Protocol of the Session on October 23, 2008

Unterbrechung: 13.15 Uhr

Wiederbeginn: 13.16 Uhr

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. An der Abstimmung haben sich 61 Abgeordnete beteiligt. Mit Ja stimmten 18 Abgeordnete, mit Nein stimmten 41 Abgeordnete, es enthielten sich 2 Abgeordnete. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1888 abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Neubestimmung des Umrechnungsfaktors bei der Milchmenge nicht zustimmen, auf der Drucksache 5/1863.

Antrag der Fraktion der FDP: Neubestimmung des Umrechnungsfaktors bei der Milchmenge nicht zustimmen – Drucksache 5/1863 –

Das Wort zur Einbringung hat die Abgeordnete Frau Reese von der FDP. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Milch macht’s – oder wie man wohl zurzeit sagen muss: Die Milch macht’s eben nicht. Seit Monaten kämpfen die Milchproduzenten sowohl unseres Landes als auch der anderen Bundesländer dafür, für ihre Erzeugnisse einen auskömmlichen, fairen Preis zu bekommen.

Um höhere Milchpreise zu erzielen, blockierten Milchproduzenten unseres Landes im Juni dieses Jahres die Molkereien im Land. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter forderte einen Preis von mindestens 43 Cent je Liter Milch. Nach einigen Tagen der Blockade erhöhte der Einzelhandel in Form einiger Discounter den Preis für den Liter Milch um 10 Cent. Die Produkte in den Regalen wurden teurer, aber die Erhöhung kam – wie so oft – nicht bei den Landwirten an. Lediglich eine Erhöhung von 2 bis 3 Cent konnte im Durchschnitt erreicht werden. Nachdem die Preise kurzfristig angezogen hatten und die Milchbauern höhere Preise erzielen konnten, sanken sie auch schon wieder.

Jetzt mischte sich auch die Politik ein und das Wort „Milchgipfel“ war wohl das Schlagwort in den damaligen Wochen. Es wurde fieberhaft nach Lösungen gesucht, wie man die Situation der Milchbauern in Deutschland und damit natürlich auch in unserem Land verbessern könnte. Die spärlichen Ergebnisse aus dem Milchgipfel und den Protestaktionen zuvor führten auch zu Selbstkritik am eigenen Verhalten unter den Milchbauern. Seitens der Milchbauern wurde eingesehen, dass sie sich mit einer stetigen und ständigen Überproduktion an Milch in das viel zitierte eigene Fleisch schneiden.

Eine gewisse Selbstbeschränkung bei der Lieferung wurde zwischen den Landwirten vereinbart, um so den Druck auf die Molkereien zu erhöhen und durch die gerin

gere Milchmenge höhere Preise zu erzielen. Auch seitens der Politik wurde nach Möglichkeiten und Varianten zur Erlangung höherer Milchpreise gesucht. Vorschläge wie die Errichtung eines Milchfonds machten die Runde.

Anfang September griff Bundesagrarminister Horst Seehofer den Vorschlag auf, den Umrechnungsfaktor bei der Umrechnung von Liter in Kilogramm per Verordnung zu erhöhen. Der Vorschlag des Bundesministers soll nun im Bundesrat abgestimmt werden. Am Montag hat zwischenzeitlich der Agrarausschuss des Bundesrates über den Verordnungsentwurf beraten und eine Veränderung des Umrechnungsfaktors sowie die Abschaffung der Molkerei- und Bundessaldierung abgelehnt.

Gemäß den mir vorliegenden Informationen hat unser Herr Minister, Herr Dr. Backhaus, am Montag – bereits im Vorgriff auf die heutige Debatte – die Forderungen der FDP-Fraktion aufgegriffen und in unserem Sinne abgestimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Dafür sind wir außerordentlich dankbar, Herr Minister, und erklären damit den vorliegenden Antrag als erledigt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Jawohl, erledigt.)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Herr Minister, Sie haben nach Geschäftsordnung das Recht, jederzeit zu reden. Wollen Sie?

(Michael Roolf, FDP: Nee, ist erledigt, Herr Minister.)

Bitte schön, Herr Minister.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Reinhard Dankert, SPD: Er lässt seinen Zettel da, der Minister.)

