Protocol of the Session on November 20, 2008

Wir sind mit unserer umfassenden Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Strukturentwicklungspolitik konsequent allerdings – da haben Sie recht – auf den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet. Unsere Ziele sind die Unterstützung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums, die Stärkung der Wirtschaft sowie die Schaffung von mehr und auch zugegebenermaßen wissensbasierten Arbeitsplätzen, die wir auf dem ersten Arbeitsmarkt brauchen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt oder die Beschäftigung auf dem zweiten Arbeitsmarkt sind zunächst einmal – und das ist mir wichtig – klassische Aufgaben der Agenturen für Arbeit und der Arbeitsgemeinschaften oder der optionierten Kommune. Wir haben uns für diesen Weg im Übrigen auch deshalb entschieden, weil der finanzielle Spielraum, den wir haben, zunehmend enger wird.

Mit Investitionen in Ausbildung, Qualifizierung, lebenslanges Lernen, Forschung und Entwicklung setzen wir, so meine ich, an den richtigen Stellen an, wo wir unser Ziel, nämlich nachhaltige Arbeitsmarktpolitik, zu erreichen auch in der Lage sind. Gut ausgebildete Fach- und Nachwuchskräfte, Forschung und Entwicklung in enger Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft, Innovation in Unternehmen und eben die zügige Umsetzung neuer wissenschaftlicher Ergebnisse in marktfähige Produkte, das, glaube ich, sind die richtigen Themen für das Land, die wir auch weiter unterstützen wollen.

Ich will Ihnen auch als ein Beispiel unter vielen nennen in der Schulbildung das Projekt „Lernort Labor – Wissenschaft erleben und begreifen“ 2009 bis 2011 des Forschungsverbunds Mecklenburg-Vorpommern e. V. in Rostock. Mit diesem Projekt werden Schülerinnen und Schüler für naturwissenschaftliche Arbeitsmethoden und ihre Anwendung in der Praxis besonders interessiert. Ich halte das für wirklich sehr notwendig, wenn man sich manchmal anschaut, wohin die Wünsche junger Menschen gehen im Hinblick auf ihre zukünftige Tätigkeit. Oder ich nenne den Bereich der Qualifizierung von Arbeitnehmern für künftige Herausforderungen in ihrem Unternehmen. Ich hatte das Thema aber bereits gestern genannt, insofern will ich mich hier kurzfassen. Sie erinnern vielleicht Arbeitnehmerschulungen bei Wadan Yards (140 Arbeitnehmer) oder das Projekt Mitarbeiterschulung bei der Montagebau-Neptun Rostock GmbH. Hier geht es um CNC-Technik, Fachenglisch und Schweißtechnik.

Die vorrangige Ausrichtung unseres Programms „Arbeit durch Bildung und Innovation“ auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen für mehr und bessere Arbeitsplätze heißt aber nicht – und das will ich dann auch noch mal, obwohl ich es mehrfach betont habe, deutlich unterstreichen –, dass die Förderung des Zugangs zum Arbeitsmarkt und die soziale Integration keine Rolle mehr spielen. Solange wir im Land mit zugegebenermaßen nach wie vor großen sozialen Problemen konfrontiert sind, solange können und wollen wir uns auch nicht aus diesem Feld zurückziehen.

Wir konzentrieren uns allerdings auf solche Bereiche und solche Zielgruppen, die von den Arbeitsagenturen und den Arbeitsgemeinschaften nicht ausreichend abgedeckt werden. Dazu gehören zum Beispiel die Integrationsprojekte zur Unterstützung von Arbeitslosen mit besonders langer Arbeitslosigkeit, die den Kontakt zum Erwerbsleben verloren haben. Primäres Ziel ist es hier nicht, die sofortige Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt zu erreichen, sondern die gesellschaftliche Eingliederung, die natürlich mittelbar dann auch zu einer Integration in Arbeit führen soll. In diesem Zusammenhang ist auch vorgesehen, ein landesweites Integrationsprojekt in 2009 zu realisieren, das durch die sechs OASEn umgesetzt werden soll, also die Organisationen für Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklung.

