, werden zukünftig noch schwieriger zu finanzieren sein, als es heute der Fall ist. Davor warne ich.

(Udo Pastörs, NPD: Euer System ist nur über Kredite finanzierbar.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer unrealistische Schuldenbremsen fordert und eine Neuverschuldung verbietet, der muss auch sagen, meine Damen und Herren, wie er dieses finanzieren will.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist eine Frage von Jahren.)