Also ich mache es wirklich kurz. Der Agrarausschuss des Bundesrates hat genau das, was Sie angedeutet haben, entschieden und ich will es auch nicht in die Länge ziehen. Ich habe extra die Rede heute auf gelbem Papier drucken lassen, Frau Reese,

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

weil ich damit dokumentieren wollte, wir haben das bereits erledigt. Aber falls es von Interesse sein sollte, es sind noch ein paar andere Dinge dort besprochen worden. Auch die lineare Erhöhung der Milchquote um zwei Prozent auf die aktiven Milcherzeuger ist Mehrheit innerhalb des Bundesrates, und auch das Thema der Molkereisaldierung, wo es ja von einigen in der Milchbranche die Forderung gab, die Milch- und Molkereisaldierung aufzuheben, wird es so nicht geben. Ich denke, dass das gut ist für die aktiven Milcherzeuger.

So, es war mir ein Bedürfnis, dass ich noch einmal was sagen durfte dazu. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und FDP)

Danke schön, Herr Minister.

Gut, also jetzt ist geschäftordnungstechnisch formell alles korrekt. Die Fraktion der FDP hat den Antrag auf der Drucksache 5/1863 zurückgezogen, sodass sich eine Aussprache erübrigt. Der Minister hat gemäß der Geschäftsordnung eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung abgegeben.

Gemäß Ankündigung unterbreche ich jetzt die Sitzung für 15 Minuten. Der Ältestenrat trifft sich im Beratungszimmer auf Antrag der Fraktion der NPD. Wir setzen die Beratung vereinbarungsgemäß um 13.40 Uhr fort. Die Sitzung ist unterbrochen.

Unterbrechung: 13.23 Uhr

(Die Dauer der Unterbrechung wird zwischenzeitlich verlängert.)

Wiederbeginn: 14.02 Uhr

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Kennzeichnung von Lebensmitteln und Arzneimitteln bei der Verwendung von Nano-Teilchen, Drucksache 5/1869.

Antrag der Fraktion der NPD: Kennzeichnung von Lebensmitteln und Arzneimitteln bei der Verwendung von Nano-Teilchen – Drucksache 5/1869 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Borrmann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Bürger Präsident! Bürger Abgeordnete, sofern Sie da sind, und Bürger des Landes! Mit dem vorliegenden Antrag legt die Nationaldemokratische Partei Deutschlands unseres Wissens nach erstmals eine Problematik zur Nanotechnologie in einem deutschen Parlament vor, deren künftige Bedeutung und Wirkung auf das Leben der Bürger Deutschlands noch gar nicht abgeschätzt werden kann. Die Problematik erheischt nicht nur eine politische und eine naturwissenschaftliche Dimension, sie hat zugleich eine philosophische, wenn man unter Philosophie die auf den Begriff gebrachte Grenzerfahrung menschlicher Erfahrung versteht. Denn dass es sich hier um eine Grenzerfahrung handelt,

(Beate Schlupp, CDU: Ich kenne hier nur Grenzerfahrungen.)

daran besteht bei den neuen Technologien kein Zweifel. Dazu gehört jedoch auch die begriffliche Fassung eines bislang nicht beherrschten Lebensfeldes.

Der Begriff Nanotechnologie umfasst die technischen Verfahren zur Herstellung oder gezielten Veränderung von Materialstrukturen mit einer Ausdehnung von unter 100 Nanometern, etwa ein Zehntausendstel des menschlichen Haares. Dieser Begriff schließt aber auch alle Anwendungen und Produkte ein, die Materialstrukturen einsetzen, um deren besonderen physikalischen und chemischen Eigenschaften zu nutzen. Die Schwierigkeit der begrifflichen Fassung besteht gerade darin, dass es sich weniger um eine Einzeltechnologie handelt, Nanotechnologie wird vielmehr als Überbegriff für eine Anzahl von Anwendungsbereichen verwandt.