Weiterhin fördern wir auch Qualifizierungsprojekte für Arbeitslose, jedoch nur in besonderen Fällen. Hier will ich nennen die Qualifizierung von langzeitarbeitslosen Fachkräften über 50 Jahren, insbesondere in den Berufen der Ingenieure, Techniker und Naturwissenschaftler. Es ist sicherlich auch ein Sonderfall, wo wir die Förderung bestreiten des dritten Jahres einer Umschulung in Gesundheitsfachberufen, also der Alterspflege, wo es eine spezielle Situation gibt im Hinblick auf die Unterstützung seitens der Bundesagentur.

Eine darüber hinaus gehende, breitflächige Finanzierung öffentlicher Beschäftigung unter Außerachtlassung der Subsidiarität zu dem Tätigkeitsfeld der Arbeitsagenturen und der Arbeitsgemeinschaften ist dagegen nach meiner Auffassung – nicht nur ordnungspolitisch, aber auch deshalb – der falsche Weg. Sie bringt eben keine nachhaltigen Erfolge für die von Langzeitarbeitslosigkeit Betroffenen. Und sie würde sogar das Erreichte, insbesondere auf dem ersten Arbeitsmarkt, eventuell dann noch aufs Spiel setzen. Insofern ist es mir auch wichtig, dass man genau hinschaut, wie Arbeitsplätze im Rahmen des Projektes Kommunal-Kombi eingesetzt werden. Ich bitte Sie, dem Antrag der Fraktion der LINKEN nicht zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE! Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, gab es einen ähnlichen Antrag, was die Höhe des Zuschusses des Kommunal-Kombis betrifft, schon mal hier in diesem Haus und …

(Regine Lück, DIE LINKE: Das war im Januar.)

Das habe ich jetzt akustisch nicht verstanden, Regine.

(Regine Lück, DIE LINKE: Im Januar.)

Im Januar, ja, hatte ich doch richtig in Erinnerung.

Auch damals schon ist dieser Antrag von den Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Deswegen will ich jetzt dem Ergebnis kurz vorgreifen. Es wird Sie sicherlich nicht wundern, wenn wir dem auch heute nicht zustimmen werden. Herr Holter bricht mir hier fast zusammen, aber ich pusche Sie bei Gelegenheit, dann geht es Ihnen wieder besser.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Aber ich will vielleicht noch ganz kurz auf die Rede vom Kollegen Koplin eingehen. Ich kann mich noch, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, an die Debatte damals erinnern – ich hätte jetzt nicht gewusst, dass es im Januar war –, wo vonseiten der Fraktion DIE LINKE grundsätzliche Kritik an dem Programm des Kommunal-Kombis geäußert wurde. Jetzt will ich nicht so weit gehen und sagen, im Nachhinein „begrüßen“ Sie dann ja vielleicht sogar den Umstand, dass es nicht im entsprechenden Maße angenommen worden ist. Das will ich Ihnen nicht unterstellen, dafür kenne ich Sie auch zu gut.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Aber vielleicht kann man sich ja darauf verständigen, dass wir gemeinsam tatsächlich den Umstand, dass es nicht in dem Maße in Anspruch genommen wird, unabhängig davon, welche Gründe vorliegen, bedauern.

Der Kollege Koplin hat als einen der Gründe aus Ihrer Sicht und maßgeblichen Gründe dafür, dass es nicht in dem erforderlichen Umfang, wie es hier angeboten wird, in Anspruch genommen wird, genannt, dass die Kosten für die jeweiligen Träger, ob es die Kommunen sind oder die, die dann für die Kommunen als Aufgabenträger das übernehmen, zu hoch wären.

Nun ist die Kostenbelastung dann ja tatsächlich da. Man soll sich da nicht täuschen, Herr Minister Seidel hat es vorgestellt. 30 Stunden sind vorgesehen, eine ortsübliche Vergütung. Rechnen Sie es hoch, Sie kommen ungefähr – ich sage mal, 7,50 Euro Bruttostundenlohn, das ist nicht allzu viel – auf eine monatliche Belastung zwischen 1.200 und 1.300 Euro. Dann rechnen Sie das ab, was vom Bund, vom Land gezahlt wird. Dann wissen Sie, was kofinanziert wird. Gerade für manchen Träger ist das tatsächlich schwierig. Das ist unbenommen.

