Protocol of the Session on November 20, 2008

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

„Hier möchte ich erklären, daß wir keine großen Expansionsideen haben. Wir versuchen lediglich, die Einheit und Unversehrtheit des polnischen Staates zu bewahren. Wir haben unsere Forderungen gegen Deutschland gestellt. Wir haben die Eingliederung Ostpreußens, Oberschlesiens und von Teilen Pommerns in Polen verlangt. Wir begrüßen die positive Haltung der Alliierten einschließlich Sowjetrußlands, daß es uns in dieser Angelegenheit seine Hilfe versprochen hat, aber wir wollen unsere Grenze im Westen nicht so weit ausdehnen, daß sie acht bis zehn Millionen Deutsche umschließt. Wir wollen weder Breslau noch Stettin. Wir fordern nur unsere ethnischen und historisch polnischen Gebiete, die unter deutscher Herrschaft stehen.“

Dieser Ministerpräsident wurde nicht gehört. Es ist dann eine andere Regierung eingesetzt worden von Sowjetrussland und die Grenzen sind bis an die Oder-NeißeLinie verlegt worden. Das dazu. Es wurden diese Gebiete polonisiert und es war für viele Familien unfassbar, unter anderem auch in dem kleinen Dorf, in dem meine Großmutter lebte.

(Reinhard Dankert, SPD: An welcher Grenze hat der Krieg eigentlich angefangen, Herr Borrmann?)

Es war so: Die Sowjettruppen trafen etwa am 30./31. Januar ein und es gab in diesem Dorf auch keine großen Plünderungen oder Vergewaltigungen. Nach kurzer Zeit trafen dort auch polnische Einheiten ein und die Auseinandersetzungen – und das war eigentlich das Interessante für mich – zwischen Polen und Russen waren intensiver als zwischen Deutschen und Russen. Es war dann so, dass die Polen oft zu spontanen Plünderungen griffen, den Leuten die Lebensmittel wegnahmen, so erzählte mir meine Großmutter, und die Russen kamen dann jeweils oder die Sowjetsoldaten kamen dann jeweils, um die Deutschen zu beschützen und ihnen die Lebensmittel zurückzugeben.

Und das Interessante war für mich auch weiterhin, dass die Beziehungen zwischen den Deutschen und den Sowjetsoldaten oder den Russen, ich weiß nicht, welche Völkerschaften noch dazugehörten, so intensiv wurden, dass ein Offizier meiner Großmutter anbot, sie mit dem gesamten Hausrat, den sie hatte, einschließlich eines Motorrades und allem, was dazugehörte, nach Mitteldeutschland umzusiedeln in die Gegend von Guben, Westguben. Es war sogar ein LKW vorhanden. Sie hat das abgelehnt, weil sie gesagt hat, das kann ich mir nicht vorstellen. Es ist eine Familie gewesen, in der Kommunisten, Sozialdemokraten, teilweise auch Nationalso

zialisten waren, und unsere Familie vertrat eben auch sozialdemokratische Traditionen. Sie sagte, sie kann sich nicht vorstellen, dass eine Arbeiter- und Bauernregierung Arbeiter und Bauern vertreibt, dass sie umgesiedelt werden, das ist einfach nicht möglich. Sie hat deshalb diesen Vorschlag abgelehnt und ist dann am 30. November aus ihrem Haus ausgewiesen worden und musste über Kilometer in ein Lager nach Krossen marschieren. Von dort wurde sie nach Mecklenburg-Vorpommern gebracht.

Diese Vorgänge haben mich in meiner ganzen Kindheit so bewogen und immer wieder nachdenklich werden lassen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, reden wir doch mal über die Vorgänge von 1939!)

Sie haben dazu geführt, dass ich letztendlich aus diesen Geschichten heraus meine Zweifel hatte, ob das,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das hat alles nicht stattgefunden.)

was uns immer über Arbeiter- und Bauernregierung und soziale Gerechtigkeit und Überlegenheit des Sozialismus, des sozialistischen Weltsystems gesagt wurde, richtig ist.

(Reinhard Dankert, SPD: Und jetzt bewältigen Sie Ihre Vergangenheit in der NPD.)

Diese Überlegungen haben dazu geführt, dass sich meine Weltanschauung gewandelt hat und dass ich letztendlich davon Abstand genommen habe. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und was will er uns damit sagen? Ist das eine therapeutische Stunde hier oder was?)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1965. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1965 bei Zustimmung der Fraktion der NPD und Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der FDP abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Arbeitsplätze durch Klimaschutz und Energiewende, Drucksache 5/1956. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2010 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Arbeitsplätze durch Klimaschutz und Energiewende – Drucksache 5/1956 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/2010 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Griese von der Fraktion DIE LINKE. Für die erste Rede in diesem Landtag wünschen wir alles Gute.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte mir in der Mehrzahl noch unbekannte neue Kolleginnen und Kollegen! Ich bin tief betroffen von dem, was ich eben hier an akausalem Geschichtsunterricht habe konsumieren müssen.