Zunächst muss man unterscheiden, ob es sich um natürliche Nanoteilchen handelt, die durch Vulkanausbruch, Verbrennung oder Staubstürme freigesetzt werden, oder ob sie technischen Ursprungs sind, sie in chemischphysikalischen Produktionsverfahren erzeugt werden. Einige dieser Verfahren finden schon sehr lange Anwendung. Hier sei die Beschichtung von Verpackungen genannt und das Versetzen von Reifen mit amorphem Kohlenstoff. Das Neuartige ist die umfassende systematische Nutzung und gezielte Herstellung von Nanopartikeln. Sie findet sich bei der Plasmaherstellung, in der Synthese von Lösungen, hier sei nur die Sol-GelMethode genannt, aber auch die Lithografie, die Erzeugung von gezielten Nukleationen von Molekülen aus der Gasphase im Aerosolprozess, oder die Herstellung von selbst organisiertem Wachstum auf Oberflächen und Templaten.

In all diesen Verfahren nutzt man den Umstand, dass sich die chemischen und auch physikalischen Eigenschaften von Stoffen und Materialien radikal ändern. Nanopartikel haben häufig völlig andere Eigenschaften als es die Materialien, aus denen sie bestehen, in anderer molekularer Größe aufweisen. Sie nehmen andere mechanische, optische, magnetische oder elektrische Fähigkeiten an, sind reaktiver und mobiler als größere Partikel des gleichen Stoffs.

Viele Experten halten die Nanotechnologie für eine industrielle Revolution, sehen in ihr große Perspektiven für den technologischen Fortschritt im Besonderen, aber auch für Mensch und Umwelt im Allgemeinen. Immerhin, Nanotechnologie erfreut sich bereits heute zahlreicher Anwendungen, vor allem in der Chemie, der Computertechnik, Verbrennungstechnik, in der Medizin, der Solartechnik, in der Lebensmitteltechnologie, besonders in allen Bereichen von Werkstoffen und Materialien. Diese Technologie wird für eine effiziente Energieverwertung, verbesserte Materialeigenschaften, zur Abwasserreinigung, für Biosensoren oder die Senkung des Rohstoffverbrauchs empfohlen. Nanoversiegelte Oberflächen bei Verpackungen sollen Lebensmittel länger haltbar machen und den Verbrauch von Reinigungsmitteln vermindern. Man hofft mit neuartigen Filtern auf Einsparung von kostbarsten Ressourcen wie Wasser und Energie.

Auch im Landwirtschaftsbereich soll die Nanotechnologie nicht zu kurz kommen. Es ist an Pflanzenschutzmittel mit Aktivsubstanzen in Mikrokapseln gedacht oder in Nanopartikelform. Zahlreiche Wissenschaftler preisen die Nanotechnologie als Zauberformel zur Überwindung der Systemkrise des westlichen Wirtschaftssystems, das sich mit seinem gigantischen Rohstoffverbrauch, seinen landwirtschaftlichen Monokulturen, der Energieverknappung, dem Auseinanderfallen von Ober- und Unterschichten in eine perspektivlose Situation gebracht hat. In einer derartigen technologischen Umwelt überwiegen erfahrungsgemäß die Posilogisten. Das sind jene Kräfte, die einen bestimmten Gegenstand nur mit einem für ihn selbst nützlichen und für die allgemeinen menschlichen Interessen nur guten Blickwinkel sehen und kritische oder gar skeptische Auffassungen gar nicht erst beachten oder als fortschrittsfeindlich deklassieren.

Wir Nationaldemokraten sind weder technologiefeindlich noch rückwärts gewandt romantisch. Uns geht es in erster Linie nicht um irgendwelche Systemsstrukturen die, wie bei der Spekulationskrise im Finanzsektor, koste es was es wolle, gerettet werden müssen. Für uns steht an erster Stelle die Gesundheit unseres Volkes, wie

für andere Nationen der Erhalt ihrer Völker zu stehen hat, wenn in ihnen eine gerechte Ordnung herrschen soll. Diese Volksgesundheit gebietet es geradezu, unermüdlich und unerbittlich auf das Vorsorgeprinzip zu pochen.

Fragen wir also nach den Risiken.

(Beate Schlupp, CDU: Das ganze Leben ist ein Risiko.)

Bislang gibt es nur erschreckend wenige Daten zu Freisetzung und Umweltverhalten, zur Sicherung und zur Giftigkeit von Nanopartikeln. Es fehlen wissenschaftliche Grundlagen, ja nicht einmal methodische Grundsätze sind vorhanden, um vorläufige Risikobeurteilungen von Nanopartikeln vornehmen zu können, ganz zu schweigen von einer abschließenden.