Aber man muss sich auch darüber klar werden, dass es ja eigentlich Aufgaben sind, die von den Kommunen vor Ort selber auch wahrgenommen werden sollten. Deswegen muss man auch von den Kommunen verlangen, dass sie sich in einem gewissen Umfang finanziell tatsächlich an dieser Aufgabe beteiligen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Siehe Rostock.)

Ich denke, dazu komme ich gleich noch (zu Rostock). Ich denke, das ist etwas, was man auch als Verantwortung von kommunaler Arbeitsmarktpolitik durchaus verlangen kann. Es kann nicht sein, dass sich Kommunen hinstellen und sagen, wir haben ein Problem gerade in dem angesprochenen soziokulturellen Bereich – das sehe ich genauso, das hat auch seine Ursachen, dazu möchte ich gleich noch einen Satz sagen – und jetzt bitte, Land, löse diese Probleme.

(Ute Schildt, SPD: Genau.)

Das kann nicht der Sinn der Sache sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Irene Müller, DIE LINKE: Also verzichten wir ganz auf dieses Programm.)

Was man tatsächlich dann noch sagen muss, ist, man muss auch schauen, wo die Ursachen für die Probleme sind. Das ist natürlich dem Umstand geschuldet, dass aufgrund der Haushaltssituation viele Kommunen heutzutage gerade in diesen Bereichen, so, wie Sie das vielleicht gerne machen würden, gar nicht mehr tätig sein können. Da sollte man dann aber fairerweise etwas an der Finanzausstattung der Kommunen im Allgemeinen ändern und nicht hier über dieses Programm tatsächlich nur an einzelnen Stellschrauben drehen.

Jetzt ist eben das Beispiel Rostock angesprochen worden. Ich weiß jetzt nicht, ob ich es von mir aus getan hätte, denn das ist vom Grundsatz her – glaube ich – wirklich ein sehr gutes Beispiel, wie man mit diesem Programm nicht umgehen sollte. Nun habe ich das in Rostock selber erlebt. Wie Sie wissen, komme ich aus der Stadt, bin dort auch in der Gemeindevertretung.

(Michael Roolf, FDP: Gemeindevertretung?)

Das erste, was dort gesagt worden ist von dem zuständigen Dezernenten – Frau Lück kennt ihn auch persönlich, ich kenne ihn ja auch ganz gut –: Das Programm wollen wir nicht. Da kann ich mich noch genau dran erinnern, dass ich mit Wolfgang Nitzsche, dem zuständigen Sozialdezernenten, darüber gesprochen habe und der gesagt hat: Das Programm wollen wir nicht.

(Regine Lück, DIE LINKE: Ehemaligen.)

Ehemaligen.

Warum? Das hat er mir dann im Grunde nicht erklären können.

Als nächstes kam das Argument: Wir können uns das nicht leisten, wir sind verschuldet. Das ist natürlich ein Argument, was für viele Kommunen, für viele Kreise gilt. Aber auch da konnte man ihn darauf hinweisen, was da natürlich gesagt worden ist. Gerade für die überschuldeten Kommunen – Herr Minister Seidel hat es eben angesprochen – ist durch das Innenministerium klargestellt worden, dass auch sie Anspruch auf dieses Programm haben und auch davon Geld in Anspruch nehmen können,

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, dann müssen Sie es woanders wegnehmen.)

sodass diese Frage keine Rolle spielte. Trotzdem ist mit diesem Argument in dieser Kommune – ich weiß das auch aus anderen Kommunen – lange Zeit argumentiert worden, so lange, bis die Bürgerschaft in Rostock einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte, dass man sich als Stadt Rostock an diesem Programm beteiligen soll. Und wenn man es dann nicht selber tun kann oder selber tun möchte, dann doch bitte gemeinsam mit Vereinen und Trägern, die es vor Ort machen wollen.

Es gab übrigens vorher schon in der Stadt Vereine und Träger, die auf die einzelnen Gemeindevertreter zugekommen sind und gesagt haben, wir möchten gerne daran teilnehmen. Wir würden dann auch den Eigenanteil, der durch die Kommune aufzubringen ist, selber aufbringen, solange sich das in einem erträglichen Rahmen bewegt.