(Michael Andrejewski, NPD: Es gibt nicht nur Kausalität.)

Meine Herren, ich will nur einen Satz sagen: Für mich endet Toleranz mit dem Tolerieren der Intoleranz.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Durch alle.)

Und Sie sind zutiefst intolerant.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Zum Thema: Mecklenburg-Vorpommern – Tourismusland Nummer eins, Gesundheitsland Nummer eins, familienfreundliches Land, im PISA-Ranking sich verbessernde Schulbildung. Warum nicht auch Spitze beim Klimaschutz und bei erneuerbaren Energien, bei der Produktion der dafür nötigen Anlagen und Ausrüstungen mit hohem Exportanteil?

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag verknüpft meine Fraktion zwei Themen: die Schaffung von Arbeitsplätzen und den Klimaschutz. Klimaschutz erfordert natürlich viel mehr als nur eine Energiewende, aber die Energiewirtschaft ist unbestritten der Bereich, der am meisten dazu beitragen kann oder eben auch nicht, wenn wir nicht rechtzeitig reagieren.

Wir meinen heute nicht den klimapolitischen und wirtschaftlichen Unsinn mit dem geplanten Steinkohlekraftwerk Lubmin. Heute geht es um die Chancen, die sich aus Klimaschutz und Energiewende, aus dem ökologischen Umbau der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt für neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze ergeben. Während die Notwendigkeit von Energiewende hin zu erneuerbaren Quellen, Steigerung der Effizienz und Energiesparen aus Sicht von Klima und Umweltschutz weitgehend unumstritten ist, gibt es deutliche Kontroversen darüber, in welchem Tempo und mit welchen Maßnahmen das Umsteuern erfolgen muss. Die Gründe für diese Kontroversen sind vielfältig, ein wichtiger ist dabei ohne Zweifel die Sorge, dass viele Arbeitsplätze auch verloren gehen könnten. Die Sorge ist berechtigt. In einem solchen komplexen Umwandlungsprozess wird es Wirtschaftsbereiche geben, die keine Zukunft haben und – ich füge hinzu – im Interesse der Sicherung unserer aller Lebensgrundlagen auch nicht haben sollen und dürfen.

Aber dieser Umwandlungsprozess bringt riesige Chancen für zukunftsfähiges Forschen, Wirtschaften, Arbeiten und Leben. Wir haben jetzt die Wahl: Entweder machen wir so weiter wie bisher, verschließen die Augen vor den Gefahren und riskieren unabwendbaren Schaden für Mensch und Umwelt, oder wir beginnen endlich mit einer konzertierten Aktion, die Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, Bildung und Ausbildung umfasst und somit neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze schafft. Eine solche konzertierte Aktion ist das Ziel unseres Antrages.

Die Landesregierung war im September 2007 vom Landtag beauftragt worden, ein Konzept „Energieland 2020“ zu erarbeiten und dem Landtag vorzulegen. In der Landtagssitzung im Oktober haben die Vertreter der Koalitionsfraktionen mehrfach gesagt, dass das im November erfolgen wird. Der November, unser momentaner Monat, ist ja noch nicht vorbei, vielleicht kommt es ja noch.

(Rudolf Borchert, SPD: Ein paar Tage haben wir noch.)

Bisher haben wir lediglich die energiepolitischen Leitlinien der Landesregierung, die als Überschriften nicht

abzulehnen sind. Der große Wurf sind sie noch nicht. Wir sind gespannt darauf, was Sie uns vorlegen, Herr Minister.

Sehr geehrte Damen und Herren, Umweltminister Gabriel nannte es eine „ökologische Industriepolitik“, einen „‚New Deal‘ für Wirtschaft, Umwelt und Beschäftigungspolitik“. Wir stimmen nicht in allen Fragen mit ihm überein, aber dieses Ansinnen unterstützen wir ausdrücklich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Deshalb sage ich hier, dass bei allen Vorstellungen, die die Landesregierung über die Zukunft des Landes geäußert hat, zuletzt Herr Ministerpräsident Sellering in seiner Regierungserklärung und, wie ich vorgestern auch vernehmen konnte, in einem Rundfunkinterview, das verknüpfende Element, die Vision fehlt. Gesundheitsland Nummer eins, Tourismusland Nummer eins, familienfreundliches Land – das alles bleiben Schlagworte, solange sie nicht umfassend betrachtet und mit Klimaschutz und erneuerbaren Energien verknüpft werden.

Natürlich weiß jeder, dass hier eine große Zahl von Arbeitsplätzen ist und enorme weitere Potenziale liegen. Langsam entstehen auch Netzwerke und Verbünde, die die Frage, wie Lebensmittel bei uns erzeugt werden, als Marketingschwerpunkte und Standortvorteile für ein Gesundheits-, Tourismus- und Familienland begreifen.

Mit der Energiefrage sieht das aber noch nicht so aus. Erneuerbare Energien sind auf dem Vormarsch, ohne Zweifel, und das wird auch nicht aufzuhalten sein, aber es geht zu langsam. Bisher wird nicht betrachtet, dass auch Strom- und Wärmeerzeugung aus regenerativen Quellen ein Standortvorteil ist, der ökologisch bewusste Touristen stärker ins Land zieht, der den Menschen bei uns nützt, der die regionale Wirtschaft stärkt. Die Landesregierung stellt selbst fest, dass dezentrale Energieversorgungsstrukturen typisch bei erneuerbaren Energien sind. Sie einzubinden in regionale Wertschöpfungsketten, schützt nicht nur das Klima, das schafft auch Arbeitsplätze. Nur auf diese Weise ist das Monopol der großen Energieversorger zu knacken und die Unabhängigkeit zu erreichen, auch bei der Preisgestaltung. Kommunen, die energieautark werden wollen, müssen unterstützt werden, und die, die auf die Idee noch nicht gekommen sind, brauchen die entsprechende Anregung.

Die Inseln Usedom und Rügen werben damit, dass sie zu den sonnenreichsten Orten Deutschlands gehören. Warum werben sie nicht damit, dass sie diese vielen Sonnenstrahlen zur Strom- und Wärmeerzeugung nutzen?

(Zuruf von Matthias Lietz, CDU)

Die Antwort ist einfach: weil sie es viel zu wenig tun. Die öffentlichen Gebäude schreien aber nicht nur auf Rügen und Usedom nach energetischer Sanierung, nach der Nutzung der Dachflächen für Solaranlagen, der Ausrüstung mit Wärmepumpen. Das ist überall im Lande so. Die Förderung durch das Land für solche Vorhaben ist viel zu gering. Stocken Sie die Mittel dafür auf! Das wäre nicht nur positiv für den Klimaschutz, sondern eine wichtige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für das regionale Handwerk.

Ich weiß, dass unsere Universitäten und Hochschulen sowie andere wissenschaftliche Einrichtungen Forschungsprojekte, Studien in der Grundlagenforschung oder auch im konkreten Auftrag ausführen. Gemessen daran, dass die erneuerbaren Energien aufgrund der

natürlichen Voraussetzungen und der erreichten Nutzungsergebnisse zweifellos zu den Stärken unseres Landes gehören, ist das aber noch deutlich ausbaufähig. Warum schaffen wir nicht eine Fakultät zum Beispiel an der Hochschule in Wismar oder an der Universität Rostock, die diese Kompetenzen bündelt? Das könnte auch für Studienplatzsucher zu einem neuen Anreiz werden, sich für Mecklenburg-Vorpommern zu entscheiden.

Außerdem ist abzusehen, dass es auf diesem Gebiet einen zunehmenden Fachkräftebedarf geben wird. Dem muss sich auch die Berufsausbildung stärker als bisher stellen. Es dauert zu lange, bis neue Berufsbilder entwickelt und anerkannt werden. Die Landesregierung ist ja in ständigem Kontakt mit den IHK und den Berufsbildungsträgern. Auch wenn Sie das nicht bestimmen können, kann ich mir nicht vorstellen, dass der Wunsch der Landesregierung spurlos an den verantwortlichen Stellen vorübergehen würde. Und nebenbei bemerkt, gute Fachkräfte in zukunftsfähigen Branchen müssen auch gut bezahlt werden.

Lassen Sie mich noch ein Wort zur Standortoffensive Klimaschutz sagen: Neben der Bündelung vorhandener und der Schaffung neuer Kompetenzen in der Energie- und Klimaforschung sowie bei der Ausbildung der nötigen Fachkräfte brauchen wir bei der Ansiedlungspolitik, insbesondere bei der Förderung durch das Land, eine Konzentration auf Schwerpunkte. Sie werden sagen, das haben wir bereits. Wenn das so ist, spielen erneuerbare Energien und Klimaschutz keine ausreichende Rolle. Ob Sie es wollen oder nicht, wir kommen nicht umhin, für jede Investition einen Klimacheck vorzunehmen. Sie sollten sich endlich davon verabschieden, dass es mit KleinKlein geht oder dass der Markt alles richten wird. Dass er das nicht tut beziehungsweise uns alle in den Abgrund stürzen kann, wenn wir ihm nicht Zügel anlegen, erleben wir gerade hautnah.

Zum Schluss möchte ich noch auf eine Mitteilung der Europäischen Kommission verweisen, die laut „FAZ“ vom 12. November, also recht aktuell, die Mitgliedsstaaten dringend auffordert, die Abhängigkeit von Öl-, Gas- und Kohlenimporten durch ehrgeizige Projekte bei der Nutzung erneuerbarer Energieträger zu verringern. Lassen Sie uns auch in Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam verstärkt daran arbeiten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Danke schön, Herr Griese.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.