Dass das dann so lange gedauert hat, dass bis heute nur die relativ geringe Anzahl von Arbeitsplätzen, die dort

geschaffen worden sind, tatsächlich geschaffen werden konnten, ist bedauerlich. Da kann ich nur hoffen, und das halte ich in dem Zusammenhang für wesentlich wichtiger, anstatt vielleicht noch 50, 100 oder 150 Euro draufzulegen vonseiten des Landes, wo Sie alle genau wissen, wenn wir hier 150 oder 350 Euro drauflegen, dann wird das genau in dem Bereich der Arbeitsmarktpolitik – jetzt bin ich mal so drastisch – irgendwo wieder abgezweigt werden müssen. Denn auch hier findet nicht die wundersame Vermehrung des Geldes statt. Dann sollte man tatsächlich vor Ort diese Möglichkeiten ausnutzen, mit Trägern – ich habe das damals im Januar schon gesagt – die Möglichkeiten nutzen, wie man das gemeinsam ansetzen kann.

Deswegen hier an dieser Stelle noch einmal die Bitte an das Innenministerium, weil es ja offensichtlich bei einigen Kommunen/Kreisen immer noch nicht angekommen ist – Herr Minister ist leider nicht da –, noch mal darauf hinzuwirken, dass tatsächlich die Möglichkeiten in Anspruch genommen werden trotz Haushaltsverschuldung und sonstigen finanziellen Schlechtleistungen in den Kommunen.

Eine andere Sache ist – und das muss man dann tatsächlich auch an diesem Ort tun, aber das wird nicht heute der Fall sein –: Vor allem im Zusammenhang mit dem Finanzausgleichsgesetz wird man tatsächlich mal darüber nachdenken müssen, in welchem Umfang man die Kommunen so finanziell ausstattet, dass sie die Arbeiten, die sie vielleicht früher noch machen konnten in diesen Bereichen, dann vielleicht in einem gewissen Umfang auch wieder durchreichen können. So weit, meine Damen und Herren, zum Kommunal-Kombi.

Ihr Antrag hat noch einen zweiten Punkt. Da geht es um die Schaffung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors und dort sollen auf Dauer existenzsichernde Arbeitsplätze gefördert werden und hierfür dem Landtag ein Konzept vorgelegt werden.

Meine Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, Sie wissen, dass in einem nicht unerheblichen Umfang in meiner Fraktion, auch bei mir selber, durchaus eine gewisse Sympathie für den Gedanken des öffentlichen Beschäftigungssektors besteht. Wir haben uns lange auch im Wirtschaftsausschuss darüber unterhalten. Wir haben uns die verschiedenen Modelle in anderen Bundesländern angeguckt, in Sachsen-Anhalt zum Beispiel, auch die Modellprojekte, die es hier im Land gibt. Sie wissen auch, dass es unterschiedliche Auffassungen zwischen den Koalitionsfraktionen gibt. Das ist auch nicht verwunderlich. Es ist, glaube ich, zwischen unterschiedlichen Fraktionen, unterschiedlichen Parteien völlig normal.

Es hat mich in dem Zusammenhang erfreut – wenn das vielleicht auch nicht der richtige Ausdruck ist, ich habe es mit Interesse gelesen, vielleicht passt das besser –, dass der frühere Kollege oder Landtagsabgeordnete, heutige Bundestagskollege Rehberg, gerade jetzt in dieser Woche in einem Anzeigenblatt sich dahin gehend geäußert hat, dass er für die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze im Rahmen eines Konzeptes Bürgerarbeit wäre. Diejenigen, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, wissen, dass das tatsächlich in diese Richtung (öffentlicher Beschäftigungssektor) geht. Das ist zu begrüßen. Es ist offensichtlich auch so, dass es jetzt innerhalb unserer Koalitionspartner da einen, ich will es mal ganz …

(Michael Roolf, FDP: Sinneswandel.)

Nein, Sinneswandel will ich nicht sagen.

Herr Roolf, man muss auch fairerweise sagen, das ist ein Prozess. Ich weiß nicht, wie er ausgeht. Er dauert sehr lange und da gibt es gute Gründe in die eine und die andere Richtung. Das ist, glaube ich, auch nicht der Punkt, das innerhalb einer Landtagsdebatte einfach mal so abzuwatschen. Nein, es gibt offensichtlich zumindest eine Diskussion auch darüber, egal, wie die dann ausgehen wird.